Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 24 R 229/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 199/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 302/16 B
Datum
Kategorie
Urteil
hat die 24. Kammer des Sozialgerichts Dortmund auf die mündliche Verhandlung vom 22.01.2015 durch die Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht Duesmann, sowie den eh-renamtlichen Richter Hösterey und den ehrenamtlichen Richter Czerlinski für Recht er-kannt: Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente unter Berücksichtigung des ak-tuellen Rentenwerts anstelle des aktuellen Rentenwerts (Ost) sowie von Entgeltpunkten anstelle von Entgeltpunkten (Ost).
Der am XX.XX.XXXX geborene Kläger hat in der Zeit von Juli 1971 bis Dezember 1999 Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt. Unter dem 29.06.2011 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rentenleistung, die ihm mit Bescheid vom 25.08.2011 in Gestalt einer Regelaltersrente ab dem 01.10.2011 zuerkannt wurde. Der Rentenberechnung lagen unter anderem Entgeltpunkte (Ost) in einem Umfang von 47,8636 mit einem aktuellen Rentenwert (Ost) bei Rentenbeginn i.H.v. 24,37 EUR zu Grunde. Unter dem 13.09.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen diese Entscheidung. Er trug vor, dass mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, dass für Bewohner der neuen Bundes-länder ein niedrigerer Rentenwert gelten solle als für Bewohner der alten Bundesländer. Zudem verstoße die Stichtagsregelung des § 254d Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetz-buch (SGB VI) gegen Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG), da darin eine Benachteili-gung von Bürgern aufgrund ihres Wohnsitzes zu einem willkürlich gewählten Stichtag liege. Zudem sei in mindestens acht Fällen eine Minderung der Entgeltpunkte dadurch eingetreten, dass er in der ehemaligen DDR erkrankt gewesen sei, was bedeutet habe, dass sein Gehalt anteilig um 10 % gekürzt worden sei. Dies sei eine Ungleichbehand-lung gegenüber Bürgern in der "Alt-BRD", die weiter bei Krankheit volle Bezüge erhalten hätten. Mit Bescheid vom 18.09.2012 stellte die Beklagte die Regelaltersrente ab Rentenbeginn neu fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klä-gers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Fehler bei der Rentenberechnung nicht ersichtlich seien. Soweit der Kläger einen Grundrechtsverstoß durch die Anwen-dung der Regelungen zum Rentenwert (Ost) geltend mache und begehre, dass dieses Recht nicht beachtet werde, sei der Bescheid auch insoweit nicht zu beanstanden, da sie als Rentenversicherungsträger an Recht und Gesetz gebunden sei und nicht die Be-fugnis habe, Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.
Am 07.02.2013 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Der Kläger trägt weiterhin vor, dass die Stichtagsregelung des § 254d Abs. 2 SGB VI ge-gen Art. 3 Abs. 3 GG verstoße und daher nicht angewendet werden dürfe. Die gegenwär-tige Verfahrensweise sei eine Rechtsprechung nach Kassenlage. Es werde in keiner Weise berücksichtigt, dass in der ehemaligen DDR ein prozentual deutlich höherer An-teil von Kindern existiere. Damit hätten die "Beitrittsbürger" nicht nur ein deutlich niedri-geres Durchschnittsalter und aufgrund ihrer deutlich besseren Ausbildung auch einen überdurchschnittlichen Beitrag zum gesamten Rentenaufkommen geleistet, sondern diese Kinder finanzierten auch den kinderlosen westdeutschen Rentnern die Rente. Er wende sich allerdings nicht mehr dagegen, dass für die Zeiten, in denen er erkrankt war, der Rentenberechnung die um 10 % gekürzten Gehälter zu Grunde gelegt würden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Abänderung ihres Bescheides vom 25.08.2011 in der Fassung des Bescheides vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 29.01.2013 zu verurteilen, ihm ab dem 01.10.2011 die Regelal-tersrente unter Berücksichtigung von persönlichen Entgeltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) sowie des aktuellen Rentenwertes anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost) neu zu berechnen und sich daraus ergebende Nachzahlungsbeträge sowie die höhere Rente an ihn auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags nimmt die Beklagte im Wesentlichen Bezug auf den In-halt der angefochtenen Entscheidung.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die den Kläger betreffende beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalte Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, weil der Bescheid der Beklagten nicht rechtswid-rig ist. Zu Recht hat die Beklagte die dem Kläger gewährte Rente unter Zugrundelegung von persönlichen Entgeltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) sowie des aktuellen Rentenwertes anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost) berechnet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Regelaltersrente unter Berück-sichtigung von persönlichen Entgeltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) sowie des aktuellen Rentenwertes anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost).
Die Beklagte hat die Altersrente korrekt berechnet. Gemäß § 64 SGB VI berechnet sich die Rente, indem die mit dem Zugangsfaktor verviel-fältigte Summe der Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Renten-wert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn multipliziert werden. Die aktuelle Rentenhöhe ergibt sich, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Ren-tenwert ersetzt wird, der gemäß den §§ 65, 69 SGB VI zum 1. Juli eines jeden Jahres neu zu bestimmen ist. Diese Rentenformel gilt seit Überleitung des SGB VI zum 01. Januar 1992 auch im Beitrittsgebiet, wobei nach den übergangsrechtlichen Sonderbewertungs-vorschriften "Ost" (hier §§ 254b, 254d u. 255a SGB VI) bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland besondere Ent-geltpunkte (Ost) und ein besonderer aktueller Rentenwert (Ost) einzustellen sind. Die Beklagte hat die dem Kläger zuerkannte Regelaltersrente unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Vorgaben in zutreffender Weise festgestellt. Bei dem Kläger waren und sind Entgeltpunkte (Ost) und der aktuelle Rentenwert (Ost) zugrundezulegen, weil der Kläger Beitragszeiten in der ehemaligen DDR zurückgelegt hat und nicht bereits vor dem 19.05.1990 für diese Zeiten nach dem Bundesrecht (noch bestehende) Berechti-gungen erworben hat. Dass diese tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwen-dung der Sonderbewertungsvorschriften "Ost" vorliegen wird vom Kläger ebenso wenig bestritten wie die rechnerische Richtigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Ren-tenberechnung. Vielmehr wendet der Kläger gegen die festgestellte Rentenhöhe ein, dass die der Rentenberechnung zugrunde liegenden Normen (insbesondere § 254d Abs. 2 SGB VI) verfassungswidrig seien, da sie eine verfassungsrechtlich nicht zu recht-fertigende Ungleichbehandlung darstellten. Der Kläger vermag mit diesem Vortrag nicht durchzudringen.
Ein Grundrechtsverstoß ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Soweit der Kläger eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG mit der Begründung rügt, dass er wegen seines Wohnortes diskriminiert werde, fehlt es bereits an einer Beein-trächtigung des Schutzbereichs der Norm. Wie bereits das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R, ausgeführt hat, ist der spezielle Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG bei Regelungen, die an den Wohnsitz und den ständigen Aufenthalt in einem der beiden vor der Wiedervereinigung bestehenden Teile Deutschlands anknüpfen, nicht beeinträchtigt. Es fehlt an einem Verstoß gegen das be-sondere Diskriminierungsverbot "wegen seiner Heimat", denn unter dem Begriff "Heimat" ist "die örtliche Herkunft eines Menschen nach Geburt oder Ansässigkeit im Sinne der emotionalen Beziehung zu einem geographisch begrenzten, den Einzelnen mitprägen-den Raum (Ort, Landschaft)" zu verstehen (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 14.03.2000, Az. 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96). Hieran knüpft das Gesetz nicht an. Es liegt auch keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit vor dem (Parlaments-) Gesetz aus Art. 3 Abs. 1, 1 Abs. 3 GG durch die Regelungen der §§ 254b, 254c, 254d, 255a und 256a SGB VI vor, soweit sie auf das Begehren des Klägers anwendbar sind. Zwar wer-den der Kläger und alle sonstigen Versicherten, die dem Anwendungsbereich der Son-derbewertungsvorschriften "Ost" unterfallen, bezüglich der Rentenberechnung anders behandelt, als die Versicherten, deren Renten sich nach dem aktuellen Rentenwert und Entgeltpunkten berechnen. Ein Grundrechtsverstoß liegt gleichwohl nicht vor, weil diese Ungleichbehandlung auf einem vernünftigen Grund von hinreichendem Gewicht beruht (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R unter Bezugnahme auf Entschei-dungen des BVerfG, u. a. Beschluss vom 12.02.2003, Az. 2 BvL 3/00). Es ist verfassungs-rechtlich im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" und dabei insbesondere die Regelung des § 254b SGB VI für den Übergangszeitraum zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern geschaffen hat. Der bestehende gesetzgeberische Gestaltungs-spielraum ist bei der Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Rentenversiche-rung und der Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwart-schaften besonders weit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.11.1996, Az. 1 BvL 4/88), so dass die Grenze allein vom Willkürverbot gezogen wird (vgl. Landessozialgericht – LSG – Thüringen, Urteil vom 25.01.2011, Az. L 6 R 1006/07, unter Bezugnahme auf das LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.10.2000 - Az.: L 4 RA 28/00). Ein Verstoß gegen das Will-kürverbot ist nicht ersichtlich. Vielmehr waren die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" im Hinblick auf den Gleichheitssatz jedenfalls am 20.07.2000 durch die unterschiedlichen Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet gerechtfertigt (BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R). Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 12.02.2003, Az. 2 BvL 3/00 zur vergleichbaren Problematik der unterschiedlich ho-hen Besoldung von Beamten, Richtern und Soldaten in Ost und West ausgeführt, dass diese Ungleichbehandlung mit Blick auf die – noch – deutlich hinter den alten Bundes-ländern zurückbleibende Wirtschaftskraft und finanzielle Leistungsfähigkeit aller neuen Bundesländer gerechtfertigt ist. Dieser Rechtfertigungsgrund besteht weiterhin. Es lie-gen auch nach wie vor unterschiedliche, die Ungleichbehandlung rechtfertigende, Roh-erträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet vor. So haben sich zwar z. B. die Bruttolöhne und Gehälter je Arbeitnehmer für Ost- und Westdeutschland seit 1991 ebenso angeglichen wie sonstige wirtschaftliche Leistungsgrößen, jedoch ist das Ziel der gleichen Standards noch nicht erreicht worden (vgl. hierzu die eingehenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.02.2012, Az. L 22 R 478/11). Zudem ist zu berücksichtigen, dass § 254b Abs. 1 SGB VI in Verwirklichung des Gleich-behandlungsgrundsatzes gerade sicherstellt, dass die Teilhabeberechtigung aus Bei-tragszeiten in den Sozialversicherungssystemen der DDR unter Wahrung des Verhält-nisses der in einem System der Rentenversicherung der DDR versicherten Arbeitsentgel-te zum Durchschnittsentgelt der in der DDR Beschäftigten im jeweiligen Kalenderjahr gewonnen wird. Ebenso wird gewährleistet, dass das Rentenversprechen gemäß den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen der Beitragszahler im Beitrittsgebiet (aktueller Rentenwert Ost) erfüllt wird (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 25.01.2011, Az. L 6 R 1006/07, unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R). Zur Vermeidung von weiteren Wiederholungen wird zur Frage der Verfassungskonformität im Übrigen Bezug genommen auf die ausführlichen und schlüssigen Entscheidungs-gründe des LSG Thüringen im Urteil vom 25.01.2011 (Az. L 6 R 1006/07) sowie des LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 23.02.2012 (Az. L 22 R 478/11), denen sich die Kam-mer nach eingehender Prüfung aufgrund eigener Überzeugungsbildung anschließt. Das Argument des Klägers, dass der Kinderanteil in der ehemaligen DDR höher als im Westen gewesen sei und die gut ausgebildeten Kinder der ehemaligen DDR-Bürger nun die Rente für die kinderlosen Renten im Westen erwirtschaften, vermag die Kammer demgegenüber nicht zu überzeugen, weil es schlicht neben der Sache liegt.
Schließlich stellt auch die Stichtagsregelung in § 254d Abs. 2 SGB VI entgegen der An-sicht des Klägers keinen Verfassungsverstoß dar. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich be-fugt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt, solange sich die Wahl des Zeit-punktes an gegebenem Sachverhalt orientiert (BVerfG, Beschluss vom 26.04.1995, Az. u.a. 2 BvR 794/91). Vorliegend hat der Gesetzgeber den Stichtag "18.05.1990" nicht will-kürlich festgelegt. Vielmehr handelt es sich bei diesem Datum um den Tag, an dem der sog. Staatsvertrag (Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und So-zialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) geschlossen wor-den ist. Die Stichtagsregelung dient dem Vertrauensschutz und der Verwaltungsverein-fachung. Hierbei handelt es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funkti-onieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung unerlässlich sind (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 18.01.2013, Az. L 5 R 144/12 ZVW), so dass ein Verstoß gegen Art, 3 Abs. 1 GG auch insoweit nicht zu erkennen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente unter Berücksichtigung des ak-tuellen Rentenwerts anstelle des aktuellen Rentenwerts (Ost) sowie von Entgeltpunkten anstelle von Entgeltpunkten (Ost).
Der am XX.XX.XXXX geborene Kläger hat in der Zeit von Juli 1971 bis Dezember 1999 Pflichtbeitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt. Unter dem 29.06.2011 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rentenleistung, die ihm mit Bescheid vom 25.08.2011 in Gestalt einer Regelaltersrente ab dem 01.10.2011 zuerkannt wurde. Der Rentenberechnung lagen unter anderem Entgeltpunkte (Ost) in einem Umfang von 47,8636 mit einem aktuellen Rentenwert (Ost) bei Rentenbeginn i.H.v. 24,37 EUR zu Grunde. Unter dem 13.09.2011 erhob der Kläger Widerspruch gegen diese Entscheidung. Er trug vor, dass mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, dass für Bewohner der neuen Bundes-länder ein niedrigerer Rentenwert gelten solle als für Bewohner der alten Bundesländer. Zudem verstoße die Stichtagsregelung des § 254d Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetz-buch (SGB VI) gegen Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG), da darin eine Benachteili-gung von Bürgern aufgrund ihres Wohnsitzes zu einem willkürlich gewählten Stichtag liege. Zudem sei in mindestens acht Fällen eine Minderung der Entgeltpunkte dadurch eingetreten, dass er in der ehemaligen DDR erkrankt gewesen sei, was bedeutet habe, dass sein Gehalt anteilig um 10 % gekürzt worden sei. Dies sei eine Ungleichbehand-lung gegenüber Bürgern in der "Alt-BRD", die weiter bei Krankheit volle Bezüge erhalten hätten. Mit Bescheid vom 18.09.2012 stellte die Beklagte die Regelaltersrente ab Rentenbeginn neu fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klä-gers zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Fehler bei der Rentenberechnung nicht ersichtlich seien. Soweit der Kläger einen Grundrechtsverstoß durch die Anwen-dung der Regelungen zum Rentenwert (Ost) geltend mache und begehre, dass dieses Recht nicht beachtet werde, sei der Bescheid auch insoweit nicht zu beanstanden, da sie als Rentenversicherungsträger an Recht und Gesetz gebunden sei und nicht die Be-fugnis habe, Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.
Am 07.02.2013 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Der Kläger trägt weiterhin vor, dass die Stichtagsregelung des § 254d Abs. 2 SGB VI ge-gen Art. 3 Abs. 3 GG verstoße und daher nicht angewendet werden dürfe. Die gegenwär-tige Verfahrensweise sei eine Rechtsprechung nach Kassenlage. Es werde in keiner Weise berücksichtigt, dass in der ehemaligen DDR ein prozentual deutlich höherer An-teil von Kindern existiere. Damit hätten die "Beitrittsbürger" nicht nur ein deutlich niedri-geres Durchschnittsalter und aufgrund ihrer deutlich besseren Ausbildung auch einen überdurchschnittlichen Beitrag zum gesamten Rentenaufkommen geleistet, sondern diese Kinder finanzierten auch den kinderlosen westdeutschen Rentnern die Rente. Er wende sich allerdings nicht mehr dagegen, dass für die Zeiten, in denen er erkrankt war, der Rentenberechnung die um 10 % gekürzten Gehälter zu Grunde gelegt würden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Abänderung ihres Bescheides vom 25.08.2011 in der Fassung des Bescheides vom 18.09.2012 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 29.01.2013 zu verurteilen, ihm ab dem 01.10.2011 die Regelal-tersrente unter Berücksichtigung von persönlichen Entgeltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) sowie des aktuellen Rentenwertes anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost) neu zu berechnen und sich daraus ergebende Nachzahlungsbeträge sowie die höhere Rente an ihn auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags nimmt die Beklagte im Wesentlichen Bezug auf den In-halt der angefochtenen Entscheidung.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die den Kläger betreffende beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalte Gegen-stand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, weil der Bescheid der Beklagten nicht rechtswid-rig ist. Zu Recht hat die Beklagte die dem Kläger gewährte Rente unter Zugrundelegung von persönlichen Entgeltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) sowie des aktuellen Rentenwertes anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost) berechnet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Regelaltersrente unter Berück-sichtigung von persönlichen Entgeltpunkten anstelle von persönlichen Entgeltpunkten (Ost) sowie des aktuellen Rentenwertes anstelle des aktuellen Rentenwertes (Ost).
Die Beklagte hat die Altersrente korrekt berechnet. Gemäß § 64 SGB VI berechnet sich die Rente, indem die mit dem Zugangsfaktor verviel-fältigte Summe der Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Renten-wert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn multipliziert werden. Die aktuelle Rentenhöhe ergibt sich, indem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Ren-tenwert ersetzt wird, der gemäß den §§ 65, 69 SGB VI zum 1. Juli eines jeden Jahres neu zu bestimmen ist. Diese Rentenformel gilt seit Überleitung des SGB VI zum 01. Januar 1992 auch im Beitrittsgebiet, wobei nach den übergangsrechtlichen Sonderbewertungs-vorschriften "Ost" (hier §§ 254b, 254d u. 255a SGB VI) bis zur Herstellung einheitlicher Einkommensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland besondere Ent-geltpunkte (Ost) und ein besonderer aktueller Rentenwert (Ost) einzustellen sind. Die Beklagte hat die dem Kläger zuerkannte Regelaltersrente unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Vorgaben in zutreffender Weise festgestellt. Bei dem Kläger waren und sind Entgeltpunkte (Ost) und der aktuelle Rentenwert (Ost) zugrundezulegen, weil der Kläger Beitragszeiten in der ehemaligen DDR zurückgelegt hat und nicht bereits vor dem 19.05.1990 für diese Zeiten nach dem Bundesrecht (noch bestehende) Berechti-gungen erworben hat. Dass diese tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwen-dung der Sonderbewertungsvorschriften "Ost" vorliegen wird vom Kläger ebenso wenig bestritten wie die rechnerische Richtigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Ren-tenberechnung. Vielmehr wendet der Kläger gegen die festgestellte Rentenhöhe ein, dass die der Rentenberechnung zugrunde liegenden Normen (insbesondere § 254d Abs. 2 SGB VI) verfassungswidrig seien, da sie eine verfassungsrechtlich nicht zu recht-fertigende Ungleichbehandlung darstellten. Der Kläger vermag mit diesem Vortrag nicht durchzudringen.
Ein Grundrechtsverstoß ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 GG vor. Soweit der Kläger eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG mit der Begründung rügt, dass er wegen seines Wohnortes diskriminiert werde, fehlt es bereits an einer Beein-trächtigung des Schutzbereichs der Norm. Wie bereits das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R, ausgeführt hat, ist der spezielle Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG bei Regelungen, die an den Wohnsitz und den ständigen Aufenthalt in einem der beiden vor der Wiedervereinigung bestehenden Teile Deutschlands anknüpfen, nicht beeinträchtigt. Es fehlt an einem Verstoß gegen das be-sondere Diskriminierungsverbot "wegen seiner Heimat", denn unter dem Begriff "Heimat" ist "die örtliche Herkunft eines Menschen nach Geburt oder Ansässigkeit im Sinne der emotionalen Beziehung zu einem geographisch begrenzten, den Einzelnen mitprägen-den Raum (Ort, Landschaft)" zu verstehen (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 14.03.2000, Az. 1 BvR 284/96, 1 BvR 1659/96). Hieran knüpft das Gesetz nicht an. Es liegt auch keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit vor dem (Parlaments-) Gesetz aus Art. 3 Abs. 1, 1 Abs. 3 GG durch die Regelungen der §§ 254b, 254c, 254d, 255a und 256a SGB VI vor, soweit sie auf das Begehren des Klägers anwendbar sind. Zwar wer-den der Kläger und alle sonstigen Versicherten, die dem Anwendungsbereich der Son-derbewertungsvorschriften "Ost" unterfallen, bezüglich der Rentenberechnung anders behandelt, als die Versicherten, deren Renten sich nach dem aktuellen Rentenwert und Entgeltpunkten berechnen. Ein Grundrechtsverstoß liegt gleichwohl nicht vor, weil diese Ungleichbehandlung auf einem vernünftigen Grund von hinreichendem Gewicht beruht (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R unter Bezugnahme auf Entschei-dungen des BVerfG, u. a. Beschluss vom 12.02.2003, Az. 2 BvL 3/00). Es ist verfassungs-rechtlich im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" und dabei insbesondere die Regelung des § 254b SGB VI für den Übergangszeitraum zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensverhältnisse in den alten und den neuen Bundesländern geschaffen hat. Der bestehende gesetzgeberische Gestaltungs-spielraum ist bei der Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Rentenversiche-rung und der Überführung der im Beitrittsgebiet erworbenen Ansprüche und Anwart-schaften besonders weit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.11.1996, Az. 1 BvL 4/88), so dass die Grenze allein vom Willkürverbot gezogen wird (vgl. Landessozialgericht – LSG – Thüringen, Urteil vom 25.01.2011, Az. L 6 R 1006/07, unter Bezugnahme auf das LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.10.2000 - Az.: L 4 RA 28/00). Ein Verstoß gegen das Will-kürverbot ist nicht ersichtlich. Vielmehr waren die Sonderbewertungsvorschriften "Ost" im Hinblick auf den Gleichheitssatz jedenfalls am 20.07.2000 durch die unterschiedlichen Roherträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet gerechtfertigt (BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R). Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 12.02.2003, Az. 2 BvL 3/00 zur vergleichbaren Problematik der unterschiedlich ho-hen Besoldung von Beamten, Richtern und Soldaten in Ost und West ausgeführt, dass diese Ungleichbehandlung mit Blick auf die – noch – deutlich hinter den alten Bundes-ländern zurückbleibende Wirtschaftskraft und finanzielle Leistungsfähigkeit aller neuen Bundesländer gerechtfertigt ist. Dieser Rechtfertigungsgrund besteht weiterhin. Es lie-gen auch nach wie vor unterschiedliche, die Ungleichbehandlung rechtfertigende, Roh-erträge der Wirtschaft im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet vor. So haben sich zwar z. B. die Bruttolöhne und Gehälter je Arbeitnehmer für Ost- und Westdeutschland seit 1991 ebenso angeglichen wie sonstige wirtschaftliche Leistungsgrößen, jedoch ist das Ziel der gleichen Standards noch nicht erreicht worden (vgl. hierzu die eingehenden Ausführungen des LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.02.2012, Az. L 22 R 478/11). Zudem ist zu berücksichtigen, dass § 254b Abs. 1 SGB VI in Verwirklichung des Gleich-behandlungsgrundsatzes gerade sicherstellt, dass die Teilhabeberechtigung aus Bei-tragszeiten in den Sozialversicherungssystemen der DDR unter Wahrung des Verhält-nisses der in einem System der Rentenversicherung der DDR versicherten Arbeitsentgel-te zum Durchschnittsentgelt der in der DDR Beschäftigten im jeweiligen Kalenderjahr gewonnen wird. Ebenso wird gewährleistet, dass das Rentenversprechen gemäß den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen der Beitragszahler im Beitrittsgebiet (aktueller Rentenwert Ost) erfüllt wird (vgl. LSG Thüringen, Urteil vom 25.01.2011, Az. L 6 R 1006/07, unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 14.03.2006, Az. B 4 RA 41/04 R). Zur Vermeidung von weiteren Wiederholungen wird zur Frage der Verfassungskonformität im Übrigen Bezug genommen auf die ausführlichen und schlüssigen Entscheidungs-gründe des LSG Thüringen im Urteil vom 25.01.2011 (Az. L 6 R 1006/07) sowie des LSG Berlin-Brandenburg im Urteil vom 23.02.2012 (Az. L 22 R 478/11), denen sich die Kam-mer nach eingehender Prüfung aufgrund eigener Überzeugungsbildung anschließt. Das Argument des Klägers, dass der Kinderanteil in der ehemaligen DDR höher als im Westen gewesen sei und die gut ausgebildeten Kinder der ehemaligen DDR-Bürger nun die Rente für die kinderlosen Renten im Westen erwirtschaften, vermag die Kammer demgegenüber nicht zu überzeugen, weil es schlicht neben der Sache liegt.
Schließlich stellt auch die Stichtagsregelung in § 254d Abs. 2 SGB VI entgegen der An-sicht des Klägers keinen Verfassungsverstoß dar. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich be-fugt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt, solange sich die Wahl des Zeit-punktes an gegebenem Sachverhalt orientiert (BVerfG, Beschluss vom 26.04.1995, Az. u.a. 2 BvR 794/91). Vorliegend hat der Gesetzgeber den Stichtag "18.05.1990" nicht will-kürlich festgelegt. Vielmehr handelt es sich bei diesem Datum um den Tag, an dem der sog. Staatsvertrag (Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und So-zialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR) geschlossen wor-den ist. Die Stichtagsregelung dient dem Vertrauensschutz und der Verwaltungsverein-fachung. Hierbei handelt es sich um sachlich gerechtfertigte Gründe, die für das Funkti-onieren einer Massenverwaltung wie der gesetzlichen Rentenversicherung unerlässlich sind (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 18.01.2013, Az. L 5 R 144/12 ZVW), so dass ein Verstoß gegen Art, 3 Abs. 1 GG auch insoweit nicht zu erkennen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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