S 4 U 1357/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1357/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wurden konkrete Untersuchungen zum Vorliegen einer Legionellen-Gefahr durch eine Infektionsquelle nur im privaten Umfeld des Versicherten und nicht am Arbeitsplatz durchgeführt, kann dies zu einem Beweisnotstand führen, der eine wesentliche Erleichterung der Feststellungslast rechtfertigt.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 25.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 wird aufge-hoben. Die Beklagte wird verurteilt, die Legionellen-Erkrankung des bei ihr versicherten Ehemanns der Klägerin als Be-rufskrankheit nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufs-krankheitenverordnung anzuerkennen. 2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klä-gerin.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) bzw. eines Ar-beitsunfalls im Streit.

Der am geborene Versicherte war im Jahr 2014 als Kundentechniker für seinen Arbeitge-ber D. unter anderem in Gent/Belgien unterwegs, wobei er in zwei Hotels übernachtete. Am 18.09.2014 teilte der Arbeitgeber mit, dass der Versicherte auf seiner Dienstreise an Legionellen erkrankt und deswegen seit dem 26.08.2014 im Krankenhaus sei.

Die Aufenthalte, Arbeitseinsätze und Übernachtungen des Versicherten vor der Feststellung seiner Erkrankung waren wie folgt: 02.08.-15.08.2014 Firma V./Gent; Übernachtungen vom 02.08. bis 09.08.2014 im Hotel J., ab dem 10.08.2014 im Hotel Y. in Gent; Abreise nach Hause am 15.08. 16.08.-17-08.2014 Firma X./ ; Übernachtungen zuhause 18.08.2014 Firma D. / (Arbeitgeber); Übernachtung zuhause 19.08.-21.08.2014 Freizeit; Übernachtungen zuhause 22.08.2014 Anreise nach Belgien 23.08.-25.08.2014 Firma V./Gent; Übernachtung im Hotel Y. in Gent 26.08.2014 Abreise nach Hause ab 26.08.2014 Intensivstation Krankenhaus M.

Der Versicherte teilte hierzu mit, dass die Erkrankung sich erstmalig am 26.08.2014 bemerkbar gemacht habe, als er sich bei der Fa. Z. in Gent zu einer Inbetriebnahme befunden habe. Die Klägerin (Ehefrau des Versicherten) ergänzte hierzu, dass ihr Mann in der Nacht vom 24.08. auf den 25.08.2014 durchgearbeitet habe und danach um 9.00 Uhr morgens auf der Rückfahrt zum Hotel bei ihr angerufen habe. Ihr Mann habe die Angewohnheit, bei Müdigkeit entweder das Gesicht direkt unter das laufende warme Wasser zu halten bzw. sich Wasser mit den Händen schaufelartig in sein Gesicht, seinen Mund und seine Nase zu sprit-zen, um gerade bei Nacht wieder munter zu werden.

Der Versicherte befand sich ab dem 26.08.2015 auf der Intensivstation des Krankenhauses M., ab dem 28.08.2014 auf der Intensivstation des Klinikums L. und ab dem 25.09.2014 er-neut auf der Intensivstation des Krankenhauses M. Dort ist er am 12.11.2014 verstorben. Im Bericht des Krankenhauses M. vom 12.11.2014 wurde mitgeteilt, dass sich trotz Prophylaxe ohne erkennbare Klinik ein thrombotisches Material gebildet haben müsse, welches zu einer fulminanten Lungenembolie mit plötzlichem Herz-Kreislaufgeschehen geführt habe, aus welchem der Versicherte trotz intensivster Reanimationsbemühungen nicht herauszuholen gewesen sei.

Auf Nachfrage der Beklagten beim Arbeitgeber wurde mitgeteilt, dass während des Aus-landsaufenthaltes des Versicherten vom 28.07. bis 30.08.2014 in Gent Heimfahrten am 31.07., 15.08. und 26.08.2014 durchgeführt worden seien. Der Versicherte sei der Bauleiter vor Ort bzw. der Projektleiter und die verantwortliche Person für Belgien gewesen. Aus be-trieblicher Sicht habe sich für den Versicherten durch seine berufliche Tätigkeit am Entsen-dungsort kein erhöhtes Infektionsrisiko ergeben. Als Namen weiterer Mitarbeiter auf der Baustelle des Arbeitgebers bei der Fa. Z. in Gent wurden die Kollegen W., S. und Z. mitge-teilt.

Die Präventionsbedienstete A. der Beklagten führte in ihrer Stellungnahme vom 09.03.2015 aus, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass der Versicherte während des Montageeinsatzes bei der Fa. Z. in Gent einem erhöhten Risiko einer Legionelleninfektion ausgesetzt gewesen sei. Im Rahmen des Einsatzes bei der Fa. Z. in Gent habe der Versicherte den Auftrag ge-habt, eine bestehende ca. 20 Jahre alte Vorbehandlungsanlage (Phosphatieranlage) zu modifizieren. Die Anlage bestehe aus insgesamt 11 Bädern, darunter mehrere Tauchbäder (Volumen bis zu 200 m³) sowie Sprühbäder (Volumen 30 m³). Die Vorbehandlungsanlage sei in der Regel gekapselt, so dass die Wasserdämpfe innerhalb der Anlage abgesaugt würden und nicht nach außen dringen könnten. Im Rahmen der Inbetriebnahme komme es jedoch regelmäßig vor, dass der Inbetriebnehmer die Anlage betreten müsse, um Justier- und Kontrollarbeiten zu verrichten. Durch die Sprühbäder komme es in der Anlage zu einer erhöhten Exposition gegenüber Wasseraerosolen und -dämpfen. Der Versicherte sei bis ca. 06.08.2014 mit der Inbetriebnahme beschäftigt gewesen, ab etwa dem 07.08. sei die Anlage dann in Produktion genommen worden. Ab diesem Zeitpunkt sei dann auch mit einer Temperatur von mindestens 55° Celsius unter Zugabe des alkalischen Reinigungsmediums der Betrieb erfolgt. Zuvor sei die Anlage mit kaltem Frischwasser betrieben worden. Die Bäder seien nach Aussage der Fa. Z. vor der Inbetriebnahme und dem Befüllen mit Frischwasser am 02.08.2014 chemisch gereinigt worden. Aufgrund des Erkrankungsfalles habe die Fa. Z. in Gent am 05.09.2014 Analysen von Proben der Prozessbäder durchgeführt, in denen keine Legionellen hätten nachgewiesen werden können. Zudem habe die Fa. Z. angegeben, dass ein Legionellen-Management durchgeführt werde, welches das Vorkommen von Legionellen in den Prozesswässern mit großer Wahrscheinlichkeit ausschließe. Weitere Erkrankungsfälle seien zudem weder innerhalb der Fa. D. noch der Fa. Z. in Gent bekannt. Der Versicherte sei im Rahmen seines Aufenthalts in Belgien in zwei Hotels untergebracht gewesen, und zwar vom 02.08. bis 09.08.2014 im Hotel J., ab dem 10.08.2014 im Hotel Y. Informationen darüber, ob sich weitere Personen innerhalb der vorgenannten Hotels mit Legionellen infiziert hätten, gebe es nicht. Der Versicherte sei zudem am 16. und 17.08.2014 im Rahmen eines Serviceeinsatzes bei der Fa. X. in R. tätig geworden, wobei er jedoch zu keinem Zeitpunkt gegenüber wässrigen Medien exponiert gewesen sei. Am 18.08.2014 sei der Versicherte mit Verwaltungsaufgaben im Büro des Arbeitgebers in B. ebenfalls gefährdungsfrei tätig gewesen. Hinweise auf eine einschlägige Exposition an Arbeitsplätzen des Versicherten lägen nicht vor. Inwieweit in den beiden Hotels, in welchen der Versicherte in Belgien untergebracht gewesen sei, ein erhöhtes Infektionsrisiko bestanden habe, könne nicht gesagt werden.

Das Gesundheitsamt des Landratsamts E. teilte am 04.03.2015 mit, dass das Laborergebnis über die Identifizierung des für die Erkrankung des Versicherten ursächlichen Legionellen-stammes vorliege. Am 16.02.20125 seien in den beiden Duschen im Privathaus des Versicherten Wasserprobe zur Legionellenanalysen entnommen worden, in welchen keine Legionellen nachweisbar gewesen seien. Aus Belgien (Arbeitsstelle des Versicherten und Hotels) seien die hierzu angeforderten Informationen noch nicht eingetroffen.

Die Beklagte schrieb daraufhin die beiden Hotels und das belgische nationale Gesundheitsinstitut mit der Bitte um Informationen und Unterstützung an. Das Hotel J. teilte mit, dass keine einschlägigen Vorkommnisse bekannt seien. Das Hotel Y. antwortete nicht; die Beklagte erfuhr anschließend, dass dieses Hotel zum Ende des Jahres 2014 geschlossen worden ist.

Nach Einholung weiterer Informationen und der vollständigen Beiziehung der Unterlagen des Krankenhauses M. und des Klinikums L. holte die Beklagte ein Gutachten bei dem Internisten und Infektiologen Prof. Dr. G. ein. In dem Gutachten vom 21.01.2016 wird davon ausgegangen, dass eine berufsbedingte Legionellenexposition im Rahmen der Inbetriebnahme der Vorbehandlungsanlage der Fa. Z. oder beim Duschen in den berufsbedingt aufgesuchten Hotels stattgefunden haben könne. Wesentliche Grunderkrankungen des Versicherten hätten nach Aktenlage nicht bestanden. Die Inkubationszeit für die Legionellose mit Pneumonie betrage zwei bis zehn Tage, wobei der Median bei sechs bis sieben Tagen liege. Nach der Anamnese durch die behandelnden Ärzte im Krankenhaus M. habe der Versicherte bereits seit dem 22.08.2014 über die Symptome eines grippalen Infekts geklagt, woraus sich rechnerisch ein möglicher Infektionszeitraum vom 12.08. bis zum 20.08.2014 ergebe. Der Umstand, dass der Versicherte sich anhand der erwiesenen Befunde eine Legionellen-Pneumonie zugezogen habe, stehe außer Zweifel. Eine vollständige Klärung der exakten Todesursache sei anhand der Unterlagen zwar nicht mehr möglich, da eine Sektion nicht durchgeführt worden sei, jedoch könne festgestellt werden, dass die Legionellen-Pneumonie zu einer wesentlichen und schweren Erkrankung geführt habe, die Komplikationen, insbesondere die Critical-Illness-Polyneuropathie, aber auch Thrombosen in den punktierten Gefäßen nach sich gezogen habe. Ausweislich der zum Arbeitseinsatz vorliegenden Unterlagen habe der Versicherte vom 13. bis 15.08.2014 zweimalig in Gent in der Nähe der Fa. Z. übernachtet, vom 16. bis 17.08.2014 zu Hause übernachtet und bei der Fa. X. in R. gearbeitet und am 18.08.2014 bei seinem Arbeitgeber in B. gearbeitet und danach zu Hause übernachtet. Schließlich sei vom 19. bis 21.08.2014 die Freizeit des Versicherten zu Hause verbracht worden. Der Hinweis in der vorliegenden Korrespondenz, dass es aus dem Arbeitsumfeld des Versicherten zu keiner weiteren dokumentierten Infektion mit Legionellen gekommen sei, sei kein wesentliches Kriterium, weil nach epidemiologischen Studien eine Mehrzahl der Legionelleninfektionen sporadisch auftrete und große Ausbrüche weitaus seltener seien. Der Versicherte sei starker Raucher gewesen, wobei Zigarettenrauchen als Risikofaktor für eine Legionellen-Pneumonie gelte. Auch eine Immunschwäche prädisponiere Patienten für eine Legionelleninfektion, wobei bei dem Versicherten eine Knochenmarksupression unklarer Genese sowie eine Leukopenie und Anämie bereits im Mai 2014 festgestellt worden seien.

Die Originalbefunde, welche das Ausmaß der Knochenmarkschädigung angäben, lägen je-doch nicht vor. Es sei eine Suszeptibilität des Versicherten für Infektionserkrankungen denk-bar. Die wahrscheinlichste Expositionsquelle stelle das Duschen im Hotel im Rahmen der Tätigkeit in Gent dar. Insbesondere die Benutzung von Hotelduschen stelle ein Infektionsrisiko dar, da bei Nicht-Nutzung der Zimmer Wasser längere Zeit in den Leitungen stehe. Der Versicherte habe vom 13. bis 15.08.2014 und vom 22. bis 25.08.2014 im Hotel Y. übernachtet, welches Ende 2014 geschlossen worden sei. Eine potentielle Infektionsquelle der Duschen im Eigenheim des Versicherten sei unwahrscheinlich, da hierzu der negative Legionellennachweis des Gesundheitsamtes vorliege. Der Erwerb im Rahmen der beruflichen Tätigkeit sei damit als hochwahrscheinlich anzusehen. Zusammenfassend sei der Erwerb der Legionelleninfektion im Rahmen der beruflichen Tätigkeit hochwahrscheinlich, und zwar im Rahmen der Hotelübernachtung in Gent, auch wenn kein Keimnachweis möglich sei. Die Ursachen der Rhythmusstörungen, die sich im Rahmen der schweren Erkrankung manifestiert hätten, seien nicht weiter kardiologisch abgeklärt worden. Insoweit sei als Todesursache ein kardiales Ereignis neben der bislang favorisierten Verdachtsdiagnose einer Lungenembolie in Betracht zu ziehen.

Das von der Beklagten angeschriebene Zentrum für Krankheitsprävention und Kontrolle, Sektion Legionellenüberwachung, teilte mit, dass sich in dem Hotel Y. am 22.08.2014 mit Wahrscheinlichkeit ein 58-jähriger Deutscher mit Legionellen infiziert habe, der den Kon-takt mit Legionellen überlebt habe. Der Betreffende habe im Zimmer 45 des Hotels übernachtet. Die Beteiligten gehen nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2017 übereinstimmend davon aus, dass sich diese Mitteilung auf die Erkrankung des Versicherten bezieht, wobei sich die Nachricht vom Überleben der Erkrankung dadurch erkläre, dass der Versicherte erst nach mehreren Monaten und nach der entsprechenden Erkrankungs-Meldung verstorben sei.

Die flämische Agentur für Vorsorge und Gesundheit teilte mit, dass es zum entsprechenden Zeitpunkt keine Epidemien oder Gruppen von Fällen mit Legionellose in der Region gegeben habe, dies jedoch nicht eine einzelne Infektion mit Legionellosen in dem Zeitraum ausschließe, da keine Verbindung zwischen einzelnen Patienten und einem Hotel erfasst werde.

Mit Bescheid vom 25.10.2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV sowie insoweit auch das Vorliegen eines Arbeitsunfalls und die Gewährung von Witwenrente und sonstigen Hinterbliebenenleistungen ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Versicherte im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit einer besonders erhöhten Infektionsgefahr durch Legionellen ausgesetzt gewesen sei. Zahlreiche Anfragen bei einschlägigen Stellen hätten hierzu keinen näheren Nachweis ergeben. Trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten sei der Nachweis einer besonders erhöhten Infektionsgefahr damit nicht erbracht worden. Insbesondere erfülle allein der Hotelaufenthalt ohne irgendwelche Hinweise auf eine dort vorhandene Infektionsquelle noch nicht das Merkmal einer besonders erhöhten Infektionsgefahr. Für den Nachweis der anspruchsbegründenden Tatsachen reichten in der gesetzlichen Unfallversicherung Vermutungen bzw. die Möglichkeit einer Infektionsgefahr oder eine nicht auszuschließende Gefährdung nicht aus. Die Beweisanforderung verlange nach der ständigen Rechtsprechung vielmehr, dass eine be-sonders erhöhte Infektionsgefahr mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachge-wiesen sei, d. h. die Wahrscheinlichkeit müsse so hoch sein, dass kein die Lebensverhältnisse klar überblickender Menschen noch Zweifel habe. Dies ist, nachdem Legionellen-Erkrankungen in der allgemeinen Bevölkerung weltweit verbreitet seien und vielfältige Infektionsmöglichkeiten bestünden, vorliegend eindeutig nicht der Fall. Darüber hinaus sei auch das Vorliegen eines Arbeitsunfalls zu verneinen, da insofern die genannten Beweisanforderungen in gleicher Weise anzuwenden seien. Da trotz aller Ermittlungen nicht habe bewiesen werden können, dass der Versicherte sich die Legionellen-Pneumonie durch ein äußeres Ereignis während seiner beruflichen Tätigkeit zugezogen habe, sei deshalb auch die Anerkennung eines Arbeitsunfalles nicht möglich.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat deswegen am 31.10.2016 Widerspruch eingelegt. Ent-gegen den Ausführungen des Präventionsdienstes sei die Anlage bei der Fa. Z. erst am 22.08.2014 in Betrieb genommen und die Produktion erst ab dem 25.08.2014 begonnen wor-den. Es habe demnach ein wesentlich längerer vorheriger Kontakt mit der noch nicht laufen-den Anlage bestanden, welche somit ein höheres Risiko einer Infektion mit altem bzw. ver-seuchtem Wasser aufgewiesen habe. Der Versicherte habe zudem auch die Waschräume im Werk von Z. genutzt, wo eine Infektion ebenfalls möglich gewesen sei. Insoweit sei auch zu beachten, dass bereits die erhöhte Gefahrenquelle einer Hoteldusche ausreichend sei, um die Eingangsvoraussetzungen einer BK 3101 zu erfüllen. Insoweit sei vom Vollbeweis einer erhöhten Einwirkungsgefahr auszugehen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2017 zurückgewiesen. Die Beklagte verwies hierzu auf die zahlreichen eingeholten Stellungnahmen u.a. des Europäi-schen Zentrums für Kontrolle und Prävention von Infektionskrankheiten und des daran ange-schlossenen Europäischen Legionellen-Netzwerks. Der Präventionsdienst habe auch berück-sichtigt, dass der Versicherte bereits vor der Inbetriebnahme der Anlage Arbeiten durchge-führt habe.

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat deswegen am 20.04.2017 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, mit der das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft wird. Au-ßer den beruflichen Gefahrenquellen sei der Versicherte keinen anderen Gefährdungen im Hinblick auf eine Legionellen-Erkrankung ausgesetzt gewesen, was näher ausgeführt wird. Die Beklagte sei zudem ihrer Aufklärungspflicht nicht ausreichend nachgekommen, da Vor-Ort-Untersuchungen in Gent/Belgien nicht veranlasst worden seien. Dass keine weiteren Erkrankungen von den einschlägigen Behörden mitgeteilt worden seien, sei angesichts der typischerweise sporadisch auftretenden Infektion keinesfalls verwunderlich.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 25.10.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Legionellen-Erkrankung ihres versicherten Ehemannes als Berufskrankheit, hilfsweise als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Aus dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, weswegen auf die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden verwiesen werde.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Akten des SG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 55 SGG zulässig und begründet.

Der Zulässigkeit der Feststellungsklage kann insbesondere nicht entgegengehalten werden, dass es der Klägerin letztendlich (auch) um die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen nach § 63 SGB VII geht, weil dies nicht das ausschließliche Ziel der Klage ist (vgl. hierzu Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. März 2015 – L 2 U 44/10 –, Rn. 55, juris, m.w.N.). Denn zum einen hat der Versicherte noch zu seinen Lebzeiten den Anspruch auf Anerkennung der BK geltend gemacht, so dass auch weitere Ansprüche der Klägerin aus abgeleitetem Recht als Sonderrechtsnachfolgerin oder Erbin des Versicherten gemäß den §§ 56 ff. SGB I möglich sind. Diese Unterscheidung trifft im Übrigen auch die Beklagte in den Verfügungssätzen der angegriffenen Bescheide. Wegen der Vielzahl der möglichen und noch nicht abschließend geprüften Anspruchsgrundlagen kann ein Feststellungsinteresse nicht verneint werden.

Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

In Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV sind Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Ge-sundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war, als BK anerkannt.

Voraussetzung für die Anerkennung dieser BK ist einerseits das Vorliegen der sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen (berufliche Belastung/Exposition) sowie einer einschlä-gigen Erkrankung aufgrund dieser Belastung. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß - hier: im Sinne einer erhöhten Infektionsgefahr - sowie die entsprechende Erkrankung mit an Si-cherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Sowohl hinsichtlich der haf-tungsbegründenden als auch hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität genügt demge-genüber die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Mög-lichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286), d.h. es müssen die für einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Ein Kausal-zusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112; BSG Urt. vom 28.03.2003 - B 2 U 33/03 R -).

Das Vorliegen einer Legionellen-Erkrankung und damit einer Infektionskrankheit des Versi-cherten im Sinne der geltend gemachten BK ist zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig. Der Gutachter Prof. Dr. G. hat zutreffend festgestellt, dass die Erkrankung des Versicherten an einer Legionellen-Pneumonie nach den ärztlichen Unterlagen völlig außer Zweifel steht.

Nach dem Anhang Bl. 8 zum Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV wird die Legionellose (Legionella pneumophila, versch. Serotypen) mit einer Inkubati-onszeit von zwei bis zehn Tagen wahrscheinlich aerogen im Wege der Tröpfcheninfektion über Klimaanlagen oder Duschköpfe übertragen (Bek. des BMA Z. 1.12.2000, BArbBl. 1/2001, S. 35).

Der hierzu gehörte Gutachter Prof. Dr. G. hat als mögliche Infektionsquellen ausschließlich eine berufsbedingte Legionellenexposition im Rahmen der Inbetriebnahme der Vorbehand-lungsanlage der Fa. Z. oder beim Duschen in den berufsbedingt aufgesuchten Hotels ange-nommen, so dass nach den Ausführungen des Gutachters in jedem Fall eine berufliche Expo-sition und insoweit auch die geltend gemachte BK anzuerkennen wären. Der Gutachter geht in seinen Ausführungen, die in weiten Teilen schlüssig und überzeugend sind, zu Recht davon aus, dass eine wesentliche Grunderkrankung des Versicherten nicht bestanden hat und aufgrund des erstmaligen Auftretens einschlägiger Beschwerden am 22.08.2014 wegen des Inkubationszeitraums von zwei bis 10 Tagen von einem möglichen Ansteckungszeitraum vom 12.08. bis zum 20.08.2014 ausgegangen werden muss. In diesem Zeitraum hat der Kläger drei Nächte im Hotel Y. in Gent übernachtet und drei Tage bei dem Kunden Z. seines Arbeitgebers in Belgien gearbeitet. Zwar sind danach auch Tage bei dem Arbeitgeber und Nächte zuhause in Deutschland verbracht worden; zutreffend stellt der Gutachter jedoch dar, dass in Deutschland ein Kontakt mit Duschen nur zuhause stattgefunden hat, wobei dort gerade in beiden Duschen nach Probeentnahmen der Nachweis des Fehlens einer Legionellen-Kontamination erbracht worden ist. Es ist also naheliegend, dass der Gutachter den Blick auf eine mögliche Kontamination nach Belgien richtet und diese für "hochwahrscheinlich" hält. Denn insbesondere die Benutzung von Hotelduschen stellt ein Infektionsrisiko dar, da bei Nicht-Nutzung der Zimmer warmes Wasser längere Zeit in den Leitungen stehen kann. Eine Infektion durch die Anlage der Firma Z. in Gent hält die Kammer mit dem Gutachter für unwahrscheinlich, denn diese ist vor dem errechneten Infektionszeitraum am 06.08.2014 chemisch mit Frischwasser gereinigt und dann am 07.08.2014 mit einem Reinigungsgemisch bei 55 Grad Celsius in den Dauerbetrieb genommen worden. Zutreffend weist der Gutachter im Übrigen auch darauf hin, dass der Umstand, dass es im Arbeitsumfeld des Versicherten zu keiner weiteren dokumentierten Infektion mit Legionellen gekommen sei, kein wesentliches Kriterium ist, weil nach epidemiologischen Studien eine Mehrzahl der Legionelleninfektionen sporadisch auftrete und große Ausbrüche weitaus seltener seien; dieses Argument ist für die streitgegenständliche Frage der Verursachung also indifferent, weil es sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich des Versicherten und auch im betreffenden Hotel Y. in Gent offenbar nicht zu Gruppenkontaminationen gekommen ist.

Das Gutachten des Prof. Dr. G. weist allerdings die Schwäche auf, dass die Wahrscheinlich-keit des Vorliegens einer abstrakten Gefahr der Ansteckung mit Legionellen im Hotel Y. für die Anerkennung der BK nicht ausreicht, insbesondere weil, wie der Gutachter richtig fest-stellt, ein Keimnachweis im Hotel Y. in Gent fehlt.

Allerdings ist ein Keimnachweis dort auch nicht weiter versucht bzw. in Angriff genommen worden. Dies ist für die Kammer schwer verständlich, weil entsprechende Untersuchungen zwar im Eigenheim des Versicherten, nicht jedoch an seinem Arbeitsplatz vorgenommen worden sind. Für den objektiven Betrachter entsteht hierdurch der Eindruck, dass die Beklagte nach belastenden Expositionen im privaten, nicht versicherten Umfeld des verstorbenen Versicherten mit größerer Sorgfalt als in dessen versichertem beruflichen Umfeld gesucht hat. Zwar geht die Kammer davon aus, dass dies nicht mit Absicht erfolgt ist, weil der Verdacht sich zunächst gegen den Arbeitsplatz des Klägers bei der Firma Z. in Gent richtete. Als das Privathaus des Versicherten im Jahr 2015 untersucht wurde, war das Hotel Y. in Gent bereits geschlossen worden. Allerdings ist auch zu bemerken, dass ausweislich Bl. 66 der Verwaltungsakte bereits am 29.08.2014 das Gesundheitsamt P. Auskunft über die von dem Versicherten aufgesuchten Hotels verlangt hatte und diese Mitteilung auch an die Beklagte gelangt war, so dass spätestens hierdurch in Verbindung mit dem der Beklagten bekannten Auslandseinsatz die Notwendigkeit von genaueren Ermittlungen bekannt war.

Da die erforderliche Einwirkung nicht in einem konkreten Infektionsvorgang, sondern einer erhöhten Infektionsgefahr besteht, ist der Nachweis eines unmittelbaren oder mittelbaren Kontaktes zu einer Infektionsquelle nicht erforderlich. Für von Mensch zu Mensch übertragene Krankheiten hat das BSG ausgeführt, dass der Nachweis einer infizierten Kontaktperson bei gleichzeitiger übertragungsgefährdender Tätigkeit zwar das Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr nahelegt. Zwingend ist dieser Schluss aber nicht. Entscheidend ist immer die Gesamtwürdigung der das Arbeitsumfeld und die versicherte Tätigkeit betreffenden beiden Risikobereiche unter Berücksichtigung des spezifischen Übertragungsmodus und Verbreitungsgrades der jeweiligen Infektionskrankheit (vgl. BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R).

Die 4. Tatbestandsalternative der Berufskrankheit Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV ("durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war") setzt voraus, dass der versicherte Tätigkeitsbereich seiner Art nach unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Arbeitsumfelds mit einer abstrakten Gefahrenlage verbunden ist und sich diese Gefahrenlage auf Grund vorgenommener Verrichtungen im Sinne einer individuell erhöhten Infektionsgefahr auch tatsächlich realisiert hat (BSG, Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 33/07 R –, BSGE 103, 54-59, SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 5).

Nach dieser überzeugenden Rechtsprechung des BSG muss in einer ersten Stufe geprüft wer-den, ob bei dem Versicherten eine abstrakte Gefährdung mit einer besonders erhöhten Infektionsgefahr vorlag. Der Begriff der "abstrakten Gefährdung" bringt es mit sich, dass ein konkreter Keimnachweis in diesem Bereich auf dieser ersten Prüfungsstufe nicht erforderlich ist. Die Feststellung einer besonders erhöhten Infektionsgefahr setzt nach den vom BSG in der o.g. Entscheidung entwickelten Maßstäben voraus, dass diese abstrakte Gefährdung derjeni-gen entspricht, die im Falle der anderen drei Regelungsalternativen der BK Nr. 3101 (Ge-sundheitsdienst, Wohlfahrtspflege, Laboratorien) vergleichbar ist. Das Vorliegen einer abs-trakten Gefährdung beurteilt sich nach der Tätigkeitsart und dem Arbeitsumfeld. Aus dem beruflichen Umfeld des Versicherten muss sich eine besondere berufliche Exposition für eine Infektion ergeben, die höher ist als diejenige in der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik (Jaritz, jurisPR-SozR 2/2010 Anm. 4). Eine solche abstrakte Gefährdung kann zwar im Regelfall nicht angenommen werden, wenn der Versicherte in Einrichtungen tätig ist, in denen überwiegend gesunde Menschen zusammenkommen (LSG Rheinland-Pfalz, Urt. Z. 18.01.1984 - L 3 U 41/83). Dies ist für Ansteckungskrankheiten, die von Mensch zu Mensch übertragen werden, ein überzeugendes Kriterium. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass im Hotel zwar auch überwiegend gesunde Menschen zusammenkommen, die Gefahr aber wegen des Kontakts mit Hotelduschen und der hiermit verbundenen Legionellen-Gefahr als abstrakte Gefahr zu bejahen war, da das Risiko bei Hotelduschen, über einen längeren Zeitraum nicht benutzt zu werden, größer ist als bei Duschen im privaten Bereich.

Kann eine solche abstrakte Gefährdung wie vorliegend angenommen werden, muss in einer zweiten Stufe geprüft werden, ob der Versicherte infolge seiner konkret ausgeübten Verrich-tungen einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt war. Diese konkrete Gefährdung ist zum einen abhängig vom Durchseuchungsgrad des Tätigkeitsumfeldes und zum anderen von der Übertragungsgefahr bei den ausgeübten Verrichtungen. Der Durchseuchungsgrad ist anhand der kontaktierten Personen und der Objekte festzustellen, mit oder an denen der Versicherte gearbeitet hat (BSG, Urt. Z. 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R). Bei der Übertragungsgefahr sind der Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit, die Infektiosität der Erreger so-wie Art, Häufigkeit und Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährdenden Handlungen zu berücksichtigen. Dabei ist im Einzelnen zu prüfen, welche einzelnen Arbeitshandlungen im Hinblick auf den Übertragungsweg als besonders gefährdend gelten (Jaritz, jurisPR-SozR 2/2010 Anm. 4). Die besondere, über das normale Maß hinausgehende Infektionsgefahr ist nicht Bestandteil eines Ursachenzusammenhanges zwischen versicherter Tätigkeit und Infektionskrankheit. Sie ersetzt vielmehr als eigenständiges Tatbestandsmerkmal die Einwirkungen und ist mit dem weiteren Tatbestandsmerkmal "Verrichtung einer versicherten Tätigkeit" durch einen wesentlichen Kausalzusammenhang, hingegen mit der "Erkrankung" nur durch die Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs verbunden. Für die erhöhte Infektionsgefahr gelten damit hinsichtlich des Beweismaßstabes die Anforderungen, die ansonsten für das Tatbestandsmerkmal der Einwirkungen zu beachten sind. Sie muss im Vollbeweis vorliegen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 16. März 2016 – L 2 U 244/15 –, juris; vgl. auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. November 2014 – L 3 U 221/10 –, juris).

Zu dieser zweiten Prüfungsstufe muss festgestellt werden, dass konkrete Untersuchungen der Beklagten zu einer konkreten Gefährdung nicht rechtzeitig in ausreichendem Maße vorgenommen worden sind. Insbesondere ist ein Nachweis von Legionellen im Hotel Y. in Belgien jetzt auch nicht mehr möglich, da das Hotel 2014 geschlossen wurde und davon auszugehen ist, dass inzwischen eine andere Nutzung des Grundstücks besteht. Dies führt zu der für die Klägerin ungünstigen Konsequenz, dass die Beklagte sich - nach der oben aufgeführten Rechtsprechung grundsätzlich zu Recht - auf das Fehlen einer konkreten Gefahr der Infektion bei konkreten Verrichtungen beruft, hierzu allerdings auch nicht die erforderlichen konkreten Untersuchungen eingeleitet hat. Der Umstand, dass die Arbeitsstätte im Ausland lag, ist keine ausreichende Erklärung für diesen Ermittlungsmangel, da der Schutz nach dem SGB VII im Ausland nicht geringer ist. Es hätte im Übrigen auch kein Problem dargestellt, noch im Jahr 2014 erneut das vom Versicherten im Hotel Y. in Gent genutzte Hotelzimmer - die Zimmernummern sind nach den vorliegenden Hotelrechnungen aktenkundig - zu reservieren und dort in der Dusche Proben zu entnehmen bzw. das belgische Gesundheitsamt um ein entsprechendes Vorgehen zu bitten. Die Anschreiben der Beklagten an die beiden Hotels mit der Bitte um Mitteilung, ob es einschlägige Vorkommnisse gegeben habe, erfolgten erst sehr spät, was dazu geführt hat, dass von dem inzwischen geschlossenen Hotel Y. keine Antwort mehr zu erwarten war und dementsprechend auch keine Antwort mehr erfolgte. Abgesehen hiervon könnten betroffene Hotels auch bestrebt sein, entsprechende Vorkommnisse zum Schutz vor Schadensersatzansprüchen zu verneinen. Die Anschreiben an das Legionellen-Netzwerk der EU und an das belgische staatliche Gesundheitsamt waren demgegenüber sinnvolle Ermitt-lungsschritte; allerdings hatte bereits der Gutachter Prof. Dr. G. darauf hingewiesen, dass Gruppenerkrankungen eher die Ausnahme sind, weswegen die Fehlanzeigen dieser beiden Organisationen auch so interpretiert werden können, dass dennoch Einzelinfektionen im Ho-tel Y. aufgetreten sein können, aber von den betroffenen Personen nicht zwingend mit dem Aufenthalt in diesem Hotel in Verbindung gebracht worden sind.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Beklagte die sicherste Art der Ermittlung, nämlich eine Untersuchung vor Ort, unterlassen hat. Die Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden, dass "trotz Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Nachweis einer besonders erhöhten Infektionsgefahr nicht habe erbracht werden können", sind daher unzutreffend. Von diesem Ermittlungsfehler profitiert die Beklagte nunmehr dergestalt, dass sie auf den fehlenden Nachweis einer konkreten Gefahr abstellt.

Das Unfallversicherungsrecht kennt einen sachtypischen Beweisnotstand bei typischen und unverschuldeten Beweisschwierigkeiten, der beispielsweise dann anzunehmen ist, wenn sich solche aus den Besonderheiten der versicherten Tätigkeit ergeben oder auf Umständen beru-hen, die dem Versicherungsunternehmen zuzurechnen sind (vgl. Keller in: Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Mai 2015, § 8 Rn. 335 ff.; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, § 128 Rn. 3e; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20. September 2016 – L 9 U 2615/14 –, Rn. 52, juris). Eine Umkehr der Beweislast kann hierdurch nicht erreicht werden, jedoch kann ein solcher Beweisnotstand bei pflichtwidrigem Handeln der Behörde zu Beweiserleichterungen im Sinne geringerer Anforderungen an den Beweis der betreffenden Tatsache führen (BSG, Urteil vom 27. Mai 1997 – 2 RU 38/96 –, SozR 3-1500 § 128 Nr. 11; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 3 U 28/12 –, Rn. 44, juris; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 26. März 2015 – L 6 U 5279/14 –, Rn. 62, juris).

In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, dass bei der nach dem BSG veranlassten Betrachtung (BSG, Urt. Z. 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R) der konkreten Verrichtung und der hiermit verbundenen Gefahr bereits das Merkblatt maßgeblich auf eine Infektion durch Duschköpfe abstellt, welche in besonderem Maße dazu führen können, dass Aerosole die Keime des Krankheitserregers weiterverbreiten. Der Versicherte hatte allerdings nur "gefährlichen" Kontakt mit den Duschköpfen im Hotel K., da für die Duschköpfe seines Eigenheims der Nachweis einer fehlenden Legionellen-Kontamination vorliegt. Dies hat auch Prof. Dr. G. in seinem Gutachten veranlasst, mit im Ergebnis überzeugenden Ausführungen vom Erwerb einer Legionelleninfektion im Rahmen der beruflichen Tätigkeit bei der Hotelübernachtung in Gent auszugehen, was mit dem nach den voranstehenden Ausführungen verminderten Beweismaßstab vereinbar ist und auch dem Ergebnis der Überzeugungsbildung der erkennenden Kammer entspricht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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