Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Leipzig (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 598/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung ist, ohne den Nachweis einer Mahnung und einer abgelaufenen Mahnfrist des Arbeitgebers als Verleiher, der Entleiher berechtigt, die Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge zu verweigern.
I. Der Bescheid vom 27.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2004 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.764,45 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aus Arbeitnehmerüberlassung.
Der Kläger betreibt unter einer Einzelfirma ein Sanitär- und Heizungsunternehmen. Vom 01.07.1999 bis 30.10.1999 entlieh er von der " ...K ...Personalleasing" den Arbeitnehmer und Beigeladenen zu 1) ...Sch ... Nach Betriebsprüfung der Landesversicherungsanstalt Berlin waren für den vorgenannten Zeitraum 1892,57 EUR Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten. Am 20.04.2000 eröffnete das Amtsgericht Neuruppin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma ... K ... Personalleasing.
Durch Bescheid vom 27.11.2003 verlangte die Beklagte im Wege der Entleiherhaftung von dem Kläger Sozialversicherungsbeiträge der Firma ... K ... Personalleasing in Höhe von 1892,57 EUR. Es bestünden Beitragsrückstände für den Zeitraum "01.04.1999 bis 31.12.1999". Bei einem wirksamen Vertrag hafte der Entleiher für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers (Verleiher) wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden seien. Diese Haftung hänge nicht davon ab, ob der Entleiher seiner Verpflichtung aus dem Leiharbeitnehmervertrag nachgekommen sei. Diese sozialversicherungsrechtliche Regelung diene dem Schutz der Sozialversicherungsträger und damit der Allgemeinheit. Wegen der bestehenden Beitragsrückstände sei die Firma ... K ... ordnungsgemäß gemahnt worden, ohne dass entsprechende Zahlungen erfolgt seien. Die Ansprüche auf Beiträge seien auch nicht verjährt. Hiergegen legte der Kläger am 03.12.2003 Widerspruch ein. Soweit Forderungen gegenüber der Firma K ...bestünden, möge sich die Beklagte an den zuständigen Insolvenzverwalter wenden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 22.09.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung bleibe der Verleiher Arbeitgeber im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Dieser müsse deshalb grundsätzlich selbst die Gesamtsozialversicherungsbeiträge abführen und Meldungen zur Sozialversicherung erstatten. Obwohl der Entleiher somit nicht Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers sei, bestehe aber auch für ihn eine Meldepflicht und ein Beitragsrisiko. Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Verleihers hafte er wie ein selbstschuldnerischer Bürge, d.h. Entleiher und Verleiher müssten insoweit gesamtschuldnerisch für die Beiträge haften. Da der Verleiher seinen Zahlungsverpflichtungen für den genannten Leiharbeitnehmer nicht nachgekommen sei, hafte dieser und nicht der Insolvenzverwalter. Die Geltendmachung der Beitragsrückstände beruhe auf der Betriebsprüfung der Landesversicherungsanstalt Berlin und den Angaben des Leiharbeitnehmers im Hinblick auf den Überlassungszeitraum.
Am 12.10.2004 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Er habe auf Rechnung der Firma ... K ... Personalleasing hin auch die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers mit beglichen und sei nicht bereit, "doppelt" Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung, ihre Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter anzumelden, nicht erfüllt. 3 Jahre nach Geltendmachung der Forderung der Beklagten könne diese ihre Forderung gegen den Verleiher nicht mehr durchsetzen. Gegebenenfalls behalte er sich Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte vor und rechne insoweit auf. Er bestreite die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung. In seinem Sachvortrag führte er ferner aus, dass die Beklagte ihre Forderung in Höhe von insgesamt 174.410,26 EUR zur Tabelle angemeldet habe. Ca. 6,77 % seien vom Insolvenzverwalter befriedigt worden, so dass insgesamt 128,12 EUR von der Nachforderungssumme abzusetzen seien. Die Beteiligten haben insoweit übereinstimmend Erledigung der Hauptsache erklärt. Der Kläger beantragt im Übrigen,
den Bescheid vom 27.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, insoweit noch keine Befriedigung durch die Entleiher-Firma erfolgt ist.
Am 26.01.2006 hatte eine weitere mündliche Verhandlung stattgefunden; auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie einen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid vom 27.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2004 war aufzuheben, denn er verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil er nicht zur Nachentrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für den Verleiher verpflichtet ist.
Gem. § 28 d Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) werden die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung als Gesamtsozialversicherungsbeitrag gezahlt. Satz 1 gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten. Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber zu zahlen (§ 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach § 28 e Abs. 2 Satz 1 SGB IV haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind.
Hier lag unstreitig ein wirksamer Vertrag zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) vor. Der Verleiher bleibt damit Arbeitgeber und muss daher grundsätzlich die Sozialversicherungsbeiträge abführen. Mithin hätte grundsätzlich die Personalleasing Firma ... K ... als Verleiher des Arbeitnehmers die Gesamtsozialversicherungsbeiträge abführen müssen. Gleichwohl haftet der Entleiher bei Arbeitnehmerüberlassung wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Da der Verleiher infolge Insolvenz die Entrichtung der Gesamt-Sozialversicherungsbeiträge unterlassen hat, war an sich die Beklagte grundsätzlich berechtigt, ihre Forderung als Einzugsstelle gegenüber dem Kläger als Entleiher geltend zu machen.
Die Vorschrift, wonach der Entleiher neben dem Verleiher für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag haftet, soll demzufolge die Zahlung der Beiträge sicherstellen. Der Entleiher haftet damit auch dann für Beiträge, wenn er selbst seine vertraglichen Leistungen an den Verleiher erbracht hat und die sich aus der Inanspruchnahme ergebende Forderung gegen den Verleiher voraussichtlich nicht verwirklicht werden kann. Hierbei schließt die Haftung als selbstschuldnerischer Bürge die Einrede der Vorausklage nach § 773 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus. Der Entleiher kann damit die Befriedigung der Einzugsstelle als Gläubiger nicht deshalb verweigern, weil diese die Zwangsvollstreckung gegen den Verleiher als Hauptschuldner noch nicht versucht hat (§ 771 BGB). Gleichwohl steht ihm nach Maßgabe des § 28 e Abs. 2 Satz 2 SGB IV ein Leistungsverweigerungsrecht dann zu, wenn der Verleiher nicht gemahnt worden ist. So liegt der Fall hier: Gem. § 28 e Abs. 2 Satz 2 SGB IV kann der Entleiher die Zahlung verweigern, so lange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Diese Vorschrift gibt dem Entleiher einen "gewissen Schutz" (so: Seewald, in: Kasseler Kommentar, § 28 e SGB IV Rdnr. 20, EL 48). Der Entleiher kann insoweit die Zahlung verweigern, ohne dass hieraus ein besonderes Rechts- und Pflichtenverhältnis zwischen Einzugsstelle und Entleiher resultiert; die Einzugsstelle ist insbesondere nicht verpflichtet, die Interessen des Entleihers zu wahren, insbesondere bei Insolvenz des Verleihers (so: BSG, Urteil vom 29.06.2000, Az: B 12 KR 10/00 B). Wenngleich für die Mahnung keine besondere Form vorgeschrieben ist, ist aber zumindest erforderlich, dass die Mahnung individuell zu erteilen ist; eine generelle, an alle Zahlungspflichtigen gerichtete, Mahnung reicht nicht aus (so: Sehnert, in: Hauck/Haines, SGB-Kommentar, K § 28 e Rdnr. 7, 41. Lfg.).
Vorliegend gab das Gericht der Beklagten nach mündlicher Verhandlung vom 26.01.2006 nochmals Gelegenheit, das fruchtlose Mahnschreiben an die Firma K ... unter Fristsetzung dem Gericht noch zuzusenden und die geltend gemachte Nachforderung zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen Zeiträume, aus denen die Gesamt-Sozialversicherungsbeiträge resultieren sollten.
Hierzu war die Beklagte jedoch nicht in der Lage. Sie hat lediglich vermocht, ein Schreiben der " ... K ... Sport- und Telefonmarketing" vom 18.01.2000 vorzulegen. Danach hat dieses Unternehmen eine Mahnung der Beklagten vom 21.12.1999 erhalten. Zu Recht weist der Kläger jedoch darauf hin, dass dieses Schreiben mangels Personenidentität mit der " ... K ...Personalleasing" nicht geeignet ist, den entsprechenden Nachweis für eine erfolglose Mahnung an den Entleiher zu erbringen. Gleiches gilt auch für den Nachweis einer Pfändung zu Gunsten der Berliner Volksbank. Als Vollstreckungsschuldner ist hier " ... K ..." bezeichnet worden, ohne dass ersichtlich ist, welche Forderung aus welchem Rechtsverhältnis hier betrieben worden ist. Auch ergibt sich weder aus diesem Schreiben, noch aus weiteren Ausführungen der Beklagten, dass der Verleiherfirma eine Frist gesetzt worden sein könnte. Der Ablauf einer angemessenen Mahnfrist ist somit ebenfalls nicht nachgewiesen. Ebenso fehlt es an einem Nachweis zur Dauer der Arbeitnehmerüberlassung; aus den vom Kläger vorgelegten Abrechnungen ergaben sich andere Leistungszeiträume.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG). Da die Beklagte im Rechtsstreit unterlegen war, war sie zur Übernahme der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu verurteilen.
Die Festsetzung des Streitwertes ist aus dem im Klageantrag resultierenden Geldleistungsbetrag abzuleiten. Der Gegenstand richtet sich nach dem Klagebegehren, mithin nach der Höhe der noch angefochtenen Nachforderung in Höhe von 1764,45 EUR.
II. Die Beklagte trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.764,45 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aus Arbeitnehmerüberlassung.
Der Kläger betreibt unter einer Einzelfirma ein Sanitär- und Heizungsunternehmen. Vom 01.07.1999 bis 30.10.1999 entlieh er von der " ...K ...Personalleasing" den Arbeitnehmer und Beigeladenen zu 1) ...Sch ... Nach Betriebsprüfung der Landesversicherungsanstalt Berlin waren für den vorgenannten Zeitraum 1892,57 EUR Sozialversicherungsbeiträge nachzuentrichten. Am 20.04.2000 eröffnete das Amtsgericht Neuruppin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma ... K ... Personalleasing.
Durch Bescheid vom 27.11.2003 verlangte die Beklagte im Wege der Entleiherhaftung von dem Kläger Sozialversicherungsbeiträge der Firma ... K ... Personalleasing in Höhe von 1892,57 EUR. Es bestünden Beitragsrückstände für den Zeitraum "01.04.1999 bis 31.12.1999". Bei einem wirksamen Vertrag hafte der Entleiher für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers (Verleiher) wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden seien. Diese Haftung hänge nicht davon ab, ob der Entleiher seiner Verpflichtung aus dem Leiharbeitnehmervertrag nachgekommen sei. Diese sozialversicherungsrechtliche Regelung diene dem Schutz der Sozialversicherungsträger und damit der Allgemeinheit. Wegen der bestehenden Beitragsrückstände sei die Firma ... K ... ordnungsgemäß gemahnt worden, ohne dass entsprechende Zahlungen erfolgt seien. Die Ansprüche auf Beiträge seien auch nicht verjährt. Hiergegen legte der Kläger am 03.12.2003 Widerspruch ein. Soweit Forderungen gegenüber der Firma K ...bestünden, möge sich die Beklagte an den zuständigen Insolvenzverwalter wenden.
Durch Widerspruchsbescheid vom 22.09.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung bleibe der Verleiher Arbeitgeber im arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Dieser müsse deshalb grundsätzlich selbst die Gesamtsozialversicherungsbeiträge abführen und Meldungen zur Sozialversicherung erstatten. Obwohl der Entleiher somit nicht Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers sei, bestehe aber auch für ihn eine Meldepflicht und ein Beitragsrisiko. Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Verleihers hafte er wie ein selbstschuldnerischer Bürge, d.h. Entleiher und Verleiher müssten insoweit gesamtschuldnerisch für die Beiträge haften. Da der Verleiher seinen Zahlungsverpflichtungen für den genannten Leiharbeitnehmer nicht nachgekommen sei, hafte dieser und nicht der Insolvenzverwalter. Die Geltendmachung der Beitragsrückstände beruhe auf der Betriebsprüfung der Landesversicherungsanstalt Berlin und den Angaben des Leiharbeitnehmers im Hinblick auf den Überlassungszeitraum.
Am 12.10.2004 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Er habe auf Rechnung der Firma ... K ... Personalleasing hin auch die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers mit beglichen und sei nicht bereit, "doppelt" Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Die Beklagte habe ihre Verpflichtung, ihre Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter anzumelden, nicht erfüllt. 3 Jahre nach Geltendmachung der Forderung der Beklagten könne diese ihre Forderung gegen den Verleiher nicht mehr durchsetzen. Gegebenenfalls behalte er sich Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte vor und rechne insoweit auf. Er bestreite die Dauer der Arbeitnehmerüberlassung. In seinem Sachvortrag führte er ferner aus, dass die Beklagte ihre Forderung in Höhe von insgesamt 174.410,26 EUR zur Tabelle angemeldet habe. Ca. 6,77 % seien vom Insolvenzverwalter befriedigt worden, so dass insgesamt 128,12 EUR von der Nachforderungssumme abzusetzen seien. Die Beteiligten haben insoweit übereinstimmend Erledigung der Hauptsache erklärt. Der Kläger beantragt im Übrigen,
den Bescheid vom 27.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, insoweit noch keine Befriedigung durch die Entleiher-Firma erfolgt ist.
Am 26.01.2006 hatte eine weitere mündliche Verhandlung stattgefunden; auf die Niederschrift hierzu wird verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie einen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid vom 27.11.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2004 war aufzuheben, denn er verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil er nicht zur Nachentrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für den Verleiher verpflichtet ist.
Gem. § 28 d Satz 1 und 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) werden die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung als Gesamtsozialversicherungsbeitrag gezahlt. Satz 1 gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten. Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber zu zahlen (§ 28 e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach § 28 e Abs. 2 Satz 1 SGB IV haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind.
Hier lag unstreitig ein wirksamer Vertrag zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) vor. Der Verleiher bleibt damit Arbeitgeber und muss daher grundsätzlich die Sozialversicherungsbeiträge abführen. Mithin hätte grundsätzlich die Personalleasing Firma ... K ... als Verleiher des Arbeitnehmers die Gesamtsozialversicherungsbeiträge abführen müssen. Gleichwohl haftet der Entleiher bei Arbeitnehmerüberlassung wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Da der Verleiher infolge Insolvenz die Entrichtung der Gesamt-Sozialversicherungsbeiträge unterlassen hat, war an sich die Beklagte grundsätzlich berechtigt, ihre Forderung als Einzugsstelle gegenüber dem Kläger als Entleiher geltend zu machen.
Die Vorschrift, wonach der Entleiher neben dem Verleiher für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag haftet, soll demzufolge die Zahlung der Beiträge sicherstellen. Der Entleiher haftet damit auch dann für Beiträge, wenn er selbst seine vertraglichen Leistungen an den Verleiher erbracht hat und die sich aus der Inanspruchnahme ergebende Forderung gegen den Verleiher voraussichtlich nicht verwirklicht werden kann. Hierbei schließt die Haftung als selbstschuldnerischer Bürge die Einrede der Vorausklage nach § 773 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus. Der Entleiher kann damit die Befriedigung der Einzugsstelle als Gläubiger nicht deshalb verweigern, weil diese die Zwangsvollstreckung gegen den Verleiher als Hauptschuldner noch nicht versucht hat (§ 771 BGB). Gleichwohl steht ihm nach Maßgabe des § 28 e Abs. 2 Satz 2 SGB IV ein Leistungsverweigerungsrecht dann zu, wenn der Verleiher nicht gemahnt worden ist. So liegt der Fall hier: Gem. § 28 e Abs. 2 Satz 2 SGB IV kann der Entleiher die Zahlung verweigern, so lange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Diese Vorschrift gibt dem Entleiher einen "gewissen Schutz" (so: Seewald, in: Kasseler Kommentar, § 28 e SGB IV Rdnr. 20, EL 48). Der Entleiher kann insoweit die Zahlung verweigern, ohne dass hieraus ein besonderes Rechts- und Pflichtenverhältnis zwischen Einzugsstelle und Entleiher resultiert; die Einzugsstelle ist insbesondere nicht verpflichtet, die Interessen des Entleihers zu wahren, insbesondere bei Insolvenz des Verleihers (so: BSG, Urteil vom 29.06.2000, Az: B 12 KR 10/00 B). Wenngleich für die Mahnung keine besondere Form vorgeschrieben ist, ist aber zumindest erforderlich, dass die Mahnung individuell zu erteilen ist; eine generelle, an alle Zahlungspflichtigen gerichtete, Mahnung reicht nicht aus (so: Sehnert, in: Hauck/Haines, SGB-Kommentar, K § 28 e Rdnr. 7, 41. Lfg.).
Vorliegend gab das Gericht der Beklagten nach mündlicher Verhandlung vom 26.01.2006 nochmals Gelegenheit, das fruchtlose Mahnschreiben an die Firma K ... unter Fristsetzung dem Gericht noch zuzusenden und die geltend gemachte Nachforderung zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen Zeiträume, aus denen die Gesamt-Sozialversicherungsbeiträge resultieren sollten.
Hierzu war die Beklagte jedoch nicht in der Lage. Sie hat lediglich vermocht, ein Schreiben der " ... K ... Sport- und Telefonmarketing" vom 18.01.2000 vorzulegen. Danach hat dieses Unternehmen eine Mahnung der Beklagten vom 21.12.1999 erhalten. Zu Recht weist der Kläger jedoch darauf hin, dass dieses Schreiben mangels Personenidentität mit der " ... K ...Personalleasing" nicht geeignet ist, den entsprechenden Nachweis für eine erfolglose Mahnung an den Entleiher zu erbringen. Gleiches gilt auch für den Nachweis einer Pfändung zu Gunsten der Berliner Volksbank. Als Vollstreckungsschuldner ist hier " ... K ..." bezeichnet worden, ohne dass ersichtlich ist, welche Forderung aus welchem Rechtsverhältnis hier betrieben worden ist. Auch ergibt sich weder aus diesem Schreiben, noch aus weiteren Ausführungen der Beklagten, dass der Verleiherfirma eine Frist gesetzt worden sein könnte. Der Ablauf einer angemessenen Mahnfrist ist somit ebenfalls nicht nachgewiesen. Ebenso fehlt es an einem Nachweis zur Dauer der Arbeitnehmerüberlassung; aus den vom Kläger vorgelegten Abrechnungen ergaben sich andere Leistungszeiträume.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG). Da die Beklagte im Rechtsstreit unterlegen war, war sie zur Übernahme der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu verurteilen.
Die Festsetzung des Streitwertes ist aus dem im Klageantrag resultierenden Geldleistungsbetrag abzuleiten. Der Gegenstand richtet sich nach dem Klagebegehren, mithin nach der Höhe der noch angefochtenen Nachforderung in Höhe von 1764,45 EUR.
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