S 23 AS 1002/06 ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AS 1002/06 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Durch die Formulierung „dem Grunde nach“ in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II wird klargestellt, dass es nur auf die abstrakte Förderfähigkeit nach dem BAföG ankommt und ein tatsächlicher Bezug der vorrangigen Leistung für den Leistungsausschluss nach dem SGB II nicht erforderlich ist. Ist eine Ausbildung abstrakt und damit dem Grunde nach gemäß dem BAföG förderungsfähig, ändert sich an dem SGB II-Leistungsausschluss nichts dadurch, dass die Ausbildung konkret wegen individueller Ausschluss- oder Versagungsgründe im Hinblick auf die konkrete Ausbildungsbiografie des Antragstellers nach dem BAföG nicht gefördert wird.
2. Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II soll die Grundsicherung für Arbeitssuchende davon befreien, eine (versteckte) Ausbildungsförderung auf einer „zweiten Ebene“ zu gewähren, und beruht darauf, dass Ausbildungsförderung durch Sozialleistungen, die die Kosten der Ausbildung und den Lebensunterhalt umfassen, außerhalb des SGB II abschließend geregelt ist.
3. Der besondere Härtefall nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II erfordert einen atypischen Lebenssachverhalt, der es für den Auszubildenden auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses objektiv nicht zumutbar erscheinen lässt, seine Ausbildung zu unterbrechen; die Folgen des Anspruchsausschlusses müssen deshalb über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung der Leistungen zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, und es muss auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die nachrangigen Fürsorgeleistungen von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen, vom Auszubildenden zu erwarten, von der Ausbildung teilweise, vorüberge-hend oder ganz Abstand zu nehmen. Dabei hält es die Rechtsprechung im Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewollte Folge eines mehrstufigen Sozialleistungssystems für grundsätzlich hinnehmbar, dass dann, wenn eine Ausbildung nach den speziellen Leistungsgesetzen nicht mehr gefördert werden kann, diese gegebenenfalls aufzugeben oder abzubrechen ist. Wegen der Einheit der Gesamtrechtsordnung kann der Antragstellers seinen Leistungsausschluss nach dem BAföG nicht einem anderen Sozialleistungssystem, nämlich dem des SGB II, überbürden.
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II dem Grunde nach.

Der am ... 1964 geborene, ledige, kinderlose Antragsteller ist diplomierter Psychologe. Der Antragsteller absolviert derzeit aufgrund Ausbildungsvertrages zwischen ihm und der ... (DAP) vom ... 2003 seit dem ... 2004 eine Ausbildung zur Vorbereitung auf die Staatli-che Prüfung für psychologische Psychotherapeuten in der Fachrichtung Verhaltensthera-pie. Es handelt sich dabei um eine theoretische und praktische Ausbildung mit dem Inhalt der Befähigung zur selbständigen und eigenverantwortlichen Durchführung von Heilbe-handlungen von psychischen und psychosomatischen Erkrankungen sowie von psychisch bedingten Folgeerscheinungen an körperlicher Erkrankungen mit den Mitteln der Verhal-tenstherapie. Zur Erreichung des Ausbildungsinhalts absolviert der Antragsteller – aus-weislich des Ausbildungsvertrages vom ... 2003 – wenigstens über 3 Jahre insgesamt min-destens 4.200 Stunden bzw. Unterrichtseinheiten. Der Ausbildungsvertrag endet zum 31. Januar 2007. Der Antragsteller befindet sich derzeit im 3. Ausbildungsjahr, legte am 1. Juli 2005 die Zwischenprüfung im Rahmen einer Prüfungsklausur erfolgreich ab und absolvier-te in der Vergangenheit bereits verschiedene praktische Tätigkeiten in klinischen Einrich-tungen. Die DAP ist ein staatlich anerkanntes Ausbildungsinstitut für psychologische Psy-chotherapeuten.

Der Antragsteller bezog in der Zeit vom 1. Juni 2005 bis 30. Januar 2006 Arbeitslosengeld (I) aufgrund Bewilligungsbescheides der Agentur für Arbeit Dresden vom 24. Juni 2005 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 16,09 EUR. Nach Erschöpfung des Leistungsan-spruchs auf Arbeitslosengeld (I) zum 30. Januar 2006 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin am 16. Februar 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhaltes nach dem SGB II vom 17. Februar 2006 lehnte die Antragsgegnerin mit Be-scheid vom 9. Mai 2006 ab. Zur Begründung führte sie aus: Die gesetzlichen Vorausset-zungen für den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II lägen nicht vor, weil der Antragsteller in Ausbildung sei und diese Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderfähig sei. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 5 und 6 SGB II.

Mit formlosem Antrag vom 22. Mai 2006, welcher bei der Antragsgegnerin am 24. Mai 2006 einging, beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin Leistungen zur Siche-rung des Lebensunterhaltes in einem besonderen Härtefall als Darlehen. Zur Begründung führte er aus: § 7 Abs. 5 SGB II weise ihm eine prinzipielle Förderung nach BAföG bzw. SGB III zu, daher bestünde kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-haltes im Rahmen einer nicht darlehensbezogen Zahlung. Da er nicht über die Berechti-gung zum Empfange von BAföG-Leistungen verfüge (Überschreitung der Altersgrenze) sei er auf eine Darlehensgewährung angewiesen.

Den Antrag des Antragstellers auf darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Siche-rung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom 22. Mai 2006 lehnte die Antragsgegne-rin mit Bescheid vom 30. Mai 2006 ab. Zur Begründung führte sie aus: Die darlehensweise Gewährung von Leistungen gem. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II komme nur bei Vorlage eines besonderen Härtefalles in Betracht. Nach Prüfung der eingereichten Unterlagen läge ein besonderer Härtefall jedoch nicht vor. Ein besonderer Härtefall liege insbesondere nicht vor, soweit die Ausbildung ohne finanzielle Unterstützung aus wirtschaftlichen Gründen abgebrochen werden müsste. Es liege auch kein Härtefall vor, wenn die Unterstützungs-leistungen Dritter (hier: Förderung nach BAföG) infolge des Überschreitens der Höchst-förderungsdauer ausbleiben würden. Ein Härtefall komme in Betracht, wenn sich ein mit-telloser Studierender in der akuten Phase des Abschlussexamens befände und ihm deshalb ein Abbruch nicht zugemutet werden könne oder der Abschluss der beruflichen Ausbil-dung unmittelbar bevorstünde. Dies treffe jedoch auf den Antragsteller nicht zu, da er seine Ausbildung voraussichtlich erst in ca. 1 ½ Jahren beenden werde. Die darlehensweise Ge-währung sei aus diesen Gründen abzulehnen.

Gegen den Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin vom 9. Mai 2006 legte der An-tragsteller mit Telefax vom 19. Juni 2006 Widerspruch bei der Antragsgegnerin ein.

Der Widerspruch wurde von der Antragsgegnerin bislang – soweit ersichtlich – nicht be-schieden.

Mit Telefax vom 22. Juni 2006, welches am gleichen Tage beim Sozialgericht Dresden einging, stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begründung führte der Antragsteller aus: Er sei seit dem 1. Februar 2006 einkommens-los. Die Bescheide der Antragsgegnerin vom 9. Mai 2006 und vom 30. Mai 2006 seien rechtswidrig. Der Antragsteller habe gem. § 10 Abs. 2 BAföG schon deshalb keinen An-spruch auf Ausbildungsförderung nach dem BAföG, weil er seine Zusatzausbildung erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres aufgenommen habe. Außerdem sei die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung nicht gem. § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen, weil die Ausbildung auch dem Grunde nach im Rahmen des BAföG nicht förderfähig sei. Es han-dele sich nämlich um eine Ausbildung an einer privaten Ausbildungsakademie, deren Um-fang tatsächlich nur dem einer Teilzeitausbildung entspräche. Die wöchentliche Ausbil-dungszeit läge insgesamt deutlich unter 14,99 Stunden. Vom Antragsteller seien nur noch die Veranstaltungen Selbsterfahrung sowie einige Theorieveranstaltungen zu besuchen. Diese Lehrveranstaltungen fänden stets an Wochenenden und an zwei Freitagen statt. Die praktische Ausbildung umfasse nur 6 Stunden wöchentlich, da pro Woche jeweils 6 Patien-ten eine Stunde behandelt würden. Diese Behandlungen würden auch nachmittags und au-ßerhalb der üblichen Arbeitszeiten erfolgen. Damit fände die Ausbildung entgegen ihrer Bezeichnung als Vollzeitausbildung im Ausbildungsvertrag nur in einem tatsächlichen Umfang statt, der dem einer Teilzeitausbildung entspräche. Dies spiegle sich auch daran wieder, dass der Antragsteller bis einschließlich Mai 2005 eine Vollzeitbeschäftigung als Psychologe im Praktikum ausgeübt habe. Er stehe somit trotz seiner nahezu vor dem Ab-schluss stehenden Ausbildung dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung und sei bei der Bundesagentur für Arbeit auch als Arbeitssuchender gemeldet. Der Antragsteller verfüge über kein Vermögen und beziehe seit dem am 31. Januar 2006 beendeten Bezug von Arbeitslosengeld I keinerlei Einkünfte. Er bestreite seinen Lebensunterhalt seitdem von familiären Darlehen die nun erschöpft seien. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversi-cherung stünden seit dem 31. Januar 2006 offen. Die Zahlung der kommenden Monatsmie-te sei nicht gewährleistet. Unterhaltsansprüche gegen Dritte würden nicht bestehen.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Arbeitslosengeld II mindestens in Höhe der Regelleistung gem. § 20 SGB II zuzüglich der tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 398,55 EUR zu gewähren, hilfsweise diese Leistungen als Darlehen zu erbringen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus: Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei nicht begrün-det, da der Antragsteller keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-haltes nach dem SGB II habe. Der Antragsteller absolviere eine Ausbildung zum psycho-logischen Psychotherapeuten an der DAP. Die DAP sei eine staatlich anerkannte Ausbil-dungsstätte und die Ausbildung an der DAP sei grundsätzlich förderfähig nach dem BA-föG. Der Antragsteller selbst erfülle die individuellen Voraussetzungen für die Gewährung von BAföG nicht, da er bereits das 30. Lebensjahr überschritten habe. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II sei jedoch nach § 7 Abs. 5 SGB II, dass es sich um keine dem Grunde nach förderfähige Ausbildung handele. Der Ausbildungs-gang sei jedoch im vorliegenden Fall dem Grunde nach förderfähig nach dem BAföG. So-mit sei der Antragsteller nach § 7 Abs. 5 SGB II von der Leistungsgewährung ausgeschlos-sen. Es läge auch kein Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1a BAföG vor (§ 7 Abs. 6 SGB II). Die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als Darlehen nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II sei auch nicht möglich. Ein besonderer Härte-fall wäre nur gegeben, wenn außergewöhnliche, schwerwiegende, atypische und möglichst nicht selbstverschuldete Umstände gegeben wären, die einen zügigen Ausbildungsdurch-lauf verhindern oder die sonstige Notlage hervorgerufen hätten. Eine besondere Härte liege auch vor, wenn der Hilfebedürftige ohne die Leistungen nach dem SGB II in eine Existenz bedrohende Notlage geriete, die auch nicht bei Unterbrechung der Ausbildung und Auf-nahme einer Erwerbstätigkeit beseitigt werden könne. Der Antragsteller gebe selbst an, dass er nur eine Teilzeitausbildung absolviere und die Lehrveranstaltungen überwiegend an den Wochenenden stattfinden würden. Er sei somit in der Lage, neben seinem Studium eine Beschäftigung auszuüben. Er könne somit seinen Lebensunterhalt durch die Aufnah-me einer Erwerbstätigkeit sichern. Somit liege auch ein besonderer Härtefall nicht vor.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin mit dem Az.: ... sowie sämtliche relevanten Ausbildungsunterlagen über die derzeit vom Antragsteller besuchte Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten an der DAP beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezoge-ne Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte und die gewechselten Schriftsätze insgesamt ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zwar zulässig, aber unbegründet, so dass er abzulehnen war.

Inhaltlich handelt es sich um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Regelungsanord-nung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebens-unterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zu gewähren, hilfs-weise diese Leistungen darlehensweise zu gewähren.

§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG lautet: "Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine sol-che Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint."

Der Antrag hat daher nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn ein sog. Anordnungsanspruch und ein sog. Anordnungsgrund vorliegen. Für eine vorläufige Entscheidung müssen ge-wichtige Gründe vorliegen; dies ist der sog. Anordnungsgrund. Er liegt vor, wenn dem Antragsteller wesentliche, insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Ab-warten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und die Regelung zur Verhinderung dieser unzumutbaren Nachteile durch eine Anordnung nötig erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.10.1977, Az: 2 BvR 42/76). Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens liegen in der Sicherung der Entscheidungsfähigkeit und der pro-zessualen Lage, um eine endgültige Rechtsverwirklichung im Hauptsacheverfahren zu er-möglichen. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren will nichts anderes, als allein wegen der Zeitdimension der Rechtserkenntnis und der Rechtsdurchsetzung im Hauptsachever-fahren eine zukünftige oder gegenwärtige prozessuale Rechtsstellung vor zeitüberholenden Entwicklungen sichern (so ausdrücklich: Sächsisches LSG, Beschluss vom 11.02.2004, Az: L 1 B 227/03 KR-ER). Weiterhin muss ein sog. Anordnungsanspruch vorliegen. Dabei muss es sich um einen der Durchsetzung zugänglichen materiell-rechtlichen Anspruch (vgl. Berlit, info also 2005, 3, 7 sowie im Anschluss hieran ausdrücklich: Sächsisches LSG, Beschluss vom 14.04.2005, Az: L 3 B 30/05 AS/ER und Sächsisches LSG, Be-schluss vom 19.09.2005, Az: L 3 B 155/05 AS/ER) des Antragstellers handeln.

Eine einstweilige Anordnung ergeht demnach nur, wenn sie zur Abwendung wesentlicher, nicht wiedergutzumachender Nachteile für den Antragsteller notwendig ist. Dabei hat der Antragsteller wegen der von ihm geltend gemachten Eilbedürftigkeit der Entscheidung die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 202 SGG, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO), also Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund, glaubhaft zu machen.

Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da er keinen An-spruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und zwar weder als Zuschuss noch als Darlehen hat.

Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II 1. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, 2. unter den Voraussetzungen des § 24 SGB II einen befristeten Zuschlag.

Nach § 19 Satz 2 SGB II mindern das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen diese Geldleistungen.

Erwerbsfähige Hilfebedürftige im Sinne des SGB II sind gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) dem Grunde nach förderfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB III können in besonderen Härtefällen Leistungen zur Siche-rung des Lebensunterhaltes als Darlehen geleistet werden. Nach § 7 Abs. 6 SGB II findet § 7 Abs. 5 SGB II keine Anwendung auf Auszubildende, 1. die aufgrund von § 2 Abs. 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung oder aufgrund von § 64 Abs. 1 SGB III keinen Anspruch auf Berufsausbildungs-beihilfe haben oder 2. deren Bedarf sich nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG oder nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB III bemisst.

Der Antragsteller hat zwar das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet, hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (näm-lich in D.) und ist nach Aktenlage erwerbsfähig und bedürftig. Der Antragsteller ist den-noch von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II aufgrund der Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen. Die Antragsgegnerin hat im Fall des Antragstellers völlig zu Recht den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II angenommen, wonach Auszubildende, deren Ausbildung u.a. im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhaltes haben. Die Ausbildung des Antragstellers ist dem Grunde nach aber im Rahmen des BAföG förderfähig, weil er einer Ausbildung an einer staatlich anerkannten Ausbil-dungsakademie nachgeht. Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Var. 2 BAföG wird Ausbil-dungsförderung auch geleistet für den Besuch von Akademien, wobei nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG maßgebend für die Zuordnung Art und Inhalt der Ausbildung sind und nach § 2 Abs. 1 Satz 3 BaföG Ausbildungsförderung geleistet wird, wenn die Ausbildung an einer öffentlichen Einrichtung oder einer genehmigten Ersatzschule durchgeführt wird. Ausweis-lich des Internetauftritts der DAP handelt es sich bei dieser Akademie um eine staatlich anerkannte Akademie, so dass Ausbildungsförderung dem Grunde nach auch Auszubil-denden geleistet wird, die einer Ausbildung an der DAP nachgehen. Durch die Formulie-rung "dem Grunde nach" in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II wird im Übrigen lediglich klarge-stellt, dass es nur auf die abstrakte Förderfähigkeit nach dem BAföG ankommt und ein tatsächlicher Bezug der vorrangigen Leistung für den Leistungsausschluss nach dem SGB II gerade nicht erforderlich ist (so eindeutig und zutreffend auch: LSG Hamburg, Be-schluss vom 02.02.2006, Az: L 5 B 396/05 ER-AS; SG Dortmund, Beschluss vom 12.05.2005, Az: S 22 AS 50/05 ER; Valgolio in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, Stand: Oktober 2005, K § 7, Rn. 32; Peters in: Estelmann, Kommentar zum SGB II, Stand: Dezember 2005, § 7, Rn. 50; Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 7, Rn. 43; Adolph in: Linhart/Adolph/Gröschel-Gundermann, Kommentar zum SGB II, Stand: Juni 2005, § 7, Rn. 82; Schuhmacher in: Oestreicher, Kommentar zum SGB II, Stand: Juni 2005, § 7, Rn. 32; Hörder in: juris-Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 7, Rn. 46). Denn es kommt nicht auf die konkrete Förderfähigkeit, sondern nur darauf an, dass die Ausbildungsförderung nach dem BAföG gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Var. 2 BAföG grundsätzlich (also dem Grunde nach) auch für den Besuch von Akade-mien geleistet wird. Ist aber – wie im Fall des Antragstellers – eine Ausbildung abstrakt und damit dem Grunde nach gemäß dem BAföG förderungsfähig, ändert sich an dem SGB II-Leistungsausschluss nichts dadurch, dass die Ausbildung konkret wegen individueller Ausschluss- oder Versagungsgründe im Hinblick auf die konkrete Ausbildungsbiografie des Antragstellers nach dem BAföG nicht gefördert wird (so eindeutig und zutreffend auch: LSG Hamburg, Beschluss vom 02.02.2006, Az: L 5 B 396/05 ER-AS; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2006, Az: L 5 B 1352/05 AS-ER; SG Berlin, Be-schluss vom 09.11.2005, Az: S 59 AS 901/05 ER; SG Dortmund, Beschluss vom 12.05.2005, Az: S 22 AS 50/05 ER; Brühl in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 7, Rn. 68; Valgolio in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, Stand: Oktober 2005, K § 7, Rn. 32; Peters in: Estelmann, Kommentar zum SGB II, Stand: Dezember 2005, § 7, Rn. 50; Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 7, Rn. 43; Adolph in: Linhart/Adolph/Gröschel-Gundermann, Kommentar zum SGB II, Stand: Juni 2005, § 7, Rn. 82; Schuhmacher in: Oestreicher, Kommentar zum SGB II, Stand: Juni 2005, § 7, Rn. 32; Hörder in: juris-Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 7, Rn. 46). Einen solchen individuellen und damit der Förderung nach dem BAföG im konkreten Fall des Antragstellers entgegenstehenden Ausschlussgrund stellt aber sowohl das Überschreiten der Regelaltersgrenze nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BAföG als auch das Durchführen einer Zweitausbildung nach § 7 Abs. 2 BAföG dar, das damit nach dem Grundsatz der Einheit der Gesamtrechtsordnung auch zum Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II führt. Das SGB II ist insoweit kein Auffanggesetz. Der Ausschlusstatbe-stand des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II soll die Grundsicherung für Arbeitssuchende davon befreien, eine (versteckte) Ausbildungsförderung auf einer "zweiten Ebene" zu gewähren, und beruht darauf, dass Ausbildungsförderung durch Sozialleistungen, die die Kosten der Ausbildung und den Lebensunterhalt umfassen, außerhalb des SGB II abschließend gere-gelt ist (so zutreffend bereits: Thüringer LSG, Beschluss vom 22.09.2005, Az: L 7 AS 635/05 ER; LSG Hamburg, Beschluss vom 31.08.2005, Az: L 5 B 185/05 AS-ER; SG Dortmund, Beschluss vom 12.05.2005, Az: S 22 AS 50/05 ER). Der Auszubildende soll nämlich in der Regel seine Ausbildung nicht auf Kosten der Grundsicherung für Arbeitssu-chende betreiben.

Völlig zu Recht hat die Antragsgegnerin im Fall des Antragstellers auch das Vorliegen eines besonderen Härtefalles abgelehnt, der nach § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II zur darlehens-weisen Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes führen könnte. Die von der Antragsgegnerin im Antragserwiderungsschriftsatz vom 29. Juni 2006 ver-wendete Definition, nach der "ein besonderer Härtefall nur gegeben ist, wenn außerge-wöhnliche, schwerwiegende, atypische und möglichst nicht selbst verschuldete Umstände vorliegen, die einen zügigen Ausbildungsverlauf verhindern oder die sonstige Notlage her-vorgerufen haben" ist dabei nicht zu beanstanden, weil sie im Wesentlichen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entspricht. Der besondere Härtefall erfordert danach einen atypischen Lebenssachverhalt, der es für den Auszubildenden auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses objektiv nicht zumutbar erscheinen lässt, seine Ausbildung zu unterbrechen; die Folgen des An-spruchsausschlusses müssen deshalb über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung der Leistungen zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist, und es muss auch mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die nachrangigen Fürsorgeleistungen von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, als übermäßig hart erscheinen, vom Auszubildenden zu erwarten, von der Ausbildung teilweise, vorüberge-hend oder ganz Abstand zu nehmen (so zur im Wesentlichen gleichlautenden Vorgänger-vorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG: BVerwG, Urteil vom 14.10.1993, Az: 5 C 16/91; Brühl in: Lehr- und Praxiskommentar zum BSHG, 5. Aufl. 1998, § 26, Rn. 22; im Übrigen zu § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II so auch zutreffend: LSG Hamburg, Beschluss vom 02.02.2006, Az: L 5 B 396/05 ER-AS; Thüringer LSG, Beschluss vom 22.09.2005, Az: L 7 AS 635/05 ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 11.08.2005, Az: L 9 AS 14/05 ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.04.2005, Az: L 2 B 7/05 AS-ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.04.2005, Az: L 8 AS 36/05 ER; SG Dresden, Beschluss vom 21.11.2005, Az: S 34 AS 1098/05 ER; SG Berlin, Beschluss vom 09.11.2005, Az: S 59 AS 901/05 ER; SG Hamburg, Beschluss vom 06.06.2005, Az: S 51 AS 312/05 ER; SG Dort-mund, Beschluss vom 12.05.2005, Az: S 22 AS 50/05 ER; Peters in: Estelmann, Kommen-tar zum SGB II, Stand: Dezember 2005, § 7, Rn. 53; Brühl in: Münder, Lehr- und Praxis-kommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 7, Rn. 74; Valgolio in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, Stand: Oktober 2005, K § 7, Rn. 37).

Dabei hält es die Rechtsprechung im Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewollte Folge eines mehrstufigen Sozialleistungssystems für grundsätzlich hinnehmbar, dass dann, wenn eine Ausbildung nach den speziellen Leistungsgesetzen – wie hier dem BAföG – nicht mehr gefördert werden kann, diese gegebenenfalls aufzugeben oder abzubrechen ist. We-gen der Einheit der Gesamtrechtsordnung kann der Antragstellers deshalb seinen Leis-tungsausschluss nach dem BAföG nicht einem anderen Sozialleistungssystem, nämlich dem des SGB II, überbürden. Es sind im Fall des Antragstellers zudem auch keine sonsti-gen "besonderen" (vgl. den Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II) Gründe ersichtlich, die es ihm objektiv unmöglich machen, seinen Lebensunterhalt durch Aufnahme einer Neben-beschäftigung zu finanzieren (vgl. dazu auch zutreffend: SG Hamburg, Beschluss vom 21.03.2005, Az: S 55 AS 124/05 ER; SG Oldenburg, Beschluss vom 18.01.2005, Az: S 46 AS 24/05 ER). Gleichfalls sind keine objektiven "besonderen" Gründe ersichtlich, die es absolut unzumutbar erscheinen lassen, dass der Antragsteller seine Ausbildung nötigenfalls sogar abbricht. Dies wird in typischen Fällen, wie dem des Antragstellers, regelmäßig als zumutbar angesehen (vgl. so zur im Wesentlichen gleichlautenden Vorgängervorschrift des § 26 Abs. 1 Satz 2 BSHG: BVerwG, Urteil vom 14.10.1993, Az: 5 C 16/91; Brühl in: Lehr- und Praxiskommentar zum BSHG, 5. Aufl. 1998, § 26, Rn. 22 und 28; im Übrigen zu § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II so auch zutreffend: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.01.2006, Az: L 5 B 1352/05 AS-ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 11.08.2005, Az: L 9 AS 14/05 ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.04.2005, Az: L 2 B 7/05 AS-ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.04.2005, Az: L 8 AS 36/05 ER; SG Dresden, Beschluss vom 21.11.2005, Az: S 34 AS 1098/05 ER; SG Berlin, Beschluss vom 09.11.2005, Az: S 59 AS 901/05 ER; SG Hamburg, Beschluss vom 06.06.2005, Az: S 51 AS 312/05 ER; SG Dortmund, Beschluss vom 12.05.2005, Az: S 22 AS 50/05 ER; Peters in: Estelmann, Kommentar zum SGB II, Stand: Dezember 2005, § 7, Rn. 53; Brühl in: Münder, Lehr- und Praxiskommentar zum SGB II, 1. Aufl. 2005, § 7, Rn. 74).

Der Aufnahme einer Nebenbeschäftigung zur Finanzierung des Lebensunterhaltes stehen weder Krankheit, Behinderung, Kindererziehung noch sonstige objektive Hindernisse ent-gegen, so dass von einem atypischen Sachverhalt, der einen besonders schwerwiegenden Nachteil oder eine existentielle, nicht anders abwendbare Notlage herbeiführt, keine Rede sein kann. Da es sich bei der Ausbildung des Antragstellers zum psychologischen Psycho-therapeuten im Rahmen des Ausbildungsverhältnisses bei der DAP nach dem eigenen Vor-trag des Antragstellers auch lediglich um eine Teilzeitausbildung handelt, verbleibt für den Antragsteller genügend Raum, um neben seiner Ausbildung seinen Lebensunterhalt durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Nebentätigkeitsbeschäftigungsverhältnis zu sichern. Auch im Übrigen weist der Sachverhalt des Antragstellers keine Besonderheiten dergestalt auf, die eine besondere Härte begründen würden. Dass er seine Miete, seine Kranken- und Pflegeversicherung sowie seinen Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren kann, ist keine besondere Härte, sondern der Normalfall des mit § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II bezweckten Ausschlusses von versteckter Ausbildungsförderung über das Instrumentarium des SGB II. Hilfebedürftige, die – wie der Antragsteller – eine Ausbildung der in § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II genannten Art betreiben und nach den dafür vorgesehenen Leistungsgesetzen nicht (mehr) gefördert werden, sind in der Regel gehalten, von der Ausbildung ganz oder vorü-bergehend Abstand zu nehmen, um für die Dauer der Hilfebedürftigkeit den Ausschluss von der Hilfe zum Lebensunterhalt abzuwenden. Dies mag als hart empfunden werden, ist aber als vom Gesetzgeber gewollte Folge eines mehrstufigen Leistungssystems grundsätz-lich hinzunehmen. Im Fall des Antragstellers kommt hinzu, dass dieser bereits über ein abgeschlossenes Studium und einen diplomierten Ausbildungsabschluss verfügt, so dass eine weitere Ausbildung über Mittel der Steuerzahlergemeinschaft auch nicht unter dem Aspekt der erstmaligen Erlangung eines am Arbeitsmarkt verwertbaren Ausbildungsab-schlusses finanziert werden kann.

Die Rückausnahmen des § 7 Abs. 6 SGB II liegen im Fall des Antragstellers ersichtlich nicht vor.

Nach alledem hatte das Gericht den einstweiligen Rechtsschutzantrag als unbegründet ab-zulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung über den einstweiligen Rechtsschutzantrag.
Rechtskraft
Aus
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