S 14 KR 680/10

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 14 KR 680/10
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 15. Februar 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2010 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene zu 1. im Zeitraum vom 27. August 2007 bis 20. Juli 2009 bei der Klägerin nicht als Arbeitnehmerin abhängig beschäftigt und damit nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 in Verbindung mit Satz 1 SGB XI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III war. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf EUR 5.000 festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1. in der Zeit vom 27. August 2007 bis 20. Juli 2009 bei der Klägerin in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine staatlich anerkannte berufsbildende Schule in freier Trägerschaft, an der auch Schulabschlüsse absolviert werden können. Für die Schuljahre 2007/2008 und 2008/2009 erhielt die Beigeladene zu 1. jeweils einen Lehrauftrag für das Unterrichtsfach Philosophie. Ausweislich des zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. abgeschlossenen Vertrages sollten sich Art und Umfang des Auftrags aus Stoffverteilungsunterlagen und Lehrplänen ergeben. Dienstzeit und –ort würden gesondert vereinbart. Die Vergütung betrage EUR 21,18 pro 45-minütiger Unterrichtsstunde. Die Ausführung der Arbeiten erfolge nach Absprache mit dem Auftraggeber in eigener Verantwortung ggf. mit eigenem Personal und eigenen Arbeitsmitteln. Es handele sich nicht um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Bei ggf. vorliegender Scheinselbständigkeit schulde die Beigeladene zu 1. die Rentenversicherungsbeiträge allein.

Bei der Beigeladenen zu 2. war die Beigeladene zu 1. während ihres Lehrauftrages bis 31. März 2008 in der Krankenversicherung der Arbeitslosen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) und ab 1. April 2008 als Studentin nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V krankenversichert. Ihr Rentenversicherungskonto wurde bei der DRV Oldenburg-Bremen geführt. Von dort erfolgte ein Amtshilfeersuchen an die Beklagte, weil nach dortiger Einschätzung eine abhängige Beschäftigung als Philosophielehrerin vorliege. In dem ihr daraufhin von der Beklagten zugesandten Fragebögen gab die Beigeladene zu 1. an, dass sie keine eigenen Arbeitnehmer beschäftige. Sie arbeite acht Stunden pro Woche, außer in den Ferien und an Feiertagen. Sie bekomme Weisungen und befolge diese. Zur Umsetzung könne sie aber nicht gezwungen werden. Sie sei in den Ablauf der Schule eingebunden. Wenn Unterricht ausfalle, erhalte sie kein Honorar. Sie werde zur Pausenaufsicht eingeteilt, führe das Klassenbuch und trage Noten ein. Die Unterrichtszeit werde nach Absprache festgelegt. Die Schule bestimme die Arbeitszeit und –verteilung. Die Teilnahme an Zeugniskonferenzen sei freiwillig, aber notwendig, um die Noten zu rechtfertigen. Über die Ableistung zusätzlicher Vertretungsstunden entscheide sie selbst. Unterrichtsablauf, Notenvergabe und die Durchführung von Prüfungen unterschieden sich nicht von angestellten Lehrern. Der Unterrichtsplan werde festgelegt nach den Wünschen der Lehrer und der möglichen Raumverteilung.

Nach Anhörungsschreiben der Beklagten vom 24. Juni 2009 zur Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. führte die Klägerin an, dass die Beigeladene zu 1. als Promotionsstudentin eingeschrieben sei. Der Lehrplan bezeichne nur den Inhalt des Lehrauftrages, nicht die Art und Weise der Durchführung. Nebenpflichten wie z. B. Pausenaufsichten bestünden nicht. Die Zusammenarbeit mit Kollegen sei der Beigeladenen zu 1. selbstverständlich nicht verboten, werde aber auch nicht angeordnet. Die Arbeitszeiten würden abgesprochen.

Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. August 2009 entsprechend ihrer Anhörung fest, dass die Beigeladene zu 1. bei der Klägerin eine abhängige Beschäftigung ausübe. Sie sei an die Lehrpläne gebunden und habe Nebenpflichten zu erfüllen, wie Pausenaufsicht, Notenvergabe, Klausuraufsicht, Führen des Klassenbuchs und die Teilnahme an Zeugniskonferenzen. Prüfungsaufgaben würden mit dem pädagogischen Leiter abgesprochen. Auch mit anderen Mitarbeitern der Klägerin erfolge eine Zusammenarbeit. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. unterscheide sich nicht von den festangestellten Lehrkräften. Die Schule bestimme außerdem den Stundenplan. Für die Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1. spreche nur, dass sie kein Ausfallhonorar erhalte. Sie sei in die Arbeitsorganisation der Schule eingegliedert.

Dagegen erhob die Klägerin am 27. August 2009 Widerspruch. Die Beigeladene zu 1. habe keine Nebenpflichten. Pausenaufsichten übernehme sie freiwillig. Notenvergabe, das Führen des Klassenbuchs und Klausuraufsicht seien notwendig, um den Auftrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Teilnahme an Zeugniskonferenzen sei betrieblich sinnvoll.

Mit Bescheid vom 15. Februar 2010 stellte die Beklagte ergänzend fest, dass die Beigeladene zu 1. wegen ihrer Beschäftigung bei der Klägerin seit 27. August 2007 der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliege. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2010, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugegangen am 17. Mai 2010, wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Das Vorbringen der Klägerin sei bereits gewürdigt worden. Es ergäbe sich keine andere sozialversicherungsrechtliche Beurteilung.

Dagegen hat die Klägerin am 16. Juni 2010 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen. Bei den Lehrplänen handele es sich um gesetzliche Vorgaben, nicht um Weisungen des Auftraggebers. Es habe mit der Beigeladenen zu 1. keine Absprachen hinsichtlich irgendwelcher Prüfungsaufgaben gegeben. Unterschiede zu festangestellten Lehrkräften seien die Benutzung eigenen Unterrichtsmaterials, die freie Zeitwahl, die Übernahme von Nebenpflichten in nur sehr geringem Umfang, die Abrechnung auf Stundenbasis und die fehlende Verpflichtung, an Schulsprechstunden, Wandertagen und Schulreisen teilzunehmen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 13. August 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 15. Februar 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2010 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. für die Klägerin in der Zeit vom 27. August 2007 bis 20. Juli 2009 nicht sozialversicherungspflichtig in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides.

Mit Beschluss vom 15. November 2011 hat das Gericht sowie die Barmer GEK, die Barmer GEK Pflegekasse und die Bundesagentur für Arbeit beigeladen. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 1. hat mit Schriftsatz vom 3. Januar 2012 und mündlich in der mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2012 zu Art und Umfang ihrer Tätigkeit bei der Klägerin Stellung genommen. Auf den Inhalt des Schriftsatzes und des Sitzungsprotokolls wird insoweit Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen , des stellvertretenden Schulleiters der Klägerin. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18. Oktober 2012 Bezug genommen.

Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und zusammen mit der Prozessakte zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 13. August 2009 in der Gestalt des Bescheides vom 15. Februar 2010 und des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten. Zu Unrecht ging die Beklagte von einer abhängigen Beschäftigung und damit von einer "Beschäftigtenversicherung" (vgl. BSG 4. Juni 2009 – B 12 R 6/08 R, Juris Rdnr. 21) aus. Die Sozialversicherungspflicht setzt grundsätzlich eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) voraus. Das folgt für die Arbeitslosenver-sicherung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, für die gesetzliche Krankenversicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, für die Rentenversicherung aus § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und für die soziale Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI. Nach diesen Vorschriften sind Angestellte oder Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in diesen Versicherungszweigen versicherungspflichtig. Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die streitige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bei der Klägerin nicht vor. Eine "Beschäftigungsversicherung" entfällt mangels Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung. Es ist nicht darüber zu entscheiden, ob die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. einer anderweitigen Versicherungspflicht, z. B. in der Rentenversicherung als selbständig tätige Lehrerin nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI unterlag (vgl. LSG Nds. - Bremen 20. März 2013 – L 2 R 372/12).

Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist die Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für die Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Beschäftigter ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und damit die Unterordnung unter das vor allem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassende Weisungsrecht des Arbeitgebers. Die Beschäftigung setzt eine fremdbezogene Tätigkeit voraus, die Dienstleistung muss also zumindest in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung eines Betriebes aufgehen. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit ist demgegenüber das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungs-möglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und -zeit zu bestimmen.

Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG 24. Jan. 2007 – B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Allerdings geben die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag, wenn sie von dem vertraglichen Willen der Beteiligen abweichen (vgl. BSG, a. a. O.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist. Vorliegend vereinbarten die Klägerin und die Beigeladene zu 1. ausweislich des abgeschlossenen Vertrages unstreitig eine selbständige Tätigkeit. Es wurde ausdrücklich festgehalten, dass die Ausführung der Arbeiten nach Absprache mit dem Auftraggeber in eigener Verantwortung ggf. mit eigenem Personal und eigenen Arbeitsmitteln zu erfolgen habe und es sich nicht um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handele. Die tatsächlichen Verhältnisse, so wie sie sich nach der Beweisaufnahme darstellen, sprechen ebenfalls für eine selbständige Tätigkeit bei der Klägerin.

Die Kriterien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles gegeneinander abzuwägen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Die insoweit von der Beklagten vorgenommene Abwägung ist zu beanstanden. Die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen nicht. Die Tätigkeit eines Lehrers ist aufgrund des speziellen Pflichtversicherungstatbestandes für selbständig tätige Lehrer in § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI grundsätzlich als selbständige Tätigkeit oder als abhängige Beschäftigung möglich (BSG 12. Februar 2004 – B 12 KR 26/02 R, Die Beiträge Beilage 2004, 154). Dabei hat das BSG bereits klargestellt, dass eine Tätigkeit eines Dozenten nicht allein deshalb als abhängige Beschäftigung anzusehen ist, weil der Bildungsträger den äußeren Ablauf der Lehrtätigkeit bestimmt. Denn der Lehrbetrieb kann sowohl in allgemein bildenden Schulen, Hoch- und Fachschulen als auch in Volkshochschulen regelmäßig nur dann sinnvoll vonstatten gehen, wenn die vielfältigen Lehrveranstaltungen in einem Gesamtplan räumlich und zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Allein aus dieser geminderten Autonomie der Lehrer oder aus der Tatsache, dass die Mitwirkung an Prüfungen und die Gestaltung des Unterrichts nach Prüfungserfordernissen erforderlich ist, darf daher nicht auf eine Weisungsgebundenheit der Lehrer geschlossen werden (vgl. BSG, a. a. O.). Entscheidendes Merkmal für eine im Wesentlichen weisungsfreie und damit selbständige Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung, ob bei einem Lehrenden, dem die Ziele seiner Tätigkeit durchaus vorgegeben sein können, jedenfalls die Art und Weise, wie er diese erreicht, seiner eigenen Entscheidung überlassen bleibt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1. bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nach Würdigung der Gesamtumstände als eine selbständige Tätigkeit einzustufen. Denn die Kammer ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beigeladene zu 1. innerhalb des ihr durch die Lehrpläne und den üblichen Schulablauf vorgegebenen Rahmens über die volle Gestaltungsfreiheit bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Unterrichts verfügte. Es war ihrer eigenen pädagogischen Verantwortung überlassen, selbst über die Art und Weise zu entscheiden, wie sie die Zielvorgaben umsetzen wollte. Es stand ihr frei, eigene Unterrichtsmaterialien einzubringen und darüber zu entscheiden, welche Lehrbücher verwandt werden. Der Zeuge hat in der mündlichen Verhandlung am 18. Oktober 2012 für die Kammer glaubhaft ausgesagt, dass die Ausgestaltung des Unterrichts eine Angelegenheit jeden einzelnen Lehrers gewesen sei. Auch ungewöhnlichere Pädagogikformen wären geduldet worden. Die Beigeladene zu 1. hat insoweit angegeben, dass sie zwar Gesprächsangebote des Zeugen zur Ausgestaltung des Unterrichts und dem Inhalt von Klausuren in Anspruch genommen habe. Dies jedoch aus einer anfängerbedingten Unsicherheit heraus. Es habe sich dabei nicht um Weisungen gehandelt. Sowohl die Beigeladene zu 1. als auch der Zeuge haben allerdings angegeben, dass die genannte Gestaltungsfreiheit auch für abhängig beschäftigte Lehrer galt.

Hinzu kommen jedoch weitere Aspekte. Die Beigeladene zu 1. erhielt unstreitig kein Festgehalt, sondern einen Stundenlohn. Sie erhielt kein Ausfallhonorar. Ihre Arbeitszeiten bestimmte sie selbst. Die Beigeladene zu 1. hat dazu erklärt, dass sie damals aufgrund ihres entfernten Wohnortes eine Stundenverteilung auf zwei oder drei Tage wünschte. Dieser Forderung sei die Klägerin nachgekommen. Sie habe sich darauf verlassen können, nicht an anderen als den vereinbarten Tagen eingeteilt zu werden. Sie war auch nicht zur Übernahme anderer als der vereinbarten Unterrichtseinheiten verpflichtet und sie war insbesondere nicht zur Ableistung eines bestimmten Stundenkontingents verpflichtet, in dessen Rahmen die Klägerin sie frei nach dienstlichen Bedürfnissen hätte einsetzen können, wie dies üblicherweise die Verträge von Lehrern an allgemeinbildenden Schulen vorsehen. Eventuell erforderliche Änderungen der Unterrichtszeiten erfolgten nur in Absprache mit der Klägerin. Der Zeuge hat für die Kammer glaubhaft versichert, dass es der Beigeladenen zu 1. freigestanden habe, angebotene Vertretungsstunden und Pausenaufsichten abzulehnen. Zwar hat die Beigeladene zu 1. erklärt, ihr sei diese Ablehnungsmöglichkeit nicht immer ausdrücklich bewusst gewesen. Jedoch ergibt sich aus ihrer Aussage auch, dass sie insoweit mit der Klägerin nicht etwa eine Klärung herbeiführte, sondern Vertretungsstunden und Pausenaufsichten offenbar nach freiem Willen wahrnahm. Der Zeuge hat dazu für die Kammer nachvollziehbar erklärt, dass die Übernahme von Pausenaufsichten von Honorarkräften generell nicht verlangt werde, dass die Beigeladene zu 1. aber eine sehr engagierte Lehrerin gewesen sei, die die Aufsichten wahrgenommen habe, um einen besonderen Kontakt zu den Schülern zu haben. Die abhängig beschäftigten Lehrer demgegenüber müssten notwendig Pausenaufsichten führen und auch Vertretungsstunden ableisten, auch wenn diese nicht auf Tage fielen, an denen die (teilzeitangestellten) Lehrer normalerweise zu arbeiten wünschten.

Schließlich war die Beigeladene zu 1. auch nicht verpflichtet, an Schulveranstaltungen außerhalb des Unterrichts teilzunehmen. Beispielhaft hat die Klägerin eine Einladung zu einer Veranstaltung zur Gestaltung des "Lernbüros" übersandt, die folgenden Text enthält: "Für Kolleginnen und Kollegen im Angestelltenverhältnis handelt es sich hierbei um eine Dienstveranstaltung, frei berufliche Kolleginnen und Kollegen sind herzlich zur Teilnahme eingeladen." Eine weitere Einladung zu einer Konferenz enthält den Hinweis: "Da es sich um eine dienstliche Veranstaltung handelt, bitte ich darum, dass alle Kolleginnen und Kollegen anwesend sind. Kolleginnen und Kollegen im Status einer freien Mitarbeiterschaft sind herzlich eingeladen." Die Klägerin hat versichert, dass derartige Zusätze auch schon im streitigen Zeitraum verwandt wurden. Die Beigeladene zu 1. war daher im Unterschied zu abhängig beschäftigten Lehrern nicht verpflichtet, an Schulveranstaltungen außerhalb des Unterrichts, wie z. B. Konferenzen, Wandertagen oder Klassenfahrten, teilzunehmen. Sofern sie nach eigenem Bekunden eine Teilnahme als selbstverständlich und zur gewissenhaften Ausübung ihres Berufes als erforderlich ansah, ergibt sich daraus gleichwohl keine Verpflichtung. Die Notwendigkeit, Klausuren zu vergeben und Klassenbuch zu führen, schließlich ist ein von der Schule vorgegebener äußerer Rahmen der Lehrveranstaltung (vgl. oben), durch den inhaltlich die pädagogische Gestaltungsfreiheit der Klägerin nicht beeinträchtigt wurde.

Die vorstehend aufgezeigten für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen im Rahmen der gebotenen Gesamtbewertung. Das gewichtigste Kriterium ist dabei die Weisungsfreiheit in dem Sinne, dass der Beigeladenen zu 1. die Ziele ihrer Tätigkeit durchaus vorgegeben waren, nicht aber die Art und Weise, wie sie diese erreichte (vgl. oben). Die Tatsache, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Tätigkeit als Lehrerin kein unternehmerisches Risiko trug, spricht zwar grundsätzlich für eine abhängige Beschäftigung, tritt hier jedoch zurück, da mit dem Lehrerberuf allgemein kein wirtschaftliches Risiko im Sinne größerer Investitionen verbunden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz. Es ist der Auffangstreitwert festzusetzen, da ein wirtschaftlicher Wert der Feststellung der Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. nicht beziffert werden kann.
Rechtskraft
Aus
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