Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Konstanz (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AS 323/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme von Kosten für eine mehrtägige Klassenfahrt in Höhe von 150,00 EUR.
Die am -.-.- geborene Klägerin steht seit 01.07.2005 im Leistungsbezug der Beklagten. Zuvor erhielt sie Leistungen vom Sozialamt. Mit der Klägerin in Bedarfsgemeinschaft leben ihre Mutter sowie ihre Geschwister.
Mit Schreiben vom 30.06.2006, eingegangen am 07.07.2006, beantragte die Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, die Übernahme der Kosten von 150,00 EUR für den mehrtägigen Landschulheimaufenthalt vom -.-. bis -.-.2006.
Mit Schreiben vom 07.07.2006 teilte die Beklagte der Mutter der Klägerin mit, es bestehe die Möglichkeit, bei der Schule einen Zuschuss für die Klassenfahrt zu beantragen. Dieser Zuschuss sei vorrangig zu den Leistungen nach dem SGB II zu beantragen. Es werde daher um einen Nachweis der Schule gebeten, ob die Klägerin diesen Zuschuss erhalten könne und in welcher Höhe dieser gewährt werde.
Mit Schreiben vom 25.09.2005 wurde die Mutter der Klägerin nochmals aufgefordert, entsprechende Mitwirkungshandlungen bis 12.10.2006 vorzunehmen. Das Schreiben enthielt eine Belehrung über die Folgen fehlender Mitwirkung.
Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 06.10.2006, die Kosten für mehrtägige Klassenfahrten seien nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II zu übernehmen. Ein Förderverein sei nicht verpflichtet, diese Kosten zu übernehmen.
Mit Bescheid vom 10.11.2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Sie sei aufgefordert worden, einen Nachweis vorzulegen, aus welchem ersichtlich sei, ob ein Zuschuss von der Schule für die Klassenfahrt beantragt worden sei. Diese Nachweise seien nicht vorgelegt worden. Aus diesem Grund sei der Antrag wegen fehlender Mitwirkung abzulehnen.
Die Mutter der Klägerin erhob mit Schreiben vom 27.10.2005 Widerspruch. Sie sei ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen und habe den geforderten Kontoauszug zugeschickt. Sie sei nicht dazu verpflichtet, einen Antrag beim Förderverein zu stellen, da die Kosten für mehrtägige Klassenfahrten nach § 23 SGB II zu übernehmen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Zeitpunkt des Bescheides sei die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Sie habe keine Nachweise darüber vorgelegt, ob und in welcher Höhe ein Zuschuss für die Klassenfahrt zu erhalten gewesen wäre. Diese Unterlagen seien zu Recht angefordert worden. Voraussetzung für die Bewilligung sei jedoch die Hilfebedürftigkeit im Hinblick auf die durch das Landschulheim verursachten Kosten. Hilfebedürftig sei nur derjenige, der die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhalte. Dies entspreche dem Grundsatz der Nachrangigkeit von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 05.02.2070, eingegangen am 07.02.2007, Klage erhoben.
Die Klägerin erklärt, es könne nicht sein, dass Fördervereine, die aus Spendengeldern der Eltern bestünden, als Leistungsträger bezeichnet würden und damit vorrangig seien. Schulen mit Fördervereinen seien somit gegenüber Schulen ohne Fördervereine benachteiligt. Darüber hinaus sei es eine Demütigung und Zumutung, dass sie an der Schule ihrer Tochter zum Betteln gezwungen werde.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 11.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2007 zu verurteilen, den beantragten Zuschuss zur Klassenfahrt zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat beim Verein der "Freunde des -Gymnasiums" Erkundigungen zu den Förderbedingungen eingeholt. Der 1. Vorstand teilte mit, die Anträge würden entweder direkt beim Verein oder über den Lehrer gestellt. Dabei könne die Einkommenssituation formlos dargelegt werden. Grundsätzlich erfahre nur der Vorstand und der Kassier von dem Antrag, manchmal würde auch beim Klassenlehrer nachgefragt. Die Unterstützung bedürftiger Schüler gehöre zu den Haupttätigkeiten des Vereins. In jeder Klasse würden ca. 2-3 Schüler unterstützt.
Wegen der Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Akten der Beklagten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Klägerin im vorliegenden Verfahren ist nur das Kind, das den Zuschuss beantragt hat, vertreten durch ihrer Mutter. Bei dem Zuschuss nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II handelt es sich um eine Leistung an die betroffene Schülerin. Jedoch ist der Antrag der Mutter nach dem Meistbegünstigungsprinzip (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 8/06 R) so auszulegen, dass die Mutter als Vertreterin ihrer Tochter (§ 1629 BGB) Klage erhoben hat (§ 73 Abs.2 Satz 2 SGG).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Bescheide und Ankündigungen konnten an die Mutter, als Vertreterin der Klägerin (§ 1829 BGB) und der Bedarfsgemeinschaft (§ 38 SGB II) adressiert werden.
Nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II sind Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst und werden gesondert erbracht. Grundsätzlich gilt im SGB II -wie im SGB XII und vorher im BSHG- der Nachranggrundsatz. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 SGB II dürfen Leistungen nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Diese Reglung wird im Hinblick auf die Selbsthilfemöglichkeiten durch § 9 Abs. 1 SGB II konkretisiert, wonach nicht hilfebedürftig unter anderem derjenige ist, der Hilfe von anderen erhält. Zwar erhält die Klägerin tatsächlich keine Hilfe von anderen, insbesondere vom Verein der "Freunde -Gymnasiums" (Förderverein), da sie einen entsprechenden Antrag beim Förderverein nicht gestellt hat. Jedoch wäre es ihr im Rahmen der als Ausprägung des Nachranggrundsatzes geltenden Selbsthilfe zumutbar gewesen, einen solchen Antrag zu stellen. Bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende handelt es sich um eine steuerfinanzierte Leistung, so dass auch zu berücksichtigen ist, dass die Allgemeinheit nicht über Gebühr belastet werden darf. Somit sind alle Selbsthilfemöglichkeiten vorrangig vor der staatlichen Unterstützung auszuschöpfen (Schumacher, in Oestreicher, SGB XII/SGB II, Stand März 2007, 52. Ergänzungslieferung, § 9 SGB II, Rdnr. 13). Es steht gerade nicht im Belieben der Hilfesuchenden, zwischen der Selbsthilfe und der Inanspruchnahme öffentlicher Unterstützung zu wählen. Es wäre mit dem Nachranggrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn der Einzelne sich ohne Rücksicht auf die Möglichkeit, seinen Bedarf von dritter Seite zu befriedigen, an den Träger der Sozialhilfe mit der Bitte um Hilfe wenden könnte (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.04.1999, Az. 7 S 909/98, zum Nachranggrundsatz im BSHG). Dies umfasst, dass die Betroffene sich bemüht, vorab andere vorhandene Hilfsmöglichkeiten zu verwirklichen (BVerwG, Urteil vom 29.09.1971, Az. V C 2.71, zum BSHG). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Zwar darf der Hilfesuchende auch auf Leistungen verwiesen werden, auf die kein Rechtsanspruch besteht (Brühl, in LPK-BSHG § 2 Rdnr. 9). Doch kann er nicht auf einen schwer realisierbaren Anspruch verwiesen werden (BVerwG, a.a.O.). Darüber hinaus muss die Inanspruchnahme zumutbar sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist der Zuschuss zur Klassenfahrt erst zu gewähren, wenn nachgewiesen wird, dass anderweitige Hilfen nicht geleistet werden (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 20.09.2006, Az. L 11 B 340/06 AS ER, BVerwG, ZfSH 1983, 282). Der Klägerin stand eine nicht fernliegende zumutbare Möglichkeit zur Vermeindung der konkreten Hilfebedürftigkeit zur Verfügung. Sie hätte beim Förderverein Unterstützung beantragen können. Soweit die Klägerin argumentiert, der Förderverein sei kein Leistungsträger, so ist dem zuzustimmen, jedoch setzt § 9 SGB II nicht voraus, dass die erforderliche Hilfe von anderen Leistungsträgern kommt. Nach § 9 SGB II schließt die Hilfe anderer, insbesondere anderer Sozialleistungsträger die Hilfebedürftigkeit aus, andere Sozialleistungsträger sind somit lediglich beispielhaft hervorgehoben. Der Antrag beim Förderverein war der Klägerin zumutbar. Entgegen der Ansicht der Klägerin führt eine Inanspruchnahme von Leistungen des Fördervereins nicht dazu, dass sie in der Klasse als bedürftig gilt. Nach Auskunft des Vorstands des Fördervereins erführen nur er, der Kassier und gegebenenfalls noch der Klassenlehrer von der Unterstützung durch den Förderverein. Pro Klasse würden immer ca. 2-3 Schüler unterstützt, so dass die Klägerin nicht die Einzige wäre. Auch handelt es sich entgegen der Annahme der Klägerin nicht um einen Zwang zum Betteln. Vielmehr sieht es der Förderverein als seine Hauptaufgabe an, bedürftige Schüler zu unterstützen. Da der Förderverein die Unterstützung bedürftiger Schüler als seine Haupttätigkeit bezeichnet, ist eine Leistung an die Klägerin auch nicht so fernliegend, dass sie den Verweis auf die Selbsthilfe im Rahmen des Nachranggrundsatzes ausschließen würde. Soweit die Klägerin vorträgt, es könne nicht sein, dass Fördervereine, die aus Spendengeldern der Eltern bestünden, vorrangig seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass dies der Konzeption der staatlichen Fürsorgeleistungen entspricht (s.o.). Auch ist zu berücksichtigen, dass die Mitglieder des Fördervereins ihre Spenden freiwillig leisten, damit bedürftigen Schülern unkompliziert geholfen werden kann.
Da von einer Hilfebedürftigkeit der Klägerin erst nach erfolgloser Antragstellung beim Förderverein auszugehen und die Klägerin diese nachzuweisen hat (Schleswig-Holsteinisches LSG a.a.O.), war sie nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I verpflichtet, entsprechende Beweise bei der Beklagten vorzulegen. Dieser Verpflichtung ist die Klägerin trotz zweimaliger Aufforderung und Fristsetzung nicht nachgekommen, so dass die Beklagte die Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 SGB I versagen konnte.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Das Gericht hat trotz des Streitwertes von nur 200 EUR die Berufung zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die entscheidenden Rechtsfrage unter Geltung des SGB II noch nicht endgültig höchstrichterlich entschieden wurde (§ 144 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme von Kosten für eine mehrtägige Klassenfahrt in Höhe von 150,00 EUR.
Die am -.-.- geborene Klägerin steht seit 01.07.2005 im Leistungsbezug der Beklagten. Zuvor erhielt sie Leistungen vom Sozialamt. Mit der Klägerin in Bedarfsgemeinschaft leben ihre Mutter sowie ihre Geschwister.
Mit Schreiben vom 30.06.2006, eingegangen am 07.07.2006, beantragte die Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, die Übernahme der Kosten von 150,00 EUR für den mehrtägigen Landschulheimaufenthalt vom -.-. bis -.-.2006.
Mit Schreiben vom 07.07.2006 teilte die Beklagte der Mutter der Klägerin mit, es bestehe die Möglichkeit, bei der Schule einen Zuschuss für die Klassenfahrt zu beantragen. Dieser Zuschuss sei vorrangig zu den Leistungen nach dem SGB II zu beantragen. Es werde daher um einen Nachweis der Schule gebeten, ob die Klägerin diesen Zuschuss erhalten könne und in welcher Höhe dieser gewährt werde.
Mit Schreiben vom 25.09.2005 wurde die Mutter der Klägerin nochmals aufgefordert, entsprechende Mitwirkungshandlungen bis 12.10.2006 vorzunehmen. Das Schreiben enthielt eine Belehrung über die Folgen fehlender Mitwirkung.
Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 06.10.2006, die Kosten für mehrtägige Klassenfahrten seien nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II zu übernehmen. Ein Förderverein sei nicht verpflichtet, diese Kosten zu übernehmen.
Mit Bescheid vom 10.11.2006 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Sie sei aufgefordert worden, einen Nachweis vorzulegen, aus welchem ersichtlich sei, ob ein Zuschuss von der Schule für die Klassenfahrt beantragt worden sei. Diese Nachweise seien nicht vorgelegt worden. Aus diesem Grund sei der Antrag wegen fehlender Mitwirkung abzulehnen.
Die Mutter der Klägerin erhob mit Schreiben vom 27.10.2005 Widerspruch. Sie sei ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen und habe den geforderten Kontoauszug zugeschickt. Sie sei nicht dazu verpflichtet, einen Antrag beim Förderverein zu stellen, da die Kosten für mehrtägige Klassenfahrten nach § 23 SGB II zu übernehmen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Im Zeitpunkt des Bescheides sei die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Sie habe keine Nachweise darüber vorgelegt, ob und in welcher Höhe ein Zuschuss für die Klassenfahrt zu erhalten gewesen wäre. Diese Unterlagen seien zu Recht angefordert worden. Voraussetzung für die Bewilligung sei jedoch die Hilfebedürftigkeit im Hinblick auf die durch das Landschulheim verursachten Kosten. Hilfebedürftig sei nur derjenige, der die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhalte. Dies entspreche dem Grundsatz der Nachrangigkeit von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 05.02.2070, eingegangen am 07.02.2007, Klage erhoben.
Die Klägerin erklärt, es könne nicht sein, dass Fördervereine, die aus Spendengeldern der Eltern bestünden, als Leistungsträger bezeichnet würden und damit vorrangig seien. Schulen mit Fördervereinen seien somit gegenüber Schulen ohne Fördervereine benachteiligt. Darüber hinaus sei es eine Demütigung und Zumutung, dass sie an der Schule ihrer Tochter zum Betteln gezwungen werde.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 11.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2007 zu verurteilen, den beantragten Zuschuss zur Klassenfahrt zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.
Das Gericht hat beim Verein der "Freunde des -Gymnasiums" Erkundigungen zu den Förderbedingungen eingeholt. Der 1. Vorstand teilte mit, die Anträge würden entweder direkt beim Verein oder über den Lehrer gestellt. Dabei könne die Einkommenssituation formlos dargelegt werden. Grundsätzlich erfahre nur der Vorstand und der Kassier von dem Antrag, manchmal würde auch beim Klassenlehrer nachgefragt. Die Unterstützung bedürftiger Schüler gehöre zu den Haupttätigkeiten des Vereins. In jeder Klasse würden ca. 2-3 Schüler unterstützt.
Wegen der Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Akten der Beklagten Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Klägerin im vorliegenden Verfahren ist nur das Kind, das den Zuschuss beantragt hat, vertreten durch ihrer Mutter. Bei dem Zuschuss nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II handelt es sich um eine Leistung an die betroffene Schülerin. Jedoch ist der Antrag der Mutter nach dem Meistbegünstigungsprinzip (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 8/06 R) so auszulegen, dass die Mutter als Vertreterin ihrer Tochter (§ 1629 BGB) Klage erhoben hat (§ 73 Abs.2 Satz 2 SGG).
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Bescheide und Ankündigungen konnten an die Mutter, als Vertreterin der Klägerin (§ 1829 BGB) und der Bedarfsgemeinschaft (§ 38 SGB II) adressiert werden.
Nach § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II sind Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst und werden gesondert erbracht. Grundsätzlich gilt im SGB II -wie im SGB XII und vorher im BSHG- der Nachranggrundsatz. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 SGB II dürfen Leistungen nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Diese Reglung wird im Hinblick auf die Selbsthilfemöglichkeiten durch § 9 Abs. 1 SGB II konkretisiert, wonach nicht hilfebedürftig unter anderem derjenige ist, der Hilfe von anderen erhält. Zwar erhält die Klägerin tatsächlich keine Hilfe von anderen, insbesondere vom Verein der "Freunde -Gymnasiums" (Förderverein), da sie einen entsprechenden Antrag beim Förderverein nicht gestellt hat. Jedoch wäre es ihr im Rahmen der als Ausprägung des Nachranggrundsatzes geltenden Selbsthilfe zumutbar gewesen, einen solchen Antrag zu stellen. Bei den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende handelt es sich um eine steuerfinanzierte Leistung, so dass auch zu berücksichtigen ist, dass die Allgemeinheit nicht über Gebühr belastet werden darf. Somit sind alle Selbsthilfemöglichkeiten vorrangig vor der staatlichen Unterstützung auszuschöpfen (Schumacher, in Oestreicher, SGB XII/SGB II, Stand März 2007, 52. Ergänzungslieferung, § 9 SGB II, Rdnr. 13). Es steht gerade nicht im Belieben der Hilfesuchenden, zwischen der Selbsthilfe und der Inanspruchnahme öffentlicher Unterstützung zu wählen. Es wäre mit dem Nachranggrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn der Einzelne sich ohne Rücksicht auf die Möglichkeit, seinen Bedarf von dritter Seite zu befriedigen, an den Träger der Sozialhilfe mit der Bitte um Hilfe wenden könnte (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.04.1999, Az. 7 S 909/98, zum Nachranggrundsatz im BSHG). Dies umfasst, dass die Betroffene sich bemüht, vorab andere vorhandene Hilfsmöglichkeiten zu verwirklichen (BVerwG, Urteil vom 29.09.1971, Az. V C 2.71, zum BSHG). Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Zwar darf der Hilfesuchende auch auf Leistungen verwiesen werden, auf die kein Rechtsanspruch besteht (Brühl, in LPK-BSHG § 2 Rdnr. 9). Doch kann er nicht auf einen schwer realisierbaren Anspruch verwiesen werden (BVerwG, a.a.O.). Darüber hinaus muss die Inanspruchnahme zumutbar sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist der Zuschuss zur Klassenfahrt erst zu gewähren, wenn nachgewiesen wird, dass anderweitige Hilfen nicht geleistet werden (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 20.09.2006, Az. L 11 B 340/06 AS ER, BVerwG, ZfSH 1983, 282). Der Klägerin stand eine nicht fernliegende zumutbare Möglichkeit zur Vermeindung der konkreten Hilfebedürftigkeit zur Verfügung. Sie hätte beim Förderverein Unterstützung beantragen können. Soweit die Klägerin argumentiert, der Förderverein sei kein Leistungsträger, so ist dem zuzustimmen, jedoch setzt § 9 SGB II nicht voraus, dass die erforderliche Hilfe von anderen Leistungsträgern kommt. Nach § 9 SGB II schließt die Hilfe anderer, insbesondere anderer Sozialleistungsträger die Hilfebedürftigkeit aus, andere Sozialleistungsträger sind somit lediglich beispielhaft hervorgehoben. Der Antrag beim Förderverein war der Klägerin zumutbar. Entgegen der Ansicht der Klägerin führt eine Inanspruchnahme von Leistungen des Fördervereins nicht dazu, dass sie in der Klasse als bedürftig gilt. Nach Auskunft des Vorstands des Fördervereins erführen nur er, der Kassier und gegebenenfalls noch der Klassenlehrer von der Unterstützung durch den Förderverein. Pro Klasse würden immer ca. 2-3 Schüler unterstützt, so dass die Klägerin nicht die Einzige wäre. Auch handelt es sich entgegen der Annahme der Klägerin nicht um einen Zwang zum Betteln. Vielmehr sieht es der Förderverein als seine Hauptaufgabe an, bedürftige Schüler zu unterstützen. Da der Förderverein die Unterstützung bedürftiger Schüler als seine Haupttätigkeit bezeichnet, ist eine Leistung an die Klägerin auch nicht so fernliegend, dass sie den Verweis auf die Selbsthilfe im Rahmen des Nachranggrundsatzes ausschließen würde. Soweit die Klägerin vorträgt, es könne nicht sein, dass Fördervereine, die aus Spendengeldern der Eltern bestünden, vorrangig seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass dies der Konzeption der staatlichen Fürsorgeleistungen entspricht (s.o.). Auch ist zu berücksichtigen, dass die Mitglieder des Fördervereins ihre Spenden freiwillig leisten, damit bedürftigen Schülern unkompliziert geholfen werden kann.
Da von einer Hilfebedürftigkeit der Klägerin erst nach erfolgloser Antragstellung beim Förderverein auszugehen und die Klägerin diese nachzuweisen hat (Schleswig-Holsteinisches LSG a.a.O.), war sie nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I verpflichtet, entsprechende Beweise bei der Beklagten vorzulegen. Dieser Verpflichtung ist die Klägerin trotz zweimaliger Aufforderung und Fristsetzung nicht nachgekommen, so dass die Beklagte die Leistung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 SGB I versagen konnte.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Das Gericht hat trotz des Streitwertes von nur 200 EUR die Berufung zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die entscheidenden Rechtsfrage unter Geltung des SGB II noch nicht endgültig höchstrichterlich entschieden wurde (§ 144 Abs. 2 SGG).
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