S 14 KA 45/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 14 KA 45/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der etwaigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Regresses wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln in den Quartalen IV/2007 bis III/2008, der aufgrund einer Prüfung in besonderen Fällen nach § 106 Abs. 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) in Verbindung mit § 16 Nr. 1c der Prüfvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 2) sowie den Kranken- und Ersatzkassen zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung in Nordrhein gemäß § 106 SGB V (Prüfvereinbarung), in Kraft getreten am 01.01.2008 (Rheinisches Ärzteblatt 12/2007, Seite 62 ff.) festgesetzt worden war.

Der Kläger ist Praktischer Arzt und war im streitgegenständlichen Zeitraum in C1 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Am 19.08.2008 beantragte die Beigeladene zu 1) gegenüber der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein im Hinblick auf die Verordnungstätigkeit des Klägers im Quartal IV/2007 eine Prüfung in besonderen Fällen nach § 16 Nr. 1 der Prüfvereinbarung. Sie wies darauf hin, dass der Kläger zur Durchführung der Substitution Opiatabhängiger zugelassen sei. Seine Zulassung beschränke sich auf 80 kassenübergreifende Fälle im Quartal. Allein für sie habe er im Quartal IV/2007 65 Patienten substituiert. Nach Überprüfung ihrer Unterlagen habe sich ergeben, dass er bei weiteren 156 Patienten eine Verordnung von Methadon bzw. L-Polamidon oder Methaddict ausgestellt habe, obwohl eine Abrechnung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) nicht erfolgt sei und eine Genehmigung zur Durchführung der Substitution nicht vorgelegen habe. Zusätzlich habe der Kläger Mittel mit hohem Suchtpotential, beispielsweise Benzodiazepam, verordnet. Die Beigeladene zu 1) beantragte die Festsetzung eines Regresses in Höhe von 27.363,92 Euro und verwies auf die entsprechenden Verordnungen des Klägers, die sie vorlegte.

Unter dem 11.02.2009 gab die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.

Am 14.10.2008 beantragte die Beigeladene zu 1) auch für das Quartal I/2008 eine Prüfung in besonderen Fällen nach § 16 Nr. 1 der Prüfvereinbarung und die Festsetzung eines Regresses in Höhe von 32.766,45 Euro. Sie verwies darauf, dass der Kläger allein für sie im Quartal I/2008 57 Patienten substituiert habe. Darüber hinaus habe dieser weiteren 165 Patienten Methadon bzw. L-Polamidon, Methaddict oder Subutex verordnet, obwohl eine Abrechnung nach dem EBM nicht erfolgt sei und eine Genehmigung zur Durchführung der Substitution nicht vorgelegen habe. Zusätzlich habe der Kläger Mittel mit hohem Suchtpotential wie Benzodiazepam verordnet.

Unter dem 10.11.2009 gab die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.

Am 26.01.2009 beantragte die Beigeladene zu 1) für das Quartal II/2008 eine weitere Prüfung in besonderen Fällen nach § 16 Nr. 1 der Prüfvereinbarung und die Festsetzung eines Regresses in Höhe von 30.827,48 Euro. Sie stellte darauf ab, dass der Kläger allein für sie im Quartal II/2008 66 Patienten substituiert und bei weiteren 162 Patienten Methadon bzw. L-Polamidon oder Subutex verordnet habe, obwohl eine Abrechnung nach dem EBM nicht erfolgt sei und eine Genehmigung zur Durchführung der Substitution nicht vorgelegen habe. Zusätzlich habe der Kläger Mittel mit hohem Suchtpotential, zum Beispiel Benzodiazepam, verordnet. Unter dem 30.03.2009 gab die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.

Schließlich beantragte die Beigeladene zu 1) am 04.08.2009 für das Quartal III/2008 eine Prüfung in besonderen Fällen nach § 16 Nr. 1 der Prüfvereinbarung. Sie begehrte die Festsetzung eines Regresses in Höhe von 33.213,89 Euro und machte geltend, der Kläger habe allein für sie im Quartal III/2008 66 Patienten substituiert und bei weiteren 177 Patienten Methadon bzw. L-Polamidon oder Methaddict verordnet, obwohl eine Abrechnung nach dem EBM nicht erfolgt sei und eine Genehmigung zur Durchführung der Substitution nicht vorgelegen habe. Zusätzlich habe der Kläger Mittel mit hohem Suchtpotential wie Benzodiazepam verordnet.

Unter dem 21.09.2009 gab die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme.

Mit Bescheid vom 25.01.2010 setzte die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein gegenüber dem Kläger Regresse für die Quartale IV/2007 bis III/2008 in Höhe von 27.068,22 Euro, 31.939,35 Euro, 30.688,75 Euro und 32.084,77 Euro, insgesamt 121.781,09 Euro, fest. Zur Begründung führte sie aus, den Anträgen der Beigeladenen zu 1) lägen vier Berechnungsfehler zugrunde. Im Übrigen habe sie zu prüfen gehabt, ob die aufgelisteten Verordnungen zur Durchführung der Substitution Opiatabhängiger zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung hätten ausgestellt werden können oder Verstöße gegen die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung) vorlägen. Zu beachten sei § 7 Abs. 2 der Anlage I (Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden), Ziffer 2. (Substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger), der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung. Danach seien Beginn und Beendigung einer Substitution durch den Arzt unverzüglich der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung und der leistungspflichtigen Krankenkasse anzuzeigen. Sie habe im Rahmen der Amtshilfe die zuständige Kommission der Beigeladenen zu 2) um Zusendung der Beginn- und Beendigungsanzeigen im Zusammenhang mit der Substitution durch den Kläger gebeten. Die Beigeladene zu 2) habe mitgeteilt, dass die Anmeldung der Patienten für die streitgegenständlichen Quartale nur teilweise ordnungsgemäß erfolgt sei. Es handele sich um acht Patienten. Maßgebend sei weiter § 4 der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung. Danach dürfe eine Substitution nicht durchgeführt werden, wenn und solange der Substitution medizinisch allgemein anerkannte Ausschlussgründe entgegenstünden, beispielsweise eine primäre/hauptsächliche Abhängigkeit von anderen psychotropen Substanzen (unter anderem Benzodiazepine). Gemäß § 8 der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung sei die Substitution zu beenden, wenn eine Ausweitung und Verfestigung des Gebrauchs von Suchtstoffen neben der Substitution vorliege. Die Verordnung von Benzodiazepinen an drogenabhängige Patienten sei unzulässig und auch nach den Fachinformationen zu Diazepam, Rivotril und Tranxilium kontraindiziert. Sie führe nicht zu einer Entwöhnung, sondern gefährde die Gesundheit der Abhängigen zusätzlich. Die Verschreibung von Neuroleptika, Antidepressiva und anderen psychotropen Medikamenten sei ausschließlich vom substituierenden bzw. behandelnden Arzt oder in Absprache mit diesem zulässig, und zwar mit Dokumentation der Begründung für die Indikation. Der Kläger habe jedoch keine entsprechende Stellungnahme abgegeben.

Am 24.11.2010 hat der Kläger Klage erhoben.

Der Kläger trägt vor, seine Genehmigung habe die Substitution von 100 Patienten umfasst. Er bitte um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er auf den Regress erst durch den Abrechnungsbescheid für das Quartal II/2010 aufmerksam gemacht worden sei. Er verweise auf eine eidesstattliche Versicherung seiner Arzthelferin U S, die die entsprechende Sendung der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein versehentlich nicht vorgelegt habe.

Im Einverständnis der Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein hat das Gericht dem Kläger mit Beschluss vom 21.02.2011 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Nachdem das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, hat es das Verfahren außerdem mit Beschluss vom 02.01.2012 bis zur Entscheidung des Beklagten über die als Widerspruch gewertete Klage ausgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 11.05.2011, Az.: B 6 KA 13/10 R, seien die Voraussetzungen einer Ausnahmeregelung des § 106 Abs. 5 Satz 8 SGB V nicht erfüllt und könne das Vorverfahren nicht entfallen.

Mit Bescheid vom 08.01.2013 hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Regresse aufgrund der Verordnungen von Methadon, Methadicct, L-Polamidon und Subutex sowie Diazepam, Rivotril und Tranxilium durch den Kläger in den Quartalen IV/2007 bis III/2008 seien zu bestätigen. Die nach § 7 Abs. 2 der Anlage 1, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung erforderliche Anzeige des Beginns und der Beendigung einer Substitution liege nur für acht Versicherte vor. Im Zusammenhang mit der Verordnung von Mitteln mit hohem Suchtpotential neben der Gabe von Methadon komme deren aus den entsprechenden Fachinformationen hervorgehende Kontraindikation zum Tragen. Diese schließe gemäß § 4 der Anlage 1, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung die Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung aus.

Trotz mehrfacher Erinnerung hat der Kläger auf weitere Ausführungen verzichtet.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 08.01.2013 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich auf die Gründe seines Bescheides.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hatte in der Besetzung mit jeweils einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten entscheiden, denn es handelte sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Kammer konnte in Abwesenheit des Klägers und der Beigeladenen zu 1) und 2) entscheiden. Gemäß § 126 SGG kann das Gericht, sofern in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, nach Lage der Akten entscheiden, wenn in einem Termin keiner der Beteiligten erscheint oder beim Ausbleiben von Beteiligten die erschienenen Beteiligten es beantragen. Die Beteiligten waren gemäß § 110 Abs. 1 SGG vom Termin benachrichtigt worden. Der Erhalt der Ladung ist im Fall des Klägers durch die Zustellungsurkunde vom 21.11.2013 und im Fall der Beigeladenen zu 1) und 2) durch die jeweiligen Empfangsbekenntnisse vom 26.11.2013 dokumentiert. Damit steht einer ordnungsgemäßen Ladung des Klägers auch nicht entgegen, dass die Bundesstadt C auf Anfrage mitteilte, dass dieser am 26.11.2013 von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet worden sei. Die Beteiligten sind durch die Ladung gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG auf die Möglichkeit der Entscheidung in ihrer Abwesenheit hingewiesen worden. Der erschienene Beteiligte hat einen Antrag gestellt.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage ist zwar zulässig.

Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben worden. Abzustellen ist auf die Klageerhebung am 24.11.2010 im Zusammenhang mit der Erteilung des Bescheides vom 25.01.2010 durch die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein sowie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch Beschluss vom 21.02.2011. Der durch den Beklagten am 08.01.2013 erteilte Bescheid ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Dass der Kläger dazu inhaltlich nicht Stellung bezogen hat, steht der Annahme einer Klage auch gegen diesen Bescheid nicht entgegen. Der Kläger hat bereits durch seine Klage gegen den - durch den Beklagten bestätigten - Bescheid vom 25.01.2010 zum Ausdruck gebracht, dass er sich gegen die Festsetzung eines Regresses für seine Verordnungstätigkeit in den Quartalen IV/2007 bis III/2008 wendet. Dafür, dass er diese Auffassung aufgegeben hätte, bestehen keine Anhaltspunkte.

Dass ein Vorverfahren nach § 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V durchgeführt worden ist, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 08.01.2013. Nach § 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V können die betroffenen Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen, die Krankenkasse, die betroffenen Landesverbände der Krankenkassen sowie die Kassenärztlichen Vereinigungen gegen die Entscheidungen der Prüfungsstelle im Rahmen von Wirtschaftlichkeitsprüfungen die Beschwerdeausschüsse anrufen. Das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss gilt als Vorverfahren. Nach § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG bedarf es eines Vorverfahrens unter anderem dann nicht, wenn ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt; ein solcher Ausnahmefall ist in § 106 Abs. 5 Satz 8 SGB V geregelt. Danach findet abweichend von § 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V in Fällen der Festsetzung einer Ausgleichspflicht für den Mehraufwand bei Leistungen, die durch das Gesetz oder durch die Richtlinien nach § 92 SGB V ausgeschlossen sind, ein Vorverfahren nicht statt. Diese Ausnahmeregelung ist auf Fälle beschränkt, in denen sich die Unzulässigkeit der Verordnung unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz selbst oder aus den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses ergibt (BSG, Urteil vom 11.05.2011, Az.: B 6 KA 13/10 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.04.2013, Az.: L 11 KA 66/11). Steht die medizinische Notwendigkeit einer Verordnung in Streit, zu dessen Klärung es der Fachkenntnis des mit Vertretern von Ärzten und Krankenkassen besetzten Beschwerdeausschusses bedarf, ist das Vorverfahren hingegen nicht entbehrlich (BSG a. a. O.). Sofern das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen a. a. O. in einem Parallelverfahren des Klägers die Auffassung vertritt, dass es der Durchführung eines Vorverfahrens im Sinne des § 106 Abs. 5 Satz 3 SGB V nicht bedurfte, da es allein um die Frage gegangen sei, ob die in den Richtlinien geregelten Voraussetzungen zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung bei manifest Opiatabhängigen in der vertragsärztlichen Versorgung erfüllt seien, mithin um einen vergleichsweise leicht überprüfbaren Sachverhalt, bei dem sich die Frage nach dem Leistungsausschluss ohne weiteres mit "ja" oder "nein" beantworten lasse, hält die Kammer diese für nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Der Kläger hat im Parallelverfahren S 14 KA 111/08, dessen Gegenstand die Frage der unzulässigen Verordnung von Arzneimitteln in den vorangegangenen Quartalen IV/2006 bis III/2007 war, Ausführungen getätigt, die medizinische Fragen aufgeworfen haben. Er hat dort vorgetragen, für die Verordnung von Benzodiazepinen neben der Methadon-Substitution habe eine Indikation bestanden. Es habe sich um eine supportive Verordnung bei der ambulanten Drogenentwöhnung gehandelt, da Angstsyndrome zu behandeln gewesen seien. Dass es im Ergebnis an einer Individualisierung dieses Vortrags gefehlt hat, ist aus Sicht der Kammer unschädlich.

Die Klage ist aber unbegründet.

Der Kläger ist durch den Bescheid des Beklagten vom 08.01.2013 nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG in Verbindung mit § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Der Bescheid ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage ist § 16 Nr. 1c der Prüfvereinbarung. Danach prüft die Prüfungsstelle auf Antrag der Vertragspartner, ob der Vertragsarzt bei Verordnungen in ungerechtfertigter Weise Rechtsverordnungen oder Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen unbeachtet gelassen bzw. unwirtschaftliche Arzneimittelanwendungen veranlasst hat.

Die formellen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage sind erfüllt. Die Beigeladene zu 1) hat ihren Antrag fristgerecht gestellt. Gemäß § 16 Nr. 2 Satz 3 der Prüfvereinbarung können vorbehaltlich abweichender Regelungen im Bundesmantelvertrag in den Fällen des § 16 Nr. 1a bis c der Prüfvereinbarung Anträge innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach Abschluss des Quartals gestellt werden, in dem der vom Antrag erfasste Sachverhalt angefallen ist. Der das Quartal IV/2007 betreffende Antrag der Beigeladenen zu 1) datiert vom 19.08.2008, der das Quartal I/2008 betreffende Antrag der Beigeladenen zu 1) datiert vom 14.10.2008, der das Quartal II/2008 betreffende Antrag der Beigeladenen zu 1) datiert vom 28.01.2009 und der das Quartal III/2008 betreffende Antrag der Beigeladenen zu 1) datiert vom 04.08.2009.

Auch die materiellen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage sind erfüllt.

Die Vorgaben für die Substitution Opiatabhängiger ergeben sich aus der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung. Diese Bestimmungen, die als Anlage zu einer Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V in Verbindung mit § 135 Abs. 1 SGB V erlassen worden sind, stehen mit höherrangigem Recht in Einklang und sind nach § 91 Abs. 6 SGB V für den Vertragsarzt verbindlich (BSG, Urteil vom 23.06.2010, Az.: B 6 KA 12/09 R; SG Düsseldorf, Urteil vom 11.05.2011, Az.: S 14 KA 184/08). Regelungsgegenstand sind nach § 1 der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung die Voraussetzungen zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung bei manifest Opiatabhängigen in der vertragsärztlichen Versorgung.

Gemäß § 7 Abs. 2 der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung hat der Arzt Beginn und Beendigung einer Substitution unverzüglich der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung und der leistungspflichtigen Krankenkasse anzuzeigen.

Gegen diese Melde- und Anzeigepflichten hat der Kläger in den streitgegenständlichen Behandlungsfällen verstoßen. Der Beklagte beruft sich auf Patientenlisten aus dem Methadonprogramm, die im Rahmen der Amtshilfe von der Beigeladenen zu 2) zur Verfügung gestellt worden seien und die Beginn- und Beendigungsanzeigen für die klägerischen Patienten enthielten. Danach lagen im streitgegenständlichen Zeitraum für folgende Patienten Genehmigungen vor: J H, D1 C2, V M1, E M2, X1 I1, T N1, N2 I2 und D2 X2-M3. Der Kläger hat dies nicht bestritten. Die Kammer sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit der Angaben der Beigeladenen zu 2) zu zweifeln, zumal der Kläger diese nicht bestritten hat, und legt ihrer Entscheidung die Schlussfolgerung zugrunde, dass für sämtliche streitgegenständlichen Behandlungsfälle die nach § 7 Abs. 2 der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung erforderliche Anzeige unterblieben ist. Damit entsprechen weder die Behandlung noch die Verordnung mit Arzneimitteln den Vorgaben der der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung, so dass sich eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung hierfür nicht ergibt.

Ein weiterer Verstoß gegen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im Sinne des § 16 Nr. 1c der Prüfvereinbarung liegt in der Verordnung von Benzodiazepinen in den Quartalen IV/2007 bis III/2008. Hier kommt § 4 der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung zum Tragen, nach dem eine Substitution nicht durchgeführt werden darf, wenn und solange der Substitution medizinisch allgemein anerkannte Ausschlussgründe entgegenstehen, wie zum Beispiel eine primäre/hauptsächliche Abhängigkeit von anderen psychotropen Substanzen (Alkohol, Kokain, Benzodiazepine etc.). Zutreffend stellt der Beklagte darauf ab, dass nach den entsprechenden Fachinformationen Benzodiazepine bei Patienten, die eine Abhängigkeitserkrankung haben, kontraindiziert seien, da sie ein primäres Abhängigkeitspotenzial besitzen. Der Kläger hat zwar im Parallelverfahren S 14 KA 111/08 ausgeführt, für die Verordnung von Benzodiazepinen neben der Methadon-Substitution habe eine Indikation bestanden. Es habe sich um eine supportive Verordnung bei der ambulanten Drogenentwöhnung gehandelt, da Angstsyndrome zu behandeln gewesen seien. Dieser pauschale Vortrag lässt aber eine weitere Überprüfung der Indikation nicht zu. Im hiesigen Verfahren hat der Kläger trotz der Gelegenheiten zur Stellungnahme keine weiteren Nachweise erbracht.

Durch die Verstöße des Klägers ist auch ein Schaden eingetreten. Dem kann nicht ein hypothetischer alternativer Geschehensablauf entgegengehalten werden mit dem Vorbringen, die Verordnung sei inhaltlich sachgerecht gewesen und bei sachgerechter Ausstellung der Verordnung, beispielsweise durch einen anderen Arzt, wären dieselben Kosten entstanden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O.). Im Vertragsarztrecht ist kein Raum, einen Verstoß gegen Gebote und Verbote, die nicht bloße Ordnungsvorschriften betreffen, durch Berücksichtigung eines alternativen Geschehensablaufs als unbeachtlich anzusehen; die Zuerkennung der Kosten, die bei rechtmäßigem Verhalten angefallen wären, hätte zur Folge, dass es auf die Beachtung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Bestimmungen nicht ankäme (LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O.). Beispielsweise dient die Anzeigepflicht nach § 7 Abs. 2 der Anlage I, Ziffer 2., der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung der Vermeidung sowohl von Mehrfachsubstitutionen als auch anderen Missbrauchsmöglichkeiten und stellt keine unbeachtliche Nebenpflicht dar (SG Düsseldorf a. a. O.).

Nach dem normativen Schadensbegriff, der auch im Vertragsarztrecht gilt, muss sich der Geschädigte bei der Ermittlung des eingetretenen Vermögensschadens schadensmindernde Vorteile nur dann entgegenhalten lassen, wenn die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht (SG Düsseldorf a. a. O.). Ob das der Fall ist, ist unter Berücksichtigung rechtlicher Wertungen außerhalb des Schadensersatzrechts zu bestimmen (SG Düsseldorf a. a. O.). Bei einem durch unzulässige Verordnungen entstandenen Schaden ist dies aber nicht der Fall (LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O.). Maßgebend ist, dass die für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit geltenden Vorschriften auch dazu bestimmt sind, die Funktionsfähigkeit des vertragsärztlichen Systems als Ganzes zu sichern, und dass dieser Zweck nicht durch die Anwendung bereicherungsrechtlicher Grundsätze unterlaufen werden darf (SG Düsseldorf a. a. O.).

Bei Verordnungsregressen besteht der zu ersetzende Schaden der Krankenkasse darin, dass sie an Apotheken Geldbeträge für Arzneien gezahlt hat, welche dem Versicherten gegen Vorlage einer vertragsärztlichen Verordnung ausgehändigt wurden und ausgehändigt werden durften (SG Düsseldorf a. a. O.). Der Schaden, der durch einen Verordnungsregress auszugleichen ist, entspricht damit denjenigen, der durch eine unwirtschaftliche Verordnungsweise im Sinne des § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V verursacht worden ist (BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 5/09 R; SG Düsseldorf a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens. Die Kostenentscheidung berücksichtigt im Übrigen § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 162 VwGO. Danach sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt. Hier ist maßgebend, dass die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben und damit kein Kostenrisiko im Sinne des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO eingegangen sind. Danach können dem Beigeladenen Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt hat.
Rechtskraft
Aus
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