Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
61
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 61 R 1093/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 932/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten habe die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger versicherungspflichtig nach § 2 S. 1 Nr. 9 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) ist. Der Kläger betreibt seit 1995 eine J-Autowaschstraße in I. 1999 wurde der Partnervertrag mit der J-Wasch neu gefasst. Nach diesem Vertrag übernahm der Kläger als selbständiger Gewerbetreibender im Namen und für Rechnung von J den Betrieb der Autowaschstraße. Die Waschstraße wurde mit allen Baulichkeiten gegen Entgelt dem Kläger überlassen. Instandhaltungsarbeiten sind vom Kläger gemäß der Betriebsanleitung vorzunehmen. Instandhaltungsarbeiten größeren Umfangs, die technische Sachkenntnisse bzw. Fachpersonal erfordern, werden von der J durchgeführt oder veranlasst. Die Durchführung der Wäschen in der Autowaschstraße erfolgt im Namen und für Rechnung der J; vereinnahmte Gelder sind weiterzuleiten. Die Verkaufspreise wurden durch die J festgelegt und der Kläger erhält Provisionen für die Durchführung von Wäschen, Wachsbehandlung, Unterbodenwäschen und den Verkauf von Gutscheinen. Daneben ist der Kläger berechtigt, auf dem Gelände Eigengeschäfte, wie Felgenspezialreinigung, Politur und Fahrzeug Innenreinigung zu betreiben; in der Preisgestaltung für diese ist er frei. Andere Eigengeschäfte, wie z.B. Staubsaugen, bedürfen der Zustimmung der J, die zu erteilen ist, wenn der Betrieb der Autowaschstraße hierdurch nicht gestört und sonstige Belange nicht betroffen werden. Die Eigengeschäfte sind ausschließlich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchzuführen. Ein eigenständiges Marktauftreten mit eigener Werbung ist nach dem Vertrag ausdrücklich gestattet; für ein einheitliches Erscheinungsbild soll nach dem Vertrag jedoch möglichst Übereinstimmung mit der J erzielt werden. Für die Überlassung der Waschstraße mit den Baulichkeiten, sowie für die Möglichkeit Eigengeschäfte durchzuführen, ist eine Nettoprovision (i.H.v. 9%) aus dem gesamten Waschgeschäft an die J abzuführen. Die Betriebszeiten der Wachanlage werden einvernehmlich festgelegt. Der Kläger ist nach dem Vertrag ausdrücklich berechtigt seine Tätigkeit frei zu gestalten und seine eigene Arbeitszeit selbst zu bestimmen, eigenes Personal einzusetzen, auszusuchen und zu überwachen. In einer Zusatzvereinbarung Nr. 1 hat der Kläger noch 3 Staubsaugerboxen von der J angemietet, die er im eigenen Namen und mit eigener Preisgestaltung betreibt. Die Einnahmen aus den dem Kläger eingeräumten "Eigengeschäften" liegen unter 1/6 der Gesamteinnahmen. Im Jahr 2011 wurde der Beklagten im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens bekannt, dass der Kläger im Rahmen eines Partnervertrags eine Waschanlage betreibt und keine Arbeitnehmer beschäftigt. Daraufhin wurde die Prüfung der Versicherungspflicht als Selbstständiger mit einem Auftraggeber eingeleitet und mit Bescheid vom 28.09.2011 festgestellt, dass der Kläger nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung ist und daher einkommensgerechte Pflichtbeiträge ab dem 01.01.2007 zu zahlen hat. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Kunden der Autowaschgeschäfte seien seine Auftraggeber und nicht die J, daher sei er nicht selbstständig mit einem Auftraggeber. Im Übrigen verwies er auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (B 12 R 17/09 R). Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Kläger sei selbständig. Die Autowäschen würden im Auftrag, auf Rechnung sowie im Namen der J durchgeführt, die vereinnahmten Gelder seien weiterzuleiten und der Kläger erhalte nur Provisionen für die durchgeführten Wäschen. Damit seien die J und nicht die Waschkunden als Auftraggeber anzusehen und es bestehe eine wirtschaftliche Abhängigkeit von der J. Daher bestehe Versicherungspflicht gemäß § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI, da der Kläger keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige, der die eigene Versicherungspflicht ausschließen würde. Im Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs haben die Beteiligten sich darauf verglichen, dass der Kläger die laufenden Beiträge ab Januar 2012 zahlt und die rückständigen Beiträge bis zum rechtskräftigen Abschluss des Widerspruchs und anschließenden Klageverfahrens gestundet werden. Zur Begründung der Klage führt der Kläger im Wesentlichen aus, dass Auftraggeber nicht der Verpächter der Waschstraße, sondern die einzelnen Kunden seien. Hilfsweise macht er geltend, dass er nicht selbstständig tätig gewesen sei, denn der Umfang der Tätigkeit sei in der Vereinbarung der Öffnungszeiten festgelegt, der Ort der Tätigkeit nicht frei bestimmbar und der Kläger gezwungen, sämtliche Materialien für die Autowaschstraße bei der J zu beziehen. Mit Bescheid vom 30.10.2012 hat die Beklagte eine geänderte Beitragshöhe ab dem 01.11.2012 festgestellt. Der Kläger beantragt sinngemäß, den Bescheid vom 28.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012, sowie den Bescheid vom 30.10.2012 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Die wesentlichen Inhalte waren Gegenstand der Beratung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 28.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012, sowie der Bescheid vom 30.10.2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger ist gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und hat ab dem 01.01.2007 einkommensgerechte Beiträge zu zahlen, deren Höhe unstreitig ist. Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind so genannte "arbeitnehmerähnliche Selbstständige" als Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, wenn diese auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und regelmäßig keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Der Kläger beschäftigte im Zeitraum, für den Beiträge gefordert werden, keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Es lag auch eine selbständige Tätigkeit vor und nicht etwa eine abhängige Beschäftigung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R, zitiert nach Juris; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96, zitiert nach Juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R, zitiert nach Juris). Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung/selbständige Tätigkeit erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung/selbständige Tätigkeit vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien war der Kläger im umstrittenen Zeitraum selbständig tätig: Der Kläger unterlag nach dem mit der J abgeschlossenen Partnervertrag keinen Weisungen der J, konnte seine Arbeitszeit und Tätigkeit frei gestalten und ist nicht in die Arbeitsorganisation der J eingebunden. Er verfügte über eine eigene Betriebsstätte, denn nach dem Partnervertrag, ist dem Kläger die bauliche Anlage mit allen Einrichtungen überlassen worden. Der Umstand, dass der Kläger an diese Betriebsstätte gebunden ist, kann eine selbständige Tätigkeiten schon deshalb nicht ausschließen, da je nach Art der Tätigkeit ein freie Ortswahl ohnehin nicht möglich ist und die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit auch in gepachteten oder gemietete Betriebsstätten möglich ist. Auch der Umstand, dass die Öffnungszeiten der Waschstraße einvernehmlich mit der J festgelegt werden, führt nicht zur Beurteilung als abhängige Beschäftigung, da der Kläger nach dem Vertrag nicht verpflichtet war, während der Öffnungszeiten persönlich anwesend zu sein und somit keine Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft in einem bestimmten Umfang bestand. Darüber hinaus ist der Kläger zu Eigengeschäften berechtigt, soweit dies nicht den Betrieb der Waschstraße beeinträchtigt. Insofern ist er auch in der Werbung und der Preisgestaltung frei. In diesem Bereich besteht daher eine nahezu uneingeschränkte unternehmerische Freiheit und ein entsprechendes Risiko. Für die in fremdem Namen durchgeführten Geschäfte, erhielt er feste Provisionen und hatte aufgrund des Umstandes, dass die Preise durch J festgelegt werden insoweit nur einen eingeschränkten unternehmerischen Spielraum. Dieser Umstand vermag nach Auffassung der Kammer eine abhängige Beschäftigung jedoch nicht zu begründen, da übrigen Merkmale für eine selbständige Tätigkeit in der Gesamtheit der Vertragsgestaltung überwiegen. Nach den rechtlichen Gegebenheiten (die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der J) ist dem Kläger durch die freie Gestaltung des Einsatzes seiner eigenen Arbeitskraft oder eigenen Personals und durch die Möglichkeit des Betreibens von Eigengeschäften ein weiter unternehmerischer Spielraum eingeräumt. Durch die Gestaltung dieses "Umfeldes" mit Eigengeschäften und die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Autowäschen hat er auch Einfluss auf die Anzahl der Autowäschen. Der unternehmerische Spielraum durch die Möglichkeit der Eigengeschäfte hat somit auch Einfluss auf die Provisionshöhe, auch wenn die Preisgestaltung der Autowaschstraßennutzung nicht dem Kläger oblag. Nach Auffassung der Kammer hat der Kläger hierdurch einen ausreichenden unternehmerischen Spielraum, der insgesamt bei fehlender Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft, die Beurteilung als selbständige Tätigkeit begründet. Dass der Kläger von den eingeräumten Rechten tatsächlich keinen Gebrauch macht, vermag an der Beurteilung nichts zu ändern, denn die Nichtausübung einer Rechtsposition ist unbeachtlich. Der Kläger ist auch im Wesentlichen und auf Dauer nur für einen Auftraggeber tätig. Die Einnahmen des Klägers bestehen nahezu ausschließlich aus den Provisionen für die im Namen und für Rechnung der J durchgeführten Wäschen; die Einnahmen aus den Eigengeschäften betrugen weniger als 1/6 der Gesamteinnahmen. Auftraggeber der Wäschen ist in diesem Zusammenhang ausschließlich die J, in deren Namen und für deren Rechnung der Kläger die Wäschen durchgeführt. Auftraggeber sind nicht etwa die Kunden, da der Kläger hinsichtlich der Nutzung der Waschstraße schon keine eigenen Vertragsbeziehungen mit den Kunden begründen durfte, sondern vertraglich verpflichtet war, diese als Fremdgeschäfte im Namen und im Auftrag der J durchzuführen (vgl. in diesem Zusammenhang BSG Urteil vom 04.11.2009 B 12 R 3/08 R – Auftraggeber von selbständig tätigen Franchisenehmern ist der Franchisegeber, selbst bei Verkauf der Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung). Das Urteil der Bundessozialgerichts vom 28.09.2011, Aktenzeichen: B 12 R 17/09 R, auf das der Kläger unter anderem seinen Widerspruch stützt, betraf die Frage abhängiger Beschäftigung oder selbstständiger Tätigkeit von sog. Familienbetreuern und die damit verbundene Folge der Gesamtsozialversicherungspflicht bei abhängiger Beschäftigung. Es betrifft nicht die hier streitige Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI für selbständig Tätige. Die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI bei selbständig Tätigen, trifft im Übrigen auch selbständige Familienhelfer, wenn sie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen (Vgl. Bayrisches Landessozialgericht Urteil vom 07.04.2011, L 19 R 524/07; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil vom 17.11.2011 L 4 R 462/09). Die Höhe der Beiträge ist unstreitig, sodass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen. Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183,193 SGG. Das Verfahren ist gem. § 183 SGG gerichtskostenfrei, da der Kläger als Versicherter (in der Rentenversicherung) der Kostenprivilegierung dieser Vorschrift unterliegt. Bis zur Beendigung eines Streits über den Versichertenstatus gehören auch diejenigen, die sich gegen den eine Versicherungspflicht feststellenden Bescheid wenden, zum Personenkreis des § 183 SGG (BSG, Urteil vom 5.10.2006 - B 10 LW 5/05 R; Sächsisches Landessozialgericht 7. Senat Beschluss vom14.07.2011, Aktenzeichen L 7 KR 199/09 B).
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger versicherungspflichtig nach § 2 S. 1 Nr. 9 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) ist. Der Kläger betreibt seit 1995 eine J-Autowaschstraße in I. 1999 wurde der Partnervertrag mit der J-Wasch neu gefasst. Nach diesem Vertrag übernahm der Kläger als selbständiger Gewerbetreibender im Namen und für Rechnung von J den Betrieb der Autowaschstraße. Die Waschstraße wurde mit allen Baulichkeiten gegen Entgelt dem Kläger überlassen. Instandhaltungsarbeiten sind vom Kläger gemäß der Betriebsanleitung vorzunehmen. Instandhaltungsarbeiten größeren Umfangs, die technische Sachkenntnisse bzw. Fachpersonal erfordern, werden von der J durchgeführt oder veranlasst. Die Durchführung der Wäschen in der Autowaschstraße erfolgt im Namen und für Rechnung der J; vereinnahmte Gelder sind weiterzuleiten. Die Verkaufspreise wurden durch die J festgelegt und der Kläger erhält Provisionen für die Durchführung von Wäschen, Wachsbehandlung, Unterbodenwäschen und den Verkauf von Gutscheinen. Daneben ist der Kläger berechtigt, auf dem Gelände Eigengeschäfte, wie Felgenspezialreinigung, Politur und Fahrzeug Innenreinigung zu betreiben; in der Preisgestaltung für diese ist er frei. Andere Eigengeschäfte, wie z.B. Staubsaugen, bedürfen der Zustimmung der J, die zu erteilen ist, wenn der Betrieb der Autowaschstraße hierdurch nicht gestört und sonstige Belange nicht betroffen werden. Die Eigengeschäfte sind ausschließlich im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchzuführen. Ein eigenständiges Marktauftreten mit eigener Werbung ist nach dem Vertrag ausdrücklich gestattet; für ein einheitliches Erscheinungsbild soll nach dem Vertrag jedoch möglichst Übereinstimmung mit der J erzielt werden. Für die Überlassung der Waschstraße mit den Baulichkeiten, sowie für die Möglichkeit Eigengeschäfte durchzuführen, ist eine Nettoprovision (i.H.v. 9%) aus dem gesamten Waschgeschäft an die J abzuführen. Die Betriebszeiten der Wachanlage werden einvernehmlich festgelegt. Der Kläger ist nach dem Vertrag ausdrücklich berechtigt seine Tätigkeit frei zu gestalten und seine eigene Arbeitszeit selbst zu bestimmen, eigenes Personal einzusetzen, auszusuchen und zu überwachen. In einer Zusatzvereinbarung Nr. 1 hat der Kläger noch 3 Staubsaugerboxen von der J angemietet, die er im eigenen Namen und mit eigener Preisgestaltung betreibt. Die Einnahmen aus den dem Kläger eingeräumten "Eigengeschäften" liegen unter 1/6 der Gesamteinnahmen. Im Jahr 2011 wurde der Beklagten im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens bekannt, dass der Kläger im Rahmen eines Partnervertrags eine Waschanlage betreibt und keine Arbeitnehmer beschäftigt. Daraufhin wurde die Prüfung der Versicherungspflicht als Selbstständiger mit einem Auftraggeber eingeleitet und mit Bescheid vom 28.09.2011 festgestellt, dass der Kläger nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung ist und daher einkommensgerechte Pflichtbeiträge ab dem 01.01.2007 zu zahlen hat. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Kunden der Autowaschgeschäfte seien seine Auftraggeber und nicht die J, daher sei er nicht selbstständig mit einem Auftraggeber. Im Übrigen verwies er auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (B 12 R 17/09 R). Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der Kläger sei selbständig. Die Autowäschen würden im Auftrag, auf Rechnung sowie im Namen der J durchgeführt, die vereinnahmten Gelder seien weiterzuleiten und der Kläger erhalte nur Provisionen für die durchgeführten Wäschen. Damit seien die J und nicht die Waschkunden als Auftraggeber anzusehen und es bestehe eine wirtschaftliche Abhängigkeit von der J. Daher bestehe Versicherungspflicht gemäß § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI, da der Kläger keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige, der die eigene Versicherungspflicht ausschließen würde. Im Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs haben die Beteiligten sich darauf verglichen, dass der Kläger die laufenden Beiträge ab Januar 2012 zahlt und die rückständigen Beiträge bis zum rechtskräftigen Abschluss des Widerspruchs und anschließenden Klageverfahrens gestundet werden. Zur Begründung der Klage führt der Kläger im Wesentlichen aus, dass Auftraggeber nicht der Verpächter der Waschstraße, sondern die einzelnen Kunden seien. Hilfsweise macht er geltend, dass er nicht selbstständig tätig gewesen sei, denn der Umfang der Tätigkeit sei in der Vereinbarung der Öffnungszeiten festgelegt, der Ort der Tätigkeit nicht frei bestimmbar und der Kläger gezwungen, sämtliche Materialien für die Autowaschstraße bei der J zu beziehen. Mit Bescheid vom 30.10.2012 hat die Beklagte eine geänderte Beitragshöhe ab dem 01.11.2012 festgestellt. Der Kläger beantragt sinngemäß, den Bescheid vom 28.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012, sowie den Bescheid vom 30.10.2012 aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. Die wesentlichen Inhalte waren Gegenstand der Beratung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 28.09.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2012, sowie der Bescheid vom 30.10.2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger ist gem. § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und hat ab dem 01.01.2007 einkommensgerechte Beiträge zu zahlen, deren Höhe unstreitig ist. Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sind so genannte "arbeitnehmerähnliche Selbstständige" als Selbstständige in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig, wenn diese auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und regelmäßig keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Der Kläger beschäftigte im Zeitraum, für den Beiträge gefordert werden, keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Es lag auch eine selbständige Tätigkeit vor und nicht etwa eine abhängige Beschäftigung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R, zitiert nach Juris; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96, zitiert nach Juris). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R, zitiert nach Juris). Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung/selbständige Tätigkeit erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung/selbständige Tätigkeit vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 14/10 R m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien war der Kläger im umstrittenen Zeitraum selbständig tätig: Der Kläger unterlag nach dem mit der J abgeschlossenen Partnervertrag keinen Weisungen der J, konnte seine Arbeitszeit und Tätigkeit frei gestalten und ist nicht in die Arbeitsorganisation der J eingebunden. Er verfügte über eine eigene Betriebsstätte, denn nach dem Partnervertrag, ist dem Kläger die bauliche Anlage mit allen Einrichtungen überlassen worden. Der Umstand, dass der Kläger an diese Betriebsstätte gebunden ist, kann eine selbständige Tätigkeiten schon deshalb nicht ausschließen, da je nach Art der Tätigkeit ein freie Ortswahl ohnehin nicht möglich ist und die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit auch in gepachteten oder gemietete Betriebsstätten möglich ist. Auch der Umstand, dass die Öffnungszeiten der Waschstraße einvernehmlich mit der J festgelegt werden, führt nicht zur Beurteilung als abhängige Beschäftigung, da der Kläger nach dem Vertrag nicht verpflichtet war, während der Öffnungszeiten persönlich anwesend zu sein und somit keine Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft in einem bestimmten Umfang bestand. Darüber hinaus ist der Kläger zu Eigengeschäften berechtigt, soweit dies nicht den Betrieb der Waschstraße beeinträchtigt. Insofern ist er auch in der Werbung und der Preisgestaltung frei. In diesem Bereich besteht daher eine nahezu uneingeschränkte unternehmerische Freiheit und ein entsprechendes Risiko. Für die in fremdem Namen durchgeführten Geschäfte, erhielt er feste Provisionen und hatte aufgrund des Umstandes, dass die Preise durch J festgelegt werden insoweit nur einen eingeschränkten unternehmerischen Spielraum. Dieser Umstand vermag nach Auffassung der Kammer eine abhängige Beschäftigung jedoch nicht zu begründen, da übrigen Merkmale für eine selbständige Tätigkeit in der Gesamtheit der Vertragsgestaltung überwiegen. Nach den rechtlichen Gegebenheiten (die Vereinbarung zwischen dem Kläger und der J) ist dem Kläger durch die freie Gestaltung des Einsatzes seiner eigenen Arbeitskraft oder eigenen Personals und durch die Möglichkeit des Betreibens von Eigengeschäften ein weiter unternehmerischer Spielraum eingeräumt. Durch die Gestaltung dieses "Umfeldes" mit Eigengeschäften und die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Autowäschen hat er auch Einfluss auf die Anzahl der Autowäschen. Der unternehmerische Spielraum durch die Möglichkeit der Eigengeschäfte hat somit auch Einfluss auf die Provisionshöhe, auch wenn die Preisgestaltung der Autowaschstraßennutzung nicht dem Kläger oblag. Nach Auffassung der Kammer hat der Kläger hierdurch einen ausreichenden unternehmerischen Spielraum, der insgesamt bei fehlender Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft, die Beurteilung als selbständige Tätigkeit begründet. Dass der Kläger von den eingeräumten Rechten tatsächlich keinen Gebrauch macht, vermag an der Beurteilung nichts zu ändern, denn die Nichtausübung einer Rechtsposition ist unbeachtlich. Der Kläger ist auch im Wesentlichen und auf Dauer nur für einen Auftraggeber tätig. Die Einnahmen des Klägers bestehen nahezu ausschließlich aus den Provisionen für die im Namen und für Rechnung der J durchgeführten Wäschen; die Einnahmen aus den Eigengeschäften betrugen weniger als 1/6 der Gesamteinnahmen. Auftraggeber der Wäschen ist in diesem Zusammenhang ausschließlich die J, in deren Namen und für deren Rechnung der Kläger die Wäschen durchgeführt. Auftraggeber sind nicht etwa die Kunden, da der Kläger hinsichtlich der Nutzung der Waschstraße schon keine eigenen Vertragsbeziehungen mit den Kunden begründen durfte, sondern vertraglich verpflichtet war, diese als Fremdgeschäfte im Namen und im Auftrag der J durchzuführen (vgl. in diesem Zusammenhang BSG Urteil vom 04.11.2009 B 12 R 3/08 R – Auftraggeber von selbständig tätigen Franchisenehmern ist der Franchisegeber, selbst bei Verkauf der Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung). Das Urteil der Bundessozialgerichts vom 28.09.2011, Aktenzeichen: B 12 R 17/09 R, auf das der Kläger unter anderem seinen Widerspruch stützt, betraf die Frage abhängiger Beschäftigung oder selbstständiger Tätigkeit von sog. Familienbetreuern und die damit verbundene Folge der Gesamtsozialversicherungspflicht bei abhängiger Beschäftigung. Es betrifft nicht die hier streitige Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI für selbständig Tätige. Die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI bei selbständig Tätigen, trifft im Übrigen auch selbständige Familienhelfer, wenn sie auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind und keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen (Vgl. Bayrisches Landessozialgericht Urteil vom 07.04.2011, L 19 R 524/07; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil vom 17.11.2011 L 4 R 462/09). Die Höhe der Beiträge ist unstreitig, sodass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen. Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183,193 SGG. Das Verfahren ist gem. § 183 SGG gerichtskostenfrei, da der Kläger als Versicherter (in der Rentenversicherung) der Kostenprivilegierung dieser Vorschrift unterliegt. Bis zur Beendigung eines Streits über den Versichertenstatus gehören auch diejenigen, die sich gegen den eine Versicherungspflicht feststellenden Bescheid wenden, zum Personenkreis des § 183 SGG (BSG, Urteil vom 5.10.2006 - B 10 LW 5/05 R; Sächsisches Landessozialgericht 7. Senat Beschluss vom14.07.2011, Aktenzeichen L 7 KR 199/09 B).
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