Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 14 KR 160/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Anspruch auf eine operative Brustverkleinerung (Mammareduk-tionsplastik - MRP) kann u.a. bestehen, wenn:
1. eine beeinträchtigte Körperfunktion vorliegt, d.h. körperliche Erkrankungen oder funktionelle Störungen, insbesondere orthopädischer Art,bestehen,
2. die zumindest auch auf die „Art“ (insbesondere Gewicht und Größe) der Brüste zurückzuführen sind,
3. der chirurgische Eingriff (die MRP) geeignet ist, um die Krankheitsbeschwerden (zumindest) zu lindern oder zu beheben und
4. alle ebenso geeigneten, konventionellen (herkömmlichen, üblichen) Methoden zur Behandlung der Krankheitsbeschwerden erfolglos ausgeschöpft wurden.
1. eine beeinträchtigte Körperfunktion vorliegt, d.h. körperliche Erkrankungen oder funktionelle Störungen, insbesondere orthopädischer Art,bestehen,
2. die zumindest auch auf die „Art“ (insbesondere Gewicht und Größe) der Brüste zurückzuführen sind,
3. der chirurgische Eingriff (die MRP) geeignet ist, um die Krankheitsbeschwerden (zumindest) zu lindern oder zu beheben und
4. alle ebenso geeigneten, konventionellen (herkömmlichen, üblichen) Methoden zur Behandlung der Krankheitsbeschwerden erfolglos ausgeschöpft wurden.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine operative Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik - MRP).
Die 1963 geborene Klägerin ist seit April 2003 pflichtversichertes Mitglied bei der Beklagten. Sie arbeitet als Firmenkundenberaterin bei einer Bank. Auf die Auskunft des Arbeitgebers vom 6. April 2005 wird wegen der Einzelheiten hierzu verwiesen.
Am 7. August 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine beidseitige MRP. Die Brustgröße belaste sie bereits seit ihrer Jugend. Durch Haltung und Kleidung habe sie versucht, dieses Problem zu mindern. In den letzten Jahren seien zu den psychischen Belastungen starke Nacken- und Schulterschmerzen hinzugetreten. Alle Versuche zur Beseitigung der Beschwerden seien erfolglos geblieben. Dem Antrag waren Stellungnahmen des behandelnden Frauenarztes, Dr. med. A., vom 19. April 2003 und des Chefarztes der Klinik für Plastische, Mund-, Kiefer-, Gesichts- und rekonstruktive Chirurgie des Städtischen Klinikums Görlitz, Dr. med. B., vom 9. April 2003 beigefügt. Auf deren Inhalt wird verwiesen.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Das Gutachten vom 2. September 2003 wurde nach körperlicher Untersuchung der Klägerin erstattet. Die Gutachterin, Dr. med. C., Fachärztin für Chirurgie, Sozialmedizin, führte u.a. aus, von einer Beseitigung der Beschwerden durch die begehrte Operation könne nicht ausgegangen werden. Eine orthopädische und physiotherapeutische Behandlung werde empfohlen. Wegen des weiteren Inhaltes wird auf das Gutachten verwiesen.
Mit Bescheid vom 10. September 2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die MRP sei nicht zwingend erforderlich.
Dagegen erhob die Klägerin am 9. Oktober 2003 Widerspruch. Die Gutachterin des MDK verfüge weder über orthopädische noch chirurgische Kompetenz und Erfahrung. Das Gutachten sei daher wertlos. Den darin enthaltenen Empfehlungen sei sie bereits erfolglos nachgekommen. Die Aussichten auf Behebung ihrer Beschwerden durch die MRP seien sehr gut. Die Klägerin legte des weiteren eine Bescheinigung des behandelnden Facharztes für Orthopädie, Dr. med. D., vom 6. Oktober 2003 vor. Auf deren Inhalt wird verwiesen.
Dr. med. C. hielt in einer Stellungnahme vom 21. Oktober 2003 an ihrer Beurteilung fest. Auch nach einem weiteren, nach Aktenlage und von Dr. med. D. erstatteten Gutachten des MDK vom 30. Oktober 2003 bestehe keine medizinische Notwendigkeit für eine operative Brustverkleinerung.
Mit Bescheid vom 3. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Brust an sich sei organisch gesund. Auch die Größe und das Gewicht der Brust seien nicht regelwidrig. Denn eine objektivierbare Größe für die weibliche Brust gebe es nicht. Die orthopädischen Beschwerden seien unmittelbar zu behandeln. Eine Leistungspflicht für eine mittelbare Behandlung, wie der MRP, bestehe im übrigen nur unter strengen Voraussetzungen.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 5. April 2004.
Am 2. August 2004 erfolgte die Reduktionsplastik der Mammae beidseits sowie am 3. August 2004 eine Revisionsoperation und Hämatomausräumung. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Epikrise vom 6. August 2004 verwiesen. Die Klägerin leistete hierfür insgesamt 5621,40 EUR. Auf die Behandlungsverträge, Honorarvereinbarung und Zahlungsbelege vom 30. Juli 2004, die Rechnung vom 10. August 2004, den Auszug der Endrechnung vom 8. Dezember 2004 sowie den Vortrag der Klägerin hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
Im Rahmen der medizinischen Ermittlungen hat das Gericht Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin angefordert. Die Beklagte legte ein weiteres, nach Aktenlage und von Dr. med. E. erstattetes Gutachten des MDK vom 7. Januar 2005 vor. Auf dessen Inhalt wird ebenso verwiesen. Sodann hat das Gericht Dr. med. F., Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Physikalische Therapie, mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 4. August 2005 werden folgende Diagnosen benannt: abklingendes, chronisch rezidivierendes, zervikales Lokalsyndrom bei zurückliegender muskulärer Dysbalance ("oberes gekreuztes Syndrom") sowie geringe, klinisch stumm verlaufende, degenerative Veränderungen der Brustwirbelsäule von D5 bis D12. Ein Zusammenhang zwischen diesen Erkrankungen als alleinige Ursache und der Mammahyperplasie könne nicht erbracht werden. Eine schwerwiegende orthopädische Erkrankung im Bereich der gesamten Wirbelsäule, die eine Korrektur der muskulären Dysbalancen durch operative Maßnahmen an der Brust medizinisch begründen könne, liege nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens, die gerichtlichen Hinweise an den Sachverständigen im Schreiben vom 16. August 2005 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 27. September 2005 verwiesen.
Die Klägerin trägt vor, eine Mammahyperplasie könne zu Beschwerden des Bewegungsapparates führen. Dies sei nachgewiesen. Ihre Beschwerden seien nicht auf degenerative Veränderungen zurückzuführen gewesen. Das orthopädische Krankheitsbild habe auf der negativen Beeinflussung ihrer großen Brust beruht. Konservative Maßnahmen habe sie vor der Operation ohne bleibenden Erfolg ausgeschöpft. Die MRP habe die orthopädischen Beschwerden unmittelbar behoben und Folgekosten vermieden. Der Sachverständige habe kein unabhängiges und überzeugendes Gutachten erstattet. Soweit sie es als medizinischer Laie verstehen könne, habe sie es teilweise kommentiert und korrigiert. Auf diese Fassung verweise sie (Blatt 159ff der Gerichtsakte). Aus dem Gutachten ergebe sich kein Nachweis für den Ausschluß eines Zusammenhanges zwischen der (früheren) Größe ihrer Brust und ihren orthopädischen Beschwerden. Der Verlauf der Erkrankung und die eigentliche Ursache hierfür lasse sich wie folgt zusammenfassen: "Eine bereits in der Pubertät übergroße Brust, die daraus entstehende Fehlhaltung um diese Brust zu verstecken, sowie Muskelverspannungen und durch starkes Einschneiden der BH-Träger zu Halten der schweren Brust verursachtes Abquetschen der Schulter- und Nackenmuskulatur."
Auf Anfrage des Gerichts legte die Klägerin je eine prä- und postoperative Fotodokumentation ihres unbekleideten Oberkörpers vor.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2004 zu verurteilen, ihr die Kosten für den operativen Eingriff am 2. und 3. August 2004 in Höhe von 5.621,40 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Entscheidungen seien rechtmäßig. Das Gutachten des Sachverständigen bestätige ihre Auffassung in vollem Umfang. Eine Notwendigkeit für die mittelbare Krankenbehandlung habe nicht bestanden. Die Kostenerstattung für die MRP scheide daher aus.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat kein Recht auf Erstattung der Kosten für die operativen Eingriffe am 2. und 3. August 2004 (MRP, Revisionsoperation und Hämatomausräumung). Denn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) sind nicht gegeben. Andere Rechtsgrundlagen kommen für die begehrte Kostenerstattung nicht in Betracht.
§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V (in der seit dem 1. Juli 2001 geltenden und hier anwendbaren Fassung) lautet wie folgt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen (Alt. 1) oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt (Alt. 2) und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Die Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert, mithin Versicherte im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die im August 2003 bei der Beklagten geltend gemachte (Sach-) Leistung (MRP) hat sie sich im August 2004 selbst beschafft. Dadurch sind ihr Kosten entstanden.
Diese (Sach-) Leistung war nicht unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB VI. Die Unfähigkeit der Krankenkasse, eine unaufschiebbare (Sach-) Leistung rechtzeitig zu erbringen, liegt nur vor, wenn es dem Versicherten nicht möglich oder nicht zuzumuten war, sich vor der Leistungsbeschaffung mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen, vgl. zB Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 9/03 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 1 mwN. Daran fehlt es hier.
Die Beklagte hat die o.g. Leistung zwar vor der o.g. Selbstbeschaffung abgelehnt, aber nicht zu Unrecht. Daher scheidet auch eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB V aus.
Eine Leistung ist nur dann zu Unrecht abgelehnt, wenn im Zeitpunkt der Behandlung ein Leistungsanspruch bestand, so zB KassKomm-Höfler, Band 1, Stand der 49. Ergänzungslieferung: 1. Januar 2006, § 13 Rn 39. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Die selbstbeschaffte Behandlung muß daher zu den Leistungen gehören, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zB Urteil vom 22. März 2005 - B 1 KR 11/03 R - SozR 4-2500 § 27a Nr. 1.
Die Klägerin hatte am 2. und 3. August 2004 keinen Anspruch auf eine beidseitige MRP.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V). Diese Leistungen werden grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistungen erbracht, vgl. zB § 2 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB V.
Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Dies ergibt sich zB aus §§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 12 Abs. 1 und 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V.
Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Umfang der Krankenbehandlung ergibt sich aus zB § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V, vgl. auch § 21 Abs. 1 Nr. 2 SGB Erstes Buch.
Das SGB definiert den Begriff "Krankheit" nicht. Die ständige Rechtsprechung (auch) des BSG versteht darunter einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als "regelwidrig" ist dabei ein Zustand anzusehen, der von der Norm, vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht. Dabei kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zu. Eine Krankheit liegt insoweit nur vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Soweit mit körperlichen Eingriffen (insbesondere chirurgischer Art) nicht gezielt (unmittelbar) gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen wird, sondern nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits erreicht werden soll, ist nach der Rechtsprechung des BSG eine besondere Rechtfertigung erforderlich, um von einer "Behandlung" im o.g. Sinne ausgehen zu können. Eine derartige Rechtfertigung scheidet für Operationen am gesunden Körper zur Behebung von psychischen Störungen vor allem wegen der Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose aus. Wird durch chirurgische Eingriffe in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, sind bei Prüfung der speziellen Rechtfertigung die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen. Vgl. zum Vorstehenden zB die hier auszugsweise wiedergegebenen Urteile des BSG vom 13. Februar 1975 - 3 RK 68/73 - SozR 2200 § 182 Nr. 9 (allgemein zum Krankheitsbegriff), 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - SozR 4-2500 § 137c Nr.1 (eine der fünf Entscheidungen des BSG vom genannten Tag zur Applikation eines Magenbandes) und 19. Oktober 2004 - B 1 KR 9/04 R - JURIS (eine der vier Entscheidungen des BSG vom genannten Tag zu operativen Brustverkleinerungen und -vergrößerungen), jeweils mwN.
Unter Berücksichtigung der "außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust" scheidet die Annahme einer entstellenden anatomischen Abweichung bei der Beurteilung der weiblichen Brust zur Begründung einer insoweit bestehenden Krankheit grundsätzlich aus, vgl. hierzu zB BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, aaO. Denn als Richtschnur dienende (normative) Werte sind insoweit weder nachvollziehbar noch allgemein gültig bestimmbar und im Übrigen auch nicht bekannt. Dieser Grundsatz gilt hier ohne Einschränkungen. Denn Anhaltspunkte für eine durch die Größe der Brust vor o.g. Eingriff bedingten entstellenden Wirkung der Klägerin (ihres "Aussehens") sind weder erkennbar noch vorgetragen.
Die "Körperfunktionen" der Brüste der Klägerin waren am 2. und 3. August 2004 ebenso nicht beeinträchtigt. Insbesondere gab es für eine Malignität des entnommenen Gewebes keinen Anhalt, vgl. Epikrise vom 6. August 2004 unter "Mikroskopischer Befund".
Unter Würdigung der o.g. Maßstäbe kam somit eine Leistungspflicht der Beklagten für die beidseitige MRP hier allenfalls in Betracht, wenn: 1. eine beeinträchtigte Körperfunktion vorlag, d.h. körperliche Erkrankungen oder funktionelle Störungen bestanden, insbesondere orthopädischer Art ("Wirbelsäulenbeschwerden"), 2. die zumindest auch auf die "Art" (insbesondere Gewicht und Größe) der Brüste zurückzuführen waren, 3. der chirurgische Eingriff (die MRP) geeignet gewesen ist, um die Krankheitsbeschwerden (zumindest) zu lindern oder zu beheben und 4. alle ebenso geeigneten, konventionellen (herkömmlichen, üblichen) Methoden zur Behandlung der Krankheitsbeschwerden erfolglos ausgeschöpft wurden, vgl. bereits gerichtliches Schreiben vom 16. August 2005.
Die tatsächlichen Voraussetzungen für diese Kriterien müssen nachgewiesen sein. Tatsachen sind bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich sind, daß alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen, so zB BSG, Urteil vom 8. August 2001 - B 9 V 23/02 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4. Gesetzlich normierte Milderungen der Beweisanforderungen gibt es in diesem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nicht.
Bei der erforderlichen Abwägung hat die Kammer auch den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse berücksichtigt, vgl. § 2 Satz 3 SGB V. Insoweit wird hier insbesondere auf die Ausführungen von Gerber / Krause / Friese, rekonstruktive und plastisch ästhetische Mammaoperationen, Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 100, Heft 8, 21. Februar 2003, A 474ff, verwiesen. Unter "Makromastie - Brustverkleinerung" wird dort (A 481) u.a. ausgeführt: "Bei der echten Mammahyperplasie bedingen statische Beschwerden mit Schmerzen und Schnürfurchen im Schultergürtel-Nacken-Bereich, Kopfschmerzen, Rundrückenbildung und erosive Infektionen in den Submammarfalten eine medizinische Operationsindikation ... Als Grenze für eine medizinisch indizierte Brustverkleinerung werden Resektionsgewichte von mehr als 500 g pro Seite angesehen, wobei dies natürlich vom Habitus der Patientin abhängt. Adipöse Patientinnen müssen vor einer Reduktionsplastik das Gewicht reduzieren."
Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme konnte eine Leistungspflicht der Beklagten für die chirurgischen Eingriffe im August 2004 unter Berücksichtigung des Vorstehenden nicht nachgewiesen werden. Die Kammer hat dabei die angeforderten und vorgelegten Stellungnahmen der behandelnden Ärzte der Klägerin, die gutachtlichen Ausführungen von Dr. med. C. und des Sachverständigen berücksichtigt (verwertet). Die Gutachten von Dr. med. C. vom 30. Oktober 2003 und 7. Januar 2005 waren nicht ohne weiteres verwertbar. Denn die berufliche Qualifikation (insbesondere die Berufsbezeichnung, ggf. Gebiets-, Teilgebiets- bzw. Schwerpunkts-, Zusatzbezeichnung) der Gutachterin ist weder allgemein bekannt noch erkennbar.
Das Gutachten des Sachverständigen und die ergänzende Stellungnahme hierzu sind verwertbar. Die rechtliche Unsicherheit (vgl. die Fragen unter "Vorab" auf Seite 8 des Gutachtens) sowie evtl. allgemein geltende (d.h. nicht nur auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt bezogene) und (im Ergebnis nur) deswegen unzutreffende (rechtliche) Auffassung des Sachverständigen (vgl. zu 10. auf Seite 14 des Gutachtens) über den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten steht dem nicht entgegen. Denn der Sachverständige ist weder nach seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung dafür geeignet noch von seiner Aufgabe im gerichtlichen Verfahren dazu berufen, Rechtsfragen zu beantworten. Er hat lediglich dem Gericht "besondere Sachkunde zur Verfügung (zu) stellen, aus Tatsachen konkrete Schlußfolgerung (zu) ziehen, Kenntnis von Erfahrungssätzen (zu) vermitteln oder mit besonderem Fachwissen Tatsachen fest(zu)stellen, so zB Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz (SGG) - Kommentar, 7. Auflage 2002, § 118 Rn 11a mwN. Diese Aufgabe bezieht sich hier ausschließlich auf medizinische Tatsachen und Bewertungen. Diesen Anforderungen ist der Sachverständige uneingeschränkt nachgekommen. Darauf sowie auf die etwas ungewöhnliche und den Verlauf des Verfahrens nicht unbedingt erleichternde Art und Weise der o.g. Mitteilungen hat das Gericht bereits mit Schreiben vom 16. August 2005 hingewiesen.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme litt die Klägerin an einem chronisch rezidivierenden Verlauf eines zervikalen Lokalsyndroms im Rahmen eines "oberen gekreuzten Syndroms". Dies ergibt sich für die Kammer aus den Befundberichten von Dr. med F. vom 22. Juni 2001 (vgl. u.a. "Muskuläre Dysbalance Schulter / Nackenregion"), 6. Oktober 2003 ("chronisch rezidivierenden Zervikothorakalsyndrom") und 16. September 2004 (unter 4. "Diagnosen" in Verbindung mit der anwendbaren International Classification of Diseases) sowie dem Gutachten des Sachverständigen vom 4. August 2005 (zu 1. Seite 9). Zur Beschreibung dieses Krankheitsbildes wird insbesondere auf die Ausführungen des Sachverständigen verwiesen, aaO und in der ergänzenden Stellungnahme vom 27. September 2005: "Dabei handelt es sich um eine muskuläre Störung, die nicht im Sinne des orthopädischen Verständnisses mit einer "Strukturstörung" einhergeht. Eine Strukturstörung stellt eine bedeutsame Pathologie einer bestimmten Struktur der Halswirbelsäule dar, ... Dazu gehören beispielsweise skoliotische Seitverbiegungen der Wirbelsäule, mechanische Kompressionen durch engen Spinalkanal oder Bandscheibenvorfälle. Derartige Erkrankungen liegen bei der Patientin ... nicht vor." Die Kammer folgt diesen Ausführungen. Sie sind nachvollziehbar, mit den vorgenannten Stellungnahmen und Vorbefunden vereinbar sowie überzeugend. Somit bestand eine "beeinträchtigte Körperfunktion". Denn muskuläre Störungen sind "regelwidrig" im o.g. Sinne. Die Übrigen der o.g. Voraussetzungen sind allerdings nicht nachgewiesen.
Zwar bestand die Möglichkeit einer Verursachung der orthopädischen Beschwerden der Klägerin durch deren Brustgröße, vgl. zB Bericht vom 9. April 2003 ("klinischer Befund einer Mammahyperplasie mit typischem Beschwerdebild"). Nachgewiesen ist dies nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme jedoch nicht. Den Ausführungen ihrer behandelnden Ärzte mangelt es insoweit bereits an begründenden Elementen. Dr. med. D. führte hierzu aus, "das orthopädische Krankheitsbild wird durch die deutliche Brustvergrößerung negativ beeinflusst", vgl. Bescheinigung vom 6. Oktober 2003. Daran bestehen dem Grunde nach keine Zweifel. Die Frage nach einem ursächlichen Zusammenhang zwischen den Beschwerden / Erkrankungen und der Brustgröße wird damit allerdings weder beantwortet noch begründet. Diese Aussage ist zu pauschal, um sie nachvollziehbar und überzeugend verwerten zu können. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Ausführungen von Dr. med. B. im "Ärztlichen Gutachten" vom 19. April 2003 ("Die überdimensional große Brust verursacht zunehmend ein Schulter-Nacken-Syndrom ...") und Befundbericht vom 2. Juli 2004 ("Durch die übergroße und schwere Brust bestehen Nacken- und Rückenschmerzen"). Insoweit bestehen des weiteren Bedenken an einer Verwertbarkeit. Denn derartige Feststellungen sind orthopädischer Natur und überschreiten somit die gynäkologische (frauenärztliche) Kompetenz. Sonstige medizinische Unterlagen, mit denen o.g. Zusammenhang nachgewiesen werden könnte, liegen nicht vor. Im Gegenteil.
Bereits in der Epikrise vom 6. August 2004 wird lediglich vermerkt, "nebenbefundlich bestanden mäßige cervico-dorsale Beschwerden". Dessen ungeachtet konnte der Sachverständige insoweit keinen Zusammenhang feststellen. Danach könne eine Makromastie an einer muskulären Dysbalance ebenso wie andere Faktoren (zB Fehlhaltungen, psychische Belastungsfaktoren, Streß, nicht ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, Computerarbeitsplatz, monotone Fehlbelastung) teilhaben. Der "brustbedingte Anteil" sei jedoch sehr klein. Ein Kausalzusammenhang könne nicht erbracht werden. Jedenfalls liege keine schwerwiegende orthopädische Erkrankung im Bereich der gesamten Wirbelsäule vor. Die Klägerin habe keine ossäre Strukturstörung, neurologische Defizitsymptomatik und sensomotorische Defizite. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Krankheitsbild der muskulären Dysbalance und der Mammahyperplasie bestehe nicht.
Die Kammer folgt diesen Ausführungen im Ergebnis. Denn sie sind ebenso schlüssig und überzeugend. Mängel an einer ordnungsgemäßen Begutachtung (Auswertung der Akten, Anamnese, Befunderhebung, Beurteilung der Befunde, Diagnostik, Beurteilung der Krankheiten und deren Folgen mit Blick auf die Fragestellung) sind auch insoweit nicht erkennbar. Bei der rechtlichen Bewertung dieser Ausführungen ist allerdings nach Auffassung der Kammer zu differenzieren. Das muskuläre Ungleichgewicht konnte hier auf der Brustgröße beruhen. Dafür sprechen die Angaben der Klägerin von Beginn bis zum Ende des Verfahrens. Danach habe sie die Größe ihrer Brust bereits seit der Jugend belastet. Nicht zuletzt durch "eine möglichst verdeckende Haltung" habe sie versucht, dieses Problem zu beseitigen, vgl. Schreiben vom 1. August 2003. "Eine bereits in der Pubertät übergroße Brust, die daraus entstehende Fehlhaltung (,) um diese Brust zu verstecken ..." stelle den "Verlauf der Erkrankung ... dar", vgl. Schreiben vom 10. September 2005. Somit bestand die Möglichkeit eines entsprechenden Ursachenzusammenhanges. Davon geht ebenso der Sachverständige aus. Allerdings ist der Anteil dieses Umstandes (Brustgröße) an der Verursachung der genannten Störung nicht (mehr) konkret feststellbar. Daran wird sich angesichts der bereits durchgeführten MRP nichts mehr ändern. Die Ursachen hierfür konnten vielfältiger Natur sein. Darauf hat der Sachverständige zutreffend hingewiesen. Danach bestehen vergleichbare Erkrankungen (Störungen) auch bei anderen Frauen ohne "abnorm" groß entwickelter Brust.
Selbst bei zugunsten der Klägerin angenommener wesentlicher Verursachung durch die Größe der Brust, wären die o.g. Voraussetzungen nicht gegeben. Soweit die o.g. Fehlhaltung wesentliche Ursache für die muskuläre Störung gewesen sein sollte, war hierfür eine psychische Komponente mit verantwortlich. Auf o.g. Aussagen der Klägerin wird insoweit verwiesen ("verdecken / -stecken"). Gerber/Krause/Friese bemerken hierzu aaO: "Bei den adoleszenten Mädchen kommen häufig noch psychische Konfliktsituationen (‚gehänselt’ und ‚begafft’ werden) hinzu." Derartige Situationen können ggf. eine psychiatrische oder psychologische Behandlung, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedoch keine körperlichen Eingriffe zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung rechtfertigen. Sie bleiben der Eigenverantwortung der Versicherten vorbehalten, vgl. hierzu zB §§ 1 Satz 2, 2 Satz 1 SGB V. Anhaltspunkte für Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nicht gegeben. Dessen ungeachtet ergibt sich aus dem Vorstehenden weiterhin ein Vorrang herkömmlicher Behandlungsmethoden. Denn "zum Inhalt der Behandlung einer muskulären Dysbalance ... gehört es ... verkürzte/verspannte Muskelgruppen zu dehnen und ineffiziente Muskelgruppen zu kräftigen. Dies geschieht durch ein umfangreiches muskuläres Trainingsprogramm, durch den Abbau zu hoher Anforderungen an die, die Haltearbeit zu erbringenden Muskelgruppen und durch Aufbau insuffizienter Muskelgruppen. Der Erfolg ist aber stets limitiert, nicht von Dauer und immer wieder neu zu trainieren. Dies betrifft alle Patienten, auch die ohne Mammahyperplasie." Diesen Ausführungen des Sachverständigen hat die Kammer nichts wesentliches hinzuzufügen. Hierzu wird ergänzend nur noch auf die Aussagen von Dr. med. D. in der Stellungnahme vom 18. Oktober 2004 verwiesen. Danach könne er (als behandelnder Facharzt) die Frage, inwieweit die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, nicht beantworten. Die Angaben des behandelnden Hausarztes, Dr. med. A., sind ebenso nicht geeignet, um eine erfolglose Ausschöpfung dieser vorrangigen Behandlungsmethoden zu begründen. Im Gegenteil. Danach erfolgten "in Abständen ... physiotherapeutische Maßnahmen", die zu "kurzzeitige(n) Linderungen der Schmerzzustände und des Befindens" und zur "Verbesserung des muskulären Hartspannes" führten, vgl. Befundbericht vom 27. Juni 2004. Dem Sachverständigen gegenüber konkretisierte die Klägerin diese Angaben, vgl. zu 8. auf Seite 13 des Gutachtens. Dessen Bewertung daraus lautet: "Insofern sind die Behandlungsmöglichkeiten der muskulären Dysbalance nicht ausgeschöpft worden. Die verordneten Behandlungsmaßnahmen waren nicht ausreichend ... Patienten meiner orthopädischen Praxis erhalten auch unter den restriktiven Maßnahmen der Gesundheitspolitik eine viel umfangreichere Behandlung ...". Die Kammer folgt dieser Bewertung ebenso uneingeschränkt. Entgegenstehende Einwände sind auch insoweit nicht erkennbar.
Schließlich wird das dargestellte Ergebnis durch das tatsächliche Resektionsvolumen (rechts 300 g, links 280 g) als ein weiteres, nicht ausschlaggebendes Indiz bekräftigt. Zur "Grenze für eine medizinisch indizierte Brustverkleinerung" ("mehr als 500 g pro Seite") wird auf o.g. Zitat verwiesen.
Somit hat die Klägerin die Kosten für den durch eine "nicht medizinisch indizierte Operation" realisierten "Wunsch nach Bruststraffung und Verkleinerung" (so Behandlungsvertrag vom 30. Juli 2004 bzw. Epikrise vom 6. August 2004) selbst zu tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine operative Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik - MRP).
Die 1963 geborene Klägerin ist seit April 2003 pflichtversichertes Mitglied bei der Beklagten. Sie arbeitet als Firmenkundenberaterin bei einer Bank. Auf die Auskunft des Arbeitgebers vom 6. April 2005 wird wegen der Einzelheiten hierzu verwiesen.
Am 7. August 2003 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine beidseitige MRP. Die Brustgröße belaste sie bereits seit ihrer Jugend. Durch Haltung und Kleidung habe sie versucht, dieses Problem zu mindern. In den letzten Jahren seien zu den psychischen Belastungen starke Nacken- und Schulterschmerzen hinzugetreten. Alle Versuche zur Beseitigung der Beschwerden seien erfolglos geblieben. Dem Antrag waren Stellungnahmen des behandelnden Frauenarztes, Dr. med. A., vom 19. April 2003 und des Chefarztes der Klinik für Plastische, Mund-, Kiefer-, Gesichts- und rekonstruktive Chirurgie des Städtischen Klinikums Görlitz, Dr. med. B., vom 9. April 2003 beigefügt. Auf deren Inhalt wird verwiesen.
Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein. Das Gutachten vom 2. September 2003 wurde nach körperlicher Untersuchung der Klägerin erstattet. Die Gutachterin, Dr. med. C., Fachärztin für Chirurgie, Sozialmedizin, führte u.a. aus, von einer Beseitigung der Beschwerden durch die begehrte Operation könne nicht ausgegangen werden. Eine orthopädische und physiotherapeutische Behandlung werde empfohlen. Wegen des weiteren Inhaltes wird auf das Gutachten verwiesen.
Mit Bescheid vom 10. September 2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die MRP sei nicht zwingend erforderlich.
Dagegen erhob die Klägerin am 9. Oktober 2003 Widerspruch. Die Gutachterin des MDK verfüge weder über orthopädische noch chirurgische Kompetenz und Erfahrung. Das Gutachten sei daher wertlos. Den darin enthaltenen Empfehlungen sei sie bereits erfolglos nachgekommen. Die Aussichten auf Behebung ihrer Beschwerden durch die MRP seien sehr gut. Die Klägerin legte des weiteren eine Bescheinigung des behandelnden Facharztes für Orthopädie, Dr. med. D., vom 6. Oktober 2003 vor. Auf deren Inhalt wird verwiesen.
Dr. med. C. hielt in einer Stellungnahme vom 21. Oktober 2003 an ihrer Beurteilung fest. Auch nach einem weiteren, nach Aktenlage und von Dr. med. D. erstatteten Gutachten des MDK vom 30. Oktober 2003 bestehe keine medizinische Notwendigkeit für eine operative Brustverkleinerung.
Mit Bescheid vom 3. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Brust an sich sei organisch gesund. Auch die Größe und das Gewicht der Brust seien nicht regelwidrig. Denn eine objektivierbare Größe für die weibliche Brust gebe es nicht. Die orthopädischen Beschwerden seien unmittelbar zu behandeln. Eine Leistungspflicht für eine mittelbare Behandlung, wie der MRP, bestehe im übrigen nur unter strengen Voraussetzungen.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 5. April 2004.
Am 2. August 2004 erfolgte die Reduktionsplastik der Mammae beidseits sowie am 3. August 2004 eine Revisionsoperation und Hämatomausräumung. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Epikrise vom 6. August 2004 verwiesen. Die Klägerin leistete hierfür insgesamt 5621,40 EUR. Auf die Behandlungsverträge, Honorarvereinbarung und Zahlungsbelege vom 30. Juli 2004, die Rechnung vom 10. August 2004, den Auszug der Endrechnung vom 8. Dezember 2004 sowie den Vortrag der Klägerin hierzu im Termin zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
Im Rahmen der medizinischen Ermittlungen hat das Gericht Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin angefordert. Die Beklagte legte ein weiteres, nach Aktenlage und von Dr. med. E. erstattetes Gutachten des MDK vom 7. Januar 2005 vor. Auf dessen Inhalt wird ebenso verwiesen. Sodann hat das Gericht Dr. med. F., Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Physikalische Therapie, mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Im Gutachten vom 4. August 2005 werden folgende Diagnosen benannt: abklingendes, chronisch rezidivierendes, zervikales Lokalsyndrom bei zurückliegender muskulärer Dysbalance ("oberes gekreuztes Syndrom") sowie geringe, klinisch stumm verlaufende, degenerative Veränderungen der Brustwirbelsäule von D5 bis D12. Ein Zusammenhang zwischen diesen Erkrankungen als alleinige Ursache und der Mammahyperplasie könne nicht erbracht werden. Eine schwerwiegende orthopädische Erkrankung im Bereich der gesamten Wirbelsäule, die eine Korrektur der muskulären Dysbalancen durch operative Maßnahmen an der Brust medizinisch begründen könne, liege nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Gutachtens, die gerichtlichen Hinweise an den Sachverständigen im Schreiben vom 16. August 2005 sowie dessen ergänzende Stellungnahme vom 27. September 2005 verwiesen.
Die Klägerin trägt vor, eine Mammahyperplasie könne zu Beschwerden des Bewegungsapparates führen. Dies sei nachgewiesen. Ihre Beschwerden seien nicht auf degenerative Veränderungen zurückzuführen gewesen. Das orthopädische Krankheitsbild habe auf der negativen Beeinflussung ihrer großen Brust beruht. Konservative Maßnahmen habe sie vor der Operation ohne bleibenden Erfolg ausgeschöpft. Die MRP habe die orthopädischen Beschwerden unmittelbar behoben und Folgekosten vermieden. Der Sachverständige habe kein unabhängiges und überzeugendes Gutachten erstattet. Soweit sie es als medizinischer Laie verstehen könne, habe sie es teilweise kommentiert und korrigiert. Auf diese Fassung verweise sie (Blatt 159ff der Gerichtsakte). Aus dem Gutachten ergebe sich kein Nachweis für den Ausschluß eines Zusammenhanges zwischen der (früheren) Größe ihrer Brust und ihren orthopädischen Beschwerden. Der Verlauf der Erkrankung und die eigentliche Ursache hierfür lasse sich wie folgt zusammenfassen: "Eine bereits in der Pubertät übergroße Brust, die daraus entstehende Fehlhaltung um diese Brust zu verstecken, sowie Muskelverspannungen und durch starkes Einschneiden der BH-Träger zu Halten der schweren Brust verursachtes Abquetschen der Schulter- und Nackenmuskulatur."
Auf Anfrage des Gerichts legte die Klägerin je eine prä- und postoperative Fotodokumentation ihres unbekleideten Oberkörpers vor.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2004 zu verurteilen, ihr die Kosten für den operativen Eingriff am 2. und 3. August 2004 in Höhe von 5.621,40 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die angefochtenen Entscheidungen seien rechtmäßig. Das Gutachten des Sachverständigen bestätige ihre Auffassung in vollem Umfang. Eine Notwendigkeit für die mittelbare Krankenbehandlung habe nicht bestanden. Die Kostenerstattung für die MRP scheide daher aus.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat kein Recht auf Erstattung der Kosten für die operativen Eingriffe am 2. und 3. August 2004 (MRP, Revisionsoperation und Hämatomausräumung). Denn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) sind nicht gegeben. Andere Rechtsgrundlagen kommen für die begehrte Kostenerstattung nicht in Betracht.
§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V (in der seit dem 1. Juli 2001 geltenden und hier anwendbaren Fassung) lautet wie folgt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen (Alt. 1) oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt (Alt. 2) und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Die Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert, mithin Versicherte im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die im August 2003 bei der Beklagten geltend gemachte (Sach-) Leistung (MRP) hat sie sich im August 2004 selbst beschafft. Dadurch sind ihr Kosten entstanden.
Diese (Sach-) Leistung war nicht unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGB VI. Die Unfähigkeit der Krankenkasse, eine unaufschiebbare (Sach-) Leistung rechtzeitig zu erbringen, liegt nur vor, wenn es dem Versicherten nicht möglich oder nicht zuzumuten war, sich vor der Leistungsbeschaffung mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen, vgl. zB Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 9/03 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 1 mwN. Daran fehlt es hier.
Die Beklagte hat die o.g. Leistung zwar vor der o.g. Selbstbeschaffung abgelehnt, aber nicht zu Unrecht. Daher scheidet auch eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB V aus.
Eine Leistung ist nur dann zu Unrecht abgelehnt, wenn im Zeitpunkt der Behandlung ein Leistungsanspruch bestand, so zB KassKomm-Höfler, Band 1, Stand der 49. Ergänzungslieferung: 1. Januar 2006, § 13 Rn 39. Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Die selbstbeschaffte Behandlung muß daher zu den Leistungen gehören, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben, so die ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zB Urteil vom 22. März 2005 - B 1 KR 11/03 R - SozR 4-2500 § 27a Nr. 1.
Die Klägerin hatte am 2. und 3. August 2004 keinen Anspruch auf eine beidseitige MRP.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V). Diese Leistungen werden grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistungen erbracht, vgl. zB § 2 Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB V.
Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Dies ergibt sich zB aus §§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 12 Abs. 1 und 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V.
Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Der Umfang der Krankenbehandlung ergibt sich aus zB § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB V, vgl. auch § 21 Abs. 1 Nr. 2 SGB Erstes Buch.
Das SGB definiert den Begriff "Krankheit" nicht. Die ständige Rechtsprechung (auch) des BSG versteht darunter einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als "regelwidrig" ist dabei ein Zustand anzusehen, der von der Norm, vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht. Dabei kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zu. Eine Krankheit liegt insoweit nur vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Soweit mit körperlichen Eingriffen (insbesondere chirurgischer Art) nicht gezielt (unmittelbar) gegen die eigentliche Krankheit selbst vorgegangen wird, sondern nur mittelbar die Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits erreicht werden soll, ist nach der Rechtsprechung des BSG eine besondere Rechtfertigung erforderlich, um von einer "Behandlung" im o.g. Sinne ausgehen zu können. Eine derartige Rechtfertigung scheidet für Operationen am gesunden Körper zur Behebung von psychischen Störungen vor allem wegen der Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose aus. Wird durch chirurgische Eingriffe in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, sind bei Prüfung der speziellen Rechtfertigung die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen. Vgl. zum Vorstehenden zB die hier auszugsweise wiedergegebenen Urteile des BSG vom 13. Februar 1975 - 3 RK 68/73 - SozR 2200 § 182 Nr. 9 (allgemein zum Krankheitsbegriff), 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - SozR 4-2500 § 137c Nr.1 (eine der fünf Entscheidungen des BSG vom genannten Tag zur Applikation eines Magenbandes) und 19. Oktober 2004 - B 1 KR 9/04 R - JURIS (eine der vier Entscheidungen des BSG vom genannten Tag zu operativen Brustverkleinerungen und -vergrößerungen), jeweils mwN.
Unter Berücksichtigung der "außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust" scheidet die Annahme einer entstellenden anatomischen Abweichung bei der Beurteilung der weiblichen Brust zur Begründung einer insoweit bestehenden Krankheit grundsätzlich aus, vgl. hierzu zB BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004, aaO. Denn als Richtschnur dienende (normative) Werte sind insoweit weder nachvollziehbar noch allgemein gültig bestimmbar und im Übrigen auch nicht bekannt. Dieser Grundsatz gilt hier ohne Einschränkungen. Denn Anhaltspunkte für eine durch die Größe der Brust vor o.g. Eingriff bedingten entstellenden Wirkung der Klägerin (ihres "Aussehens") sind weder erkennbar noch vorgetragen.
Die "Körperfunktionen" der Brüste der Klägerin waren am 2. und 3. August 2004 ebenso nicht beeinträchtigt. Insbesondere gab es für eine Malignität des entnommenen Gewebes keinen Anhalt, vgl. Epikrise vom 6. August 2004 unter "Mikroskopischer Befund".
Unter Würdigung der o.g. Maßstäbe kam somit eine Leistungspflicht der Beklagten für die beidseitige MRP hier allenfalls in Betracht, wenn: 1. eine beeinträchtigte Körperfunktion vorlag, d.h. körperliche Erkrankungen oder funktionelle Störungen bestanden, insbesondere orthopädischer Art ("Wirbelsäulenbeschwerden"), 2. die zumindest auch auf die "Art" (insbesondere Gewicht und Größe) der Brüste zurückzuführen waren, 3. der chirurgische Eingriff (die MRP) geeignet gewesen ist, um die Krankheitsbeschwerden (zumindest) zu lindern oder zu beheben und 4. alle ebenso geeigneten, konventionellen (herkömmlichen, üblichen) Methoden zur Behandlung der Krankheitsbeschwerden erfolglos ausgeschöpft wurden, vgl. bereits gerichtliches Schreiben vom 16. August 2005.
Die tatsächlichen Voraussetzungen für diese Kriterien müssen nachgewiesen sein. Tatsachen sind bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich sind, daß alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen, so zB BSG, Urteil vom 8. August 2001 - B 9 V 23/02 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4. Gesetzlich normierte Milderungen der Beweisanforderungen gibt es in diesem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung nicht.
Bei der erforderlichen Abwägung hat die Kammer auch den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse berücksichtigt, vgl. § 2 Satz 3 SGB V. Insoweit wird hier insbesondere auf die Ausführungen von Gerber / Krause / Friese, rekonstruktive und plastisch ästhetische Mammaoperationen, Deutsches Ärzteblatt, Jahrgang 100, Heft 8, 21. Februar 2003, A 474ff, verwiesen. Unter "Makromastie - Brustverkleinerung" wird dort (A 481) u.a. ausgeführt: "Bei der echten Mammahyperplasie bedingen statische Beschwerden mit Schmerzen und Schnürfurchen im Schultergürtel-Nacken-Bereich, Kopfschmerzen, Rundrückenbildung und erosive Infektionen in den Submammarfalten eine medizinische Operationsindikation ... Als Grenze für eine medizinisch indizierte Brustverkleinerung werden Resektionsgewichte von mehr als 500 g pro Seite angesehen, wobei dies natürlich vom Habitus der Patientin abhängt. Adipöse Patientinnen müssen vor einer Reduktionsplastik das Gewicht reduzieren."
Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme konnte eine Leistungspflicht der Beklagten für die chirurgischen Eingriffe im August 2004 unter Berücksichtigung des Vorstehenden nicht nachgewiesen werden. Die Kammer hat dabei die angeforderten und vorgelegten Stellungnahmen der behandelnden Ärzte der Klägerin, die gutachtlichen Ausführungen von Dr. med. C. und des Sachverständigen berücksichtigt (verwertet). Die Gutachten von Dr. med. C. vom 30. Oktober 2003 und 7. Januar 2005 waren nicht ohne weiteres verwertbar. Denn die berufliche Qualifikation (insbesondere die Berufsbezeichnung, ggf. Gebiets-, Teilgebiets- bzw. Schwerpunkts-, Zusatzbezeichnung) der Gutachterin ist weder allgemein bekannt noch erkennbar.
Das Gutachten des Sachverständigen und die ergänzende Stellungnahme hierzu sind verwertbar. Die rechtliche Unsicherheit (vgl. die Fragen unter "Vorab" auf Seite 8 des Gutachtens) sowie evtl. allgemein geltende (d.h. nicht nur auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt bezogene) und (im Ergebnis nur) deswegen unzutreffende (rechtliche) Auffassung des Sachverständigen (vgl. zu 10. auf Seite 14 des Gutachtens) über den Inhalt der Leistungspflicht der Beklagten steht dem nicht entgegen. Denn der Sachverständige ist weder nach seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung dafür geeignet noch von seiner Aufgabe im gerichtlichen Verfahren dazu berufen, Rechtsfragen zu beantworten. Er hat lediglich dem Gericht "besondere Sachkunde zur Verfügung (zu) stellen, aus Tatsachen konkrete Schlußfolgerung (zu) ziehen, Kenntnis von Erfahrungssätzen (zu) vermitteln oder mit besonderem Fachwissen Tatsachen fest(zu)stellen, so zB Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz (SGG) - Kommentar, 7. Auflage 2002, § 118 Rn 11a mwN. Diese Aufgabe bezieht sich hier ausschließlich auf medizinische Tatsachen und Bewertungen. Diesen Anforderungen ist der Sachverständige uneingeschränkt nachgekommen. Darauf sowie auf die etwas ungewöhnliche und den Verlauf des Verfahrens nicht unbedingt erleichternde Art und Weise der o.g. Mitteilungen hat das Gericht bereits mit Schreiben vom 16. August 2005 hingewiesen.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme litt die Klägerin an einem chronisch rezidivierenden Verlauf eines zervikalen Lokalsyndroms im Rahmen eines "oberen gekreuzten Syndroms". Dies ergibt sich für die Kammer aus den Befundberichten von Dr. med F. vom 22. Juni 2001 (vgl. u.a. "Muskuläre Dysbalance Schulter / Nackenregion"), 6. Oktober 2003 ("chronisch rezidivierenden Zervikothorakalsyndrom") und 16. September 2004 (unter 4. "Diagnosen" in Verbindung mit der anwendbaren International Classification of Diseases) sowie dem Gutachten des Sachverständigen vom 4. August 2005 (zu 1. Seite 9). Zur Beschreibung dieses Krankheitsbildes wird insbesondere auf die Ausführungen des Sachverständigen verwiesen, aaO und in der ergänzenden Stellungnahme vom 27. September 2005: "Dabei handelt es sich um eine muskuläre Störung, die nicht im Sinne des orthopädischen Verständnisses mit einer "Strukturstörung" einhergeht. Eine Strukturstörung stellt eine bedeutsame Pathologie einer bestimmten Struktur der Halswirbelsäule dar, ... Dazu gehören beispielsweise skoliotische Seitverbiegungen der Wirbelsäule, mechanische Kompressionen durch engen Spinalkanal oder Bandscheibenvorfälle. Derartige Erkrankungen liegen bei der Patientin ... nicht vor." Die Kammer folgt diesen Ausführungen. Sie sind nachvollziehbar, mit den vorgenannten Stellungnahmen und Vorbefunden vereinbar sowie überzeugend. Somit bestand eine "beeinträchtigte Körperfunktion". Denn muskuläre Störungen sind "regelwidrig" im o.g. Sinne. Die Übrigen der o.g. Voraussetzungen sind allerdings nicht nachgewiesen.
Zwar bestand die Möglichkeit einer Verursachung der orthopädischen Beschwerden der Klägerin durch deren Brustgröße, vgl. zB Bericht vom 9. April 2003 ("klinischer Befund einer Mammahyperplasie mit typischem Beschwerdebild"). Nachgewiesen ist dies nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme jedoch nicht. Den Ausführungen ihrer behandelnden Ärzte mangelt es insoweit bereits an begründenden Elementen. Dr. med. D. führte hierzu aus, "das orthopädische Krankheitsbild wird durch die deutliche Brustvergrößerung negativ beeinflusst", vgl. Bescheinigung vom 6. Oktober 2003. Daran bestehen dem Grunde nach keine Zweifel. Die Frage nach einem ursächlichen Zusammenhang zwischen den Beschwerden / Erkrankungen und der Brustgröße wird damit allerdings weder beantwortet noch begründet. Diese Aussage ist zu pauschal, um sie nachvollziehbar und überzeugend verwerten zu können. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Ausführungen von Dr. med. B. im "Ärztlichen Gutachten" vom 19. April 2003 ("Die überdimensional große Brust verursacht zunehmend ein Schulter-Nacken-Syndrom ...") und Befundbericht vom 2. Juli 2004 ("Durch die übergroße und schwere Brust bestehen Nacken- und Rückenschmerzen"). Insoweit bestehen des weiteren Bedenken an einer Verwertbarkeit. Denn derartige Feststellungen sind orthopädischer Natur und überschreiten somit die gynäkologische (frauenärztliche) Kompetenz. Sonstige medizinische Unterlagen, mit denen o.g. Zusammenhang nachgewiesen werden könnte, liegen nicht vor. Im Gegenteil.
Bereits in der Epikrise vom 6. August 2004 wird lediglich vermerkt, "nebenbefundlich bestanden mäßige cervico-dorsale Beschwerden". Dessen ungeachtet konnte der Sachverständige insoweit keinen Zusammenhang feststellen. Danach könne eine Makromastie an einer muskulären Dysbalance ebenso wie andere Faktoren (zB Fehlhaltungen, psychische Belastungsfaktoren, Streß, nicht ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, Computerarbeitsplatz, monotone Fehlbelastung) teilhaben. Der "brustbedingte Anteil" sei jedoch sehr klein. Ein Kausalzusammenhang könne nicht erbracht werden. Jedenfalls liege keine schwerwiegende orthopädische Erkrankung im Bereich der gesamten Wirbelsäule vor. Die Klägerin habe keine ossäre Strukturstörung, neurologische Defizitsymptomatik und sensomotorische Defizite. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem Krankheitsbild der muskulären Dysbalance und der Mammahyperplasie bestehe nicht.
Die Kammer folgt diesen Ausführungen im Ergebnis. Denn sie sind ebenso schlüssig und überzeugend. Mängel an einer ordnungsgemäßen Begutachtung (Auswertung der Akten, Anamnese, Befunderhebung, Beurteilung der Befunde, Diagnostik, Beurteilung der Krankheiten und deren Folgen mit Blick auf die Fragestellung) sind auch insoweit nicht erkennbar. Bei der rechtlichen Bewertung dieser Ausführungen ist allerdings nach Auffassung der Kammer zu differenzieren. Das muskuläre Ungleichgewicht konnte hier auf der Brustgröße beruhen. Dafür sprechen die Angaben der Klägerin von Beginn bis zum Ende des Verfahrens. Danach habe sie die Größe ihrer Brust bereits seit der Jugend belastet. Nicht zuletzt durch "eine möglichst verdeckende Haltung" habe sie versucht, dieses Problem zu beseitigen, vgl. Schreiben vom 1. August 2003. "Eine bereits in der Pubertät übergroße Brust, die daraus entstehende Fehlhaltung (,) um diese Brust zu verstecken ..." stelle den "Verlauf der Erkrankung ... dar", vgl. Schreiben vom 10. September 2005. Somit bestand die Möglichkeit eines entsprechenden Ursachenzusammenhanges. Davon geht ebenso der Sachverständige aus. Allerdings ist der Anteil dieses Umstandes (Brustgröße) an der Verursachung der genannten Störung nicht (mehr) konkret feststellbar. Daran wird sich angesichts der bereits durchgeführten MRP nichts mehr ändern. Die Ursachen hierfür konnten vielfältiger Natur sein. Darauf hat der Sachverständige zutreffend hingewiesen. Danach bestehen vergleichbare Erkrankungen (Störungen) auch bei anderen Frauen ohne "abnorm" groß entwickelter Brust.
Selbst bei zugunsten der Klägerin angenommener wesentlicher Verursachung durch die Größe der Brust, wären die o.g. Voraussetzungen nicht gegeben. Soweit die o.g. Fehlhaltung wesentliche Ursache für die muskuläre Störung gewesen sein sollte, war hierfür eine psychische Komponente mit verantwortlich. Auf o.g. Aussagen der Klägerin wird insoweit verwiesen ("verdecken / -stecken"). Gerber/Krause/Friese bemerken hierzu aaO: "Bei den adoleszenten Mädchen kommen häufig noch psychische Konfliktsituationen (‚gehänselt’ und ‚begafft’ werden) hinzu." Derartige Situationen können ggf. eine psychiatrische oder psychologische Behandlung, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich jedoch keine körperlichen Eingriffe zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung rechtfertigen. Sie bleiben der Eigenverantwortung der Versicherten vorbehalten, vgl. hierzu zB §§ 1 Satz 2, 2 Satz 1 SGB V. Anhaltspunkte für Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nicht gegeben. Dessen ungeachtet ergibt sich aus dem Vorstehenden weiterhin ein Vorrang herkömmlicher Behandlungsmethoden. Denn "zum Inhalt der Behandlung einer muskulären Dysbalance ... gehört es ... verkürzte/verspannte Muskelgruppen zu dehnen und ineffiziente Muskelgruppen zu kräftigen. Dies geschieht durch ein umfangreiches muskuläres Trainingsprogramm, durch den Abbau zu hoher Anforderungen an die, die Haltearbeit zu erbringenden Muskelgruppen und durch Aufbau insuffizienter Muskelgruppen. Der Erfolg ist aber stets limitiert, nicht von Dauer und immer wieder neu zu trainieren. Dies betrifft alle Patienten, auch die ohne Mammahyperplasie." Diesen Ausführungen des Sachverständigen hat die Kammer nichts wesentliches hinzuzufügen. Hierzu wird ergänzend nur noch auf die Aussagen von Dr. med. D. in der Stellungnahme vom 18. Oktober 2004 verwiesen. Danach könne er (als behandelnder Facharzt) die Frage, inwieweit die konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, nicht beantworten. Die Angaben des behandelnden Hausarztes, Dr. med. A., sind ebenso nicht geeignet, um eine erfolglose Ausschöpfung dieser vorrangigen Behandlungsmethoden zu begründen. Im Gegenteil. Danach erfolgten "in Abständen ... physiotherapeutische Maßnahmen", die zu "kurzzeitige(n) Linderungen der Schmerzzustände und des Befindens" und zur "Verbesserung des muskulären Hartspannes" führten, vgl. Befundbericht vom 27. Juni 2004. Dem Sachverständigen gegenüber konkretisierte die Klägerin diese Angaben, vgl. zu 8. auf Seite 13 des Gutachtens. Dessen Bewertung daraus lautet: "Insofern sind die Behandlungsmöglichkeiten der muskulären Dysbalance nicht ausgeschöpft worden. Die verordneten Behandlungsmaßnahmen waren nicht ausreichend ... Patienten meiner orthopädischen Praxis erhalten auch unter den restriktiven Maßnahmen der Gesundheitspolitik eine viel umfangreichere Behandlung ...". Die Kammer folgt dieser Bewertung ebenso uneingeschränkt. Entgegenstehende Einwände sind auch insoweit nicht erkennbar.
Schließlich wird das dargestellte Ergebnis durch das tatsächliche Resektionsvolumen (rechts 300 g, links 280 g) als ein weiteres, nicht ausschlaggebendes Indiz bekräftigt. Zur "Grenze für eine medizinisch indizierte Brustverkleinerung" ("mehr als 500 g pro Seite") wird auf o.g. Zitat verwiesen.
Somit hat die Klägerin die Kosten für den durch eine "nicht medizinisch indizierte Operation" realisierten "Wunsch nach Bruststraffung und Verkleinerung" (so Behandlungsvertrag vom 30. Juli 2004 bzw. Epikrise vom 6. August 2004) selbst zu tragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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