Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Konstanz (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1780/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Erstattung von Anwaltskosten.
Der am 06.08.1939 in Ravensburg geborene Kläger bezog seit dem 01.09.2004 von der Beklagten Regelaltersrente (Bescheid vom 17.08.2004). Nachdem die Witwe von einem am selben Tag geborenen Manfred Huber bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente beantragt hatte, ging die Beklagte davon aus, dass der Kläger verstorben sei, stellte dessen Rentenzahlung im Juli 2008 ein und ließ sich die ab Juni 2008 geleisteten Rentenzahlungen von seiner Bank zurücküberweisen.
Am 20.10.2008 wurde der Kläger im Regionalzentrum der Beklagten in Ravensburg vorstellig und verlangte die Wiederaufnahme seiner Rentenzahlung. Am 24.10.2008 schaltete sich zudem die Prozessbevollmächtigte des Klägers ein und forderte ebenfalls die Zahlungsfortsetzung.
Nachdem in der Folge von der Beklagten die Rente wieder geleistet worden war (vgl. Schreiben vom 30.10.2008), machte der Kläger mit Schreiben vom 12.01.2009 Anwaltskosten für ein Antrags- und Nachprüfungsverfahren in Höhe von 809,20 EUR geltend, die ihm bislang außergerichtlich entstanden seien. Er sei wegen des Vorfalls berechtigt gewesen, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs habe die Beklagte für die Anwaltskosten zu haften.
Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 19.01.2009 mit, dass die anwaltliche Tätigkeit im Verwaltungs- und nicht in einem Widerspruchsverfahren erfolgt sei. Insoweit seien die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten nicht nach § 63 Sozialgesetzbuch (SGB) X erstattungsfähig.
Mit Bescheid vom 16.02.2009 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung nochmals ab. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 02.06.2009).
Am 01.07.2009 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Konstanz Klage erhoben. Er verlange seine Anwaltskosten erstattet. Grundlage seien hierfür § 63 SGB X bzw. § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung mache er nicht geltend.
Die Beklagte hat im Gerichtsverfahren 300 EUR an den Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bezahlt.
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 509,20 EUR zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25.02.2010 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Insbesondere wurde sie form- und fristgemäß erhoben. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 16.02.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 02.06.2009, sind nicht rechtswidrig und beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung seiner Anwaltskosten gegen die Beklagte. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage im Sozialrecht.
§ 63 Abs. 1 SGB X ist auf das Verwaltungsverfahren nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Er setzt einen erfolgreichen Widerspruch voraus. Das Gesetz geht von der Rechtslage aus, dass ein Kostenerstattungsanspruch nur in einem Rechtsbehelfsverfahren besteht, nicht jedoch in einem Verwaltungsverfahren (BSG, Urteil vom 20.04.1983, Az. 5a RKn 1/82; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.12.1990, Az. 9a/9 RVs 12/89). Der Versicherte hat dafür einen Anspruch auf Beratung und Auskunft gegenüber dem Rentenversicherungsträger. Erst wenn ein Antrag abgelehnt wird und er dagegen mit Widerspruch oder Klage vorgeht, ist die Erstattung von Anwaltskosten möglich, d.h. nur Kosten der Rechtsverteidigung, nicht aber der Rechtsantragstellung sind erstattungsfähig. Dabei trifft das Gesetz keine Unterscheidung, ob das Verwaltungsverfahren originär angelegt oder auf die Korrektur einer Rechtslage gerichtet ist. Im vorliegenden Fall wurde die Rentenzahlung an den Kläger bereits in Folge seines Antrages auf Zahlungsfortsetzung im Verwaltungsverfahren wieder aufgenommen. Ein Widerspruchsverfahren fand insoweit nicht statt bzw. wurde vom Kläger nicht erfolgreich abgeschlossen. Eine Kostenerstattung ist danach ausgeschlossen.
Der vom Kläger weiter als Grundlage für die Kostenerstattung angeführte § 193 SGG setzt die Durchführung eines Gerichtsverfahrens voraus. Über die Fortsetzung der Rentenleistungen wurde jedoch kein solches Verfahren angestrengt.
Auch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lässt sich ein Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner Anwaltskosten nicht herleiten. Voraussetzung für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist die Pflichtverletzung eines Leistungsträgers, die zu einem (rechtlichen) Schaden in Form des Ausbleibens von Vorteilen (insbesondere Anwartschaften, Ansprüchen, Leistungen) geführt hat, die an sich im Sozialrecht vorgesehen sind und insbesondere dem betroffenen Bürger zugutekommen sollen (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, vor §§ 38 bis 47 SGB I, Rn. 30). Gegebenenfalls ist dann im Wege der Naturalrestitution ein Zustand wieder herzustellen, der ohne Pflichtverletzung des jeweiligen Sozialleistungsträgers bestehen würde. Ziel des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist also die Herstellung des Zustandes, der eingetreten wäre, wenn die Verwaltung sich nicht rechtswidrig verhalten hätte. Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann nur die Erfüllung des infolge des Verwaltungsfehlers beeinträchtigten originären Hauptanspruchs sein, es handelt sich hingegen nicht um einen umfassenden Schadensersatzanspruch (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2009, Az. L 34 AS 1736/09 m.w.N.). Der geltend gemachte Anspruch auf Anwaltskostenerstattung fällt im vorliegenden Fall nicht unter den Hauptanspruch des Klägers. Dieser umfasst lediglich die eigentliche Rentenzahlung, so dass aus einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein weitergehender Schadensersatzanspruch abgeleitet werden kann.
Ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung wurde vom Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht. Ein solcher wäre ggf. vor dem Landgericht zu verfolgen (vgl. § 71 Gerichtsverfassungsgesetz).
Da es nach alledem bereits an einer Rechtsgrundlage für das klägerische Begehr fehlt, konnte offenbleiben, ob die geforderten Anwaltskosten nicht zusätzlich auch der Höhe nach zu beanstanden gewesen wären. Erhebliche Zweifel hinsichtlich der Höhe der Kosten ergeben sich insoweit, als die Rechtsanwältin des Klägers neben ihrer Tätigkeit im Antragsverfahren zusätzlich noch Kosten für die Nachprüfung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes, d.h. ein Widerspruchsverfahren, dem Kläger gegenüber geltend gemacht hat, obwohl ein solches Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt bzw. bei Kostenstellung nicht beendet worden war.
Die Klage war abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten für dieses Gerichtsverfahren ergibt sich aus § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 EUR wird nicht erreicht. Gründe, die Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Im Streit steht die Erstattung von Anwaltskosten.
Der am 06.08.1939 in Ravensburg geborene Kläger bezog seit dem 01.09.2004 von der Beklagten Regelaltersrente (Bescheid vom 17.08.2004). Nachdem die Witwe von einem am selben Tag geborenen Manfred Huber bei der Beklagten die Gewährung von Witwenrente beantragt hatte, ging die Beklagte davon aus, dass der Kläger verstorben sei, stellte dessen Rentenzahlung im Juli 2008 ein und ließ sich die ab Juni 2008 geleisteten Rentenzahlungen von seiner Bank zurücküberweisen.
Am 20.10.2008 wurde der Kläger im Regionalzentrum der Beklagten in Ravensburg vorstellig und verlangte die Wiederaufnahme seiner Rentenzahlung. Am 24.10.2008 schaltete sich zudem die Prozessbevollmächtigte des Klägers ein und forderte ebenfalls die Zahlungsfortsetzung.
Nachdem in der Folge von der Beklagten die Rente wieder geleistet worden war (vgl. Schreiben vom 30.10.2008), machte der Kläger mit Schreiben vom 12.01.2009 Anwaltskosten für ein Antrags- und Nachprüfungsverfahren in Höhe von 809,20 EUR geltend, die ihm bislang außergerichtlich entstanden seien. Er sei wegen des Vorfalls berechtigt gewesen, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs habe die Beklagte für die Anwaltskosten zu haften.
Hierauf teilte die Beklagte dem Kläger unter dem 19.01.2009 mit, dass die anwaltliche Tätigkeit im Verwaltungs- und nicht in einem Widerspruchsverfahren erfolgt sei. Insoweit seien die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten nicht nach § 63 Sozialgesetzbuch (SGB) X erstattungsfähig.
Mit Bescheid vom 16.02.2009 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung nochmals ab. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 02.06.2009).
Am 01.07.2009 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Konstanz Klage erhoben. Er verlange seine Anwaltskosten erstattet. Grundlage seien hierfür § 63 SGB X bzw. § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung mache er nicht geltend.
Die Beklagte hat im Gerichtsverfahren 300 EUR an den Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bezahlt.
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.06.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 509,20 EUR zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 25.02.2010 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Insbesondere wurde sie form- und fristgemäß erhoben. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 16.02.2009 und der Widerspruchsbescheid vom 02.06.2009, sind nicht rechtswidrig und beschweren den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung seiner Anwaltskosten gegen die Beklagte. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage im Sozialrecht.
§ 63 Abs. 1 SGB X ist auf das Verwaltungsverfahren nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar. Der Wortlaut der Vorschrift ist eindeutig. Er setzt einen erfolgreichen Widerspruch voraus. Das Gesetz geht von der Rechtslage aus, dass ein Kostenerstattungsanspruch nur in einem Rechtsbehelfsverfahren besteht, nicht jedoch in einem Verwaltungsverfahren (BSG, Urteil vom 20.04.1983, Az. 5a RKn 1/82; vgl. auch BSG, Urteil vom 12.12.1990, Az. 9a/9 RVs 12/89). Der Versicherte hat dafür einen Anspruch auf Beratung und Auskunft gegenüber dem Rentenversicherungsträger. Erst wenn ein Antrag abgelehnt wird und er dagegen mit Widerspruch oder Klage vorgeht, ist die Erstattung von Anwaltskosten möglich, d.h. nur Kosten der Rechtsverteidigung, nicht aber der Rechtsantragstellung sind erstattungsfähig. Dabei trifft das Gesetz keine Unterscheidung, ob das Verwaltungsverfahren originär angelegt oder auf die Korrektur einer Rechtslage gerichtet ist. Im vorliegenden Fall wurde die Rentenzahlung an den Kläger bereits in Folge seines Antrages auf Zahlungsfortsetzung im Verwaltungsverfahren wieder aufgenommen. Ein Widerspruchsverfahren fand insoweit nicht statt bzw. wurde vom Kläger nicht erfolgreich abgeschlossen. Eine Kostenerstattung ist danach ausgeschlossen.
Der vom Kläger weiter als Grundlage für die Kostenerstattung angeführte § 193 SGG setzt die Durchführung eines Gerichtsverfahrens voraus. Über die Fortsetzung der Rentenleistungen wurde jedoch kein solches Verfahren angestrengt.
Auch aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lässt sich ein Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner Anwaltskosten nicht herleiten. Voraussetzung für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist die Pflichtverletzung eines Leistungsträgers, die zu einem (rechtlichen) Schaden in Form des Ausbleibens von Vorteilen (insbesondere Anwartschaften, Ansprüchen, Leistungen) geführt hat, die an sich im Sozialrecht vorgesehen sind und insbesondere dem betroffenen Bürger zugutekommen sollen (vgl. Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, vor §§ 38 bis 47 SGB I, Rn. 30). Gegebenenfalls ist dann im Wege der Naturalrestitution ein Zustand wieder herzustellen, der ohne Pflichtverletzung des jeweiligen Sozialleistungsträgers bestehen würde. Ziel des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist also die Herstellung des Zustandes, der eingetreten wäre, wenn die Verwaltung sich nicht rechtswidrig verhalten hätte. Rechtsfolge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann nur die Erfüllung des infolge des Verwaltungsfehlers beeinträchtigten originären Hauptanspruchs sein, es handelt sich hingegen nicht um einen umfassenden Schadensersatzanspruch (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.12.2009, Az. L 34 AS 1736/09 m.w.N.). Der geltend gemachte Anspruch auf Anwaltskostenerstattung fällt im vorliegenden Fall nicht unter den Hauptanspruch des Klägers. Dieser umfasst lediglich die eigentliche Rentenzahlung, so dass aus einer etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein weitergehender Schadensersatzanspruch abgeleitet werden kann.
Ein Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung wurde vom Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht. Ein solcher wäre ggf. vor dem Landgericht zu verfolgen (vgl. § 71 Gerichtsverfassungsgesetz).
Da es nach alledem bereits an einer Rechtsgrundlage für das klägerische Begehr fehlt, konnte offenbleiben, ob die geforderten Anwaltskosten nicht zusätzlich auch der Höhe nach zu beanstanden gewesen wären. Erhebliche Zweifel hinsichtlich der Höhe der Kosten ergeben sich insoweit, als die Rechtsanwältin des Klägers neben ihrer Tätigkeit im Antragsverfahren zusätzlich noch Kosten für die Nachprüfung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes, d.h. ein Widerspruchsverfahren, dem Kläger gegenüber geltend gemacht hat, obwohl ein solches Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt bzw. bei Kostenstellung nicht beendet worden war.
Die Klage war abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten für dieses Gerichtsverfahren ergibt sich aus § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Die Berufungssumme des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG in Höhe von 750 EUR wird nicht erreicht. Gründe, die Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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