Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 14 KR 466/09
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
./.
Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2008 in der Gestalt der Bescheide vom 12. September 2008, vom 27. März 2009, des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2009 und des Bescheides vom 4. Januar 2011 wird dahin abgeändert, dass die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung insgesamt EUR 329,08 inkl. EUR 62,50 Säumniszuschläge beträgt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf EUR 6.427,48 festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist noch eine von der Beklagten festgestellte Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 6.392,66.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Hotels und Restaurants. Dort waren in den Jahren 2000 bis 2003 der Beigeladene zu 1. als Kellner und der Beigeladene zu 2. als Koch beschäftigt. Beide arbeiteten auch an Wochenenden und an Feiertagen. Sie erhielten ein monatliches Festgehalt. Schriftliche Arbeitsverträge existieren nicht.
Die Beklagte führte im Betrieb der Klägerin am 19. Juni 2008 eine Betriebsprüfung, bezogen auf den Prüfzeitraum 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007, durch. Dabei sah sie auch einen Bericht des Finanzamtes Oldenburg in Holstein vom 6. Januar 2006 über eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum 2000 bis 2003 ein. Daraus ergibt sich u. a. eine Steuernacherhebung wegen Zuschlägen für tatsächlich geleistete Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit für die Beigeladenen zu 1. und 2., sowie wegen günstiger Überlassung einer Werkswohnung an den Beigeladenen zu 1. im Jahr 2001. Mit Schreiben vom 19. Juni 2008 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass sie beabsichtige, für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2007 Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt EUR 6.934,68 inkl. Säumniszuschlägen nachzufordern.
Nachdem sich die Klägerin zu der Anhörung nicht geäußert hatte, setzte die Beklagte die Nachforderung mit Bescheid vom 14. Juli 2008 in der genannten Höhe fest. Ausweislich des Berichtes über die Lohnsteuer-Außenprüfung seien für zwei Beschäftigte zu Unrecht Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit steuerfrei ausgezahlt worden. Durch die Übernahme der Steuern durch die Klägerin sei darüber hinaus ein weiterer geldwerter Vorteil entstanden. Die Beitragsberechnung erfolge anhand der Lohnsummen. Außerdem sei einem Beschäftigten im Jahr 2001 eine betriebseigene Wohnung verbilligt überlassen worden. Anzuwenden sei die 30-jährige Verjährungsfrist. Denn es könne von bedingtem Vorsatz ausgegangen werden, wenn zwischen der steuerrechtlichen und der beitragsrechtlichen Behandlung des zu beurteilenden Arbeitsentgelts eine bekannte und ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung bestehe.
Dagegen erhob die Klägerin am 15. August 2008 Widerspruch. Die Zuschläge seien zu Recht steuerfrei ausgezahlt worden. Gleichzeitig überreichte die Klägerin die Dienstpläne der Beigeladenen zu 1. und 2.
Mit Bescheid vom 12. September 2008 erhöhte die Beklagte daraufhin die Nachforderung auf EUR 7.082,96 inkl. Säumniszuschlägen. Eine genaue Zuordnung der Entgelte sei nun möglich. Mit weiterem Bescheid vom 12. September 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung ab. Die Zuschläge seien nicht steuerfrei, wenn die Arbeit mit Pauschalen abgegolten werde. Vorliegend seien Pauschalen gezahlt worden und keine Abschläge. Daher seien die Zuschläge auch sozialversicherungspflichtig.
Das Finanzamt Oldenburg in Holstein übersandte der Beklagten auf deren Anforderung das Anhörungsschreiben zur Lohnsteuerprüfung vom 18. März 2005. Mit Bescheid vom 27. März 2009 setzte die Beklagte die Beitragsforderung daraufhin in Höhe von EUR 6.590,71 inkl. Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.312,50 fest. Die Beiträge bis November 2000 seien verjährt. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin im Übrigen als unbegründet zurück. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt richte sich grundsätzlich nach dem Steuerrecht. Pauschale Zuschläge für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit seien nicht steuerfrei. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn die Pauschalen später verrechnet würden. Das sei vorliegend aber nicht geschehen.
Dagegen hat die Klägerin am 9. Juli 2009 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Die Arbeitszeiten für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit seien in den Jahren 2001 bis 2003 immer gleich gewesen. Deshalb seien dieselben Zuschläge gezahlt worden. Angefochten werde im Übrigen auch die Höhe der Forderungen. Zu Unrecht habe die Beklagte die nachzuzahlenden Lohnsteuerbeträge mit in die Berechnungsgrundlage für die nacherhobenen Beiträge einbezogen. Der Klägerin stünden keine Regressansprüche auf Erstattung der Steuerbeträge gegen die Beigeladenen zu 1. und 2. zu. Das Finanzamt habe diese Ansprüche zu keinem Zeitpunkt gegenüber den Arbeitnehmern geltend gemacht. Darüber hinaus sei die 30-jährige Verjährung nicht anzuwenden, da weder die Klägerin noch ihr Ehemann positive Kenntnis davon gehabt hätten, dass die Feststellungen des Finanzamtes auch eine Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen zur Folge haben könnten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2008 in der Gestalt der Bescheide vom 12. September 2008, vom 27. März 2009, des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2009 und des Bescheides vom 4. Januar 2011 dahin abzuändern, dass die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung insgesamt EUR 138,23 zzgl. EUR 25,00 Säumniszuschläge beträgt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten in einem Restaurantbetrieb sei es nicht nachvollziehbar, dass die Arbeitszeit der Beigeladenen zu 1. und 2. an jedem Arbeitstag zur gleichen Uhrzeit geendet habe. Zeitaufzeichnungen seien nicht geführt worden. Im Übrigen weise jeder Kalendermonat eine unterschiedliche Anzahl an Sonn- und Feiertagen auf. Eine Abrechnung zum Ende des Kalenderjahres sei daher unverzichtbar gewesen. Hinsichtlich der Verjährung sei der subjektive Tatbestand zumindest des bedingten Vorsatzes gegeben. Grob fahrlässige Rechtsunkenntnis liege jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn die Löhne wie in diesem Fall von einem Steuerberater abgerechnet wurden.
Mit Beschluss vom 28. Dezember 2009 hat das Gericht die Arbeitnehmer und , die AOK Nordwest, die AOK Nordwest Pflegekasse, die IKK Nord, die IKK Nord Pflegekasse und die Bundesagentur für Arbeit beigeladen. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen zu Umfang und Bezahlung der Arbeit der Beigeladenen zu 1. und 2. bei der Klägerin in den Jahren 2000 bis 2003. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14. Oktober 2010 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 4. Januar 2011 hat die Beklagte die Beitragsforderung unter teilweiser Rücknahme der bisherigen Bescheide in Höhe von EUR 6.555,89 inkl. Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.300,00 festgesetzt. Die Überprüfung der Bescheide habe ergeben, dass für das Jahr 2002 ein zu hoher geldwerter Vorteil aufgrund der Übernahme der Steuern durch die Klägerin angesetzt worden sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2012 hat das Gericht Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen , Steuerberater der Klägerin, zur Beratung der Klägerin im Zusammenhang mit der Lohnsteuerprüfung 2005/2006. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29. März 2012 Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung hat außerdem der Beigeladene zu 1. zu Umfang und Entlohnung seiner Tätigkeit bei der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum Stellung genommen. Auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls wird insoweit Bezug genommen.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die noch vorhandene auszugsweise Lohnsteuerarbeitgeberakte betreffend die Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 des Finanzamtes Ostholstein beigezogen und zusammen mit der Prozessakte zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2008 in der Gestalt der Bescheide vom 12. September 2008, vom 27. März 2009, des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2009 und des Bescheides vom 4. Januar 2011 ist rechtswidrig, soweit die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung mehr als EUR 329,08 beträgt und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten. Im Rahmen der Betriebsprüfung war die Beklagte als Rentenversicherungsträger gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) befugt und verpflichtet, über die Beitragspflicht der betroffenen Beigeladenen zu entscheiden und die entsprechende Beitragshöhe festzustellen. Denn Personen, die wie die Beigeladenen zu 1. und 2. in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV stehen, unterliegen der Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI.
Zwar unterliegen die an die Beigeladenen zu 1. und 2. gezahlten Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge der Beitragspflicht in der Sozialversicherung (I.). Die Forderung der Beklagten ist jedoch zum größten Teil verjährt (II.)
I. Der Umfang der Beitragspflicht bei versicherungspflichtig Beschäftigen richtet sich für alle Zweige der Sozialversicherung nach dem Arbeitsentgelt (§ 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 SGB III, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Arbeitsentgelt sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach § 1 Arbeitsentgeltverordnung in der Fassung vom 12. Dez. 1989 (ArEV) in Verbindung mit §§ 14 und 17 SGB IV sind einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Dies trifft auf die von der Klägerin an die Beigeladenen zu 1. und 2. gezahlten Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge nicht zu. Denn diese Zuschläge sind nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) nicht lohnsteuerfrei.
Gemäß § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie einen gewissen Umfang nicht übersteigen, steuerfrei. Die Steuerbefreiung tritt danach nur ein, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit gezahlt worden sind. Sie setzt deshalb nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden zur Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit voraus (BFH 2. März 2005 – IX B 166/03, BFH/NV 2005, 1285; BFH 22. Okt. 2009 – VI R 16/08, BFH/NV 2010, 201). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn entsprechende Aufzeichnungen liegen nicht vor. Zahlt der Arbeitgeber, wie in diesem Fall die Klägerin, monatlich gleichbleibende Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeitsstunden, ohne krankheitsbedingte oder urlaubsbedingte Fehlzeiten zu berücksichtigen und ohne Aufzeichnungen über die tatsächlich geleistete Arbeit zu führen, so sind die Zuschläge nicht nach § 3b EStG steuerfrei (vgl. BFH, a. a. O.). Vorliegend waren die pauschal gezahlten Zuschläge Teil der einheitlichen Entlohnung. Der Beigeladene zu 1. hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 29. März 2012 erklärt, dass lediglich ein Netto-Festgehalt vereinbart worden sei. Eine Abrechnung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zum Jahres- oder Beschäftigungsende erfolgte nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin erlauben auch nicht besondere Umstände des Einzelfalls auf die grundsätzlich zu fordernde Aufzeichnung über tatsächlich erbrachte Arbeitsstunden zur Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit zu verzichten. Denn besondere Umstände, bei denen die Rechtsprechung des BFH Ausnahmen von diesem Grundsatz macht, liegen nicht vor. Die Arbeit erfolgte nicht ausschließlich oder ganz überwiegend zur Nachtzeit, was die Anforderungen an die Nachweispflicht gemindert hätte (vgl. BFH, a. a. O.). Die Klägerin führt insoweit an, dass die Arbeitszeiten der Beigeladenen zu 1. und 2. für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit in den Jahren 2001 bis 2003 immer gleich gewesen seien. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar, da die einzelnen Kalendermonate unterschiedlich viele Arbeitstage mit Nachtarbeit, Sonn- und Feiertage enthielten. So ergibt sich beispielsweise aus den von der Klägerin vorgelegten Dienstplänen, dass der Beigeladene zu 2. im September 2002 an fünf Sonn- und Feiertagen arbeitete und 18 mal zwei Nachtarbeitsstunden leistete. Im Dezember 2002 dagegen arbeitete er an sieben Sonn- und Feiertagen und leistete 23 mal zwei Nachtarbeitsstunden. Unstreitig erhielten die beigeladenen Arbeitnehmer aber monatlich den jeweils gleichen Betrag als Zuschlag für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.
Zum anderen hat die Klägerin auch nicht nachgewiesen, dass die Zuschläge vereinbarungsgemäß so bemessen waren, dass sie auch unter Einbeziehung von Urlaub und sonstigen Fehlzeiten aufs Jahr bezogen die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllten (vgl. BFH, a. a. O.; Nds. FG 17. Dez. 2010 – 11 K 15/10, EFG 2011, 1555). Die Klägerin hat weder vorgetragen noch bewiesen, welcher Stundenlohn überhaupt für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit vereinbart gewesen sein soll. Im Übrigen hat der Beigeladene zu 1. wie bereits ausgeführt erklärt, dass zwischen ihm und der Klägerin bzw. deren Ehemann lediglich ein Netto-Festgehalt vereinbart worden sei.
Arbeitsentgelt sind auch die Beträge, die von der Klägerin anlässlich der Lohnsteuerprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 an das Finanzamt nachgezahlt wurden. Ist wie in diesem Fall ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten gemäß § 14 Abs. 2 SGB IV als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenen Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeits-förderung. Das bedeutet, dass von den übernommenen und mit zu dem Arbeitsentgelt gehörenden Steuern wiederum Beiträge zu entrichten sind. Die Klägerin hat durch die Übernahme der Steuern und den Verzicht auf einen Regress gegenüber den Arbeitnehmern zu erkennen gegeben, dass sie die Steuern ihrer Beschäftigten übernehmen und ihnen damit zusätzlich zu dem ausgezahlten Lohn einen weiteren Vermögensvorteil zuwenden wollte (vgl. BSG 22. Sept. 1988 – 12 RK 36/86; SozR 2100 § 14 Nr. 22; BSG 19. Juni 2001 – B 12 KR 16/00 R, SozR 3-2400 § 14 Nr. 20). Der Zeuge hat in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2010 ausgesagt, dass er und seine Frau derartige Fragen damals generell dem für sie tätigen Steuerberatungsbüro überlassen hätten. Der Zeuge K hat in der mündlichen Verhandlung am 29. März 2012 erklärt, dass ein Rückgriff gegen die Arbeitnehmer eher selten erfolge. Meistens verbleibe die Steuerschuld beim Arbeitgeber, der diese auch als Betriebsabgabe absetzen könne. Dies spricht dafür, dass auch im Falle der Klägerin die ausdrückliche Entscheidung gegen einen Regress gegenüber den Beigeladenen zu 1. und 2. getroffen wurde.
II. Die streitige Beitragsforderung ist aber, mit Ausnahme der Beiträge für den Monat Dezember 2003 in Höhe von EUR 128,35, verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung werden die zu zahlenden Beiträge spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Damit waren die Beiträge bis November 2003 jeweils im Jahr 2003 und früher fällig. Der Beitrag für den Monat Dezember 2003 war erst im Januar 2004 fällig. Erst mit Bescheid vom 14. Juli 2008 forderte die Beklagte die Beiträge für die Zeit ab 2000 nach. Zum Zeitpunkt dieses Bescheides waren die Beiträge bis November 2003 verjährt. Denn die Verjährungsfrist für die im Jahre 2003 fälligen Beiträge lief Ende 2007 ab.
Es gilt nicht die lange Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Danach verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Die hier streitigen Beiträge sind von der Klägerin nicht vorsätzlich vorenthalten worden. Für Vorsatz, wie ihn § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV voraussetzt, sind das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen (BSG 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Dabei reicht es für das Eingreifen der 30jährigen Verjährungsfrist aus, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, a. a. O.). Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge in den Jahren 2000 bis 2003 haben weder die Klägerin noch ihr Ehemann mit der Möglichkeit gerechnet, dass auf die an die Beigeladenen zu 1. und 2. gezahlten Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen waren. Der Zeuge hat dazu für die Kammer überzeugend ausgeführt, dass er die gesamten Abrechnungsgeschäfte für die Klägerin erledigte und dass er von seiner früheren Tätigkeit her immer davon ausgegangen sei, dass auf derartige Zuschläge keine Steuern und Beiträge entfallen. Die Berechnung der zulässigen Höhe für diese Zuschläge habe er seinem Steuerberater überlassen.
Vorsatz ist auch nicht später innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist durch die Anhörung des Finanzamtes vom 18. März 2005 oder durch die von der Klägerin nicht angefochtenen Steuerhaftungsbescheide vom 15. Februar 2006 eingetreten. Die kurze Verjährungsfrist von vier Jahren für die Verjährung des Anspruchs auf Nachentrichtung von Sozialversicherungs-beiträgen gilt auch dann, wenn der Hinterziehungsvorsatz zwar nachträglich aber noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist hinzutritt. Die Kammer ist aufgrund des Ergebnisses der Beweiserhebung jedoch nicht davon überzeugt, dass bei der Klägerin zu diesem Zeitpunkt Vorsatz eingetreten ist. Vielmehr geht das Gericht von bewusster Fahrlässigkeit aus. Die Feststellungslast (Beweislast) für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Verjährungsfrist beruft (BSG, a. a. O.). Das BSG hat in der o. g. Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass Fahrlässigkeit, auch in den Erscheinungsformen der bewussten oder der groben Fahrlässigkeit, für den Tatbestand der Verjährung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht genügt. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).
Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin nach Erhalt der Steuerbescheide im Jahr 2006, bzw. der Anhörung im Jahre 2005, das Bestehen eines Beitragsrückstandes für möglich hielt und wegen fehlenden Zahlungswillens die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf nahm. Die Klägerin selbst hatte keine Kenntnisse über Einzelheiten der Lohnabrechnung ihrer Arbeitnehmer. Ihr Ehemann, der Zeuge , hat für die Kammer glaubhaft dargelegt, dass er allein sich um Personalangelegenheiten kümmerte und sich die Klägerin ausschließlich mit dem laufenden Hotelbetrieb beschäftigte. Sie selbst hat daher die streitigen Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten. Als Arbeitgeberin muss sie sich aber entsprechend § 278 BGB die Kenntnis des von ihr im Betrieb eingesetzten Personals, das sie mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung betraut hat und auch beauftragter Steuerberater zurechnen lassen (vgl. Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl., § 25, Rdnr. 39). Sowohl der Ehemann der Klägerin, der im Hotel- und Restaurantbetrieb mit den Lohnverhandlungen betraut war, als auch der für die Lohnsteuerprüfung zuständige Steuerberater, der Zeuge , haben nicht vorsätzlich gehandelt, indem sie im Jahr 2006 keine Beitragsnacherhebung bei der Beklagten, bzw. der zuständigen Einzugsstelle anzeigten. Der Zeuge hat zwar in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2010 ausgesagt, es sei ihm grundsätzlich bekannt gewesen, dass auf das Arbeitsentgelt, auf das man Steuern zahlt, auch Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind. Das Gericht hält diese Aussage aber angesichts des persönlichen Eindrucks vom Zeugen bei dieser Aussage nicht für glaubhaft. Diesem Eindruck entsprechend hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 29. März 2010 auch ergänzend darauf hingewiesen, dass dem Zeugen der Unterschied zwischen der Lohnsteuer einerseits und dem Sozialversicherungsrecht andererseits nicht klar war. Ihm sei nicht klar gewesen, dass gegebenenfalls noch eine weitere (beitragsrechtliche) Prüfung hätte erfolgen müssen. Vielmehr sei für ihn mit der Lohnsteuerprüfung die Nacherhebung erledigt gewesen. Auch das Gericht ist nach Würdigung der Gesamtaussage des Zeugen davon überzeugt, dass dieser weitere Zahlungspflichten in Bezug auf die Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge nicht für möglich hielt. Der Zeuge hat für die Kammer glaubhaft angegeben, dass er auch noch nach der Lohnsteuerprüfung nicht davon ausging, hinsichtlich der Abrechnung "etwas Unrechtes" getan zu haben. Er hat für die Kammer überzeugend dargestellt, dass auch er sich ebenso wie die Klägerin in dem kleinen Betrieb und Familienunternehmen weit überwiegend und vordringlich darum kümmerte, dass der Betrieb lief. Ihm war nicht klar, worum es bei der Lohnsteuerprüfung im Einzelnen ging. Beide vertrauten insoweit auf die Kompetenz ihrer Steuerberater. Sofern der Klägerin und ihrem Ehemann vorgeworfen werden kann, dass sie sich nicht näher mit den Lohnsteuer- und Sozialversicherungsfragen beschäftigt haben, bewegt sich dies im Rahmen der Fahrlässigkeit.
Die Kammer ist weiter aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass auch dem mit der Lohnsteuerprüfung befassten Steuerberater, dem Zeuge , kein Vorsatz angelastet werden kann. Vorsätzliche Beitragsvorenthaltung ist auch bei Kenntnis eines vorangegangenen Lohnsteuerhaftungsbescheides nicht in allen Fällen generell zu bejahen (LSG NRW 9. Okt. 2003 – L 16 KR 223/02, SGb 2004, 43). Vorsatz liegt nahe, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht. Demgegenüber muss der Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und die Beitragspflicht in komplizierten Vorschriften geregelt sind und nicht voll übereinstimmen, eingehend geprüft und festgestellt werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften in diesen Fällen nicht selten nur auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen (BSG, a. a.O.). Zwar handelt es sich bei den hier zu beurteilenden Zuschlägen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit um verbreitete Entgeltanteile, jedoch sind diese nicht generell steuer- und damit sozialversicherungs-pflichtig, sondern unter bestimmten Umständen steuer- und beitragsfrei. Dass die Rechtslage insoweit kompliziert ist oder zumindest zum damaligen Zeitpunkt war und das Ergebnis von vielen tatsächlichen Umständen abhängt, belegen diverse gerichtliche Entscheidungen zu dieser Problematik. Der Zeuge hat dazu glaubhaft angegeben, dass er zum damaligen Zeitpunkt die Auffassung der Finanzbehörde zur Besteuerung der Zuschläge nicht geteilt habe. Widerspruch sei nur aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus nicht erhoben worden. Der Zeuge hat glaubhaft versichert, dass er eine sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht nicht für möglich hielt, zumal er ja bereits die Steuerpflicht bezweifelte. Er sei auch nicht davon ausgegangen, dass mit der Steuernachzahlung immer auch eine Beitragsnacherhebung verbunden sei. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidungen der Finanzbehörden keine Bindungswirkung im Beitragsverfahren besitzen (Bay. LSG 17. Nov. 2009 – L 5 955/08). Mit dem Unterlassen einer beitragsrechtlichen Prüfung ließ der Steuerberater nach Auffassung des Gerichts zwar die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht und handelte grob fahrlässig. Bedingter Vorsatz im Sinne eines Inkaufnehmens der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist ihm jedoch nicht anzulasten.
Daran, dass auf die der Beklagten zustehende Beitragsforderung Säumniszuschläge zu erheben sind, besteht kein Zweifel. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Auf die rechtmäßige Forderung der Beklagten in Höhe der unstreitigen EUR 138,23 und der o. g. EUR 128,35 waren danach Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt EUR 62,50 zu erheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Es ist billig, der Beklagten die Kosten ganz aufzuerlegen, da die Klägerin nur zu einem ganz geringen Teil unterlegen ist. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Gerichtskostengesetz und ergibt sich aus der ursprünglich im Streit befindlichen Forderung der Beklagten hinsichtlich der Beitrags-erhebung auf Sonn-, Nacht- und Feiertagszuschläge.
Tatbestand:
Streitig ist noch eine von der Beklagten festgestellte Beitragsnachforderung in Höhe von EUR 6.392,66.
Die Klägerin ist Inhaberin eines Hotels und Restaurants. Dort waren in den Jahren 2000 bis 2003 der Beigeladene zu 1. als Kellner und der Beigeladene zu 2. als Koch beschäftigt. Beide arbeiteten auch an Wochenenden und an Feiertagen. Sie erhielten ein monatliches Festgehalt. Schriftliche Arbeitsverträge existieren nicht.
Die Beklagte führte im Betrieb der Klägerin am 19. Juni 2008 eine Betriebsprüfung, bezogen auf den Prüfzeitraum 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2007, durch. Dabei sah sie auch einen Bericht des Finanzamtes Oldenburg in Holstein vom 6. Januar 2006 über eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum 2000 bis 2003 ein. Daraus ergibt sich u. a. eine Steuernacherhebung wegen Zuschlägen für tatsächlich geleistete Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit für die Beigeladenen zu 1. und 2., sowie wegen günstiger Überlassung einer Werkswohnung an den Beigeladenen zu 1. im Jahr 2001. Mit Schreiben vom 19. Juni 2008 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass sie beabsichtige, für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2007 Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt EUR 6.934,68 inkl. Säumniszuschlägen nachzufordern.
Nachdem sich die Klägerin zu der Anhörung nicht geäußert hatte, setzte die Beklagte die Nachforderung mit Bescheid vom 14. Juli 2008 in der genannten Höhe fest. Ausweislich des Berichtes über die Lohnsteuer-Außenprüfung seien für zwei Beschäftigte zu Unrecht Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit steuerfrei ausgezahlt worden. Durch die Übernahme der Steuern durch die Klägerin sei darüber hinaus ein weiterer geldwerter Vorteil entstanden. Die Beitragsberechnung erfolge anhand der Lohnsummen. Außerdem sei einem Beschäftigten im Jahr 2001 eine betriebseigene Wohnung verbilligt überlassen worden. Anzuwenden sei die 30-jährige Verjährungsfrist. Denn es könne von bedingtem Vorsatz ausgegangen werden, wenn zwischen der steuerrechtlichen und der beitragsrechtlichen Behandlung des zu beurteilenden Arbeitsentgelts eine bekannte und ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung bestehe.
Dagegen erhob die Klägerin am 15. August 2008 Widerspruch. Die Zuschläge seien zu Recht steuerfrei ausgezahlt worden. Gleichzeitig überreichte die Klägerin die Dienstpläne der Beigeladenen zu 1. und 2.
Mit Bescheid vom 12. September 2008 erhöhte die Beklagte daraufhin die Nachforderung auf EUR 7.082,96 inkl. Säumniszuschlägen. Eine genaue Zuordnung der Entgelte sei nun möglich. Mit weiterem Bescheid vom 12. September 2008 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung ab. Die Zuschläge seien nicht steuerfrei, wenn die Arbeit mit Pauschalen abgegolten werde. Vorliegend seien Pauschalen gezahlt worden und keine Abschläge. Daher seien die Zuschläge auch sozialversicherungspflichtig.
Das Finanzamt Oldenburg in Holstein übersandte der Beklagten auf deren Anforderung das Anhörungsschreiben zur Lohnsteuerprüfung vom 18. März 2005. Mit Bescheid vom 27. März 2009 setzte die Beklagte die Beitragsforderung daraufhin in Höhe von EUR 6.590,71 inkl. Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.312,50 fest. Die Beiträge bis November 2000 seien verjährt. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2009 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin im Übrigen als unbegründet zurück. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt richte sich grundsätzlich nach dem Steuerrecht. Pauschale Zuschläge für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit seien nicht steuerfrei. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn die Pauschalen später verrechnet würden. Das sei vorliegend aber nicht geschehen.
Dagegen hat die Klägerin am 9. Juli 2009 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Die Arbeitszeiten für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit seien in den Jahren 2001 bis 2003 immer gleich gewesen. Deshalb seien dieselben Zuschläge gezahlt worden. Angefochten werde im Übrigen auch die Höhe der Forderungen. Zu Unrecht habe die Beklagte die nachzuzahlenden Lohnsteuerbeträge mit in die Berechnungsgrundlage für die nacherhobenen Beiträge einbezogen. Der Klägerin stünden keine Regressansprüche auf Erstattung der Steuerbeträge gegen die Beigeladenen zu 1. und 2. zu. Das Finanzamt habe diese Ansprüche zu keinem Zeitpunkt gegenüber den Arbeitnehmern geltend gemacht. Darüber hinaus sei die 30-jährige Verjährung nicht anzuwenden, da weder die Klägerin noch ihr Ehemann positive Kenntnis davon gehabt hätten, dass die Feststellungen des Finanzamtes auch eine Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen zur Folge haben könnten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2008 in der Gestalt der Bescheide vom 12. September 2008, vom 27. März 2009, des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2009 und des Bescheides vom 4. Januar 2011 dahin abzuändern, dass die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung insgesamt EUR 138,23 zzgl. EUR 25,00 Säumniszuschläge beträgt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide. Angesichts der tatsächlichen Gegebenheiten in einem Restaurantbetrieb sei es nicht nachvollziehbar, dass die Arbeitszeit der Beigeladenen zu 1. und 2. an jedem Arbeitstag zur gleichen Uhrzeit geendet habe. Zeitaufzeichnungen seien nicht geführt worden. Im Übrigen weise jeder Kalendermonat eine unterschiedliche Anzahl an Sonn- und Feiertagen auf. Eine Abrechnung zum Ende des Kalenderjahres sei daher unverzichtbar gewesen. Hinsichtlich der Verjährung sei der subjektive Tatbestand zumindest des bedingten Vorsatzes gegeben. Grob fahrlässige Rechtsunkenntnis liege jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn die Löhne wie in diesem Fall von einem Steuerberater abgerechnet wurden.
Mit Beschluss vom 28. Dezember 2009 hat das Gericht die Arbeitnehmer und , die AOK Nordwest, die AOK Nordwest Pflegekasse, die IKK Nord, die IKK Nord Pflegekasse und die Bundesagentur für Arbeit beigeladen. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen zu Umfang und Bezahlung der Arbeit der Beigeladenen zu 1. und 2. bei der Klägerin in den Jahren 2000 bis 2003. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14. Oktober 2010 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 4. Januar 2011 hat die Beklagte die Beitragsforderung unter teilweiser Rücknahme der bisherigen Bescheide in Höhe von EUR 6.555,89 inkl. Säumniszuschlägen in Höhe von EUR 1.300,00 festgesetzt. Die Überprüfung der Bescheide habe ergeben, dass für das Jahr 2002 ein zu hoher geldwerter Vorteil aufgrund der Übernahme der Steuern durch die Klägerin angesetzt worden sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2012 hat das Gericht Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen , Steuerberater der Klägerin, zur Beratung der Klägerin im Zusammenhang mit der Lohnsteuerprüfung 2005/2006. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29. März 2012 Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung hat außerdem der Beigeladene zu 1. zu Umfang und Entlohnung seiner Tätigkeit bei der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum Stellung genommen. Auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls wird insoweit Bezug genommen.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die noch vorhandene auszugsweise Lohnsteuerarbeitgeberakte betreffend die Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 des Finanzamtes Ostholstein beigezogen und zusammen mit der Prozessakte zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2008 in der Gestalt der Bescheide vom 12. September 2008, vom 27. März 2009, des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2009 und des Bescheides vom 4. Januar 2011 ist rechtswidrig, soweit die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung mehr als EUR 329,08 beträgt und verletzt die Klägerin insoweit in ihren Rechten. Im Rahmen der Betriebsprüfung war die Beklagte als Rentenversicherungsträger gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) befugt und verpflichtet, über die Beitragspflicht der betroffenen Beigeladenen zu entscheiden und die entsprechende Beitragshöhe festzustellen. Denn Personen, die wie die Beigeladenen zu 1. und 2. in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV stehen, unterliegen der Beitragspflicht in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI.
Zwar unterliegen die an die Beigeladenen zu 1. und 2. gezahlten Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge der Beitragspflicht in der Sozialversicherung (I.). Die Forderung der Beklagten ist jedoch zum größten Teil verjährt (II.)
I. Der Umfang der Beitragspflicht bei versicherungspflichtig Beschäftigen richtet sich für alle Zweige der Sozialversicherung nach dem Arbeitsentgelt (§ 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 SGB VI, § 342 SGB III, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Arbeitsentgelt sind gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Nach § 1 Arbeitsentgeltverordnung in der Fassung vom 12. Dez. 1989 (ArEV) in Verbindung mit §§ 14 und 17 SGB IV sind einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt werden, nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei sind. Dies trifft auf die von der Klägerin an die Beigeladenen zu 1. und 2. gezahlten Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge nicht zu. Denn diese Zuschläge sind nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) nicht lohnsteuerfrei.
Gemäß § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie einen gewissen Umfang nicht übersteigen, steuerfrei. Die Steuerbefreiung tritt danach nur ein, wenn die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit gezahlt worden sind. Sie setzt deshalb nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden zur Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit voraus (BFH 2. März 2005 – IX B 166/03, BFH/NV 2005, 1285; BFH 22. Okt. 2009 – VI R 16/08, BFH/NV 2010, 201). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn entsprechende Aufzeichnungen liegen nicht vor. Zahlt der Arbeitgeber, wie in diesem Fall die Klägerin, monatlich gleichbleibende Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeitsstunden, ohne krankheitsbedingte oder urlaubsbedingte Fehlzeiten zu berücksichtigen und ohne Aufzeichnungen über die tatsächlich geleistete Arbeit zu führen, so sind die Zuschläge nicht nach § 3b EStG steuerfrei (vgl. BFH, a. a. O.). Vorliegend waren die pauschal gezahlten Zuschläge Teil der einheitlichen Entlohnung. Der Beigeladene zu 1. hat dazu in der mündlichen Verhandlung am 29. März 2012 erklärt, dass lediglich ein Netto-Festgehalt vereinbart worden sei. Eine Abrechnung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zum Jahres- oder Beschäftigungsende erfolgte nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin erlauben auch nicht besondere Umstände des Einzelfalls auf die grundsätzlich zu fordernde Aufzeichnung über tatsächlich erbrachte Arbeitsstunden zur Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit zu verzichten. Denn besondere Umstände, bei denen die Rechtsprechung des BFH Ausnahmen von diesem Grundsatz macht, liegen nicht vor. Die Arbeit erfolgte nicht ausschließlich oder ganz überwiegend zur Nachtzeit, was die Anforderungen an die Nachweispflicht gemindert hätte (vgl. BFH, a. a. O.). Die Klägerin führt insoweit an, dass die Arbeitszeiten der Beigeladenen zu 1. und 2. für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit in den Jahren 2001 bis 2003 immer gleich gewesen seien. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar, da die einzelnen Kalendermonate unterschiedlich viele Arbeitstage mit Nachtarbeit, Sonn- und Feiertage enthielten. So ergibt sich beispielsweise aus den von der Klägerin vorgelegten Dienstplänen, dass der Beigeladene zu 2. im September 2002 an fünf Sonn- und Feiertagen arbeitete und 18 mal zwei Nachtarbeitsstunden leistete. Im Dezember 2002 dagegen arbeitete er an sieben Sonn- und Feiertagen und leistete 23 mal zwei Nachtarbeitsstunden. Unstreitig erhielten die beigeladenen Arbeitnehmer aber monatlich den jeweils gleichen Betrag als Zuschlag für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.
Zum anderen hat die Klägerin auch nicht nachgewiesen, dass die Zuschläge vereinbarungsgemäß so bemessen waren, dass sie auch unter Einbeziehung von Urlaub und sonstigen Fehlzeiten aufs Jahr bezogen die Voraussetzungen der Steuerfreiheit erfüllten (vgl. BFH, a. a. O.; Nds. FG 17. Dez. 2010 – 11 K 15/10, EFG 2011, 1555). Die Klägerin hat weder vorgetragen noch bewiesen, welcher Stundenlohn überhaupt für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit vereinbart gewesen sein soll. Im Übrigen hat der Beigeladene zu 1. wie bereits ausgeführt erklärt, dass zwischen ihm und der Klägerin bzw. deren Ehemann lediglich ein Netto-Festgehalt vereinbart worden sei.
Arbeitsentgelt sind auch die Beträge, die von der Klägerin anlässlich der Lohnsteuerprüfung für die Jahre 2000 bis 2003 an das Finanzamt nachgezahlt wurden. Ist wie in diesem Fall ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten gemäß § 14 Abs. 2 SGB IV als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenen Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeits-förderung. Das bedeutet, dass von den übernommenen und mit zu dem Arbeitsentgelt gehörenden Steuern wiederum Beiträge zu entrichten sind. Die Klägerin hat durch die Übernahme der Steuern und den Verzicht auf einen Regress gegenüber den Arbeitnehmern zu erkennen gegeben, dass sie die Steuern ihrer Beschäftigten übernehmen und ihnen damit zusätzlich zu dem ausgezahlten Lohn einen weiteren Vermögensvorteil zuwenden wollte (vgl. BSG 22. Sept. 1988 – 12 RK 36/86; SozR 2100 § 14 Nr. 22; BSG 19. Juni 2001 – B 12 KR 16/00 R, SozR 3-2400 § 14 Nr. 20). Der Zeuge hat in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2010 ausgesagt, dass er und seine Frau derartige Fragen damals generell dem für sie tätigen Steuerberatungsbüro überlassen hätten. Der Zeuge K hat in der mündlichen Verhandlung am 29. März 2012 erklärt, dass ein Rückgriff gegen die Arbeitnehmer eher selten erfolge. Meistens verbleibe die Steuerschuld beim Arbeitgeber, der diese auch als Betriebsabgabe absetzen könne. Dies spricht dafür, dass auch im Falle der Klägerin die ausdrückliche Entscheidung gegen einen Regress gegenüber den Beigeladenen zu 1. und 2. getroffen wurde.
II. Die streitige Beitragsforderung ist aber, mit Ausnahme der Beiträge für den Monat Dezember 2003 in Höhe von EUR 128,35, verjährt. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung werden die zu zahlenden Beiträge spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Damit waren die Beiträge bis November 2003 jeweils im Jahr 2003 und früher fällig. Der Beitrag für den Monat Dezember 2003 war erst im Januar 2004 fällig. Erst mit Bescheid vom 14. Juli 2008 forderte die Beklagte die Beiträge für die Zeit ab 2000 nach. Zum Zeitpunkt dieses Bescheides waren die Beiträge bis November 2003 verjährt. Denn die Verjährungsfrist für die im Jahre 2003 fälligen Beiträge lief Ende 2007 ab.
Es gilt nicht die lange Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Danach verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Die hier streitigen Beiträge sind von der Klägerin nicht vorsätzlich vorenthalten worden. Für Vorsatz, wie ihn § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV voraussetzt, sind das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen (BSG 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7). Dabei reicht es für das Eingreifen der 30jährigen Verjährungsfrist aus, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, a. a. O.). Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge in den Jahren 2000 bis 2003 haben weder die Klägerin noch ihr Ehemann mit der Möglichkeit gerechnet, dass auf die an die Beigeladenen zu 1. und 2. gezahlten Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen waren. Der Zeuge hat dazu für die Kammer überzeugend ausgeführt, dass er die gesamten Abrechnungsgeschäfte für die Klägerin erledigte und dass er von seiner früheren Tätigkeit her immer davon ausgegangen sei, dass auf derartige Zuschläge keine Steuern und Beiträge entfallen. Die Berechnung der zulässigen Höhe für diese Zuschläge habe er seinem Steuerberater überlassen.
Vorsatz ist auch nicht später innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist durch die Anhörung des Finanzamtes vom 18. März 2005 oder durch die von der Klägerin nicht angefochtenen Steuerhaftungsbescheide vom 15. Februar 2006 eingetreten. Die kurze Verjährungsfrist von vier Jahren für die Verjährung des Anspruchs auf Nachentrichtung von Sozialversicherungs-beiträgen gilt auch dann, wenn der Hinterziehungsvorsatz zwar nachträglich aber noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist hinzutritt. Die Kammer ist aufgrund des Ergebnisses der Beweiserhebung jedoch nicht davon überzeugt, dass bei der Klägerin zu diesem Zeitpunkt Vorsatz eingetreten ist. Vielmehr geht das Gericht von bewusster Fahrlässigkeit aus. Die Feststellungslast (Beweislast) für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Verjährungsfrist beruft (BSG, a. a. O.). Das BSG hat in der o. g. Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass Fahrlässigkeit, auch in den Erscheinungsformen der bewussten oder der groben Fahrlässigkeit, für den Tatbestand der Verjährung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht genügt. Grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X).
Die Kammer ist nicht davon überzeugt, dass die Klägerin nach Erhalt der Steuerbescheide im Jahr 2006, bzw. der Anhörung im Jahre 2005, das Bestehen eines Beitragsrückstandes für möglich hielt und wegen fehlenden Zahlungswillens die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf nahm. Die Klägerin selbst hatte keine Kenntnisse über Einzelheiten der Lohnabrechnung ihrer Arbeitnehmer. Ihr Ehemann, der Zeuge , hat für die Kammer glaubhaft dargelegt, dass er allein sich um Personalangelegenheiten kümmerte und sich die Klägerin ausschließlich mit dem laufenden Hotelbetrieb beschäftigte. Sie selbst hat daher die streitigen Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten. Als Arbeitgeberin muss sie sich aber entsprechend § 278 BGB die Kenntnis des von ihr im Betrieb eingesetzten Personals, das sie mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung betraut hat und auch beauftragter Steuerberater zurechnen lassen (vgl. Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl., § 25, Rdnr. 39). Sowohl der Ehemann der Klägerin, der im Hotel- und Restaurantbetrieb mit den Lohnverhandlungen betraut war, als auch der für die Lohnsteuerprüfung zuständige Steuerberater, der Zeuge , haben nicht vorsätzlich gehandelt, indem sie im Jahr 2006 keine Beitragsnacherhebung bei der Beklagten, bzw. der zuständigen Einzugsstelle anzeigten. Der Zeuge hat zwar in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2010 ausgesagt, es sei ihm grundsätzlich bekannt gewesen, dass auf das Arbeitsentgelt, auf das man Steuern zahlt, auch Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind. Das Gericht hält diese Aussage aber angesichts des persönlichen Eindrucks vom Zeugen bei dieser Aussage nicht für glaubhaft. Diesem Eindruck entsprechend hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 29. März 2010 auch ergänzend darauf hingewiesen, dass dem Zeugen der Unterschied zwischen der Lohnsteuer einerseits und dem Sozialversicherungsrecht andererseits nicht klar war. Ihm sei nicht klar gewesen, dass gegebenenfalls noch eine weitere (beitragsrechtliche) Prüfung hätte erfolgen müssen. Vielmehr sei für ihn mit der Lohnsteuerprüfung die Nacherhebung erledigt gewesen. Auch das Gericht ist nach Würdigung der Gesamtaussage des Zeugen davon überzeugt, dass dieser weitere Zahlungspflichten in Bezug auf die Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge nicht für möglich hielt. Der Zeuge hat für die Kammer glaubhaft angegeben, dass er auch noch nach der Lohnsteuerprüfung nicht davon ausging, hinsichtlich der Abrechnung "etwas Unrechtes" getan zu haben. Er hat für die Kammer überzeugend dargestellt, dass auch er sich ebenso wie die Klägerin in dem kleinen Betrieb und Familienunternehmen weit überwiegend und vordringlich darum kümmerte, dass der Betrieb lief. Ihm war nicht klar, worum es bei der Lohnsteuerprüfung im Einzelnen ging. Beide vertrauten insoweit auf die Kompetenz ihrer Steuerberater. Sofern der Klägerin und ihrem Ehemann vorgeworfen werden kann, dass sie sich nicht näher mit den Lohnsteuer- und Sozialversicherungsfragen beschäftigt haben, bewegt sich dies im Rahmen der Fahrlässigkeit.
Die Kammer ist weiter aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass auch dem mit der Lohnsteuerprüfung befassten Steuerberater, dem Zeuge , kein Vorsatz angelastet werden kann. Vorsätzliche Beitragsvorenthaltung ist auch bei Kenntnis eines vorangegangenen Lohnsteuerhaftungsbescheides nicht in allen Fällen generell zu bejahen (LSG NRW 9. Okt. 2003 – L 16 KR 223/02, SGb 2004, 43). Vorsatz liegt nahe, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht. Demgegenüber muss der Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und die Beitragspflicht in komplizierten Vorschriften geregelt sind und nicht voll übereinstimmen, eingehend geprüft und festgestellt werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften in diesen Fällen nicht selten nur auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen (BSG, a. a.O.). Zwar handelt es sich bei den hier zu beurteilenden Zuschlägen für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit um verbreitete Entgeltanteile, jedoch sind diese nicht generell steuer- und damit sozialversicherungs-pflichtig, sondern unter bestimmten Umständen steuer- und beitragsfrei. Dass die Rechtslage insoweit kompliziert ist oder zumindest zum damaligen Zeitpunkt war und das Ergebnis von vielen tatsächlichen Umständen abhängt, belegen diverse gerichtliche Entscheidungen zu dieser Problematik. Der Zeuge hat dazu glaubhaft angegeben, dass er zum damaligen Zeitpunkt die Auffassung der Finanzbehörde zur Besteuerung der Zuschläge nicht geteilt habe. Widerspruch sei nur aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus nicht erhoben worden. Der Zeuge hat glaubhaft versichert, dass er eine sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht nicht für möglich hielt, zumal er ja bereits die Steuerpflicht bezweifelte. Er sei auch nicht davon ausgegangen, dass mit der Steuernachzahlung immer auch eine Beitragsnacherhebung verbunden sei. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidungen der Finanzbehörden keine Bindungswirkung im Beitragsverfahren besitzen (Bay. LSG 17. Nov. 2009 – L 5 955/08). Mit dem Unterlassen einer beitragsrechtlichen Prüfung ließ der Steuerberater nach Auffassung des Gerichts zwar die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht und handelte grob fahrlässig. Bedingter Vorsatz im Sinne eines Inkaufnehmens der Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist ihm jedoch nicht anzulasten.
Daran, dass auf die der Beklagten zustehende Beitragsforderung Säumniszuschläge zu erheben sind, besteht kein Zweifel. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf 50 EUR nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Auf die rechtmäßige Forderung der Beklagten in Höhe der unstreitigen EUR 138,23 und der o. g. EUR 128,35 waren danach Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt EUR 62,50 zu erheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Es ist billig, der Beklagten die Kosten ganz aufzuerlegen, da die Klägerin nur zu einem ganz geringen Teil unterlegen ist. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 63 Gerichtskostengesetz und ergibt sich aus der ursprünglich im Streit befindlichen Forderung der Beklagten hinsichtlich der Beitrags-erhebung auf Sonn-, Nacht- und Feiertagszuschläge.
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