Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
35
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 AL 837/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Nach erfolgreicher und dauerhafter Wiedereingliederung des Arbeitslosen in den Arbeitsprozess scheidet eine weitere Förderung mit Mobilitätsbeihilfen bei Wiederaufnahme einer Tätigkeit bei dem selben Arbeitgeber aus.
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung einer Mobilitätshilfe in Form einer Trennungskostenbeihilfe streitig.
Der 1959 geborene Kläger war im Zeitraum vom 22.07.2002 bis 10.01.2003, vom 22.04.2003 bis 23.12.2003 und vom 03.05.2004 bis 05.01.2005 bei der C.-GmbH mit Sitz in S. als Fahrbahnmarkierer versicherungspflichtig beschäftigt. Zum 06.01.2005 meldet er sich arbeitslos. Am 15.03.2005 beantragte der Kläger Reisekostenbeihilfe für 558 km für die Fahrt nach S. zur Arbeitsaufnahme am 12.04.2005 bei der H.-GmbH. Die Reisekostenbeihilfe wurde ihm mit Bescheid vom 26.05.2005 als Zuschuss in Höhe von 122,76 EUR bewilligt. Zugleich hat der Kläger mit Antrag vom 15.03.2005 Trennungskostenbeihilfe für die Arbeit bei H.-GmbH beantragt. Die Beklagte hat diesen Antrag mit Bescheid vom 26.05.2005 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es könne keine Förderung bei Wiedereinstellung beim gleichen Arbeitgeber erfolgen. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2005 Widerspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die Begründung der Ablehnung (Wiedereinstellung beim gleichen Arbeitgeber) nicht zutreffe. Außerdem könne er die erhöhten Aufwendungen nicht aufbringen.
Die Beklagte hat den Widerspruch zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005). Sie verwies auf die §§ 53, 54 SGB III. Trennungskostenbeihilfe könne nur dann wiederholt beim gleichen Arbeitgeber gewährt werden, wenn eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht erfolgt ist. Bei Saisontätigkeiten sei bei Wiedereinstellung von einer dauerhaften Wiedereingliederung auszugehen. Die H.-GmbH sei zuvor die C.-GmbH mit dem Geschäftsführer H. gewesen. Dort werde der Kläger in regelmäßigen Abständen beschäftigt. Trennungskostenbeihilfe sei hierfür bereits gewährt worden. Die Arbeitslosigkeit sei alleine aufgrund der Saisonbeschäftigung entstanden, so dass eine dauerhafte Wiedereingliederung vorliege.
Mit der hiergegen am 21.07.2005 eingelegten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbegehren weiter. Er trägt dabei zunächst vor, dass er nicht beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt werde. Die C.-GmbH habe ihren Sitz in S., B-Straße und die H.-GmbH in S., R.-Straße. Entsprechend der Begründung der Beklagten im Widerspruchsbescheid hätte sie dann auch keine Reisekostenbeihilfe gewähren dürfen. Es sei unzutreffend, dass es sich um eine Saisontätigkeit handle, bei der eine Wiedereinstellung im nächsten Jahr als gesichert angesehen werden könne. Wahrheitswidrig gehe die Beklagte davon aus, dass der Kläger bereits Trennungskostenbeihilfe erhalten habe. Auf die durch das Gericht durchgeführten Ermittlungen (Handelsregisterauszug, schriftliche Zeugenaussage des Geschäftsführers der H.-GmbH) führt der Kläger aus, er habe in den Vorjahren die Möglichkeit gehabt, auf privater Ebene ohne Kostenaufwand und Notwendigkeit eines zweiten Haushalts zu übernachten. Diese Möglichkeit habe er nun nicht mehr. Es entstünden zusätzliche Mietkosten für einen zweiten Haushalt. Damit sei die Situation einer neuen Arbeitsaufnahme gleichzusetzen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde für den Kläger ein Mietvertrag vom 20.06.2005 eingereicht, wonach er zum 01.08.2005 eine 2-Zimmer-Wohnung in S. auf unbefristete Zeit angemietet hat. Ferner wurden Lohnbescheinigungen für den Zeitraum April 2005 bis einschließlich Oktober 2005 vorgelegt. Die für den Kläger in der mündlichen Verhandlung erschienene Ehefrau teilte u.a. mit, dass man im Jahre 2002 keinen Antrag auf Trennungskostenbeihilfe gestellt habe, da man hiervon nichts wusste.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.05.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Trennungskostenbeihilfe erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die C.-GmbH sei Ende 2004 mit der H.- GmbH verschmolzen. Es handle sich bei dem Firmensitzen R.-Straße und B.-Straße um ein gemeinsames Firmengelände. Bei der Tätigkeit des Klägers handle es sich um eine Saisontätigkeit, da eine Wiedereinstellungszusage bestanden habe. Diese liege auch im Winter 2005/2006 vor. Im Widerspruchsbescheid habe man fälschlicherweise auf bereits bewilligte Trennungskostenbeihilfe abgestellt. Gemeint war die bewilligte Reisekostenbeihilfe. Die Beklagte sieht sich durch die Ermittlungen des Gerichts bestätigt und verweist darauf, dass es sich um eine Ermessensleistung handelt. Notwendig sei die Mobilitätshilfe nur, wenn die Arbeitsaufnahme ansonsten an finanziellen Mitteln scheitern würde. Das sei hier nicht der Fall, da die Arbeitsaufnahme jeweils ohne Trennungskostenbeihilfe erfolgte. Im Verwaltungsverfahren sei noch kein detaillierter Vortrag zu den zusätzlichen Kosten erfolgt, so dass der Vortrag nunmehr nicht entscheidungserheblich sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung eines Handelsregisterauszugs der H.-GmbH. Diese ist ausweislich des Auszugs gemäß Vertrag vom 24.01.2005 mit der C.-GmbH verschmolzen (Bl. 38 der Gerichtsakte). Ferner hat das Gericht Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der Personalabteilung der H.-GmbH (Bl. 40/41 der Gerichtsakte). Diese bestätigte die Vorbeschäftigungszeiten ab 22.07.2002. Das Arbeitsverhältnis war (Stand 20.01.2006) gekündigt mit in Aussicht gestellter Wiedereinstellung. Es handle sich um typische Saisonarbeit. Der Kläger ist zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch weiterhin bei der H.-GmbH versicherungspflichtig angestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet. Der Bescheid vom 26.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 verletzt den Kläger nicht rechtswidrig in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat die beantragte Trennungskostenbeihilfe für die Wiederaufnahme der Tätigkeit am 12.04.2005 ermessensfehlerfrei abgelehnt.
Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, können durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist (§ 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch - SGB III). Die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung umfassen bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Kosten für eine getrennte Haushaltsführung (sogenannte Trennungskostenbeihilfe, § 53 Abs. 2 Nr. 3 c SGB III).
Aus der Formulierung "können" wird deutlich, dass die Beklagte bei der Entscheidung über die Leistung Ermessen auszuüben hat. Soweit die Beklagte ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, sind die angefochtenen Bescheide (nur dann) rechtswidrig und beschweren den Kläger, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Entscheidung und Ermessensausübung ist insoweit mehrstufig gestaltet, als zunächst das Vorliegen der § 53 Abs. 1 SGB III genannten Voraussetzungen von der Beklagten zu prüfen ist und erst dann eine - gegebenenfalls positive - Entscheidung über die Bewilligung der Mobilitätshilfe getroffen werden kann. Fehlt es an einer der zwingend vorgeschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen (deren Vorliegen gerichtlich überprüfbar ist), darf die Beklagte die Leistung nicht erbringen und handelt bei Ablehnung jedenfalls nicht ermessensmissbräuchlich.
Voraussetzung für die Bewilligung von Mobilitätshilfen ist nach § 53 Abs. 1 SGB III die "Notwendigkeit" zur Aufnahme der Beschäftigung. Diese liegt vor, wenn das angestrebte Ziel (die Arbeitsaufnahme) auf andere Weise nicht zu verwirklichen ist. Dabei muss die Förderung unverzichtbar und unerlässlich für die Arbeitsaufnahme sein (so bspw.: Hennig in: Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, Stand: Dezember 2005, § 53, Rn. 47; Winkler in: Gagel, Kommentar zum SGB III, Stand: Oktober 2005, § 53, Rn. 11). Bloße Zweckmäßigkeit allein genügt nicht (so: Hennig in: Eicher/Schlegel, § 53, Rn. 47). Sinn und Zweck der Förderung bestehen nämlich darin, finanzielle Hindernisse zu beseitigen, die den förderungsberechtigten Personen den Wiedereintritt in das Berufsleben erschweren können (vgl. zu diesem Fördersinn- und -zweck Petzold in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Stand: Dezember 2005, K § 53, Rn. 1; Winkler in: Gagel, § 53, Rn. 2; Hennig in: Eicher/Schlegel, § 53, Rn. 2; Bernard in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 1. Auflage 2003, § 9, Rn. 59).
Der Notwendigkeitsbegriff enthält auch die Prognoseentscheidung dahingehend, ob eine dauerhafte oder zumindest stabile Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess wahrscheinlich ist (Petzold in: Hauck/Noftz, § 53, Rn. 10), weil die Beihilfe keine Subvention im Sinne verlorener Zuschüsse darstellt, sondern die dauerhafte oder zumindest stabile Wiedereingliederung des Arbeitslosen in den Arbeitsprozess und damit zugleich die Entlastung der Versichertengemeinschaft im Sinne eines "gegenseitigen Gebens und Nehmens bzw. Förderns und Forderns" bezweckt. Wenn aber eine erfolgreiche und dauerhafte Wiedereingliederung des Arbeitslosen in den Arbeitsprozess bereits realisiert wurde, scheidet eine weitere Förderung aus. So ist es hier: Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 15.03.2005 für die beabsichtigte Wiederaufnahme der Tätigkeit bei der H.-GmbH war der Kläger bereits erfolgreich wieder ins Berufsleben eingegliedert. Der Kläger wird seit Juli 2002 (mit saisonal bedingten Unterbrechungen in den Wintermonaten) ununterbrochen bei der H.-GmbH bzw. dem Vorgänger, der C.-GmbH, versicherungspflichtig beschäftigt. Es handelt sich dabei, wie sich aus dem Handelsregisterauszug ergibt, um denselben Arbeitgeber, da beide Gesellschaften mittlerweile verschmolzen sind. Die Beklagte ist dabei auch zutreffenderweise davon ausgegangen, dass es sich um eine typische Saisontätigkeit handelt. Dies hat der Arbeitgeber in seiner schriftlichen Stellungnahme bestätigt. Somit begründen sich die Unterbrechungen in der Winterpause nicht in Gründen, die in der Person des Klägers liegen, sondern in der saisonalen Unterbrechung. Dem Kläger wurde auch jeweils nach den Unterbrechungen die Wiederaufnahme der Tätigkeit in Aussicht gestellt. Da der Kläger somit zur Antragstellung bereits über 2 ½ Jahre von demselben Arbeitgeber versicherungspflichtig beschäftigt worden ist, durfte eine erfolgreiche Wiedereingliederung angenommen werden, so dass weitere Leistungen nicht notwendig sind, um Arbeitslosigkeit zu beseitigen oder zu vermeiden.
Schließlich war die Förderung für die Arbeitsaufnahme im April 2005 nicht aus wirtschaftlichen Gründen "notwendig". Der Notwendigkeitsbegriff i.S.v. § 53 Abs. 1 SGB III setzt eine Prognoseentscheidung dahingehend voraus, dass das auswärtige Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung der Mobilitätshilfe voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Die Beitragsmittel der Bundesagentur für Arbeit für Förderungsmaßnahmen sollen nur erbracht werden, wenn das angestrebte Ziel, nämlich die Arbeitsaufnahme, sonst nicht zu verwirklichen ist (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.03.2007, L 3 AL 75/06; Thüringer LSG, Beschluss vom 6. November 2003, L 3 AL 755/01; SG Dresden, Urteil vom 25. Februar 2006, S 23 AL 2075/04; Hennig in Eicher/Schlegel, § 53 Rz. 45).
Dem Gericht liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das wieder aufgenommene Beschäftigungsverhältnis bei der H.-GmbH zum 12.04.2005 ohne die Gewährung von Mobilitätsbeihilfen voraussichtlich nicht zustande gekommen wäre. Es ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden, dass er seine Entscheidung, die Arbeit erneut bei H.-GmbH in S. anzunehmen, vom Bestehen einer Trennungskostenbeihilfe abhängig gemacht hat. Der Kläger hat vielmehr, wie in den Vorjahren, den Arbeitsvertrag ohne Bewilligung der Mobilitätsbeihilfen abgeschlossen. Auch in den Vorjahren hat der Kläger die Arbeit aufgenommen und ausgeführt, ohne dass er Trennungskostenbeihilfe beantragt oder erhalten hat. Danach kann bei der hier zu treffenden Prognoseentscheidung nicht davon ausgegangen werden, dass das Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit der Firma H.-GmbH ohne die Gewährung der Trennungskostenbeihilfe (voraussichtlich) nicht zustande gekommen wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag, dass der Kläger in den Vorjahren umsonst bei Freunden gewohnt hat und erst im Jahre 2005 einen Mietvertrag abgeschlossen hat. Zu den durch die Trennungskostenbeihilfe zu unterstützenden Kosten zählen die Kosten für die doppelte Haushaltsführung, also üblicherweise die doppelt anfallende Miete einschließlich zusätzlicher Kosten, wie Heiz- und Betriebsnebenkosten. Der für den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegte Mietvertrag lässt jedoch weiterhin nicht erkennen, dass ohne Gewährung der Trennungskostenbeihilfe das Beschäftigungsverhältnis (voraussichtlich) nicht aufgenommen worden wäre. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger auch das Arbeitsverhältnis am 12.04.2005 zunächst aufgenommen hat, ohne dass ein weiterer Wohnraum angemietet wurde. Das Mietverhältnis begann am 01.08.2005 und mithin drei Monate nach Aufnahme der Beschäftigung. Somit ist bereits nicht ersichtlich, dass die nunmehr vorliegenden Kosten der doppelten Haushaltsführung kausal mit der Beschäftigungsaufnahme entstanden. Die Frage kann jedoch auch offen bleiben, da jedenfalls die Bewilligung der Trennungskostenbeihilfe nicht "notwendig" im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB III war, da eine erfolgreiche Wiedereingliederung bereits vorlag.
Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III nicht vorlagen, weil die begehrte Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Beschäftigung nicht notwendig war, konnte bzw. musste eine Ermessensentscheidung der Beklagten nicht mehr ergehen.
Danach war – wie festgestellt – zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Klage vollumfänglich abgewiesen wurde.
Die Berufung ist im Hinblick auf die maximale Förderung (6 x 260,00 EUR = 1.560,00 EUR, § 54 Abs. 5 SGB III) kraft Gesetzes zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung einer Mobilitätshilfe in Form einer Trennungskostenbeihilfe streitig.
Der 1959 geborene Kläger war im Zeitraum vom 22.07.2002 bis 10.01.2003, vom 22.04.2003 bis 23.12.2003 und vom 03.05.2004 bis 05.01.2005 bei der C.-GmbH mit Sitz in S. als Fahrbahnmarkierer versicherungspflichtig beschäftigt. Zum 06.01.2005 meldet er sich arbeitslos. Am 15.03.2005 beantragte der Kläger Reisekostenbeihilfe für 558 km für die Fahrt nach S. zur Arbeitsaufnahme am 12.04.2005 bei der H.-GmbH. Die Reisekostenbeihilfe wurde ihm mit Bescheid vom 26.05.2005 als Zuschuss in Höhe von 122,76 EUR bewilligt. Zugleich hat der Kläger mit Antrag vom 15.03.2005 Trennungskostenbeihilfe für die Arbeit bei H.-GmbH beantragt. Die Beklagte hat diesen Antrag mit Bescheid vom 26.05.2005 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es könne keine Förderung bei Wiedereinstellung beim gleichen Arbeitgeber erfolgen. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2005 Widerspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass die Begründung der Ablehnung (Wiedereinstellung beim gleichen Arbeitgeber) nicht zutreffe. Außerdem könne er die erhöhten Aufwendungen nicht aufbringen.
Die Beklagte hat den Widerspruch zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005). Sie verwies auf die §§ 53, 54 SGB III. Trennungskostenbeihilfe könne nur dann wiederholt beim gleichen Arbeitgeber gewährt werden, wenn eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht erfolgt ist. Bei Saisontätigkeiten sei bei Wiedereinstellung von einer dauerhaften Wiedereingliederung auszugehen. Die H.-GmbH sei zuvor die C.-GmbH mit dem Geschäftsführer H. gewesen. Dort werde der Kläger in regelmäßigen Abständen beschäftigt. Trennungskostenbeihilfe sei hierfür bereits gewährt worden. Die Arbeitslosigkeit sei alleine aufgrund der Saisonbeschäftigung entstanden, so dass eine dauerhafte Wiedereingliederung vorliege.
Mit der hiergegen am 21.07.2005 eingelegten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsbegehren weiter. Er trägt dabei zunächst vor, dass er nicht beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt werde. Die C.-GmbH habe ihren Sitz in S., B-Straße und die H.-GmbH in S., R.-Straße. Entsprechend der Begründung der Beklagten im Widerspruchsbescheid hätte sie dann auch keine Reisekostenbeihilfe gewähren dürfen. Es sei unzutreffend, dass es sich um eine Saisontätigkeit handle, bei der eine Wiedereinstellung im nächsten Jahr als gesichert angesehen werden könne. Wahrheitswidrig gehe die Beklagte davon aus, dass der Kläger bereits Trennungskostenbeihilfe erhalten habe. Auf die durch das Gericht durchgeführten Ermittlungen (Handelsregisterauszug, schriftliche Zeugenaussage des Geschäftsführers der H.-GmbH) führt der Kläger aus, er habe in den Vorjahren die Möglichkeit gehabt, auf privater Ebene ohne Kostenaufwand und Notwendigkeit eines zweiten Haushalts zu übernachten. Diese Möglichkeit habe er nun nicht mehr. Es entstünden zusätzliche Mietkosten für einen zweiten Haushalt. Damit sei die Situation einer neuen Arbeitsaufnahme gleichzusetzen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde für den Kläger ein Mietvertrag vom 20.06.2005 eingereicht, wonach er zum 01.08.2005 eine 2-Zimmer-Wohnung in S. auf unbefristete Zeit angemietet hat. Ferner wurden Lohnbescheinigungen für den Zeitraum April 2005 bis einschließlich Oktober 2005 vorgelegt. Die für den Kläger in der mündlichen Verhandlung erschienene Ehefrau teilte u.a. mit, dass man im Jahre 2002 keinen Antrag auf Trennungskostenbeihilfe gestellt habe, da man hiervon nichts wusste.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.05.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Trennungskostenbeihilfe erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die C.-GmbH sei Ende 2004 mit der H.- GmbH verschmolzen. Es handle sich bei dem Firmensitzen R.-Straße und B.-Straße um ein gemeinsames Firmengelände. Bei der Tätigkeit des Klägers handle es sich um eine Saisontätigkeit, da eine Wiedereinstellungszusage bestanden habe. Diese liege auch im Winter 2005/2006 vor. Im Widerspruchsbescheid habe man fälschlicherweise auf bereits bewilligte Trennungskostenbeihilfe abgestellt. Gemeint war die bewilligte Reisekostenbeihilfe. Die Beklagte sieht sich durch die Ermittlungen des Gerichts bestätigt und verweist darauf, dass es sich um eine Ermessensleistung handelt. Notwendig sei die Mobilitätshilfe nur, wenn die Arbeitsaufnahme ansonsten an finanziellen Mitteln scheitern würde. Das sei hier nicht der Fall, da die Arbeitsaufnahme jeweils ohne Trennungskostenbeihilfe erfolgte. Im Verwaltungsverfahren sei noch kein detaillierter Vortrag zu den zusätzlichen Kosten erfolgt, so dass der Vortrag nunmehr nicht entscheidungserheblich sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung eines Handelsregisterauszugs der H.-GmbH. Diese ist ausweislich des Auszugs gemäß Vertrag vom 24.01.2005 mit der C.-GmbH verschmolzen (Bl. 38 der Gerichtsakte). Ferner hat das Gericht Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der Personalabteilung der H.-GmbH (Bl. 40/41 der Gerichtsakte). Diese bestätigte die Vorbeschäftigungszeiten ab 22.07.2002. Das Arbeitsverhältnis war (Stand 20.01.2006) gekündigt mit in Aussicht gestellter Wiedereinstellung. Es handle sich um typische Saisonarbeit. Der Kläger ist zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch weiterhin bei der H.-GmbH versicherungspflichtig angestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet. Der Bescheid vom 26.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2005 verletzt den Kläger nicht rechtswidrig in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Beklagte hat die beantragte Trennungskostenbeihilfe für die Wiederaufnahme der Tätigkeit am 12.04.2005 ermessensfehlerfrei abgelehnt.
Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, können durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist (§ 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch - SGB III). Die Mobilitätshilfen bei Aufnahme einer Beschäftigung umfassen bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Kosten für eine getrennte Haushaltsführung (sogenannte Trennungskostenbeihilfe, § 53 Abs. 2 Nr. 3 c SGB III).
Aus der Formulierung "können" wird deutlich, dass die Beklagte bei der Entscheidung über die Leistung Ermessen auszuüben hat. Soweit die Beklagte ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, sind die angefochtenen Bescheide (nur dann) rechtswidrig und beschweren den Kläger, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 54 Abs. 2 SGG). Die Entscheidung und Ermessensausübung ist insoweit mehrstufig gestaltet, als zunächst das Vorliegen der § 53 Abs. 1 SGB III genannten Voraussetzungen von der Beklagten zu prüfen ist und erst dann eine - gegebenenfalls positive - Entscheidung über die Bewilligung der Mobilitätshilfe getroffen werden kann. Fehlt es an einer der zwingend vorgeschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen (deren Vorliegen gerichtlich überprüfbar ist), darf die Beklagte die Leistung nicht erbringen und handelt bei Ablehnung jedenfalls nicht ermessensmissbräuchlich.
Voraussetzung für die Bewilligung von Mobilitätshilfen ist nach § 53 Abs. 1 SGB III die "Notwendigkeit" zur Aufnahme der Beschäftigung. Diese liegt vor, wenn das angestrebte Ziel (die Arbeitsaufnahme) auf andere Weise nicht zu verwirklichen ist. Dabei muss die Förderung unverzichtbar und unerlässlich für die Arbeitsaufnahme sein (so bspw.: Hennig in: Eicher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, Stand: Dezember 2005, § 53, Rn. 47; Winkler in: Gagel, Kommentar zum SGB III, Stand: Oktober 2005, § 53, Rn. 11). Bloße Zweckmäßigkeit allein genügt nicht (so: Hennig in: Eicher/Schlegel, § 53, Rn. 47). Sinn und Zweck der Förderung bestehen nämlich darin, finanzielle Hindernisse zu beseitigen, die den förderungsberechtigten Personen den Wiedereintritt in das Berufsleben erschweren können (vgl. zu diesem Fördersinn- und -zweck Petzold in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB III, Stand: Dezember 2005, K § 53, Rn. 1; Winkler in: Gagel, § 53, Rn. 2; Hennig in: Eicher/Schlegel, § 53, Rn. 2; Bernard in: Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 1. Auflage 2003, § 9, Rn. 59).
Der Notwendigkeitsbegriff enthält auch die Prognoseentscheidung dahingehend, ob eine dauerhafte oder zumindest stabile Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess wahrscheinlich ist (Petzold in: Hauck/Noftz, § 53, Rn. 10), weil die Beihilfe keine Subvention im Sinne verlorener Zuschüsse darstellt, sondern die dauerhafte oder zumindest stabile Wiedereingliederung des Arbeitslosen in den Arbeitsprozess und damit zugleich die Entlastung der Versichertengemeinschaft im Sinne eines "gegenseitigen Gebens und Nehmens bzw. Förderns und Forderns" bezweckt. Wenn aber eine erfolgreiche und dauerhafte Wiedereingliederung des Arbeitslosen in den Arbeitsprozess bereits realisiert wurde, scheidet eine weitere Förderung aus. So ist es hier: Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 15.03.2005 für die beabsichtigte Wiederaufnahme der Tätigkeit bei der H.-GmbH war der Kläger bereits erfolgreich wieder ins Berufsleben eingegliedert. Der Kläger wird seit Juli 2002 (mit saisonal bedingten Unterbrechungen in den Wintermonaten) ununterbrochen bei der H.-GmbH bzw. dem Vorgänger, der C.-GmbH, versicherungspflichtig beschäftigt. Es handelt sich dabei, wie sich aus dem Handelsregisterauszug ergibt, um denselben Arbeitgeber, da beide Gesellschaften mittlerweile verschmolzen sind. Die Beklagte ist dabei auch zutreffenderweise davon ausgegangen, dass es sich um eine typische Saisontätigkeit handelt. Dies hat der Arbeitgeber in seiner schriftlichen Stellungnahme bestätigt. Somit begründen sich die Unterbrechungen in der Winterpause nicht in Gründen, die in der Person des Klägers liegen, sondern in der saisonalen Unterbrechung. Dem Kläger wurde auch jeweils nach den Unterbrechungen die Wiederaufnahme der Tätigkeit in Aussicht gestellt. Da der Kläger somit zur Antragstellung bereits über 2 ½ Jahre von demselben Arbeitgeber versicherungspflichtig beschäftigt worden ist, durfte eine erfolgreiche Wiedereingliederung angenommen werden, so dass weitere Leistungen nicht notwendig sind, um Arbeitslosigkeit zu beseitigen oder zu vermeiden.
Schließlich war die Förderung für die Arbeitsaufnahme im April 2005 nicht aus wirtschaftlichen Gründen "notwendig". Der Notwendigkeitsbegriff i.S.v. § 53 Abs. 1 SGB III setzt eine Prognoseentscheidung dahingehend voraus, dass das auswärtige Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewährung der Mobilitätshilfe voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Die Beitragsmittel der Bundesagentur für Arbeit für Förderungsmaßnahmen sollen nur erbracht werden, wenn das angestrebte Ziel, nämlich die Arbeitsaufnahme, sonst nicht zu verwirklichen ist (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.03.2007, L 3 AL 75/06; Thüringer LSG, Beschluss vom 6. November 2003, L 3 AL 755/01; SG Dresden, Urteil vom 25. Februar 2006, S 23 AL 2075/04; Hennig in Eicher/Schlegel, § 53 Rz. 45).
Dem Gericht liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das wieder aufgenommene Beschäftigungsverhältnis bei der H.-GmbH zum 12.04.2005 ohne die Gewährung von Mobilitätsbeihilfen voraussichtlich nicht zustande gekommen wäre. Es ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden, dass er seine Entscheidung, die Arbeit erneut bei H.-GmbH in S. anzunehmen, vom Bestehen einer Trennungskostenbeihilfe abhängig gemacht hat. Der Kläger hat vielmehr, wie in den Vorjahren, den Arbeitsvertrag ohne Bewilligung der Mobilitätsbeihilfen abgeschlossen. Auch in den Vorjahren hat der Kläger die Arbeit aufgenommen und ausgeführt, ohne dass er Trennungskostenbeihilfe beantragt oder erhalten hat. Danach kann bei der hier zu treffenden Prognoseentscheidung nicht davon ausgegangen werden, dass das Beschäftigungsverhältnis des Klägers mit der Firma H.-GmbH ohne die Gewährung der Trennungskostenbeihilfe (voraussichtlich) nicht zustande gekommen wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag, dass der Kläger in den Vorjahren umsonst bei Freunden gewohnt hat und erst im Jahre 2005 einen Mietvertrag abgeschlossen hat. Zu den durch die Trennungskostenbeihilfe zu unterstützenden Kosten zählen die Kosten für die doppelte Haushaltsführung, also üblicherweise die doppelt anfallende Miete einschließlich zusätzlicher Kosten, wie Heiz- und Betriebsnebenkosten. Der für den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegte Mietvertrag lässt jedoch weiterhin nicht erkennen, dass ohne Gewährung der Trennungskostenbeihilfe das Beschäftigungsverhältnis (voraussichtlich) nicht aufgenommen worden wäre. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Kläger auch das Arbeitsverhältnis am 12.04.2005 zunächst aufgenommen hat, ohne dass ein weiterer Wohnraum angemietet wurde. Das Mietverhältnis begann am 01.08.2005 und mithin drei Monate nach Aufnahme der Beschäftigung. Somit ist bereits nicht ersichtlich, dass die nunmehr vorliegenden Kosten der doppelten Haushaltsführung kausal mit der Beschäftigungsaufnahme entstanden. Die Frage kann jedoch auch offen bleiben, da jedenfalls die Bewilligung der Trennungskostenbeihilfe nicht "notwendig" im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB III war, da eine erfolgreiche Wiedereingliederung bereits vorlag.
Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III nicht vorlagen, weil die begehrte Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Beschäftigung nicht notwendig war, konnte bzw. musste eine Ermessensentscheidung der Beklagten nicht mehr ergehen.
Danach war – wie festgestellt – zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Klage vollumfänglich abgewiesen wurde.
Die Berufung ist im Hinblick auf die maximale Förderung (6 x 260,00 EUR = 1.560,00 EUR, § 54 Abs. 5 SGB III) kraft Gesetzes zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
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