S 20 EG 6/15

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
20
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 20 EG 6/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Geschwisterbonus bei Mehrlingszuschlag
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Zuerkennung eines Geschwisterbonus im Rahmen der Elterngeldgewährung für Zwillinge.

Die Klägerin ist Mutter der 2014 geborenen Zwillinge C. und D., außerdem des 2011 geborenen Sohnes E. Am 4. Dezember 2014 beantragten sie und ihr Ehemann beim Beklagten die Gewährung von Elterngeld für die Zwillingskinder.

Mit Bescheid vom 15. Januar 2015 gewährte der Beklagte der Klägerin für das Kind C. Elterngeld für die ersten drei Lebensmonate in Höhe von 0 EUR, für den 4. Lebensmonat in Höhe von 880,62 EUR und für den 5. bis 10. Lebensmonat in Höhe von 2.100 EUR. Mit einem weiteren Bescheid vom 15. Januar 2015 gewährte der Beklagte der Klägerin für das Kind D. Elterngeld für die ersten drei Lebensmonate in Höhe von 0 EUR und für den 4. bis 8. Lebensmonat in Höhe von 600 EUR. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin am 16. Februar 2015 Widerspruch ein, mit dem sie die Gewährung eines zusätzlichen Geschwisterbonus in Höhe von 180 EUR monatlich geltend machte, da sie mit drei Kindern unter sechs Jahren in einem Haushalt lebe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2015 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin bzgl. des Kindes C. zurück und mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015 den Widerspruch bzgl. des Kindes D. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, für den Geschwisterbonus würden nur Kinder, für die die berechtigte Person auch die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 und 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) erfülle, berücksichtigt. Das Kind, anlässlich dessen Geburt das Elterngeld beantragt werde, werde bei der Bestimmung der Zahl der Kinder, mit der die Person in einem Haushalt lebe, mitgezählt. Handele es sich jedoch um eine Mehrlingsgeburt, würden der zweite und jeder weitere Mehrling, für die sich das Elterngeld bereits um den Zuschlag nach § 2a Abs. 4 BEEG erhöhe, nicht mitgezählt. Da für das jeweils zweite Zwillingskind der Klägerin der Mehrlingszuschlag gewährt worden sei, lägen die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung des Geschwisterbonus nicht vor.

Mit Bescheid vom 13. März 2015 gewährte der Beklagte dem Ehemann der Klägerin Elterngeld für den 11. bis 14. Lebensmonat des Kindes C. in Höhe von 2.100 EUR. Außerdem gewährte der Beklagte dem Ehemann der Klägerin mit Bescheid vom 1. April 2015 für das Kind D. Elterngeld in Höhe von 2.100 EUR für den 1. und 10. Lebensmonat und in Höhe von 600 EUR für den 11. bis 14. Lebensmonat. Gegen beide Bescheide legte der Ehemann der Klägerin Widerspruch ein. Die Zurückweisung der Widersprüche durch den Beklagten erfolgte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2015 hinsichtlich des Kindes C. und mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2015 hinsichtlich des Kindes D.

Die Klägerin hat am 16. März 2015 Klage gegen die Widerspruchsbescheide vom 18. Februar 2015 und 19. Februar 2015 erhoben. Ihr Ehemann hat am 2. Juni 2015 Klage gegen die Widerspruchsbescheide vom 5. Mai 2015 und 6. Mai 2015 erhoben, dieses Verfahren wird beim Sozialgericht Darmstadt unter dem Aktenzeichen S 20 EG 16/15 geführt.

Mit der Klage macht die Klägerin geltend, neben dem Elterngeld aus § 2 Abs. 1 bzw. Abs. 4 BEEG sei ihr ein Mehrlingsbonus nach § 2a Abs. 4 BEEG sowie ein Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG zu zahlen. Der Geschwisterbonus sei ihr jedoch nicht gewährt worden. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG in Höhe von 180 EUR monatlich (d.h. 10 %) lägen vor. Zumindest in einem der beiden Bescheide für die Zwillingskinder hätte ein zusätzlicher Geschwisterbonus gewährt werden müssen. Anknüpfungspunkt für die Gewährung des Geschwisterbonus sei die Anzahl der Kinder unter sechs Jahren, nicht die Anzahl der Geburten. Dass zwei Kinder zufälligerweise an demselben Tag geboren seien, rechtfertige keine Ungleichbehandlung und stelle einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar. Gleichwohl habe der Beklagte die Gewährung des Geschwisterbonus mit der Begründung abgelehnt, bei Zwillingen, bzw. allgemein bei Mehrlingsgeburten werde der zweite Mehrling oder jeder weitere Mehrling nicht mitgezählt. Eine solche einschränkende Auslegung ergebe sich weder aus dem Gesetz, noch sei diese mit gültigen Rechtsprinzipien wie dem Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG vereinbar. Mit Urteil vom 27. Juni 2013 (B 10 EG 8/12 R) habe das Bundessozialgericht entschieden, dass jeder Zwilling einen eigenen Elterngeldanspruch auslöse. Es sei klargestellt worden, dass jeder Elternteil einen Elterngeldanspruch für ein Kind erhalten sollte. § 2a Abs. 4 BEEG sei auch nicht die speziellere Regelung, da insoweit ausschließlich der Mehrlingszuschlag geregelt sei. Insofern werde in § 2a Abs. 4 S. 2 BEEG klargestellt, dass neben dem Mehrlingszuschlag auch ein Geschwisterzuschlag möglich sei. Dies verkenne der Beklagte. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG hingegen regele den Fall, das mindestens drei Kinder unter sechs Jahren in einem Haushalt lebten. Dies sei hier der Fall, da es noch einen älteren Bruder gäbe, so dass die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Die Klarstellung in § 2a Abs. 1 S. 2 BEEG beinhalte keine Einschränkung, sondern solle lediglich sicherstellen, dass kein doppelter Zuschlag für die Zwillinge nach Abs. 1 und Abs. 4 gezahlt werde. Hier gehe es jedoch um den Geschwisterzuschlag für den zuvor genannten Bruder und nicht einen weiteren Mehrlingszuschlag in Form eines Geschwisterzuschlages. Des Weiteren gewährten die Elterngeldstellen dann, wenn erst Zwillinge geboren würden und danach ein weiteres Kind, problemlos den ergänzenden Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG. Für den vorliegenden Fall werde die Zwillingsgeburt jedoch als ein Kind betrachtet und vor diesem Hintergrund die Gewährung des Geschwisterbonus abgelehnt. Diese Verwaltungspraxis stehe nicht im Einklang mit der gesetzlichen Regelung, die mit dem Geschwisterbonus einen Ausgleich für die besondere Belastung der Eltern von mehreren kleinen Kindern schaffen solle, insbesondere auch weil typischerweise ein Elternteil von drei kleinen Kindern unter sechs Jahren nicht voll erwerbstätig sei. § 2a Abs. 1 S. 2 BEEG sei sprachlich missglückt und sei insofern teleologisch auszulegen. In Verbindung mit § 2a Abs. 4 BEEG sei klar, dass beide Absätze parallel zueinander stünden und sich nicht gegenseitig ausschließen sollten. Durch die jeweils letzten Sätze § 2a Abs. 1 S. 2 und § 2a Abs. 4 S. 2 BEEG solle das Verhältnis zueinander geregelt werden, um auszuschließen, dass eine doppelte Zuschlagspflicht für dasselbe Ereignis gezahlt werden müsse. Wer einen Mehrlingszuschlag für Zwillinge bekomme, könne nicht zugleich einen Geschwisterzuschlag nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BEEG erhalten. Dies solle durch § 2a Abs. 1 S. 2 BEEG klargestellt werden. Nicht jedoch solle hierdurch der vorliegende Fall ausgeschlossen werden, in dem ein Geschwisterzuschlag fällig würde, weil im Haushalt drei Kinder unter sechs Jahren lebten. Die Nichtgewährung des Geschwisterbonus, die offenbar Verwaltungspraxis sei, stelle eine Ungleichbehandlung von Zwillingseltern, die erst ein Kind und dann Zwillinge bekämen, gegenüber Eltern, die erst Zwillinge und dann ein weiteres Kind bekämen, dar. Wäre dies die Absicht des Gesetzgebers gewesen, hätte er auf die Anzahl der Geburten und nicht die Anzahl der in einem Haushalt lebenden Kinder abstellen müssen. Da § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG jedoch nicht auf die Anzahl der Geburten o.ä. abstelle, sondern auf die Anzahl der in einem Haushalt lebenden Kinder, sei der Geschwisterbonus im vorliegenden Fall in Höhe von 180 EUR zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 15. Januar 2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Februar 2015 und 19. Februar 2015 zu verurteilen, ihr ab dem 4. bis einschließlich dem 10. Lebensmonat der Zwillinge den Geschwisterzuschlag in Höhe von 180 EUR monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf die bisher getroffenen Feststellungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheide des Beklagten vom 15. Januar 2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Februar 2015 und 19. Februar 2015 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung eines zusätzlichen Geschwisterbonus.

Unstreitig liegen bei der Klägerin die Voraussetzungen zum Bezug von Elterngeld gemäß § 1 Abs. 1 BEEG für die 2014 geborenen Zwillingskinder vor. Die Gewährung des Elterngeldes durch den Beklagten erfolgte in zutreffender Höhe, auf Grund zutreffender Berechnung. Insoweit wird auf die Bescheide vom 15. Januar 2015 nebst Anlagen Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 SGG). Der Beklagte gewährte der Klägerin in beiden Bescheiden vom 15. Januar 2015 den Mehrlingszuschlag nach § 2a Abs. 4 S. 1 BEEG in Höhe von 300 EUR für das jeweils andere Zwillingskind. Darüber hinaus steht der Klägerin kein zusätzlicher Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 BEEG zu.

Nach § 2a Abs. 1 S. 1 BEEG wird das Elterngeld um 10 Prozent, mindestens jedoch um 75 EUR erhöht (Geschwisterbonus), wenn die berechtigte Person mit
1. zwei Kindern, die noch nicht drei Jahre alt sind, oder
2. drei oder mehr Kindern, die noch nicht sechs Jahre alt sind,
in einem Haushalt lebt. Zu berücksichtigen sind alle Kinder, für die die berechtigte Person die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 und 3 erfüllt und für die sich das Elterngeld nicht nach Abs. 4 erhöht (§ 2a Abs. 1 S. 2 BEGG).

Voraussetzung für diesen Zuschlag ist, dass der Elterngeldberechtigte mit zwei Kindern, die das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, oder mit drei oder mehr Kindern, die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet haben in einem Haushalt lebt. Diese Voraussetzungen sind nur dann erfüllt, wenn die Geschwisterkinder die jeweilige Altersgrenze (noch) nicht überschritten haben. Berücksichtigt werden nur Kinder, für die der Elterngeldberechtigte auch die weiteren Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 und 3 BEEG erfüllt (Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1). Es muss sich also um eigene Kinder der Person handeln, sofern nicht eine der Ausnahmen des § 1 Abs. 3 BEEG eingreift. Der Elterngeldberechtigte muss diese Kinder selbst betreuen und erziehen und darf keine volle Erwerbstätigkeit ausüben. Grund dieser Regelung ist, dass anderenfalls kein erhöhter Betreuungsaufwand auszugleichen ist. Das Kind, anlässlich dessen Geburt das Elterngeld beantragt wird, ist bei der Bestimmung der Zahl der Kinder, mit denen der Elterngeldberechtigte in einem Haushalt lebt, mitzuzählen. Handelt es sich jedoch um eine Mehrlingsgeburt, werden der zweite und jeder weitere Mehrling, für die sich das Elterngeld bereits um den Zuschlag nach Abs. 4 erhöht, nicht mitgezählt (§ 2a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BEEG, vgl. dazu Schnell in: PK-MuSchG/BEEG/Tillmanns/Mutschler, 1. Aufl. 2015, § 2a BEEG, Rdn. 3; Lenz in: HK-MuSchG/BEEG/Rancke, 3. Aufl. 2014, § 2a Rdn. 3). Diese Vorrangregelung ist erforderlich, weil Abs. 1 und Abs. 4 den gleichen Zweck verfolgen. Insoweit ist der Wortlaut der gesetzlichen Regelung des § 2a Abs. 1 Satz 2 BEEG eindeutig und dahingehend zu verstehen, dass die schon vom besonderen Erhöhungsbetrag für Mehrlingsgeburten nach § 2a Abs. 4 BEEG erfassten Zwillinge (bzw. Mehrlinge) ausgenommen sind (vgl. Wiegand, BEEG Kommentar, Stand: 12/2015, § 2a Rdn. 4).

Im Fall der Klägerin bedeutet dies, dass bei der Elterngeldgewährung für C., die Zwillingsschwester D. nicht mit zu berücksichtigen ist und im Fall der Elterngeldgewährung für D. die Zwillingsschwester C. nicht mit zu berücksichtigen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 2a Abs. 4 S. 2 BEEG, nach dem die Erhöhung für Mehrlinge auch gilt, wenn ein Geschwisterbonus nach Abs. 1 gezahlt wird. Ein zusätzlicher Geschwisterbonus kann jedoch nur dann gezahlt werden, wenn neben den Mehrlingen ältere Geschwister vorhanden sind, welche die in Abs. 1 bzw. Abs. 2 vorgesehenen Altersgrenzen noch nicht überschritten haben.

Hinsichtlich des älteren Bruders E. wäre dementsprechend ein Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BEEG zu zahlen gewesen, sofern er bei der Geburt seiner Schwestern noch nicht drei Jahre alt gewesen wäre. Denn insoweit wäre zu dem jeweiligen Zwillingskind, für das Elterngeld gewährt wurde, ein weiteres (nämlich älteres) Geschwisterkind hinzugekommen. E. war bei der Geburt der Zwillinge jedoch bereits 3 Jahre und 8 Monate alt, so dass er nicht mehr der Altersbeschränkung des § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BEEG unterfiel.

Ein Geschwisterbonus steht der Klägerin auch nicht nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG zu, denn dies würde voraussetzen, dass neben dem Zwillingskind, für das Elterngeld gewährt wurde, weitere zwei (oder mehr) ältere Geschwister vorhanden sind, die die Altersgrenze von sechs Jahren noch nicht überschritten haben. E. unterfällt hier zwar der vorgegebenen Altersgrenze, es fehlt jedoch an einem weiteren zu berücksichtigenden (älteren) Geschwisterkind. Die Berücksichtigung des zweiten Zwillingskindes ist gesetzlich durch § 2a Abs. 1 S. 2 BEEG ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Regelung des § 2a Abs. 1 S. 2 BEEG verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Insoweit hat die Klägerin geltend gemacht, dass in dem Fall, dass zuerst Zwillinge geboren würden und dann ein Geschwisterkind nachkomme, der Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG gezahlt würde und darin gegenüber ihrer Situation eine Ungleichbehandlung liege. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der allgemeine Gleichheitssatz untersagt dem Gesetzgeber jedoch nicht jede Differenzierung. Vielmehr bedürfen Differenzierungen stets einer Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt immer dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Im Bereich des Sozialrechts, wozu auch die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum.

Im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums war der Gesetzgeber durchaus befugt, Zwillingskinder (bzw. Mehrlingskinder), für die bereits ein Zuschlag nach § 2a Abs. 4 BEEG in Höhe von 300 EUR gezahlt wird, um den Mehraufwand durch zwei Kleinkinder auszugleichen, zur selben Zeit von der Berücksichtigung nach § 2a Abs. 1 S. 1 BEEG auszuschließen und so das - als Einkommensersatz dienende - Elterngeld nicht noch weiter zu erhöhen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Mehrlingszuschlag nach § 2a Abs. 4 BEEG nicht nur einmal, sondern zur selben Zeit gleich zwei- (oder mehr-) mal, nämlich für jedes Mehrlingskind gezahlt wird, im Fall der Klägerin in Höhe von insgesamt 600 EUR. Insoweit ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber dies als ausreichenden Zuschlag angesehen, und die Zwillings- (und Mehrlings-) kinder durch die Regelung in § 2a Abs. 1 S. 2 BEEG von der Anrechnung im Rahmen des Geschwisterbonus ausgenommen hat. Anders gelagert ist der (von der Klägerin angeführte) Fall, wenn zunächst Zwillinge geboren werden und später ein Geschwisterkind hinzukommt, bei dessen Elterngeldgewährung dann der Geschwisterzuschlag nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG zu zahlen ist. Denn in diesem Fall wird der Geschwisterbonus nicht gleichzeitig mit dem Mehrlingszuschlag bezogen, sondern vielmehr zeitlich versetzt, nacheinander. Diese Gestaltungsmöglichkeit liegt im Ermessen des Gesetzgebers, ohne dass dadurch etwa der Gleichheitssatz des Art. 3 GG verletzt würde.

§ 2a Abs. 4 S. 2 BEEG stellt klar, dass die gleichzeitige Zahlung von Geschwister- und Mehrlingszuschlag nicht generell ausgeschlossen ist. Einen zusätzlichen Geschwisterbonus kann es bei Zwillings- und Mehrlingskindern dann geben, wenn im Haushalt zusätzlich ein oder mehr andere Geschwister vorhanden sind, die der Altersbeschränkung des § 2a Abs. 1 oder 2 BEEG unterfallen und ebenfalls zu betreuen sind (vgl. Schnell, a.a.O., § 2a BEEG, Rdn. 9). Dementsprechend wird der Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BEEG gewährt, wenn neben den Mehrlingen ein älteres Geschwisterkind unter drei Jahren vorhanden ist. Der Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BEEG wird dann gewährt, wenn neben den Mehrlingen noch zwei oder mehr ältere Geschwister unter sechs Jahren vorhanden sind. Beide Varianten lagen bei der Klägerin – wie oben dargelegt – jedoch nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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