Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 U 4024/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Eine Zurückverweisung an die Verwaltung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann auch durch Gerichtsbescheid erfolgen.
2. Eine Zurückverweisung an die Verwaltung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kommt auch dann in Betracht, wenn der Kläger von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und statt einer kom-binierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erhoben hat.
3. Bereits die Notwendigkeit, ein medizinisches Gutachten ein-zuholen, kann die Aufhebung von Verwaltungsakt und Wider-spruchsbescheid durch das Gericht, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, rechtfertigen.
2. Eine Zurückverweisung an die Verwaltung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kommt auch dann in Betracht, wenn der Kläger von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und statt einer kom-binierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erhoben hat.
3. Bereits die Notwendigkeit, ein medizinisches Gutachten ein-zuholen, kann die Aufhebung von Verwaltungsakt und Wider-spruchsbescheid durch das Gericht, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, rechtfertigen.
Der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2013 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2013 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, nach Durchführung weiterer Sachaufklärung neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 20. November 2012 unter Hinweis auf ver-schiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen die Feststellung des Vorliegens einer Berufskrankheit.
Nachdem die Beklagte Ermittlungen auf medizinischem und arbeitstechnischem Gebiet durchgeführt hatte, erstellte in ihrem Auftrag der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G. unter dem 25. März 2013 ein Gutachten nach Aktenlage. Dr. G. führte u.a. aus, dass Hinweise für eine Bandscheibenschädigung im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht vorlägen. Allerdings seien die ihm vorliegenden Papierabzüge einer Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule vom 17. Oktober 2011 hinsichtlich der Qualität äußerst schlecht, so dass eine Befundung nicht erfolgen könne. Da bislang keine computertomogaphische oder kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden sei, könnten bandscheibenbedingte Schädigungen nicht eindeutig geklärt werden. Hinsichtlich der Halswirbelsäule stützte Dr. G. seine Einschätzung auf eine Kernspintomographie vom 17. Oktober 2008. Es lägen Anhaltspunkte für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV vor, jedoch sollten die beruflichen Voraussetzungen eingehend geprüft werden.
Mit Bescheid vom 26. April 2013 stellte die Beklagte fest, dass beim Kläger keine Berufskrankheit nach Nrn. 2108, 2109 oder 2110 der Anlage 1 zur BKV vorliege, und dass keine Ansprüche auf Leistungen bestünden. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Einwirkungen, denen der Kläger während seiner bisherigen Berufstätigkeit aus-gesetzt gewesen sei, geeignet gewesen seien, eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder 2109 der Anlage 1 der BKV zu verursachen. Denn unabhängig von den unge-klärten arbeitstechnischen Voraussetzungen handele es sich bei seiner Erkrankung im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht um ein typisches belastungskonformes Schadensbild im Sinne dieser Berufskrankheiten. Hinsichtlich der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV habe die Auswertung der Rönt-genaufnahmen ergeben, dass keine altersuntypischen Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule vorlägen.
Hiergegen erhob der Kläger am 2. Mai 2013 Widerspruch, den die Beklagte mit Be-scheid vom 17. Oktober 2013 zurückwies.
Hiergegen richtet sich die am 20. November 2013 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. April 2013 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2013 zu verpflichten, fest-zustellen, dass bei ihm Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage 1 zur BKV vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest.
Das Gericht hat die Beteiligten auf seine Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbe-scheid zu entscheiden und die Sache an die Beklagte zurückzuverweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. Die Beklagte hat sich nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Ge-richts sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.
Die Kammer hat die maßgeblichen Rechtsfragen bereits unter Mitwirkung ehrenamt-licher Richter entschieden (Urteil vom 5. Dezember 2013 – S 15 U 2704/13, juris). Auch der Sachverhalt ist im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG geklärt, da es nach dem Zweck der Vorschrift darauf ankommt, ob zur Entscheidung des Gerichts die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden kann, erforderlich ist. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG verlangt nicht, dass der Sachverhalt in jeder Hinsicht ermittelt ist, sondern er verlangt dies nur, soweit dies für den Inhalt der konkreten Entscheidung erforderlich ist, also Spruchreife besteht (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 SB 197/05, juris, Rn. 28; Bolay, in: Lüdtke [Hrsg.], SGG, 4. Aufl. 2012, § 131 Rn. 32 [in Fußn. 85]; Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte [Hrsg.], SGG, 2. Aufl. 2014, SGG, § 113 Rn. 22 [in Fußn. 90]). Anderenfalls könnten beispielsweise Entscheidungen auf der Grundlage der objektiven Beweislast, bei denen der Sachverhalt trotz Ausschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht vollständig ermittelt ist, nicht durch Gerichtsbescheid entschieden werden, was aber wohl nicht vertreten wird. Der Annahme, dass eine Entscheidung gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG nicht durch Gerichtsbescheid ergehen könnte (in diese Richtung Keller, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 19b m.w.N.; Leitherer, ebenda, § 105 Rn. 7a; wie hier hingegen etwa LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 SB 197/05, juris, Rn. 28; SG Stuttgart, Gerichtsbescheid vom 4. April 2006 – S 6 SB 111/06, juris, Rn. 14; Bolay, in: Lüdtke [Hrsg.], SGG, 4. Aufl. 2012, § 131 Rn. 32 m.w.N.; Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte [Hrsg.], SGG, 2. Aufl. 2014, SGG, § 113 Rn. 22), steht im Übrigen auch der Beschleunigungszweck sowohl des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG, der nicht zuletzt in § 131 Abs. 5 Satz 5 SGG zum Ausdruck kommt, als auch des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG entgegen.
Für die Entscheidung des Gerichts war eine Durchführung der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung der Sachverhaltes nicht geboten, weil auch in einer solchen mündlichen Verhandlung der Sachverhalt nicht in der Weise hätte aufgeklärt werden können, dass statt der Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG eine Entscheidung über das materielle Begehren des Klägers hätte ergehen können.
2. Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Es liegen die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG vor. Darauf, ob die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind, kommt es dabei nicht an (wie hier auch Emmenegger, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2013, § 113 Rn. 146; a. A. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 51, der Rechtswidrigkeit gerade wegen mangelnder Sachverhaltsermittlung annimmt). Da über das Sachbegehren des Klägers nicht entschieden wurde, musste die Klage im Übrigen als unbegründet abgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 – 9 C 45.97, juris, Rn. 11; a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 21).
Gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann das Gericht, wenn es eine weitere Sachauf-klärung für erforderlich hält, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid auf-heben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Be-rücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Dies gilt nach § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsaktes und bei Klagen nach § 54 Abs. 4 SGG; § 131 Abs. 3 SGG ist dabei entsprechend anzuwenden. Eine solche Entscheidung kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen (§ 131 Abs. 5 Satz 5 SGG).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG ist anwendbar. Zwar wurde für § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung angenommen, dass die Norm nur für Anfechtungsklagen gilt (so BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 8 ff.; a. A. etwa LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 4 ff.; SG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 7. März 2007 – S 26 R 289/06, juris, Rn. 15). Jedoch ist § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG jedenfalls durch § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung auch bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen anwendbar. Die Norm ist auch anwendbar bei kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklagen (so auch – schon zu § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG a. F. – LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 46), wie hier eine vorliegt. Dies gilt jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation, in der der Kläger sein Begehren sowohl als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als auch als Anfechtungs- und Feststellungsklage verfolgen kann (vgl. zum Wahlrecht zwischen diesen Klagearten Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 55 Rn. 13c). Ausgehend vom Zweck des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann es für dessen Anwendbarkeit keinen Unterschied machen, welche Klageart der Kläger – im Zweifel eher zufällig – wählt. Die zugunsten des Klägers durch § 55 Abs. 1 SGG eröffnete Möglichkeit, das Bestehen einer Be-rufskrankheit feststellen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R, juris, Rn. 11), sollte nicht dem Gericht die Möglichkeit nehmen, gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG eine Entscheidung zu Lasten des Beklagten zu treffen.
b) Das Gericht hält weitere Sachaufklärung für erforderlich. Für die materielle Ent-scheidung über das Begehren des Klägers auf Anerkennung der Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zu 1 zur BKV sind noch medizinische Ermittlungen im Form der Einholung zumindest eines ärztlichen Gutachtens erforderlich. Bezüglich der die Lendenwirbelsäule betreffenden Berufskrankheiten Nr. 2108 und 2110 der Anlage 1 zur BKV hat der im Verwaltungsverfahren für die Beklagte tätige Gutachter Dr. G. ausdrücklich vermerkt, dass mangels computertomographischer oder kernspintomographischer Untersuchungen bandscheibenbedingte Schädigungen der Lendenwirbelsäule nicht eindeutig geklärt werden könnten. Die Papierabzüge der Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule des Klägers seien aufgrund ihrer schlechten Qualität nicht geeignet für eine Befundung. Dr. G. regte an, zur genaueren Beurteilung die Nativ-Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule aus den Jahren 2004, 2011 und 2013 anzufordern. Gleichwohl hat die Beklagte weitere Ermittlungen nicht durchgeführt, sondern entschieden. Das Gleiche gilt auch für die Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV, die die Halswirbelsäule betrifft. Dr. G. hat ausdrücklich die Einschätzung mitgeteilt, dass Anhaltspunkte für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV vorlägen und die entsprechenden beruflichen Voraussetzungen zu prüfen seien. Auch diesem Hinweis ist die Beklagte nicht weiter nachgegangen.
c) Die noch erforderlichen Ermittlungen sind nach ihrer Art erheblich. Regelmäßig ist bereits die Einholung eine Sachverständigengutachtens erheblich (so auch LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 75 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2012 – L 13 SB 10/12, juris, Rn. 26; wohl auch SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 35; a. A. etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 27; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 48; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 19 m.w.N.), da die Einholung erhebliche Kosten und zeitlichen Aufwand verursacht.
Die Regelung des § 192 Abs. 4 SGG, nach der der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegt werden können, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, steht der Berücksichtigung des finanziellen Aufwandes im Rahmen des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG nicht entgegen (so aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 19; wie hier SG Lübeck, Urteil vom 5. Februar 2010 – S 15 R 428/09, juris, Rn. 20; SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 40). Beide Regelungen sind parallel anwendbar (SG Lübeck, Urteil vom 5. Februar 2010 – S 15 R 428/09, juris, Rn. 20). Es lässt sich entstehungsgeschichtlich nicht nachweisen, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 192 Abs. 4 SGG zum 1. April 2008 die Möglichkeiten nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG einschränken wollte, zumal er erstens den Anwendungsbereich des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG zeitgleich im Gegenteil erweitert hat und zweitens für § 192 Abs. 4 SGG auch neben § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG ein weiter Anwendungsbereich schon deswegen besteht, weil eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG nur innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 131 Abs. 5 Satz 5 SGG erfolgen kann.
Mit Blick auf den zeitlichen Aufwand für die Einholung eines Sachverständigengut-achtens ist zudem das am 3. Dezember 2011 in Kraft getretene Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsver-fahren vom 24. November 2011 (BGBl. I 2302) von Bedeutung. Die hierdurch einge-führten Regelungen im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) – §§ 198 bis 201 GVG – sind nach § 202 Satz 2 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden. Da nicht nur wegen Art. 19 Abs. 4 GG, sondern auch wegen dieses Gesetzes die Gerichte angehalten sind, die gerichtlichen Verfahren zügig durchzuführen, sind sie auch gehalten, die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht durch Sachverhaltsermittlungen zu verlängern, die eigentlich der Behörde obliegen. Somit streitet auch diese Rechtsentwicklung für eine Anwendung des § 131 Abs. 1 Satz 1 SGG in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Behörde keine ausreichenden Sachverständigengutachten eingeholt hat.
Der hier vertretenen Auffassung lässt sich auch nicht das Urteil des 5. Senats des Bundessozialgerichts vom 17. April 2007 entgegenhalten. Dort hat das Bundessozi-algericht zwar zu der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG in nicht die Entscheidung tragenden Passagen ausgeführt, dass dessen Anwendung strengen Voraussetzungen unterliege und dessen Tatbestandsvoraus-setzungen nur als erfüllt anzusehen seien, wenn die Behörde nach personeller und sachlicher Ausstattung die für erheblich und erforderlich gehaltenen Ermittlungen besser bzw. rascher durchführen kann als das Gericht (BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 20). Der Gesetzgeber müsse daher die Anwendung der Regelung von deutlich weniger strengen Voraussetzungen abhängig machen, wenn er den Sozialgerichten ein effizientes Instrument zur Entlastung und Beschleunigung der Verfahren zur Verfügung stellen sowie eine unerwünschte Verlagerung der zunächst den Behörden obliegenden Amtsermittlung in das Gerichtsverfahren verhindern wolle (BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 20).
Indes lassen sich derart strenge Voraussetzungen dem Wortlaut des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG gerade nicht entnehmen. Daher ist auch nicht recht klar, in welcher Weise der Gesetzgeber, der ja nur Zugriff auf den Wortlaut der Normen hat, noch deutlicher machen sollte, dass § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG über den Wortlaut hinaus keine strengeren Anforderungen stellt.
Im Übrigen spricht aber auch der Umstand, dass der Gesetzgeber den Anwendungs-bereich des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG durch seine Änderung zum 1. April 2008 bzw. die Einfügung des § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 auf Verpflichtungs- und (allgemeine) Leistungsklagen erweitert hat, gegen die Normdeutung des 5. Senats des Bundessozialgerichts in der zitierten Entscheidung. Würde der Gesetzgeber die Auffassung teilen, dass § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG aufgrund strenger Tatbestandsvoraussetzungen nur selten angewendet werden kann, hätte die Änderung bloß des Anwendungsbereiches sein Ziel, die Sozialgerichte "nachhaltig zu entlasten" (Begründung des Gesetzentwurfes auf BT-Drucks. 16/7716, S. 1), nicht erreichen können. Dass der Gesetzgeber gleichwohl den formellen Anwendungsbereich der Norm erweitert hat, streitet dafür, dass er der Regelung auch ansonsten einen relevanten Anwendungsbereich beimisst und nicht von engen Tatbestandsvoraussetzungen ausgeht (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2012 – L 13 SB 10/12, juris, Rn. 26). Daher sind die strengen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an die Gesetzesmaterialien zu § 113 Abs. 3 VwGO zur reinen Anfechtungsklagenkonstellation insofern zu Recht angenommen hat (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 – 9 C 2/02, juris, Rn. 31 unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/7030, S. 30) und an die wiederum das Bundessozialgericht in der erwähnten Entscheidung angeknüpft hat (BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 20), jedenfalls im sozialgerichtlichen Verfahren durch die weitere Entwicklung überholt: Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber den formellen Anwendungsbereich eines ansonsten weitgehend leerlaufenden Instrumentes erweitern wollte (ähnlich SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 36). Soweit in der Rechtsprechung aus dem Handeln des Gesetzgebers bzw. aus dessen Verzicht auf eine Änderung der materiellen Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG darauf geschlossen wird, dass der Gesetzgeber die restriktive Auffassung des 5. Senats des Bundessozialgerichts akzeptiert und in Kauf genommen habe, dass sich ein wesentlich breiterer Anwendungsbereich praktisch nicht eröffne (so LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 26), überzeugt dies nicht. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, auf Entscheidungen der Gerichte zu reagieren, zumal wenn es sich lediglich um nicht tragende Erwägungen eines einzelnen Senats eines obersten Gerichtshofs des Bundes handelt (vgl. zur eingeschränkten Reichweite gerichtlicher Entscheidungen BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a., juris, Rn. 79 f.).
Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass neben der Einholung zumindest eines medizinischen Gutachtens ggf. noch Ermittlungen zu den arbeitstechnischen Vo-raussetzungen erforderlich sind. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung können derartige Ermittlungen aufgrund der technischen Kenntnisse ihrer Präventionsdienst ohnehin besser und rascher durchführen als das Gericht.
d) Die Aufhebung der angegriffenen Bescheide ohne Entscheidung in der Sache selbst ist auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich. Unabhängig davon, ob dem Gericht bereits durch die Formulierung "kann" in § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG Ermessen eingeräumt ist (so LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 54; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 22, und wohl auch Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 131 Rn. 50) oder ob es sich dabei um ein Kompetenz-Kann handelt (so Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 18b), verlangt jedenfalls der Sache nach die Berücksichtigung der Belange der Beteiligten eine Ermessens-ausübung des Gerichts (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 49).
Hierbei ist insbesondere das Interesse des Klägers an einer raschen Entscheidung über sein materielles Begehren zu berücksichtigen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2012 – L 13 SB 10/12, juris, Rn. 28). Dass dieses Interesse indes nicht absolut ist, folgt schon aus der Regelung des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG selbst. Sie liefe leer, wenn stets die schnelle gerichtliche Entscheidung in der Sache Priorität genießen würde. Im Übrigen ist mit der Zurückverweisung an die Verwaltung auch nicht zwingend eine Verfahrensverzögerung verbunden. Da das Ergebnis der weiteren Sachverhaltsaufklärung offen ist, ist die Möglichkeit, dass das neu eröffnete Verwaltungsverfahren zu Gunsten des Klägers endet, genauso wahrscheinlich wie die Möglichkeit eines für ihn negativen Ausganges. Aber selbst im letzteren Fall ist eine insgesamt längere Verfahrensdauer durch ein erneutes gerichtliches Verfahren nicht zwangsläufig, weil Umstände und Ergebnis der Sachverhaltsermittlung durch die Beklagte auch auf Seiten des Klägers zur Akzeptanz einer negativen Entscheidung führen könnte. Belange des Klägers stehen der Zurückverweisung an die Beklagte also letztlich nicht entgegen. Der Kläger hat im konkreten Fall im Übrigen der Zurückverweisung in Reaktion auf den gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 3. April 2014 am 11. April 2014 sowohl im Wege eines Vergleiches als auch als Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung zugestimmt.
Bei der Abwägung der Belange insbesondere der Beklagten, die kein Interesse hat, die Aufwand und Kosten verursachende Sachverhaltsermittlung durchzuführen, ist auch der Zweck der Regelung des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG zu berücksichtigen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Regelung dem Gericht zeit- und kostenintensive Ermittlungen ersparen, die eigentlich der Behörde obliegen, weil nach Beobachtungen der Praxis die erforderliche Sachverhaltsaufklärung von den Verwaltungsbehörden zum Teil unterlassen werde, was zu einer sachwidrigen Aufwandsverlagerung auf die Gerichte geführt habe (so Begründung des Gesetzentwurfes auf BT-Drucks. 15/1508, S. 29). Da es sich vorliegend nach dem oben Dargelegten um nahezu exakt die Konstellation handelt, die der Gesetzgeber im Blick hatte, ist dies im Rahmen der Ermessensausübung als Gesichtspunkt für die Zurückverweisung zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund sprach aus Sicht der Kammer mehr für eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG als für eine Fortführung des gerichtlichen Verfahrens und weitere Sachverhaltsermittlung durch das Gericht.
e) Die Frist des § 131 Abs. 5 Satz 5 SGG ist gewahrt. Die Akten der Beklagten sind beim Gericht am 9. Dezember 2013 eingegangen. Bis zur Entscheidung des Gerichts am 9. Mai 2014 sind damit nur fünf Monate vergangen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Zwar hat der Kläger mit seinem Klagebegehren in der Sache nicht obsiegt, sondern lediglich die Zurück-verweisung an die Beklagte erreicht; da dieser Umstand aber von der Beklagten zu vertreten ist, ist die Kammer nunmehr der Auffassung, dass dies bei der Kostenent-scheidung nicht zu Lasten des Klägers gehen darf. Die Beklagte hat daher die Kosten des Klägers dem Grunde nach vollständig zu tragen (ebenso SG Berlin, Ge-richtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 43; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 51; anders noch Urteil der Kammer vom 5. Dezember 2013 – S 15 U 2704/13, juris, Rn. 36).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 20. November 2012 unter Hinweis auf ver-schiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen die Feststellung des Vorliegens einer Berufskrankheit.
Nachdem die Beklagte Ermittlungen auf medizinischem und arbeitstechnischem Gebiet durchgeführt hatte, erstellte in ihrem Auftrag der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. G. unter dem 25. März 2013 ein Gutachten nach Aktenlage. Dr. G. führte u.a. aus, dass Hinweise für eine Bandscheibenschädigung im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht vorlägen. Allerdings seien die ihm vorliegenden Papierabzüge einer Röntgenuntersuchung der Lendenwirbelsäule vom 17. Oktober 2011 hinsichtlich der Qualität äußerst schlecht, so dass eine Befundung nicht erfolgen könne. Da bislang keine computertomogaphische oder kernspintomographische Untersuchung der Lendenwirbelsäule durchgeführt worden sei, könnten bandscheibenbedingte Schädigungen nicht eindeutig geklärt werden. Hinsichtlich der Halswirbelsäule stützte Dr. G. seine Einschätzung auf eine Kernspintomographie vom 17. Oktober 2008. Es lägen Anhaltspunkte für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV vor, jedoch sollten die beruflichen Voraussetzungen eingehend geprüft werden.
Mit Bescheid vom 26. April 2013 stellte die Beklagte fest, dass beim Kläger keine Berufskrankheit nach Nrn. 2108, 2109 oder 2110 der Anlage 1 zur BKV vorliege, und dass keine Ansprüche auf Leistungen bestünden. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Einwirkungen, denen der Kläger während seiner bisherigen Berufstätigkeit aus-gesetzt gewesen sei, geeignet gewesen seien, eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder 2109 der Anlage 1 der BKV zu verursachen. Denn unabhängig von den unge-klärten arbeitstechnischen Voraussetzungen handele es sich bei seiner Erkrankung im Bereich der Lendenwirbelsäule nicht um ein typisches belastungskonformes Schadensbild im Sinne dieser Berufskrankheiten. Hinsichtlich der Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV habe die Auswertung der Rönt-genaufnahmen ergeben, dass keine altersuntypischen Verschleißerscheinungen der Halswirbelsäule vorlägen.
Hiergegen erhob der Kläger am 2. Mai 2013 Widerspruch, den die Beklagte mit Be-scheid vom 17. Oktober 2013 zurückwies.
Hiergegen richtet sich die am 20. November 2013 erhobene Klage.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 26. April 2013 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2013 zu verpflichten, fest-zustellen, dass bei ihm Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage 1 zur BKV vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest.
Das Gericht hat die Beteiligten auf seine Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbe-scheid zu entscheiden und die Sache an die Beklagte zurückzuverweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Kläger hat sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. Die Beklagte hat sich nicht geäußert.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Ge-richts sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.
Die Kammer hat die maßgeblichen Rechtsfragen bereits unter Mitwirkung ehrenamt-licher Richter entschieden (Urteil vom 5. Dezember 2013 – S 15 U 2704/13, juris). Auch der Sachverhalt ist im Sinne des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG geklärt, da es nach dem Zweck der Vorschrift darauf ankommt, ob zur Entscheidung des Gerichts die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der der Sachverhalt weiter aufgeklärt werden kann, erforderlich ist. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG verlangt nicht, dass der Sachverhalt in jeder Hinsicht ermittelt ist, sondern er verlangt dies nur, soweit dies für den Inhalt der konkreten Entscheidung erforderlich ist, also Spruchreife besteht (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 SB 197/05, juris, Rn. 28; Bolay, in: Lüdtke [Hrsg.], SGG, 4. Aufl. 2012, § 131 Rn. 32 [in Fußn. 85]; Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte [Hrsg.], SGG, 2. Aufl. 2014, SGG, § 113 Rn. 22 [in Fußn. 90]). Anderenfalls könnten beispielsweise Entscheidungen auf der Grundlage der objektiven Beweislast, bei denen der Sachverhalt trotz Ausschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht vollständig ermittelt ist, nicht durch Gerichtsbescheid entschieden werden, was aber wohl nicht vertreten wird. Der Annahme, dass eine Entscheidung gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG nicht durch Gerichtsbescheid ergehen könnte (in diese Richtung Keller, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 19b m.w.N.; Leitherer, ebenda, § 105 Rn. 7a; wie hier hingegen etwa LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 SB 197/05, juris, Rn. 28; SG Stuttgart, Gerichtsbescheid vom 4. April 2006 – S 6 SB 111/06, juris, Rn. 14; Bolay, in: Lüdtke [Hrsg.], SGG, 4. Aufl. 2012, § 131 Rn. 32 m.w.N.; Wolff-Dellen, in: Breitkreuz/Fichte [Hrsg.], SGG, 2. Aufl. 2014, SGG, § 113 Rn. 22), steht im Übrigen auch der Beschleunigungszweck sowohl des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG, der nicht zuletzt in § 131 Abs. 5 Satz 5 SGG zum Ausdruck kommt, als auch des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG entgegen.
Für die Entscheidung des Gerichts war eine Durchführung der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung der Sachverhaltes nicht geboten, weil auch in einer solchen mündlichen Verhandlung der Sachverhalt nicht in der Weise hätte aufgeklärt werden können, dass statt der Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG eine Entscheidung über das materielle Begehren des Klägers hätte ergehen können.
2. Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Es liegen die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG vor. Darauf, ob die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind, kommt es dabei nicht an (wie hier auch Emmenegger, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2013, § 113 Rn. 146; a. A. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 51, der Rechtswidrigkeit gerade wegen mangelnder Sachverhaltsermittlung annimmt). Da über das Sachbegehren des Klägers nicht entschieden wurde, musste die Klage im Übrigen als unbegründet abgewiesen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1998 – 9 C 45.97, juris, Rn. 11; a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 21).
Gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann das Gericht, wenn es eine weitere Sachauf-klärung für erforderlich hält, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid auf-heben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Be-rücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Dies gilt nach § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsaktes und bei Klagen nach § 54 Abs. 4 SGG; § 131 Abs. 3 SGG ist dabei entsprechend anzuwenden. Eine solche Entscheidung kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen (§ 131 Abs. 5 Satz 5 SGG).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
a) § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG ist anwendbar. Zwar wurde für § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung angenommen, dass die Norm nur für Anfechtungsklagen gilt (so BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 8 ff.; a. A. etwa LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 4 ff.; SG Düsseldorf, Gerichtsbescheid vom 7. März 2007 – S 26 R 289/06, juris, Rn. 15). Jedoch ist § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG jedenfalls durch § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG in der hier anzuwendenden, seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung auch bei kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen anwendbar. Die Norm ist auch anwendbar bei kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklagen (so auch – schon zu § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG a. F. – LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 46), wie hier eine vorliegt. Dies gilt jedenfalls in der hier gegebenen Konstellation, in der der Kläger sein Begehren sowohl als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage als auch als Anfechtungs- und Feststellungsklage verfolgen kann (vgl. zum Wahlrecht zwischen diesen Klagearten Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 55 Rn. 13c). Ausgehend vom Zweck des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann es für dessen Anwendbarkeit keinen Unterschied machen, welche Klageart der Kläger – im Zweifel eher zufällig – wählt. Die zugunsten des Klägers durch § 55 Abs. 1 SGG eröffnete Möglichkeit, das Bestehen einer Be-rufskrankheit feststellen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 – B 2 U 30/07 R, juris, Rn. 11), sollte nicht dem Gericht die Möglichkeit nehmen, gemäß § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG eine Entscheidung zu Lasten des Beklagten zu treffen.
b) Das Gericht hält weitere Sachaufklärung für erforderlich. Für die materielle Ent-scheidung über das Begehren des Klägers auf Anerkennung der Berufskrankheiten nach Nrn. 2108, 2109 und 2110 der Anlage zu 1 zur BKV sind noch medizinische Ermittlungen im Form der Einholung zumindest eines ärztlichen Gutachtens erforderlich. Bezüglich der die Lendenwirbelsäule betreffenden Berufskrankheiten Nr. 2108 und 2110 der Anlage 1 zur BKV hat der im Verwaltungsverfahren für die Beklagte tätige Gutachter Dr. G. ausdrücklich vermerkt, dass mangels computertomographischer oder kernspintomographischer Untersuchungen bandscheibenbedingte Schädigungen der Lendenwirbelsäule nicht eindeutig geklärt werden könnten. Die Papierabzüge der Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule des Klägers seien aufgrund ihrer schlechten Qualität nicht geeignet für eine Befundung. Dr. G. regte an, zur genaueren Beurteilung die Nativ-Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule aus den Jahren 2004, 2011 und 2013 anzufordern. Gleichwohl hat die Beklagte weitere Ermittlungen nicht durchgeführt, sondern entschieden. Das Gleiche gilt auch für die Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV, die die Halswirbelsäule betrifft. Dr. G. hat ausdrücklich die Einschätzung mitgeteilt, dass Anhaltspunkte für eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV vorlägen und die entsprechenden beruflichen Voraussetzungen zu prüfen seien. Auch diesem Hinweis ist die Beklagte nicht weiter nachgegangen.
c) Die noch erforderlichen Ermittlungen sind nach ihrer Art erheblich. Regelmäßig ist bereits die Einholung eine Sachverständigengutachtens erheblich (so auch LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 75 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2012 – L 13 SB 10/12, juris, Rn. 26; wohl auch SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 35; a. A. etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 27; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 48; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 19 m.w.N.), da die Einholung erhebliche Kosten und zeitlichen Aufwand verursacht.
Die Regelung des § 192 Abs. 4 SGG, nach der der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegt werden können, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, steht der Berücksichtigung des finanziellen Aufwandes im Rahmen des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG nicht entgegen (so aber Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 19; wie hier SG Lübeck, Urteil vom 5. Februar 2010 – S 15 R 428/09, juris, Rn. 20; SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 40). Beide Regelungen sind parallel anwendbar (SG Lübeck, Urteil vom 5. Februar 2010 – S 15 R 428/09, juris, Rn. 20). Es lässt sich entstehungsgeschichtlich nicht nachweisen, dass der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 192 Abs. 4 SGG zum 1. April 2008 die Möglichkeiten nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG einschränken wollte, zumal er erstens den Anwendungsbereich des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG zeitgleich im Gegenteil erweitert hat und zweitens für § 192 Abs. 4 SGG auch neben § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG ein weiter Anwendungsbereich schon deswegen besteht, weil eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG nur innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 131 Abs. 5 Satz 5 SGG erfolgen kann.
Mit Blick auf den zeitlichen Aufwand für die Einholung eines Sachverständigengut-achtens ist zudem das am 3. Dezember 2011 in Kraft getretene Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsver-fahren vom 24. November 2011 (BGBl. I 2302) von Bedeutung. Die hierdurch einge-führten Regelungen im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) – §§ 198 bis 201 GVG – sind nach § 202 Satz 2 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden. Da nicht nur wegen Art. 19 Abs. 4 GG, sondern auch wegen dieses Gesetzes die Gerichte angehalten sind, die gerichtlichen Verfahren zügig durchzuführen, sind sie auch gehalten, die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht durch Sachverhaltsermittlungen zu verlängern, die eigentlich der Behörde obliegen. Somit streitet auch diese Rechtsentwicklung für eine Anwendung des § 131 Abs. 1 Satz 1 SGG in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Behörde keine ausreichenden Sachverständigengutachten eingeholt hat.
Der hier vertretenen Auffassung lässt sich auch nicht das Urteil des 5. Senats des Bundessozialgerichts vom 17. April 2007 entgegenhalten. Dort hat das Bundessozi-algericht zwar zu der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG in nicht die Entscheidung tragenden Passagen ausgeführt, dass dessen Anwendung strengen Voraussetzungen unterliege und dessen Tatbestandsvoraus-setzungen nur als erfüllt anzusehen seien, wenn die Behörde nach personeller und sachlicher Ausstattung die für erheblich und erforderlich gehaltenen Ermittlungen besser bzw. rascher durchführen kann als das Gericht (BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 20). Der Gesetzgeber müsse daher die Anwendung der Regelung von deutlich weniger strengen Voraussetzungen abhängig machen, wenn er den Sozialgerichten ein effizientes Instrument zur Entlastung und Beschleunigung der Verfahren zur Verfügung stellen sowie eine unerwünschte Verlagerung der zunächst den Behörden obliegenden Amtsermittlung in das Gerichtsverfahren verhindern wolle (BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 20).
Indes lassen sich derart strenge Voraussetzungen dem Wortlaut des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG gerade nicht entnehmen. Daher ist auch nicht recht klar, in welcher Weise der Gesetzgeber, der ja nur Zugriff auf den Wortlaut der Normen hat, noch deutlicher machen sollte, dass § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG über den Wortlaut hinaus keine strengeren Anforderungen stellt.
Im Übrigen spricht aber auch der Umstand, dass der Gesetzgeber den Anwendungs-bereich des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG durch seine Änderung zum 1. April 2008 bzw. die Einfügung des § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG mit Wirkung zum 1. Januar 2009 auf Verpflichtungs- und (allgemeine) Leistungsklagen erweitert hat, gegen die Normdeutung des 5. Senats des Bundessozialgerichts in der zitierten Entscheidung. Würde der Gesetzgeber die Auffassung teilen, dass § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG aufgrund strenger Tatbestandsvoraussetzungen nur selten angewendet werden kann, hätte die Änderung bloß des Anwendungsbereiches sein Ziel, die Sozialgerichte "nachhaltig zu entlasten" (Begründung des Gesetzentwurfes auf BT-Drucks. 16/7716, S. 1), nicht erreichen können. Dass der Gesetzgeber gleichwohl den formellen Anwendungsbereich der Norm erweitert hat, streitet dafür, dass er der Regelung auch ansonsten einen relevanten Anwendungsbereich beimisst und nicht von engen Tatbestandsvoraussetzungen ausgeht (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2012 – L 13 SB 10/12, juris, Rn. 26). Daher sind die strengen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an die Gesetzesmaterialien zu § 113 Abs. 3 VwGO zur reinen Anfechtungsklagenkonstellation insofern zu Recht angenommen hat (BVerwG, Urteil vom 18. November 2002 – 9 C 2/02, juris, Rn. 31 unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/7030, S. 30) und an die wiederum das Bundessozialgericht in der erwähnten Entscheidung angeknüpft hat (BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 20), jedenfalls im sozialgerichtlichen Verfahren durch die weitere Entwicklung überholt: Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber den formellen Anwendungsbereich eines ansonsten weitgehend leerlaufenden Instrumentes erweitern wollte (ähnlich SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 36). Soweit in der Rechtsprechung aus dem Handeln des Gesetzgebers bzw. aus dessen Verzicht auf eine Änderung der materiellen Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG darauf geschlossen wird, dass der Gesetzgeber die restriktive Auffassung des 5. Senats des Bundessozialgerichts akzeptiert und in Kauf genommen habe, dass sich ein wesentlich breiterer Anwendungsbereich praktisch nicht eröffne (so LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 26), überzeugt dies nicht. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, auf Entscheidungen der Gerichte zu reagieren, zumal wenn es sich lediglich um nicht tragende Erwägungen eines einzelnen Senats eines obersten Gerichtshofs des Bundes handelt (vgl. zur eingeschränkten Reichweite gerichtlicher Entscheidungen BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a., juris, Rn. 79 f.).
Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass neben der Einholung zumindest eines medizinischen Gutachtens ggf. noch Ermittlungen zu den arbeitstechnischen Vo-raussetzungen erforderlich sind. Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung können derartige Ermittlungen aufgrund der technischen Kenntnisse ihrer Präventionsdienst ohnehin besser und rascher durchführen als das Gericht.
d) Die Aufhebung der angegriffenen Bescheide ohne Entscheidung in der Sache selbst ist auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich. Unabhängig davon, ob dem Gericht bereits durch die Formulierung "kann" in § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG Ermessen eingeräumt ist (so LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 54; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 22, und wohl auch Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 131 Rn. 50) oder ob es sich dabei um ein Kompetenz-Kann handelt (so Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 131 Rn. 18b), verlangt jedenfalls der Sache nach die Berücksichtigung der Belange der Beteiligten eine Ermessens-ausübung des Gerichts (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 49).
Hierbei ist insbesondere das Interesse des Klägers an einer raschen Entscheidung über sein materielles Begehren zu berücksichtigen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2012 – L 13 SB 10/12, juris, Rn. 28). Dass dieses Interesse indes nicht absolut ist, folgt schon aus der Regelung des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG selbst. Sie liefe leer, wenn stets die schnelle gerichtliche Entscheidung in der Sache Priorität genießen würde. Im Übrigen ist mit der Zurückverweisung an die Verwaltung auch nicht zwingend eine Verfahrensverzögerung verbunden. Da das Ergebnis der weiteren Sachverhaltsaufklärung offen ist, ist die Möglichkeit, dass das neu eröffnete Verwaltungsverfahren zu Gunsten des Klägers endet, genauso wahrscheinlich wie die Möglichkeit eines für ihn negativen Ausganges. Aber selbst im letzteren Fall ist eine insgesamt längere Verfahrensdauer durch ein erneutes gerichtliches Verfahren nicht zwangsläufig, weil Umstände und Ergebnis der Sachverhaltsermittlung durch die Beklagte auch auf Seiten des Klägers zur Akzeptanz einer negativen Entscheidung führen könnte. Belange des Klägers stehen der Zurückverweisung an die Beklagte also letztlich nicht entgegen. Der Kläger hat im konkreten Fall im Übrigen der Zurückverweisung in Reaktion auf den gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 3. April 2014 am 11. April 2014 sowohl im Wege eines Vergleiches als auch als Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung zugestimmt.
Bei der Abwägung der Belange insbesondere der Beklagten, die kein Interesse hat, die Aufwand und Kosten verursachende Sachverhaltsermittlung durchzuführen, ist auch der Zweck der Regelung des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG zu berücksichtigen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Regelung dem Gericht zeit- und kostenintensive Ermittlungen ersparen, die eigentlich der Behörde obliegen, weil nach Beobachtungen der Praxis die erforderliche Sachverhaltsaufklärung von den Verwaltungsbehörden zum Teil unterlassen werde, was zu einer sachwidrigen Aufwandsverlagerung auf die Gerichte geführt habe (so Begründung des Gesetzentwurfes auf BT-Drucks. 15/1508, S. 29). Da es sich vorliegend nach dem oben Dargelegten um nahezu exakt die Konstellation handelt, die der Gesetzgeber im Blick hatte, ist dies im Rahmen der Ermessensausübung als Gesichtspunkt für die Zurückverweisung zu berücksichtigen.
Vor diesem Hintergrund sprach aus Sicht der Kammer mehr für eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG als für eine Fortführung des gerichtlichen Verfahrens und weitere Sachverhaltsermittlung durch das Gericht.
e) Die Frist des § 131 Abs. 5 Satz 5 SGG ist gewahrt. Die Akten der Beklagten sind beim Gericht am 9. Dezember 2013 eingegangen. Bis zur Entscheidung des Gerichts am 9. Mai 2014 sind damit nur fünf Monate vergangen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Zwar hat der Kläger mit seinem Klagebegehren in der Sache nicht obsiegt, sondern lediglich die Zurück-verweisung an die Beklagte erreicht; da dieser Umstand aber von der Beklagten zu vertreten ist, ist die Kammer nunmehr der Auffassung, dass dies bei der Kostenent-scheidung nicht zu Lasten des Klägers gehen darf. Die Beklagte hat daher die Kosten des Klägers dem Grunde nach vollständig zu tragen (ebenso SG Berlin, Ge-richtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 43; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 113 Rn. 51; anders noch Urteil der Kammer vom 5. Dezember 2013 – S 15 U 2704/13, juris, Rn. 36).
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