Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
15
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 1809/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung in Form einer Unterstützungskassenversorgung oder Firmenrückde-ckungsversicherung sind vor dem Zeitpunkt der frühestmögli-chen Inanspruchnahme von Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung kein zu verwertendes Vermögen im Sin-ne des § 12 Abs. 1 SGB II.
Der Bescheid vom 31.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2016 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger im Zeitraum 01.07.2015 bis 31.10.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss zu gewähren. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2/3 zu erstatten. Gründe:
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.10.2015 als Zuschuss (anstelle eines Darlehens).
Der am 15.07.1954 geborene Kläger bezog nach Beendigung eines langjährigen Beschäftigungsverhältnisses als Pharmareferent bei der Firma Novo Nordisk im Zeitraum 09.08.2012 bis 07.08.2014 von der Arbeitsagentur Arbeitslosengeld I.
Auf einen Antrag des Klägers vom 06.10.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 24 Abs. 5 SGB II als Darlehen für die Zeit vom 01.02.2015 bis 30.06.2015 (Gesamtdarlehensbetrag 6.107,70 EUR). Hintergrund der darlehensweisen Bewilligung war die Annahme des Beklagten, dass der Kläger über grundsätzlich zu berücksichtigendes Vermögen (in Form einer betrieblichen Altersversorgung) verfüge, dessen sofortiger Verbrauch bzw. sofortige Verwertung nicht möglich war. Im Zusammenhang mit dem Erstantrag hatte der Kläger mit Schreiben vom 24.10.2014 erläutert, dass über seinen früheren Arbeitgeber Novo Nordisk Pharma GmbH bei der Allianz eine dreiteilige betriebliche Alters-versorgung für ihn bestehe (Lebensversicherung aus Direktversicherung: Versicherungsnr. 381597195, Versicherungsnr. 6/169099/1809 und Versicherungsnr. 5/558250/251). Die Allianz habe ihm mitgeteilt, dass diese Versicherungen nicht vorzeitig kündbar seien. Die Auszahlung könne erst nach dem Eintritt in die gesetz-liche Altersrente, frühestens zum Dezember 2017 erfolgen. Laut Schreiben der Allianz Pensions-Management e.V. (überbetriebliche Unterstützungskasse für die Wirtschaft) vom 13.01.2012 hatte der Kläger aus der betrieblichen Altersversorgung bei der Allianz Unterstützungskasse eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen erworben. Hinsichtlich der Vertragsnr. 5.558250.251 habe der Kläger zum 01.08.2019 Anspruch auf eine einmalige Kapitalzahlung in Höhe von 122.344,90 EUR oder auf eine monatliche Rente in Höhe von 665,68 EUR.
Am 17.07.2015 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Leistungen. In der Anlage VM gab er unter der Rubrik "4. (staatlich geförderte Altersvorsorge)" Alters-vorsorgevermögen in Höhe von ca. 287.000,- EUR (Allianz) sowie ca. 8.600,- (Riester, DBK) an. Auf weitere Aufforderung der Beklagten legte er eine Standmitteilung der Allianz Lebensversicherung AG über die Lebensversicherung Nr. 381597195 zum 01.10.2015 vor (Garantiekapital 39.870,- EUR, garantierte Leistung aus der erreichten Überschussbeteiligung 12.970,60 EUR, erreichte garantierte Leistung 52.840,60 EUR). Stand der Riester-Rentenversicherung bei der DBK war zum 31.12.2013 laut Schreiben der DBK vom 04.03.2014 8.577,32 EUR. Laut ergänzend vorgelegter Bescheinigung der DBK vom 30.07.2015 betrug der Wert des Riester-Vertrages zum 01.07.2015 (Rückkaufswert inkl. Überschussbeteiligung) 8.921,22 EUR, die Summe der eingezahlten Beträge 8.686,33 EUR.
Mit Bescheid vom 31.07.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.12.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen, da er erneut nachgewiesen habe, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von grundsätzlich zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich sei. Der Gesamtdarlehensbetrag betrug 6.869,24 EUR.
Am 20.08.2015 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Die lediglich darlehens-weise Gewährung von Leistungen sei fehlerhaft. Es sei schon nicht klar, auf welches Vermögen der Beklagte abstelle. Die Versicherung bei der DBK sei als Riester-Rente geschützt. Auf die betriebliche Altersversorgung bei der Allianz habe er keinen Zugriff. Weitere Kapitalanlagen (resultierend aus Investition einer Abfindung) bei den Firmen eco Consort bzw. Future Business seien gesperrt. Ergänzend legte der Kläger erneut das Schreiben der überbetrieblichen Unterstützungskasse der Allianz vom 13.01.2012 betreffend die Vertragsnr. 5.558250.251 (unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen zum 01.08.2019) sowie den Versicherungsschein über die Lebensversicherung Nr. 381597195 vor. Laut dem Schreiben der Allianz vom 13.01.2012 wurde die Versicherung unter dieser Nr. nach Ausscheiden des Klägers aus dem Gruppen- bzw. Sammelversicherungsvertrag (des ehemaligen Arbeitgebers) weitergeführt. Laut beigefügten Versicherungsbedingungen gilt folgende Verfügungsbeschränkung: "Nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung kann der Versicherungsnehmer nach dem Aus-scheiden aus seinem bisherigen Arbeitsverhältnis die Ansprüche aus der Versicherung in Höhe des durch die Beitragszahlung seines bisherigen Arbeitgebers gebildeten Wertes weder abtreten noch beleihen. Eine Kündigung der Versicherung ist ausgeschlossen".
Mit Schreiben vom 09.11.2015 meldete sich der Kläger ab dem 09.11.2015 vom Leistungsbezug ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2016 wies der Beklagte den Widerspruch zu-rück. Der Kläger verfüge über eine Lebensversicherung bei der Allianz Nr. 381597195 in Höhe von 39.870,- EUR. Aufgrund der Verfügungsbeschränkung könne diese Versicherung als nicht verwertbar betrachtet werden. Der Kläger habe jedoch weiter bei der Allianz eine Lebensversicherung in Höhe von 122.344,90 EUR (Nr. 5.558250.251). Eine Verfügungsbeschränkung wie bei der oben genannten Versicherung liege hier nicht vor. Unter Berücksichtigung des Freibetrages gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bestehe noch ein erheblicher Vermögensbetrag, so dass eine Zuschussgewährung nicht möglich sei (LSG Nordrhein-Westfalen, L 12 AS 534/12). Maßgebend sei, dass die Verwertung vor Eintritt in den Ruhestand vertraglich unwiderruflich ausgeschlossen sei. Auch ein Rückkauf/eine Kündigung oder eine Beleihung dürfe nicht möglich sein. Dies müsse aus der jeweiligen Vereinbarung (z. B. Versicherungsvertrag) eindeutig hervorgehen. Diese Voraussetzung sei vor-liegend nicht erfüllt.
Am 02.06.2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung verweist er erneut darauf, dass es sich bei der Versicherung Nr. 5.558250.251 (122.344,90 EUR) um eine betriebliche Altersversorgung handele. Er selbst könne darüber nicht verfügen, da er schon von Gesetzes wegen keinen Rechtsanspruch auf Leistungen aus der Unterstützungskasse besitze (vgl. § 1 b Abs. 4 BetrAVG). Eine (vorzeitige) Kündigung sei rechtlich nicht möglich, schließlich diene die betriebliche Altersvorsorge der Absicherung des Arbeitnehmers im Ruhestand. Versicherungsnehmer sei im Übrigen nicht der Kläger, sondern die Firma Novo Nordisk (letzter Arbeitgeber). Ergänzend teilte der Kläger mit, dass er sich am 9.11.2015 vom Leistungsbezug abgemeldet habe, da er seine Riester-Rente bei der DBK trotz erheblicher finanzieller Verluste zurückgekauft habe. Dar-über hinaus habe er durch den Insolvenzverwalter der Anlagefirma eine Abschlagszahlung in Höhe von 6.902,98 EUR erhalten und von diesem Geld im April 2016 einen Umzug von Karlsruhe nach Bruchsal sowie seinen Lebensunterhalt von November 2015 bis Juli 2016 bestritten. Seit Ende Juli beziehe er nunmehr wieder Leistungen und zwar vom Jobcenter Stadt Karlsruhe.
Der Kläger beantragt (zuletzt noch),
den Bescheid vom 31.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.10.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sollte der Kläger aus der Versicherung Nr. 5.558250.251 Versicherungsnehmer sein, werde auf § 168 Abs. 3 VVG hingewiesen. Der Verwertungsausschluss nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sei mit dem Kapitalzahlungsbetrag von ca. 122.000,- EUR bei Weitem überschritten.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten des Beklagten (Jobcenter Karlsruhe Land/Bruchsal und die Verwaltungsakten des Jobcenters Karlsruhe, das nach dem Umzug des Klägers zuständig geworden ist, beigezogen. Aus letzteren ergibt sich, dass der Kläger eine gesetzliche Altersrente mit Abschlägen frühestens zum 1.8.2017 in Anspruch nehmen konnte (Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung vom 14.7.2016). Auf Nachfrage durch das Gericht teilte das Unternehmen Allianz Pensions-Management e.V. mit Schreiben vom 15.08.2017 mit, es handele sich bei der Versorgung Nr. 5.558250.251 um eine Versorgung über die Unterstützungskasse der Allianz (betriebliche Altersvorsorge). Der Versorgungsberechtigte habe einen unverfallbaren Anspruch auf Zahlung einer Leistung aus der Unter-stützungskasse erworben. Während der Anwartschaftsphase (vor Abruf der Unterstützungskassenleistung als reguläre oder vorzeitige Altersleistung) seien Anwartschaften aus der betrieblichen Altersvorsorge nicht auf staatliche Sozialleistungen anrechenbar. Mit ergänzendem Schreiben vom 10.1.2018 wurden die Erläuterungen dahingehend ergänzt, dass bei diesem Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Versorgungsleistungen über die Unterstützungskasse zusage (mittelbare Zusage). Versicherungsnehmer der Rückdeckungsversicherung sei die Unterstützungskasse; die Anwartschaft werde planmäßig bei Vollendung des 65. Lebensjahres fällig; eine vorzeitige Inanspruchnahme sei frühestens bei Eintritt in den Ruhestand möglich. Bei der Vers.-Nr. 6.169099.1809 handele es sich um eine Firmen-Rückdeckungsversicherung; Versicherungsnehmer sei der ehemalige Arbeitgeber. Die Versicherungsleistung werde planmäßig bei Vollendung des 65. Lebensjahres fällig. Eine vorzeitige Inanspruchnahme sei frühestens bei Eintritt in den Ruhestand möglich. Die Vers.-Nr. 381 597 195 sei ehemals eine Firmen-Direktversicherung gewesen; bei deren Abschluss sei der ehemalige Arbeitgeber Versicherungsnehmer gewesen. Im Zuge des Ausscheidens des Klägers zum 31.12.2011 sei die Versicherungsnehmereigenschaft auf den Kläger übertragen worden. Zum 1.8.2017 sei die Versicherungsleistung an den Kläger ausgezahlt worden.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten sowie den der Gerichtsakte S 15 AS 1809/16 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässige Klage ist - soweit sie den zuletzt noch streitgegenständlichen Zeitraum betrifft - auch begründet. Der Kläger hat im Zeitraum 01.07.2015 bis 31.10.2015 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht lediglich als Darlehen, sondern als Zuschuss.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung erhalten gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erwerbsfähige Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Alters-grenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, wenn sie hilfebedürftig sind. Nicht e-werbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten nach § 28 Abs. 1 SGB II Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben.
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Dabei sind gemäß § 9 Abs. 2 SGB II bei Personen, die in einer Bedarfs-gemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berück-sichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig.
Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten gemäß § 19 SGB II als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist, mindert es die Geldleistungen der kommunalen Träger.
Nach § 22 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tat-sächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es ihr nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen; dazu können bewegliche Sachen ebenso gehören wie Immobilien und Forderungen. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Vom Vermögen sind nach § 12 Abs. 2 SGB II abzusetzen
1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3 100 Euro; der Grundfreibetrag darf für jede voll-jährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach Satz 2 maß-gebenden Höchstbetrag nicht übersteigen, 1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3 100 Euro für jedes leistungsberechtigte minderjährige Kind, 2. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufen-den Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet, 3. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt, 4. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten.
Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen (§ 24 Abs. 5 S. 1 SGB II).
Streitgegenstand ist - nachdem der Kläger den zunächst auf Leistungen vom 1.7.2015 bis 31.12.2015 gerichteten Klageantrag in der mündlichen Verhandlung entsprechend beschränkt hat - der Zeitraum 1.7.2015 bis 31.10.2015. Unter Zugrundelegung der dargelegten Maßgaben war der Kläger im streitgegenständlichen Zeit-raum erwerbsfähig und hat auch die übrigen Leistungsvoraussetzungen nach § 7 ff. SGB II erfüllt. Entgegen der Auffassung des Beklagten konnte er seinen Lebens-unterhalt nicht aus seinem zu berücksichtigenden Vermögen sicherstellen. Er hat daher Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss. Die Gewährung lediglich als Darlehen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Sachaufklärung stellten sich die Vermögensverhältnisse des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum zur Überzeugung der Kammer wie folgt dar: Der Kläger verfügte zum Antragszeitpunkt über Geschäftsanteile bei der Volksbank Bruchsal im Wert von 825,- EUR sowie bei der Volksbank Hei-delberg im Wert von 500,- EUR. Auf das in zwei verschiedene Fondsgesellschaften investierte Vermögen aus einer Abfindung konnte er nach deren Insolvenz nicht zu-greifen. Eine Riester-Rentenversicherung bei der DBK hatte zum 1.7.2015 den Wert 8.921,22 EUR.
Bei dem darüber hinaus im Leistungsantrag angegebenen Altersvorsorgevermögen bei der Allianz in Höhe von insgesamt rund 287.000,- EUR handelt es sich zur Überzeugung der Kammer allerdings nur zum Teil um Vermögen des Klägers selbst. Zum Vermögen des Klägers zu rechnen ist die seit Ausscheiden bei der Firma Novo Nordisk von der Allianz für ihn als Einzel-Lebensversicherung geführte Lebensversicherung mit der Nr. 381597195 zu sehen. Hinsichtlich dieser Versicherung gilt entsprechend der vom Kläger vorgelegten Versicherungsbedingungen eine Verfügungsbeschränkung: Nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung kann der Versicherungsnehmer nach dem Aus-scheiden aus seinem bisherigen Arbeitsverhältnis die Ansprüche aus der Versicherung in Höhe des durch die Beitragszahlung seines bisherigen Arbeitgebers gebildeten Wertes weder abtreten noch beleihen. Eine Kündigung der Versicherung ist ausgeschlossen. Insoweit ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass diese Versicherung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II - ergänzend auch Nr. 1 - vom Vermögen abzusetzen ist.
Die weiteren Komponenten der für den Kläger bei der Allianz geführten betrieblichen Altersversorgung Versicherungsnr. 6.169099.1809 (Kapital ca. 125.000,00 EUR oder monatliche Rente ca. 800,00 EUR) und Versicherungsnr. 5.558250.251 (Kapital 122.344,90 EUR oder monatliche Rente 665,68 EUR) waren jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum kein ihm zuzuordnendes Vermögen. Das folgt aus den Auskünften, die das Gericht bei der Allianz eingeholt hat: Bei der Versicherung Nr. 5.558250.251 handelt es sich um eine sogenannte Unterstützungskassenversorgung. Träger der Versorgung ist die Unterstützungskasse. Mit einer Zusage verspricht der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer im Versorgungsfall von der rechtlich selbständigen Versorgungseinrichtung "Unterstützungskasse" die im Leistungsplan vorgesehene Versorgungsleistung erhalten wird. Erst zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Versorgungsleistung findet ein Vermögensübergang von der Unterstützungskasse auf den Kläger statt. Bei der Versicherung Nr. 6.169099.1809 handelt es sich um eine Firmenrückdeckungsversicherung; Versicherungsnehmer ist der ehemalige Arbeitgeber. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Versorgungsleistung findet ein Vermögensübergang vom ehemaligen Arbeitgeber auf den Kläger statt. Aus der Auskunft geht hinsichtlich beider Versorgungen klar hervor, dass das - für den Kläger gehaltene - Altersvorsorgevermögen im streitgegenständlichen Zeitraum nicht ihm selbst zugeordnet war. Handelt es sich nicht um Vermögen des Klägers, kommt es auf die Frage der Verwertbarkeit nicht mehr an. Denn Vermögen, das im Eigentum eines anderen steht, kann nicht vom Leistungsberechtigten verwertet werden. Auch die vom Beklagten mehrfach angeführte Grenze des Verwertungsausschlusses gem. § 168 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) setzt Vermögen des Leistungsberechtigten voraus und ist aus diesem Grunde nicht einschlägig.
Soweit der Beklagte die Auffassung vertreten hat, der Kläger habe die Möglichkeit, auf die für ihn durch den Arbeitgeber bzw. die Unterstützungskasse geführte betriebliche Altersversorgung vorzeitig zuzugreifen ("vorzeitiger Ablauf der Aufschub-zeit", siehe Schriftsatz vom 7.12.2017), sieht er der Sache nach die vom Kläger erworbene sogenannte unverfallbare Anwartschaft als eigenständiges Vermögen an. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann die Kammer offenlassen, denn nach Auskunft der Allianz ist eine vorzeitige Inanspruchnahme und damit Realisierung der Anwartschaft frühestens bei Eintritt in den Ruhestand möglich. Dem Beklagten ist darin beizustimmen, dass dies nicht unbedingt erst bei Vollendung des 65. Lebensjahres der Fall ist. Hiergegen spricht schon die in der Auskunft der Allianz angesprochene Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme bei Eintritt in den Ruhestand. Nicht überzeugend erscheint jedoch die Annahme des Beklagten, dass dieser vor-zeitige Eintritt in den Ruhestand der Disposition des Klägers unterliegt, der - so wohl der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung - lediglich den Entschluss fassen müsse, nicht mehr berufstätig sein zu wollen und sodann über den ehemaligen Arbeitgeber eine vorzeitige Auszahlung der Leistungen in die Wege leiten könne. Eine freie Disponierbarkeit durch den Kläger wäre nämlich mit § 6 Betriebsrentengesetz nicht vereinbar: Danach sind einem Arbeitnehmer, der die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente in Anspruch nimmt, auf sein Verlangen nach Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren. Hieraus resultiert im Umkehrschluss, dass eine vorzeitige Auszahlung der betrieblichen Altersversorgung ohne Inanspruchnahme auch der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht möglich ist. Eintritt in den Ruhestand und damit frühester Zeit-punkt der vorzeitigen Inanspruchnahme der betrieblichen Altersversorgungen kann daher nur der Eintritt in die (gegebenenfalls mit Abzügen) vorzeitige gesetzliche Altersrente sein. Laut Rentenauskunft der DRV vom 14.7.2016 war für den Kläger der frühest mögliche Rentenbeginn mit Abschlägen der 1.8.2017. Im streitgegenständlichen Zeitraum 1.7.2015 bis 31.10.2015 war dem Kläger nach alledem die Realisierung der erworbenen Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung nicht möglich.
Hatte der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum kein Einkommen und überstieg das zu berücksichtigende Vermögen auch nicht die einschlägigen Freibeträge, hat der Beklagte zu Unrecht die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt. Der Anspruch des Klägers richtet sich auf Gewährung von Leistungen als Zuschuss.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; hierbei wurde berücksichtigt, dass der Kläger ursprünglich die Gewährung von Leistungen als Zuschuss bis zum 31.12.2015 beantragt hatte.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.10.2015 als Zuschuss (anstelle eines Darlehens).
Der am 15.07.1954 geborene Kläger bezog nach Beendigung eines langjährigen Beschäftigungsverhältnisses als Pharmareferent bei der Firma Novo Nordisk im Zeitraum 09.08.2012 bis 07.08.2014 von der Arbeitsagentur Arbeitslosengeld I.
Auf einen Antrag des Klägers vom 06.10.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 24 Abs. 5 SGB II als Darlehen für die Zeit vom 01.02.2015 bis 30.06.2015 (Gesamtdarlehensbetrag 6.107,70 EUR). Hintergrund der darlehensweisen Bewilligung war die Annahme des Beklagten, dass der Kläger über grundsätzlich zu berücksichtigendes Vermögen (in Form einer betrieblichen Altersversorgung) verfüge, dessen sofortiger Verbrauch bzw. sofortige Verwertung nicht möglich war. Im Zusammenhang mit dem Erstantrag hatte der Kläger mit Schreiben vom 24.10.2014 erläutert, dass über seinen früheren Arbeitgeber Novo Nordisk Pharma GmbH bei der Allianz eine dreiteilige betriebliche Alters-versorgung für ihn bestehe (Lebensversicherung aus Direktversicherung: Versicherungsnr. 381597195, Versicherungsnr. 6/169099/1809 und Versicherungsnr. 5/558250/251). Die Allianz habe ihm mitgeteilt, dass diese Versicherungen nicht vorzeitig kündbar seien. Die Auszahlung könne erst nach dem Eintritt in die gesetz-liche Altersrente, frühestens zum Dezember 2017 erfolgen. Laut Schreiben der Allianz Pensions-Management e.V. (überbetriebliche Unterstützungskasse für die Wirtschaft) vom 13.01.2012 hatte der Kläger aus der betrieblichen Altersversorgung bei der Allianz Unterstützungskasse eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen erworben. Hinsichtlich der Vertragsnr. 5.558250.251 habe der Kläger zum 01.08.2019 Anspruch auf eine einmalige Kapitalzahlung in Höhe von 122.344,90 EUR oder auf eine monatliche Rente in Höhe von 665,68 EUR.
Am 17.07.2015 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Leistungen. In der Anlage VM gab er unter der Rubrik "4. (staatlich geförderte Altersvorsorge)" Alters-vorsorgevermögen in Höhe von ca. 287.000,- EUR (Allianz) sowie ca. 8.600,- (Riester, DBK) an. Auf weitere Aufforderung der Beklagten legte er eine Standmitteilung der Allianz Lebensversicherung AG über die Lebensversicherung Nr. 381597195 zum 01.10.2015 vor (Garantiekapital 39.870,- EUR, garantierte Leistung aus der erreichten Überschussbeteiligung 12.970,60 EUR, erreichte garantierte Leistung 52.840,60 EUR). Stand der Riester-Rentenversicherung bei der DBK war zum 31.12.2013 laut Schreiben der DBK vom 04.03.2014 8.577,32 EUR. Laut ergänzend vorgelegter Bescheinigung der DBK vom 30.07.2015 betrug der Wert des Riester-Vertrages zum 01.07.2015 (Rückkaufswert inkl. Überschussbeteiligung) 8.921,22 EUR, die Summe der eingezahlten Beträge 8.686,33 EUR.
Mit Bescheid vom 31.07.2015 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.12.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen, da er erneut nachgewiesen habe, dass der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von grundsätzlich zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich sei. Der Gesamtdarlehensbetrag betrug 6.869,24 EUR.
Am 20.08.2015 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Die lediglich darlehens-weise Gewährung von Leistungen sei fehlerhaft. Es sei schon nicht klar, auf welches Vermögen der Beklagte abstelle. Die Versicherung bei der DBK sei als Riester-Rente geschützt. Auf die betriebliche Altersversorgung bei der Allianz habe er keinen Zugriff. Weitere Kapitalanlagen (resultierend aus Investition einer Abfindung) bei den Firmen eco Consort bzw. Future Business seien gesperrt. Ergänzend legte der Kläger erneut das Schreiben der überbetrieblichen Unterstützungskasse der Allianz vom 13.01.2012 betreffend die Vertragsnr. 5.558250.251 (unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen zum 01.08.2019) sowie den Versicherungsschein über die Lebensversicherung Nr. 381597195 vor. Laut dem Schreiben der Allianz vom 13.01.2012 wurde die Versicherung unter dieser Nr. nach Ausscheiden des Klägers aus dem Gruppen- bzw. Sammelversicherungsvertrag (des ehemaligen Arbeitgebers) weitergeführt. Laut beigefügten Versicherungsbedingungen gilt folgende Verfügungsbeschränkung: "Nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung kann der Versicherungsnehmer nach dem Aus-scheiden aus seinem bisherigen Arbeitsverhältnis die Ansprüche aus der Versicherung in Höhe des durch die Beitragszahlung seines bisherigen Arbeitgebers gebildeten Wertes weder abtreten noch beleihen. Eine Kündigung der Versicherung ist ausgeschlossen".
Mit Schreiben vom 09.11.2015 meldete sich der Kläger ab dem 09.11.2015 vom Leistungsbezug ab.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2016 wies der Beklagte den Widerspruch zu-rück. Der Kläger verfüge über eine Lebensversicherung bei der Allianz Nr. 381597195 in Höhe von 39.870,- EUR. Aufgrund der Verfügungsbeschränkung könne diese Versicherung als nicht verwertbar betrachtet werden. Der Kläger habe jedoch weiter bei der Allianz eine Lebensversicherung in Höhe von 122.344,90 EUR (Nr. 5.558250.251). Eine Verfügungsbeschränkung wie bei der oben genannten Versicherung liege hier nicht vor. Unter Berücksichtigung des Freibetrages gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II bestehe noch ein erheblicher Vermögensbetrag, so dass eine Zuschussgewährung nicht möglich sei (LSG Nordrhein-Westfalen, L 12 AS 534/12). Maßgebend sei, dass die Verwertung vor Eintritt in den Ruhestand vertraglich unwiderruflich ausgeschlossen sei. Auch ein Rückkauf/eine Kündigung oder eine Beleihung dürfe nicht möglich sein. Dies müsse aus der jeweiligen Vereinbarung (z. B. Versicherungsvertrag) eindeutig hervorgehen. Diese Voraussetzung sei vor-liegend nicht erfüllt.
Am 02.06.2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung verweist er erneut darauf, dass es sich bei der Versicherung Nr. 5.558250.251 (122.344,90 EUR) um eine betriebliche Altersversorgung handele. Er selbst könne darüber nicht verfügen, da er schon von Gesetzes wegen keinen Rechtsanspruch auf Leistungen aus der Unterstützungskasse besitze (vgl. § 1 b Abs. 4 BetrAVG). Eine (vorzeitige) Kündigung sei rechtlich nicht möglich, schließlich diene die betriebliche Altersvorsorge der Absicherung des Arbeitnehmers im Ruhestand. Versicherungsnehmer sei im Übrigen nicht der Kläger, sondern die Firma Novo Nordisk (letzter Arbeitgeber). Ergänzend teilte der Kläger mit, dass er sich am 9.11.2015 vom Leistungsbezug abgemeldet habe, da er seine Riester-Rente bei der DBK trotz erheblicher finanzieller Verluste zurückgekauft habe. Dar-über hinaus habe er durch den Insolvenzverwalter der Anlagefirma eine Abschlagszahlung in Höhe von 6.902,98 EUR erhalten und von diesem Geld im April 2016 einen Umzug von Karlsruhe nach Bruchsal sowie seinen Lebensunterhalt von November 2015 bis Juli 2016 bestritten. Seit Ende Juli beziehe er nunmehr wieder Leistungen und zwar vom Jobcenter Stadt Karlsruhe.
Der Kläger beantragt (zuletzt noch),
den Bescheid vom 31.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.10.2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sollte der Kläger aus der Versicherung Nr. 5.558250.251 Versicherungsnehmer sein, werde auf § 168 Abs. 3 VVG hingewiesen. Der Verwertungsausschluss nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sei mit dem Kapitalzahlungsbetrag von ca. 122.000,- EUR bei Weitem überschritten.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten des Beklagten (Jobcenter Karlsruhe Land/Bruchsal und die Verwaltungsakten des Jobcenters Karlsruhe, das nach dem Umzug des Klägers zuständig geworden ist, beigezogen. Aus letzteren ergibt sich, dass der Kläger eine gesetzliche Altersrente mit Abschlägen frühestens zum 1.8.2017 in Anspruch nehmen konnte (Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung vom 14.7.2016). Auf Nachfrage durch das Gericht teilte das Unternehmen Allianz Pensions-Management e.V. mit Schreiben vom 15.08.2017 mit, es handele sich bei der Versorgung Nr. 5.558250.251 um eine Versorgung über die Unterstützungskasse der Allianz (betriebliche Altersvorsorge). Der Versorgungsberechtigte habe einen unverfallbaren Anspruch auf Zahlung einer Leistung aus der Unter-stützungskasse erworben. Während der Anwartschaftsphase (vor Abruf der Unterstützungskassenleistung als reguläre oder vorzeitige Altersleistung) seien Anwartschaften aus der betrieblichen Altersvorsorge nicht auf staatliche Sozialleistungen anrechenbar. Mit ergänzendem Schreiben vom 10.1.2018 wurden die Erläuterungen dahingehend ergänzt, dass bei diesem Durchführungsweg der betrieblichen Altersversorgung der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Versorgungsleistungen über die Unterstützungskasse zusage (mittelbare Zusage). Versicherungsnehmer der Rückdeckungsversicherung sei die Unterstützungskasse; die Anwartschaft werde planmäßig bei Vollendung des 65. Lebensjahres fällig; eine vorzeitige Inanspruchnahme sei frühestens bei Eintritt in den Ruhestand möglich. Bei der Vers.-Nr. 6.169099.1809 handele es sich um eine Firmen-Rückdeckungsversicherung; Versicherungsnehmer sei der ehemalige Arbeitgeber. Die Versicherungsleistung werde planmäßig bei Vollendung des 65. Lebensjahres fällig. Eine vorzeitige Inanspruchnahme sei frühestens bei Eintritt in den Ruhestand möglich. Die Vers.-Nr. 381 597 195 sei ehemals eine Firmen-Direktversicherung gewesen; bei deren Abschluss sei der ehemalige Arbeitgeber Versicherungsnehmer gewesen. Im Zuge des Ausscheidens des Klägers zum 31.12.2011 sei die Versicherungsnehmereigenschaft auf den Kläger übertragen worden. Zum 1.8.2017 sei die Versicherungsleistung an den Kläger ausgezahlt worden.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten sowie den der Gerichtsakte S 15 AS 1809/16 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zulässige Klage ist - soweit sie den zuletzt noch streitgegenständlichen Zeitraum betrifft - auch begründet. Der Kläger hat im Zeitraum 01.07.2015 bis 31.10.2015 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht lediglich als Darlehen, sondern als Zuschuss.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung erhalten gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II erwerbsfähige Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Alters-grenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, wenn sie hilfebedürftig sind. Nicht e-werbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten nach § 28 Abs. 1 SGB II Sozialgeld, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben.
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Dabei sind gemäß § 9 Abs. 2 SGB II bei Personen, die in einer Bedarfs-gemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berück-sichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig.
Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten gemäß § 19 SGB II als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen mindert die Geldleistungen der Agentur für Arbeit; soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist, mindert es die Geldleistungen der kommunalen Träger.
Nach § 22 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tat-sächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es ihr nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Nach § 12 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen; dazu können bewegliche Sachen ebenso gehören wie Immobilien und Forderungen. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Vom Vermögen sind nach § 12 Abs. 2 SGB II abzusetzen
1. ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 Euro je vollendetem Lebensjahr für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende volljährige Person und deren Partnerin oder Partner, mindestens aber jeweils 3 100 Euro; der Grundfreibetrag darf für jede voll-jährige Person und ihre Partnerin oder ihren Partner jeweils den nach Satz 2 maß-gebenden Höchstbetrag nicht übersteigen, 1a. ein Grundfreibetrag in Höhe von 3 100 Euro für jedes leistungsberechtigte minderjährige Kind, 2. Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufen-den Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet, 3. geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 750 Euro je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person und deren Partnerin oder Partner, höchstens jedoch jeweils den nach Satz 2 maßgebenden Höchstbetrag nicht übersteigt, 4. ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten.
Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen (§ 24 Abs. 5 S. 1 SGB II).
Streitgegenstand ist - nachdem der Kläger den zunächst auf Leistungen vom 1.7.2015 bis 31.12.2015 gerichteten Klageantrag in der mündlichen Verhandlung entsprechend beschränkt hat - der Zeitraum 1.7.2015 bis 31.10.2015. Unter Zugrundelegung der dargelegten Maßgaben war der Kläger im streitgegenständlichen Zeit-raum erwerbsfähig und hat auch die übrigen Leistungsvoraussetzungen nach § 7 ff. SGB II erfüllt. Entgegen der Auffassung des Beklagten konnte er seinen Lebens-unterhalt nicht aus seinem zu berücksichtigenden Vermögen sicherstellen. Er hat daher Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss. Die Gewährung lediglich als Darlehen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Nach dem Ergebnis der gerichtlichen Sachaufklärung stellten sich die Vermögensverhältnisse des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum zur Überzeugung der Kammer wie folgt dar: Der Kläger verfügte zum Antragszeitpunkt über Geschäftsanteile bei der Volksbank Bruchsal im Wert von 825,- EUR sowie bei der Volksbank Hei-delberg im Wert von 500,- EUR. Auf das in zwei verschiedene Fondsgesellschaften investierte Vermögen aus einer Abfindung konnte er nach deren Insolvenz nicht zu-greifen. Eine Riester-Rentenversicherung bei der DBK hatte zum 1.7.2015 den Wert 8.921,22 EUR.
Bei dem darüber hinaus im Leistungsantrag angegebenen Altersvorsorgevermögen bei der Allianz in Höhe von insgesamt rund 287.000,- EUR handelt es sich zur Überzeugung der Kammer allerdings nur zum Teil um Vermögen des Klägers selbst. Zum Vermögen des Klägers zu rechnen ist die seit Ausscheiden bei der Firma Novo Nordisk von der Allianz für ihn als Einzel-Lebensversicherung geführte Lebensversicherung mit der Nr. 381597195 zu sehen. Hinsichtlich dieser Versicherung gilt entsprechend der vom Kläger vorgelegten Versicherungsbedingungen eine Verfügungsbeschränkung: Nach den Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung kann der Versicherungsnehmer nach dem Aus-scheiden aus seinem bisherigen Arbeitsverhältnis die Ansprüche aus der Versicherung in Höhe des durch die Beitragszahlung seines bisherigen Arbeitgebers gebildeten Wertes weder abtreten noch beleihen. Eine Kündigung der Versicherung ist ausgeschlossen. Insoweit ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass diese Versicherung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II - ergänzend auch Nr. 1 - vom Vermögen abzusetzen ist.
Die weiteren Komponenten der für den Kläger bei der Allianz geführten betrieblichen Altersversorgung Versicherungsnr. 6.169099.1809 (Kapital ca. 125.000,00 EUR oder monatliche Rente ca. 800,00 EUR) und Versicherungsnr. 5.558250.251 (Kapital 122.344,90 EUR oder monatliche Rente 665,68 EUR) waren jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum kein ihm zuzuordnendes Vermögen. Das folgt aus den Auskünften, die das Gericht bei der Allianz eingeholt hat: Bei der Versicherung Nr. 5.558250.251 handelt es sich um eine sogenannte Unterstützungskassenversorgung. Träger der Versorgung ist die Unterstützungskasse. Mit einer Zusage verspricht der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer im Versorgungsfall von der rechtlich selbständigen Versorgungseinrichtung "Unterstützungskasse" die im Leistungsplan vorgesehene Versorgungsleistung erhalten wird. Erst zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Versorgungsleistung findet ein Vermögensübergang von der Unterstützungskasse auf den Kläger statt. Bei der Versicherung Nr. 6.169099.1809 handelt es sich um eine Firmenrückdeckungsversicherung; Versicherungsnehmer ist der ehemalige Arbeitgeber. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Versorgungsleistung findet ein Vermögensübergang vom ehemaligen Arbeitgeber auf den Kläger statt. Aus der Auskunft geht hinsichtlich beider Versorgungen klar hervor, dass das - für den Kläger gehaltene - Altersvorsorgevermögen im streitgegenständlichen Zeitraum nicht ihm selbst zugeordnet war. Handelt es sich nicht um Vermögen des Klägers, kommt es auf die Frage der Verwertbarkeit nicht mehr an. Denn Vermögen, das im Eigentum eines anderen steht, kann nicht vom Leistungsberechtigten verwertet werden. Auch die vom Beklagten mehrfach angeführte Grenze des Verwertungsausschlusses gem. § 168 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) setzt Vermögen des Leistungsberechtigten voraus und ist aus diesem Grunde nicht einschlägig.
Soweit der Beklagte die Auffassung vertreten hat, der Kläger habe die Möglichkeit, auf die für ihn durch den Arbeitgeber bzw. die Unterstützungskasse geführte betriebliche Altersversorgung vorzeitig zuzugreifen ("vorzeitiger Ablauf der Aufschub-zeit", siehe Schriftsatz vom 7.12.2017), sieht er der Sache nach die vom Kläger erworbene sogenannte unverfallbare Anwartschaft als eigenständiges Vermögen an. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann die Kammer offenlassen, denn nach Auskunft der Allianz ist eine vorzeitige Inanspruchnahme und damit Realisierung der Anwartschaft frühestens bei Eintritt in den Ruhestand möglich. Dem Beklagten ist darin beizustimmen, dass dies nicht unbedingt erst bei Vollendung des 65. Lebensjahres der Fall ist. Hiergegen spricht schon die in der Auskunft der Allianz angesprochene Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme bei Eintritt in den Ruhestand. Nicht überzeugend erscheint jedoch die Annahme des Beklagten, dass dieser vor-zeitige Eintritt in den Ruhestand der Disposition des Klägers unterliegt, der - so wohl der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung - lediglich den Entschluss fassen müsse, nicht mehr berufstätig sein zu wollen und sodann über den ehemaligen Arbeitgeber eine vorzeitige Auszahlung der Leistungen in die Wege leiten könne. Eine freie Disponierbarkeit durch den Kläger wäre nämlich mit § 6 Betriebsrentengesetz nicht vereinbar: Danach sind einem Arbeitnehmer, der die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente in Anspruch nimmt, auf sein Verlangen nach Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren. Hieraus resultiert im Umkehrschluss, dass eine vorzeitige Auszahlung der betrieblichen Altersversorgung ohne Inanspruchnahme auch der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht möglich ist. Eintritt in den Ruhestand und damit frühester Zeit-punkt der vorzeitigen Inanspruchnahme der betrieblichen Altersversorgungen kann daher nur der Eintritt in die (gegebenenfalls mit Abzügen) vorzeitige gesetzliche Altersrente sein. Laut Rentenauskunft der DRV vom 14.7.2016 war für den Kläger der frühest mögliche Rentenbeginn mit Abschlägen der 1.8.2017. Im streitgegenständlichen Zeitraum 1.7.2015 bis 31.10.2015 war dem Kläger nach alledem die Realisierung der erworbenen Anwartschaften aus betrieblicher Altersversorgung nicht möglich.
Hatte der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum kein Einkommen und überstieg das zu berücksichtigende Vermögen auch nicht die einschlägigen Freibeträge, hat der Beklagte zu Unrecht die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt. Der Anspruch des Klägers richtet sich auf Gewährung von Leistungen als Zuschuss.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG; hierbei wurde berücksichtigt, dass der Kläger ursprünglich die Gewährung von Leistungen als Zuschuss bis zum 31.12.2015 beantragt hatte.
Rechtskraft
Aus
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