S 4 AS 1712/07 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Konstanz (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 1712/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege einer Untätigkeitsklage/Eilsache die Bewilligung einer Erstausstattung, Umzugskosten sowie die Übernahme einer Kaution.

Mit Bescheid vom 10.05.2007 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab 01.05.2007 ganz auf, da der Antragsteller nicht bedürftig sei, da er in eheähnlicher Gemeinschaft lebe und seine Partnerin über Einkommen verfüge.

Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 08.05.2007 auf, ihm ein Antragsformular für die Gewährung einer Erstausstattung sowie für Umzugskosten zu übersenden. Mit Schreiben vom 10.05.2007 beantragte er vorsorglich die Übernahme einer Kaution.

Mit Schreiben vom 31.05.2007 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass für eine alleinstehende Person die maximale Wohnfläche 45 m² betrage. Die angemessene Kaltmiete belaufe sich in S., B. S. und P. auf 230,00 EUR, in den übrigen Gemeinden auf 215 EUR. Für die Heizkosten würden bei Ölheizung bei 45 m² 48,15 und bei Gasheizung 54,45 EUR gewährt. Kosten für Kaution und Umzugskosten könnten nur bei vorheriger Zusicherung übernommen werden, sobald ein konkretes Wohnungsangebot vorliege.

Am 02.06.2007 kündigte die Vermieterin dem Antragsteller.

Mit Schreiben vom 05.06.2007 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, die beantragten Leistungen zuzusichern.

Der Antragsteller wandte sich mit einem Untätigkeitsklage/Eilsache überschriebenem Brief an das Sozialgericht Konstanz.

II.

Der Antrag des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass er eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG begehrt. In der Hauptsache läge eine Verpflichtungsklage vor, da es sich bei den vom Antragsteller begehrten Zusicherungen um Verwaltungsakte handelt (Schmidt, in Oestreicher SGB XII/II, § 22 SGB I Rdnr. 125).

Es kann offenbleiben, ob der Antrag wegen fehlenden Rechtschutzbedürfnisses schon unzulässig ist, da dem Antragsteller zuzumuten ist, zunächst eine konkrete, den Vorgaben der Antragsgegnerin entsprechende Wohnung zu suchen, oder ob es sich bei dieser Frage um eine solche der Begründetheit handelt. Der Antrag ist zumindest unbegründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf einen Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Entscheidungserhebliche Angaben sind dabei von den Beteiligten glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Folglich müssen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss es im Ergebnis einer Prüfung der materiellen Rechtslage überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren im hauptsächlichen Verwaltungs- oder Klageverfahren erfolgreich sein wird (Anordnungsanspruch). Zum anderen muss eine gerichtliche Entscheidung deswegen dringend geboten sein, weil es dem Antragsteller wegen drohender schwerwiegender Nachteile nicht zuzumuten ist, den Ausgang eines Hauptverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System gegenseitiger Wechselbeziehung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Ders./Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 86b Rdnr. 27). Das bedeutet, ist etwa die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an einen Anordnungsgrund.

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Zusicherung einer Übernahme von Umzugskosten und einer Mietkaution. Er begehrt folglich keine Zusicherung im Hinblick auf eine konkrete Wohnung, sondern möchte pauschal eine Zusicherung im Hinblick auf eine noch zu suchende Wohnung, da die derzeit bewohnte Wohnung gekündigt wurde. Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II können solche Kosten bei vorheriger Zusicherung übernommen werden, wobei die Mietkaution nach Satz 3 als Darlehn erbracht werden soll. Eine solche Zusicherung kann die Antragsgegnerin jedoch sinnvollerweise nicht erteilen. Grundsätzlich sind die nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II erforderlichen Zusicherungen "vorher", also vor Entstehen der jeweiligen Kosten, einzuholen. Zwar handelt es sich bei der Zusicherung nach § 22 Abs. 3 SGB II und der nach § 22 Abs. 3 SGB II um rechtlich getrennte Zusicherungen (Schmidt, in Oestreicher SGB XII/II, § 22 SGB I Rdnr. 121), jedoch sind die beiden Zusicherungen insoweit miteinander verbunden, als die Zusicherung nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II, die ja nur dann erteilt wird, wenn der Umzug erforderlich ist, im Zusammenhang mit der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 Satz 3 SGB II steht (vgl. auch: Söhngen in: Schlegel/Voelzke, Juris-Praxiskommentar zum SGB II, § 22, Rdnr. 35; SG Dresden, Beschluss vom 01.03.2006, Az. S 23 AR 122/05 AS-PKH). Denn die Notwendigkeit und Angemessenheit der Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II steht im Zusammenhang mit der Frage der Angemessenheit der Kosten der neuen Unterkunft und zwar mit der Folge, dass ein Umzug nur als notwendig erachtet werden kann, wenn auf Grund des Umzugs in der neuen Wohnung lediglich angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung anfallen (so z.B. LSG Hamburg, Beschluss vom 28.09.2005, Az: L 5 B 255/05 ER-AS; Berlit, NDV 2006, 5, 22; Schmidt, in Oestreicher SGB XII/II, § 22 SGB I Rdnr. 123). Die Zusicherungen im Rahmen des § 22 Abs. 2 und 3 SGB II hängen somit davon ab, dass eine angemessene Wohnung vorliegt. Die Angemessenheit der neuen Unterkunft kann die Antragsgegnerin jedoch nicht beurteilen, da der Antragsteller noch keine konkrete Wohnung in Aussicht hat, sondern allenfalls pauschal eine Kostenübernahme beantragt hat. Sinn und Zweck der Regelungen der Zusicherungen ist zum einen, der Antragsgegnerin eine Möglichkeit der vorherigen Prüfung einzuräumen und zum anderen eine Gelegenheit zur Beratung zu eröffnen (Schmidt, in Oestreicher SGB XII/II, § 22 SGB I Rdnr. 85). Nur wenn im Hinblick auf eine konkrete Wohnung eine Zusicherung erteilt wird, kann diesem Sinn und Zweck Rechnung getragen und weiteren Problemen vorgebeugt werden. Solche Probleme könnten entstehen, wenn der Antragsteller aufgrund einer solchen Zusicherung in eine unangemessene Wohnung zieht und dann entsprechende Kosten verlangt, die aber nach dem oben Gesagten nicht zu übernehmen wären. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 31.05.2007 genau mitgeteilt, nach welchen Kriterien sich die Angemessenheit bemisst, so dass dem Antragsteller bewusst ist, welche Wohnungen er für sich in Betracht ziehen kann. Hat der Antragsteller eine entsprechende Wohnung in Aussicht, muss er sich mit der Antragsgegnerin in Verbindung setzten, die dann eine Zusicherung nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II erteilt. Da dann davon auszugehen sein wird, dass der Umzug auch notwendig war (s.o.), soll auch die Zusicherung für Umzugskosten und Mietkaution erteilt werden.

Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass der Antragsgegnerin bei der Übernahme der Kosten ein Ermessen eingeräumt ist. Dabei ist davon auszugehen, dass sich dieses Ermessen schon auf die Erteilung der Zusicherung bezieht (Schmidt, in Oestreicher SGB XII/II, § 22 SGB I Rdnr. 122). Andernfalls wäre auch für die Betroffenen schwer nachvollziehbar, wenn einerseits eine Zusicherung erteilt würde und im zweiten Schritt im Rahmen der Ermessensausübung letztlich doch keine Kosten übernommen würden. Würde das Gericht nun im Verfahren der einstweiligen Anordnung zur Erteilung einer Zusicherung verurteilen, so wäre die nicht nur eine Vorwegnahme der Hauptsache. Das Gericht würde vielmehr im einstweiligen Rechtschutz mehr gewähren, als es dies im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens könnte, da dort eine Verpflichtung nur bei Ermessensreduzierung auf Null möglich wäre.

Sowie der Antragsteller eine Erstausstattung begehrt, ist ebenfalls ein konkreter Bedarf abzuwarten, da noch gar nicht ersichtlich ist, was der Antragsteller alles benötigen wird, da eventuell wieder der Umzug in eine teilmöblierte Wohnung erfolgen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (analog).
Rechtskraft
Aus
Saved