Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
40
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 40 KR 225/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. 3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
1. Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Vorschlagsliste der Klägerin einstweilen zu den Sozialversicherungswahlen 2011 in der Gruppe der Versicherten zuzulassen und die erforderlichen Vorkehrungen für die Durchführung der Wahlhandlung zu treffen, hat keinen Erfolg. Gemäß § 57 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) kann das Gericht während des Wahlverfahrens auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn ein Wahlverstoß vorliegt, der dazu führen würde, dass im Wahlanfechtungsverfahren die Wahl für ungültig erklärt wird. Dabei können jedoch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nur offensichtliche Rechtsverstöße einen positiven Beschluss rechtfertigen, weil mit dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren spätere Wahlanfechtungsklagen überflüssig gemacht werden sollen (vgl. Winkler, in: LPK-SGB IV, 2. Auflage, § 57 Rn. 14). An dem Vorliegen des Wahlverstoßes dürfen mithin keine rechtlichen und tatsächlichen Zweifel bestehen (Palsherm I., in: jurisPK – SGB IV, Stand: 01.02.2011, § 57 Rn. 38). Die Vorschrift des § 57 Abs. 5 SGB IV ist daher eng auszulegen (Palsherm I., in: jurisPK – SGB IV, § 57 Rn. 38). Ein solcher offensichtlicher Rechtsverstoß, der eine Wahlanfechtung zweifellos rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Bei einer Wahlanfechtungsklage (§ 57 Abs. 2 SGB IV) ist das Gericht berechtigt und verpflichtet, alle Wahlvorgänge bis zur Feststellung des Wahlergebnisses zu überprüfen. Ausgeschlossen sind jedoch mandatsirrelevante Wahlfehler, d.h. solche Fehler, die sich auf die Verteilung der Mandate nicht auswirken würden (BSG, Urteil vom 16.12.2003, Az.: B 1 KR 26/02 R; Winkler, in: LPK-SGB IV, § 57 Rn. 12). Nach § 57 Abs. 1 SGB IV sind gegen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, nur die in dieser Vorschrift, in § 48b Absatz 3, § 48c Absatz 3 Satz 1 und in der Wahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe zulässig. Zum Wahlverfahren wird nach allgemeiner Meinung nicht nur der eigentliche Akt der Wahl gerechnet, sondern auch die der eigentlichen Ausübung des Wahlrechts vorhergehenden, vorbereitenden Handlungen, z.B. die Kandidatenaufstellung und die Einreichung der Listen, die Bestellung der Wahlorgane und die Bestimmung des Wahltermins (Palsherm I., in: jurisPK – SGB IV, § 57 Rn. 15). Insoweit besteht ein Anfechtungsrecht, wenn eine eingereichte Bewerberliste zu Unrecht zurückgewiesen worden ist (BSG, Urteil vom 16.12.2003, Az.: B 1 KR 26/02 R). Dies ist indes nicht der Fall, jedenfalls liegt kein offensichtlicher Rechtsverstoß vor. Nach § 23 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 der Wahlordnung für die Sozialversicherung ist eine Vorschlagsliste ungültig, die nicht von der nach § 48 Abs. 2 bis 5 SGB IV erforderlichen Zahl von Wahlberechtigten unterzeichnet ist. Gemäß § 48 Abs. 2 SGB IV müssen Vorschlagslisten der Versicherten und der Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte bei einem Versicherungsträger mit 1.000.001 bis 3.000.000 Versicherten von 1.000 Personen unterzeichnet sein. Nach § 48 Abs. 3 S. 1 SGB IV sind berechtigt zur Unterzeichnung einer Vorschlagsliste nach Absatz 2 Personen, die am Tag der Wahlausschreibung die Voraussetzungen des Wahlrechts nach § 50 oder der Wählbarkeit nach § 51 Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Dabei dürfen gemäß § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV von der Gesamtzahl der Unterzeichner höchstens fünfundzwanzig vom Hundert dem Personenkreis angehören, der nach § 51 Absatz 6 Nummer 5 und 6 nicht wählbar ist. Nach § 48 Abs. 4 SGB IV gelten die Absätze 2 und 3 gelten für Vorschlagslisten der in Abs. 1 S. 1 Nr. 1 genannten Arbeitnehmervereinigungen sowie deren Verbände entsprechend. Das gilt nicht, wenn diese 1. seit der vorangegangenen Wahl mit mindestens einem Vertreter ununterbrochen in der Vertreterversammlung vertreten sind oder 2. bei der vorangegangenen Wahl einer Gemeinschaftsliste angehörten und mindestens ein Vertreter dieser Gemeinschaftsliste seitdem ununterbrochen der Vertreterversammlung angehört oder 3. bei der vorangegangenen Wahl eine Vorschlagsliste eingereicht oder einer Gemeinschaftsliste angehört hatten und nur deshalb nicht mit mindestens einem Vertreter ununterbrochen der Vertreterversammlung angehören, weil der oder die Vertreter nach einer Vereinigung nicht als Mitglied berufen worden waren. Danach war zur Zulassung der Liste der Nachweis eines dem § 48 Abs. 2 SGB IV entsprechenden Quorums erforderlich, da die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 SGB IV unstreitig nicht vorlagen. Ebenso wurde unstreitig das Quorum von 1000 Stimmen gemäß § 48 Abs. 2 SGB V erreicht. Der Zulassung der Liste steht jedoch die Norm des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV entgegen, wonach von der Gesamtzahl der Unterzeichner höchstens fünfundzwanzig vom Hundert dem Personenkreis angehören dürfen, der nach § 51 Absatz 6 Nummer 5 und 6 nicht wählbar ist. Allerdings ist dem Wortlaut der Regelung nicht eindeutig zu entnehmen, worauf sich die Formulierung "Gesamtzahl der Unterzeichner" bezieht. Es ließe sich durchaus vertreten, dass sich die Formulierung auf § 48 Abs. 2 SGB IV und das dort geregelte Quorum bezieht (so der Bundeswahlbeauftragte Weiß im Schreiben vom 27.01.2011 – Bl. 40 der Gerichtsakte). Denn nach § 48 Abs. 2 SGB V müssen die Listen von einer gewissen Zahl von Personen "unterzeichnet" sein. Dafür spricht auch der Sinn und Zweck des § 48 Abs. 2 SGB IV, womit gewährleistet werden soll, dass ausschließlich ernsthafte und nicht von vornherein aussichtslose Vorschlagslisten eingereicht werden (Woltjen, in: jurisPK – SGB IV, Stand: 01.02.2011, § 48 Rn. 38). Dieser Zweck ist bereits erreicht, wenn 1.000 Unterschriften eingereicht oder zumindest gewertet werden, obwohl gegebenenfalls mehr Unterschriften vorhanden sind. Allerdings setzte das schon voraus, dass nach § 48 Abs. 2 SGB IV nicht mehr als 1000 Unterschriften gewertet werden dürfen und müssen, auch wenn eine darüber hinausgehende Anzahl eingereicht wurde. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich. Zwar spricht die Norm nicht davon, dass "mindestens" 1000 Unterschriften erforderlich sind. Sie steht jedoch der Einreichung einer höheren Zahl von Unterschriften nicht entgegen. Auch der Wortlaut des § 48 Abs. 3 SGB IV deutet darauf hin, dass sich das Quorum gerade nicht lediglich auf die in § 48 Abs. 2 SGB IV vorausgesetzten Stimmen beziehen. Denn die Norm spricht von der Gesamtzahl der Unterzeichner, was auf die Zahl der eingereichten Unterschriften und nicht auf das Quorum des § 48 Abs. 2 SGB IV hindeutet. Daneben spricht auch der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV für das Verständnis, dass nicht auf das Quorum des § 48 Abs. 2 SGB IV abzustellen ist, sondern auf die Gesamtzahl der eingereichten Unterschriften. Denn mit der Norm soll eine zu starke Einflussnahme dieser Personengruppen auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane ausgeschlossen werden (Woltjen, in: jurisPK – SGB IV, § 48 Rn. 46; Freund, in: Hauck/Noftz, SGB IV, Bd. 2, Stand: 11/2010, § 48 Rn. 15). Dann aber kann nur auf die Gesamtzahl der eingereichten Unterschriften abgestellt werden, wenn man den Einfluss der Gruppen auf die Selbstverwaltungsorgane wirksam ausschließen will, weil nur dies ein wirkliches Abbild der Einflussmöglichkeiten abgibt. Schließlich ist die Formstrenge des Wahlverfahrens zu beachten. Denn nach der Rechtsprechung des BSG zwingen die Besonderheiten von Wahlhandlungen im Wahlprüfungsverfahren zu einer weitgehenden Beschränkung auf ohne großen Ermittlungsaufwand sicher feststellbare äußerliche Gültigkeitsvoraussetzungen. Der Wahlvorgang als solcher und seine Vorbereitung müssen schon deshalb vor allem an förmliche Voraussetzungen anknüpfen, weil jede eingehendere Prüfung die Gefahr der inhaltlichen Kontrolle der Wahlentscheidung heraufbeschwört. Außerdem ist die schwer hinnehmbare Rechtsunsicherheit zu bedenken, könnte erst auf Grund einer langwierigen Beweiserhebung und -würdigung über die Gültigkeit einer Wahl entschieden werden (BSG, Urteil vom 16.12.2003, Az.: B 1 KR 26/02 R). Das führt nach Ansicht der Kammer dazu, dass nur auf die Gesamtzahl der eingereichten Stimmen als leicht feststellbaren Fakt abgestellt werden kann, weil alle von der Antragstellerin vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten mit Unsicherheiten verbunden sind und dem Gebot der Formstrenge nicht entsprechen. Letztlich ist die Antragstellerin dadurch nicht erheblich in ihren Möglichkeiten zur Einreichung einer Liste eingeschränkt, hat sie es doch selbst in der Hand, die Anzahl der von § 48 Abs. 3 SGB IV erfassten Unterschriften zu prüfen und zu beschränken. Danach ist hier auf die Gesamtzahl der eingereichten Unterschriften abzustellen (vgl. Baier, in: Krauskopf, SGB IV, § 48 Rn. 10; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil 1/2, § 48, S. 436; Grüner/Dalichau, SGB-Kommentar, Bd. 2, 54. Erg., § 48 Punkt III, S. 7). Unstreitig sind 1.086 gültige Unterschriften eingereicht worden. Davon sind 303 Unterschriften von dem von § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV erfassten Personenkreis erfolgt, d.h. solchen Personen, die nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV nicht wählbar sind. Denn diese Unterschriften waren durch Beschäftigte der Antragsgegnerin erfolgt, die nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 lit. a) nicht wählbar sind. Damit ist die Grenze des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV überschritten (27,9 Prozent). Eine Rücknahme einzelner Unterschriften ist nach § 15 Abs. 5 der Wahlordnung nicht möglich (s.a. Freund, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 48 Rn. 14). Problematisch könnte noch sein, ob auf die Anzahl der eingereichten oder die Zahl der gültigen Unterschriften abzustellen wäre. Würde man auf die eingereichten Unterschriften abstellen (1.212 Unterschriften), wäre die Grenze des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV mit genau 25 Prozent noch eingehalten. Nach Ansicht der Kammer sind jedoch zumindest die doppelten Unterschriften herauszurechnen, denn die Norm des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV stellt offensichtlich auf ein Verhältnis nach Personen, d.h. tatsächliche Zahl der Unterzeichner zu den von § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV betroffenen Personen, ab, weil nur so die Einflussnahme auf die Selbstverwaltungsorgane verhindert werden kann. Dann aber sind doppelte Unterschriften (vorliegend 2) herauszurechnen, um die tatsächliche Anzahl an Personen, die die Liste unterzeichnet haben, festzustellen. Danach ist die Grenze der § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV jedenfalls überschritten, so dass nicht mehr entschieden werden muss, ob sogar nur auf die gültigen Unterschriften abzustellen wäre. Selbst wenn man der Ansicht der Kammer nicht folgt, ist nach dem oben Gesagten zumindest kein offensichtlicher Rechtsverstoß gegeben, so dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist die Antragstellerin auf die Hauptsache zu verweisen. 2. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §§ 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO. 3. In dem Antragsverfahren gehören weder die Antragstellerin noch die Antragsgegnerin zu den in § 183 SGG genannten Personen. Damit werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben (§ 197 a Abs. 1 S. 1 SGG). Der Streitwert im Sinne des § 63 Abs. 2 GKG ist nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG). Maßgebend ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse am Ausgang des Verfahrens (siehe LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2008, Az.: L 11 B 6/08 KR ER m.w.N.). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von EUR 5.000,00 (Auffangstreitwert) anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG). Hiervon geht die Kammer aus, da das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin nicht beziffert werden kann und genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009, Az.: L 11 KR 3727/09 ER-B). Eine Halbierung des Streitwerts wegen der nur vorläufigen Regelung hält die Kammer dagegen nicht für geboten, da der Antrag letztlich auf Zulassung der Vorschlagsliste und damit auf das gleiche Ziel wie die Hauptsache gerichtet war.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung schriftsätzlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Sozialgericht Dortmund, Ruhrallee 1-3, 44139 Dortmund, Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde muss innerhalb der Frist beim Sozialgericht eingehen.
Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Gründe:
1. Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Vorschlagsliste der Klägerin einstweilen zu den Sozialversicherungswahlen 2011 in der Gruppe der Versicherten zuzulassen und die erforderlichen Vorkehrungen für die Durchführung der Wahlhandlung zu treffen, hat keinen Erfolg. Gemäß § 57 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) kann das Gericht während des Wahlverfahrens auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn ein Wahlverstoß vorliegt, der dazu führen würde, dass im Wahlanfechtungsverfahren die Wahl für ungültig erklärt wird. Dabei können jedoch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nur offensichtliche Rechtsverstöße einen positiven Beschluss rechtfertigen, weil mit dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren spätere Wahlanfechtungsklagen überflüssig gemacht werden sollen (vgl. Winkler, in: LPK-SGB IV, 2. Auflage, § 57 Rn. 14). An dem Vorliegen des Wahlverstoßes dürfen mithin keine rechtlichen und tatsächlichen Zweifel bestehen (Palsherm I., in: jurisPK – SGB IV, Stand: 01.02.2011, § 57 Rn. 38). Die Vorschrift des § 57 Abs. 5 SGB IV ist daher eng auszulegen (Palsherm I., in: jurisPK – SGB IV, § 57 Rn. 38). Ein solcher offensichtlicher Rechtsverstoß, der eine Wahlanfechtung zweifellos rechtfertigen würde, liegt nicht vor. Bei einer Wahlanfechtungsklage (§ 57 Abs. 2 SGB IV) ist das Gericht berechtigt und verpflichtet, alle Wahlvorgänge bis zur Feststellung des Wahlergebnisses zu überprüfen. Ausgeschlossen sind jedoch mandatsirrelevante Wahlfehler, d.h. solche Fehler, die sich auf die Verteilung der Mandate nicht auswirken würden (BSG, Urteil vom 16.12.2003, Az.: B 1 KR 26/02 R; Winkler, in: LPK-SGB IV, § 57 Rn. 12). Nach § 57 Abs. 1 SGB IV sind gegen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen, nur die in dieser Vorschrift, in § 48b Absatz 3, § 48c Absatz 3 Satz 1 und in der Wahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe zulässig. Zum Wahlverfahren wird nach allgemeiner Meinung nicht nur der eigentliche Akt der Wahl gerechnet, sondern auch die der eigentlichen Ausübung des Wahlrechts vorhergehenden, vorbereitenden Handlungen, z.B. die Kandidatenaufstellung und die Einreichung der Listen, die Bestellung der Wahlorgane und die Bestimmung des Wahltermins (Palsherm I., in: jurisPK – SGB IV, § 57 Rn. 15). Insoweit besteht ein Anfechtungsrecht, wenn eine eingereichte Bewerberliste zu Unrecht zurückgewiesen worden ist (BSG, Urteil vom 16.12.2003, Az.: B 1 KR 26/02 R). Dies ist indes nicht der Fall, jedenfalls liegt kein offensichtlicher Rechtsverstoß vor. Nach § 23 Abs. 2 S. 1 Nr. 6 der Wahlordnung für die Sozialversicherung ist eine Vorschlagsliste ungültig, die nicht von der nach § 48 Abs. 2 bis 5 SGB IV erforderlichen Zahl von Wahlberechtigten unterzeichnet ist. Gemäß § 48 Abs. 2 SGB IV müssen Vorschlagslisten der Versicherten und der Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte bei einem Versicherungsträger mit 1.000.001 bis 3.000.000 Versicherten von 1.000 Personen unterzeichnet sein. Nach § 48 Abs. 3 S. 1 SGB IV sind berechtigt zur Unterzeichnung einer Vorschlagsliste nach Absatz 2 Personen, die am Tag der Wahlausschreibung die Voraussetzungen des Wahlrechts nach § 50 oder der Wählbarkeit nach § 51 Absatz 1 Satz 2 erfüllen. Dabei dürfen gemäß § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV von der Gesamtzahl der Unterzeichner höchstens fünfundzwanzig vom Hundert dem Personenkreis angehören, der nach § 51 Absatz 6 Nummer 5 und 6 nicht wählbar ist. Nach § 48 Abs. 4 SGB IV gelten die Absätze 2 und 3 gelten für Vorschlagslisten der in Abs. 1 S. 1 Nr. 1 genannten Arbeitnehmervereinigungen sowie deren Verbände entsprechend. Das gilt nicht, wenn diese 1. seit der vorangegangenen Wahl mit mindestens einem Vertreter ununterbrochen in der Vertreterversammlung vertreten sind oder 2. bei der vorangegangenen Wahl einer Gemeinschaftsliste angehörten und mindestens ein Vertreter dieser Gemeinschaftsliste seitdem ununterbrochen der Vertreterversammlung angehört oder 3. bei der vorangegangenen Wahl eine Vorschlagsliste eingereicht oder einer Gemeinschaftsliste angehört hatten und nur deshalb nicht mit mindestens einem Vertreter ununterbrochen der Vertreterversammlung angehören, weil der oder die Vertreter nach einer Vereinigung nicht als Mitglied berufen worden waren. Danach war zur Zulassung der Liste der Nachweis eines dem § 48 Abs. 2 SGB IV entsprechenden Quorums erforderlich, da die Voraussetzungen des § 48 Abs. 4 SGB IV unstreitig nicht vorlagen. Ebenso wurde unstreitig das Quorum von 1000 Stimmen gemäß § 48 Abs. 2 SGB V erreicht. Der Zulassung der Liste steht jedoch die Norm des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV entgegen, wonach von der Gesamtzahl der Unterzeichner höchstens fünfundzwanzig vom Hundert dem Personenkreis angehören dürfen, der nach § 51 Absatz 6 Nummer 5 und 6 nicht wählbar ist. Allerdings ist dem Wortlaut der Regelung nicht eindeutig zu entnehmen, worauf sich die Formulierung "Gesamtzahl der Unterzeichner" bezieht. Es ließe sich durchaus vertreten, dass sich die Formulierung auf § 48 Abs. 2 SGB IV und das dort geregelte Quorum bezieht (so der Bundeswahlbeauftragte Weiß im Schreiben vom 27.01.2011 – Bl. 40 der Gerichtsakte). Denn nach § 48 Abs. 2 SGB V müssen die Listen von einer gewissen Zahl von Personen "unterzeichnet" sein. Dafür spricht auch der Sinn und Zweck des § 48 Abs. 2 SGB IV, womit gewährleistet werden soll, dass ausschließlich ernsthafte und nicht von vornherein aussichtslose Vorschlagslisten eingereicht werden (Woltjen, in: jurisPK – SGB IV, Stand: 01.02.2011, § 48 Rn. 38). Dieser Zweck ist bereits erreicht, wenn 1.000 Unterschriften eingereicht oder zumindest gewertet werden, obwohl gegebenenfalls mehr Unterschriften vorhanden sind. Allerdings setzte das schon voraus, dass nach § 48 Abs. 2 SGB IV nicht mehr als 1000 Unterschriften gewertet werden dürfen und müssen, auch wenn eine darüber hinausgehende Anzahl eingereicht wurde. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich. Zwar spricht die Norm nicht davon, dass "mindestens" 1000 Unterschriften erforderlich sind. Sie steht jedoch der Einreichung einer höheren Zahl von Unterschriften nicht entgegen. Auch der Wortlaut des § 48 Abs. 3 SGB IV deutet darauf hin, dass sich das Quorum gerade nicht lediglich auf die in § 48 Abs. 2 SGB IV vorausgesetzten Stimmen beziehen. Denn die Norm spricht von der Gesamtzahl der Unterzeichner, was auf die Zahl der eingereichten Unterschriften und nicht auf das Quorum des § 48 Abs. 2 SGB IV hindeutet. Daneben spricht auch der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV für das Verständnis, dass nicht auf das Quorum des § 48 Abs. 2 SGB IV abzustellen ist, sondern auf die Gesamtzahl der eingereichten Unterschriften. Denn mit der Norm soll eine zu starke Einflussnahme dieser Personengruppen auf die Zusammensetzung der Selbstverwaltungsorgane ausgeschlossen werden (Woltjen, in: jurisPK – SGB IV, § 48 Rn. 46; Freund, in: Hauck/Noftz, SGB IV, Bd. 2, Stand: 11/2010, § 48 Rn. 15). Dann aber kann nur auf die Gesamtzahl der eingereichten Unterschriften abgestellt werden, wenn man den Einfluss der Gruppen auf die Selbstverwaltungsorgane wirksam ausschließen will, weil nur dies ein wirkliches Abbild der Einflussmöglichkeiten abgibt. Schließlich ist die Formstrenge des Wahlverfahrens zu beachten. Denn nach der Rechtsprechung des BSG zwingen die Besonderheiten von Wahlhandlungen im Wahlprüfungsverfahren zu einer weitgehenden Beschränkung auf ohne großen Ermittlungsaufwand sicher feststellbare äußerliche Gültigkeitsvoraussetzungen. Der Wahlvorgang als solcher und seine Vorbereitung müssen schon deshalb vor allem an förmliche Voraussetzungen anknüpfen, weil jede eingehendere Prüfung die Gefahr der inhaltlichen Kontrolle der Wahlentscheidung heraufbeschwört. Außerdem ist die schwer hinnehmbare Rechtsunsicherheit zu bedenken, könnte erst auf Grund einer langwierigen Beweiserhebung und -würdigung über die Gültigkeit einer Wahl entschieden werden (BSG, Urteil vom 16.12.2003, Az.: B 1 KR 26/02 R). Das führt nach Ansicht der Kammer dazu, dass nur auf die Gesamtzahl der eingereichten Stimmen als leicht feststellbaren Fakt abgestellt werden kann, weil alle von der Antragstellerin vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten mit Unsicherheiten verbunden sind und dem Gebot der Formstrenge nicht entsprechen. Letztlich ist die Antragstellerin dadurch nicht erheblich in ihren Möglichkeiten zur Einreichung einer Liste eingeschränkt, hat sie es doch selbst in der Hand, die Anzahl der von § 48 Abs. 3 SGB IV erfassten Unterschriften zu prüfen und zu beschränken. Danach ist hier auf die Gesamtzahl der eingereichten Unterschriften abzustellen (vgl. Baier, in: Krauskopf, SGB IV, § 48 Rn. 10; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil 1/2, § 48, S. 436; Grüner/Dalichau, SGB-Kommentar, Bd. 2, 54. Erg., § 48 Punkt III, S. 7). Unstreitig sind 1.086 gültige Unterschriften eingereicht worden. Davon sind 303 Unterschriften von dem von § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV erfassten Personenkreis erfolgt, d.h. solchen Personen, die nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 und 6 SGB IV nicht wählbar sind. Denn diese Unterschriften waren durch Beschäftigte der Antragsgegnerin erfolgt, die nach § 51 Abs. 6 Nr. 5 lit. a) nicht wählbar sind. Damit ist die Grenze des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV überschritten (27,9 Prozent). Eine Rücknahme einzelner Unterschriften ist nach § 15 Abs. 5 der Wahlordnung nicht möglich (s.a. Freund, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 48 Rn. 14). Problematisch könnte noch sein, ob auf die Anzahl der eingereichten oder die Zahl der gültigen Unterschriften abzustellen wäre. Würde man auf die eingereichten Unterschriften abstellen (1.212 Unterschriften), wäre die Grenze des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV mit genau 25 Prozent noch eingehalten. Nach Ansicht der Kammer sind jedoch zumindest die doppelten Unterschriften herauszurechnen, denn die Norm des § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV stellt offensichtlich auf ein Verhältnis nach Personen, d.h. tatsächliche Zahl der Unterzeichner zu den von § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV betroffenen Personen, ab, weil nur so die Einflussnahme auf die Selbstverwaltungsorgane verhindert werden kann. Dann aber sind doppelte Unterschriften (vorliegend 2) herauszurechnen, um die tatsächliche Anzahl an Personen, die die Liste unterzeichnet haben, festzustellen. Danach ist die Grenze der § 48 Abs. 3 S. 2 SGB IV jedenfalls überschritten, so dass nicht mehr entschieden werden muss, ob sogar nur auf die gültigen Unterschriften abzustellen wäre. Selbst wenn man der Ansicht der Kammer nicht folgt, ist nach dem oben Gesagten zumindest kein offensichtlicher Rechtsverstoß gegeben, so dass der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht kommt. Vielmehr ist die Antragstellerin auf die Hauptsache zu verweisen. 2. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des §§ 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO. 3. In dem Antragsverfahren gehören weder die Antragstellerin noch die Antragsgegnerin zu den in § 183 SGG genannten Personen. Damit werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben (§ 197 a Abs. 1 S. 1 SGG). Der Streitwert im Sinne des § 63 Abs. 2 GKG ist nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG). Maßgebend ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse am Ausgang des Verfahrens (siehe LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.05.2008, Az.: L 11 B 6/08 KR ER m.w.N.). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von EUR 5.000,00 (Auffangstreitwert) anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 4 GKG). Hiervon geht die Kammer aus, da das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin nicht beziffert werden kann und genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung fehlen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.11.2009, Az.: L 11 KR 3727/09 ER-B). Eine Halbierung des Streitwerts wegen der nur vorläufigen Regelung hält die Kammer dagegen nicht für geboten, da der Antrag letztlich auf Zulassung der Vorschlagsliste und damit auf das gleiche Ziel wie die Hauptsache gerichtet war.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung schriftsätzlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Sozialgericht Dortmund, Ruhrallee 1-3, 44139 Dortmund, Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde muss innerhalb der Frist beim Sozialgericht eingehen.
Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
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