Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Landshut (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 30/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Heizkosten
I. Der Bescheid vom 10.12.2004 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 10.01.2005 und 08.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2005 wird abgeändert. Die Beklagte hat dem Kläger in der Zeit vom 01.01. bis 31.03.2005 ALG-II-Leistungen zu gewähren, wobei monatliche Heizkosten auf der Grundlage von 90 qm in Höhe von 109,61 Euro/Monat für das gesamte Haus unter Herausrechnung des Anteils für die volljährige Tochter S. zugrunde zu legen sind.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich dagegen, dass für den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2005 von der Beklagten nicht die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung angesetzt werden, sondern nur die von der Beklagten festgesetzten.
Der im Jahr 1948 geborene Kläger bezog bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Am 23.08.2004 stellte der Kläger Antrag auf sog. Arbeitslosengeld-II-Leistungen ab dem 01.01.2005. Er bewohnt zusammen mit seiner im Jahr 1952 geborenen Ehefrau zu Miteigentum ein Eigenheim mit einer Größe von 105 qm (davon 90 qm Wohnfläche). Die insoweit anfallenden Kosten belaufen sich auf 476,20 Euro Schuldzinsen/Monat, 127,47 Euro Grundsteuer/Jahr, 128,88 Euro Müllgebühren/Jahr, 214,43 Euro/Jahr Wasser, 291,10 Euro/Jahr Abwasser, 81,26 Euro/Jahr Kaminkehrer sowie 177,29 Euro/Jahr Wohngebäudeversicherung. Vorgelegt wurden außerdem Heizölrechnungen aus dem Jahr 2003.
Mit Bescheid vom 10.12.2004 wurden dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 sog. Arbeitslosengeld-II-Leistungen bewilligt, wobei die Kosten der Unterkunft mit 187,08 Euro angesetzt wurden (dies ist ein Drittel aus 561,24 Euro wegen Herausrechnung der nichtbedürftigen Ehefrau und der volljährigen Tochter). Heizkosten wurden insoweit nicht berücksichtigt (vgl. Bl. 3 der Beklagtenakte). Mit weiterem Schreiben vom 10.12.2004 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Kosten der Unterkunft in seinem Fall zu hoch seien. Insoweit werde anheim gestellt, die Kosten bis zum 31.03.2005 zu senken. Für einen Drei-Personen-Haushalt würden 75 qm als angemessen angesehen. Für seinen Haushalt seien die Kosten von 561,24 Euro (ohne Heizung) zu teuer. Sollte der Kläger seiner Verpflichtung zur Kostensenkung nicht nachkommen, würden die Unterkunftskosten nur noch in angemessener Höhe (höchstens 300 Euro) übernommen werden.
Gegen den Bescheid vom 10.12.2004 legte der Kläger am 27.12.2004 Widerspruch ein. Am 10.01.2005 erging ein erster Änderungsbescheid, der sich auf den Krankenversicherungsschutz des Klägers bezog. Hiergegen legte der Kläger am 15.01.2005 Widerspruch ein und wiederholte dies mit einem Generalwiderspruch gegen alles vom 29.01.2005.
Hierauf erging zunächst Änderungsbescheid vom 08.02.2005, wonach dem Kläger nunmehr insgesamt 444,70 Euro gewährt wurden, worin 199,78 Euro Kosten der Unterkunft enthalten sind (1/3 aus 599,32 Euro). Die Veränderung kam dadurch zustande, dass die Beklagte nunmehr nicht nur Nebenkosten in Gestalt der Grundsteuer, der Müllgebühren, der Wasser- und Abwasserkosten, des Kaminkehrers und der Wohngebäudeversicherung in Höhe von 85,04 Euro monatlich, sondern zusätzlich 38,08 Euro/Monat an Heizkosten bewilligte, wobei offensichtlich von jährlichen Kosten von 1.370, 88 Euro/Jahr ausgegangen und für den Kläger insoweit 457 Euro/Jahr angesetzt wurden.
Im Übrigen wurden die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2005 zurückgewiesen. Darin bestätigte die Beklagte, dass im Fall des Klägers lediglich Heizkosten auf der Grundlage einer monatlichen Pauschale anhand von örtlichen Brennmaterialpreisen gewährt werden könnten. Diese pauschalen Heizungshilfen seien vom Landkreis Freyung-Grafenau als dem kommunalen Kostenträger für Unterkunft und Heizung festgesetzt worden. Für einen 3-Personen-Haushalt betrage die jährliche Heizungshilfe 457 Euro, also 38,08 Euro/Monat.
Dagegen legte der Kläger am 17.03.2005 Klage beim SG Landshut ein. Diese wurde mit Schriftsatz vom 25.05.2005 zunächst wie folgt begründet. Der Kläger bewohne zusammen mit seiner Ehefrau und seiner Tochter ein Haus, welches im Eigentum des Klägers und dessen Ehefrau stehe. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Bereits bei der Antragstellung am 23.08.04 habe der Kläger unter Vorlage von Belegen dargelegt, dass er im Jahre 2003 Heizölkosten in Höhe von insgesamt 1.540,84 Euro aufbringen musste. Im Jahr 2005 habe er sich bereits am 31.01.05 Heizöl für einen Betrag in Höhe von 905,95 Euro verschafft und es sei davon auszugehen, dass er in etwa den selben Betrag im Herbst 2005 für Heizöl aufbringen müsse. Insgesamt sei der Kläger demnach bezüglich Heizkosten mit einem Betrag in Höhe von ca. 1.811 Euro belastet.
Demnach müsse der Kläger tatsächlich für Heizkosten einen Betrag in Höhe von 1.540,84 Euro bzw. 1.811 Euro aufbringen und könne mit der Zubilligung einer Heizkostenpauschale in Höhe von 457 Euro jährlich seine Kosten nicht decken. Die Übernahme der tatsächlichen Kosten würden dem Kläger aber durch die Beklagte verwehrt.
Die Beklagte müsse jedoch die Heizkosten aufgrund folgender Erwägungen in der tatsächlich anfallenden Höhe übernehmen. Grundsätzlich seien gemäß § 22 Abs. 1 SGB II die tatsächlichen Kosten zu übernehmen. Die Beklagte berufe sich nunmehr auf eine sogenannte Heizkostenpauschale. Im konkreten Fall erscheine dies jedoch unter folgendem Hintergrund bedenklich. Das im Eigentum des Klägers und dessen Ehefrau stehende, von diesen selbst bewohnte Haus könne als sogenanntes Schonvermögen qualifiziert werden und müsse dementsprechend unangetastet bleiben. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II sei ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe im Rahmen der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigen und dementsprechend dürfe auch dessen Verwertung nach § 9 Abs. 1 Nr.2 SGB II nicht verlangt werden.
Um einen Wertungswiderspruch zwischen den Vermögensanrechnungsvorschriften und den Bestimmungen über die Berechnung der Unterkunftskosten zu vermeiden, sei die Angemessenheit und die Frage, welche Kosten für die Heizung und welche Höhe seitens der Beklagten bei einem nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 geschützten Haus übernommen werden müssen, grundsätzlich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnfläche und dem tatsächlichen Heizungsverbrauch zu überprüfen. Die Nichtberücksichtigung eines entsprechenden Hauses bei einer Vermögensanrechnung erfolge aufgrund einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, das im Eigentum des Arbeitslosen stehende und von ihm und/oder seiner Familie selbst bewohnte Haus als Lebensmittelpunkt (nicht als Vermögensgegenstand) vor einer Verwertung zu schützen.
Damit sei aber die zwingende Konsequenz verbunden, dass dieses Objekt auch angemessen bewohnbar und damit u.a. auch beheizt werden müsse.
Es sei nicht angängig, den eingeräumten Schutz durch Beschränkungen bei der Übernahme der Heizkosten faktisch wieder einzuschränken.
Mit weiterem Schriftsatz vom 02.8.2005 ließ der Kläger nochmals vortragen, dass er tatsächlich nachgewiesene Heizkosten in Höhe von 1.540,84 bzw. 1.811,00 Euro jährlich habe.
Hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit der Kosten seien bezogen auf den konkreten Einzelfall allgemeine Kriterien wie Bauart, Isolierung, Wohnfläche, Heiztage, Heizanlage, Heizmaterial heranzuziehen; im Rahmen der Gewährung einer Heizkostenpauschale könnten die oben genannte Kriterien nicht in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden, da eben nicht auf den konkreten Einzelfall abgestellt werde.
Des weiteren gelte es, die Sonderkonstellation zu beachten, dass es sich bei dem zu "beheizenden Haus" um das Eigentum des Klägers und dessen Ehefrau handele. Gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sei ein selbstgenutztes Haus von angemessener Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigen und infolgedessen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II von der Verwertung ausgeschlossen.
Der Kläger bewohne zusammen mit seiner Ehefrau und seiner Tochter ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 105 qm. Ein Familienheim mit einer Wohnfläche bis zu 130 qm könne nicht als unangemessen groß qualifiziert werden und unterstehe damit dem Schutz der § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II.
Der Kläger bewohne demnach ein eigenes Haus, das nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zum geschützten Vermögen gehöre, mithin richte sich die Angemessenheit der Heizkosten primär nach der tatsächlichen Wohnfläche, auch wenn diese größer sei, als die Wohnfläche, die einem SGB-II-Bezieher ansonsten im Rahmen der Kosten der Unterkunft zugestanden werde.
Eine andere Auffassung würde zu einem Wertungswiderspruch zwischen den Vorschriften zum Vermögensschutz und den Bestimmungen über die Kosten der Unterkunft führen (Sozialgericht Aurich, Beschluss vom 10.02.2005).
Die Beklagte habe den Kläger lediglich auf eine pauschale Heizungshilfe für einen 3-Personen-Haushalt, mithin auf eine fiktive, personenzahlbezogene Wohnfläche, verwiesen, obwohl eine Orientierung an der tatsächlichen Wohnfläche im Hinblick auf obige Ausführungen zwingend geboten gewesen wäre.
Schutzzweck des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sei nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Um dem Schutzzweck des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, nämlich dem Kläger und seiner Familie die bewohnte Immobilie zu erhalten, Rechnung zu tragen, sei demnach die Übernahme der tatsächlichen Heizkosten unter Berücksichtigung der konkreten Wohnfläche zwingend geboten.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragte im Termin,
die Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 10.12.2004 in
der Fassung der Änderungsbescheide vom 10.01.2005 und
08.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
18.12.2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01.2005
bis 31.03.2005 Kosten der Unterkunft in vom Gericht zu
bestimmender Höhe zu gewähren.
Der Vertreter der Beklagten beantragte im Termin,
die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 11.04.2005 führte die Beklagte zunächst aus, dass der Mitbeteiligung seiner Tochter S. an den Unterkunftskosten entgegenzuhalten sei, dass dies von ihr als volljährigem Mitglied der Haushaltsgemeinschaft verlangt werden müsse. Insoweit werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.
In einer weiteren Klageerwiderung führte die Beklagte aus, dass nunmehr offensichtlich nur noch die Übernahme der tatsächlich anfallenden Heizkosten - den Bewilligungszeitraum vom 01.01.05 bis 31.03.05 betreffend - streitig sei. Wie im Widerspruchsbescheid vom 18.02.05 ausgeführt, könnten aus Sicht der ARGE die dem Kläger entstehenden Heizkosten nicht in voller Höhe anerkannt und erstattet werden, weil diese unangemessen hoch seien.
Der Landkreis Freyung-Grafenau als kommunaler Kostenträger für die Unterkunft und Heizung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 22 SGB II) setze für den Personenkreis, der für den Heizungsbedarf selber sorgen müsse, jährlich pauschale Heizungshilfen fest. Diese orientierten sich an den örtlichen (Durchschnitts-) Brennmaterialpreisen (Öl, Kohle, Laub- und Nadelholz), welche vom Landkreis ermittelt würden. Für einen 3-Personenhaushalt betrage danach für die Heizperiode 2004/2005 die jährliche Heizungshilfe 457 Euro, was einem monatlichen Anteil von 38,08 Euro entspreche. Diese Monatspauschale sei auch an den Kläger ausgezahlt worden.
Aus gegebenen Anlass sei die Problematik der Heizkostenerstattung in einer Besprechung zwischen Vertretern der ARGE und dem Landkreis Freyung-Grafenau nochmals eingehend erörtert worden. Als Ergebnis sei festgehalten worden, dass in dieser Frage Eigenheimbesitzer wohl doch anders zu behandeln seien, als Personen, die in einer Mietwohnung leben. Als Konsequenz sei die Heizkostenpauschale für Eigenheimbesitzer nach oben "korrigiert" worden. Für 3 Personen (wie im vorliegenden Fall) würden 110 qm als angemessene Wohnfläche angesetzt, abzüglich 30 qm für nicht zu beheizende Räume ( z. B. Flur, Gästezimmer, Speisekammer), verblieben also 80 qm die de facto zu beheizen seien.
Pro qm würden entsprechend den §§ 6 Abs. 2, 16 Abs. 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) 0,80 Euro in Ansatz gebracht, was einem Jahresbetrag von 768 Euro, also 64 Euro im Monat entspreche.
Für den Kläger bedeute dies ganz konkret, dass sich die monatliche Heizungspauschale von 38,08 Euro auf 64 Euro und in der Folge sich der Bedarf für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.01.05 bis 31.03.05 auf insgesamt 625,24 Euro erhöhe. 2/3 hiervon (416,82 Euro ) entfielen auf den Kläger und dessen Ehefrau, 1/3 (208,42 Euro) auf die volljährige Tochter S ...
Die entsprechende Berechnung der Beklagten befindet sich auf Bl. 31 der SG-Akte.
Für die Zeit vom 01.01.05 bis 31.03.05 errechne sich eine Nachzahlung von 51,84 Euro, die in den nächsten Tagen an den Kläger überwiesen werde. Für den Fall, dass die Klage mit der beschriebenen und bezifferten Anhebung der Heizungspauschale erledigt sei, würde sich die Beklagte dem Grunde nach bereit erklären, dem Kläger die entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die im Klageverfahren zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Sitzung vom 22.06.2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in Höhe des gestellten Antrags vollumfänglich begründet. Die Bescheide der Beklagten sind bezüglich des Ansatzes der Heizkosten in jeder Hinsicht rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten aus § 22 Abs. 1 SGB II.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Sozialgesetzbuchs (SGB II) werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Begriff der Angemessenheit beinhaltet keinen gerichtlicher Kontrolle entzogenen Beurteilungsspielraum, er kann also im Streitfall vom Gericht vollständig überprüft werden (Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage 2005, § 22 Rz 39).
Bei der Auslegung des Begriffs der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II kann nach Ansicht der Kammer nicht ohne jede Differenzierung auf die bisherige Rechtsprechung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Bereich der Sozialhilfe zurückgegriffen werden (ebenso SG Koblenz; Urteil vom 21.12.2005; Az: S 11 AS 105/05). Ebenso wenig kann aufgrund des klaren Wortlauts des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ("tatsächlich soweit angemessen") davon ausgegangen werden, dass hier ein offensichtliches gesetzgeberisches Versehen dergestalt vorliegt, dass eine Pauschalierungsmöglichkeit für die Kosten der Unterkunft nur in § 29 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) vorgesehen ist, nicht aber im SGB II.
Wenn der Gesetzgeber im SGB XII eine solche Pauschalierungsmöglichkeit vorsieht, jedoch im nahezu zeitgleich erlassenen SGB II eine solche Möglichkeit nicht einräumt, spricht einiges dagegen, dass die für die Kosten der Unterkunft zuständigen Kommunen in Aufrechterhaltung ihrer sozialhilferechtlichen Praxis so agieren dürfen, als hätte sich durch die Einführung des SGB II nichts geändert bzw. die in dem neuen Gesetz scheinbar auftretenden Lücken seien ohne weiteres mit Vorschriften aus dem früher bzw. jetzt geltenden Sozialhilferecht zu füllen.
Für eine derartige Rechtsfortbildung hat die Verwaltung aufgrund des Grundsatzes der Gewaltenteilung keine Kompetenz. Auch wenn es sich vorliegend um sog. unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, die sicherlich durch entsprechende Faktoren näher zu präzisieren sind, stellt es eine Unterschreitung des auf der Tatbestandsseite einer Norm vorzunehmenden Beurteilungsspielraums dar, wenn die Beantwortung der Frage der Angemessenheit der Kosten lediglich auf einem der o.g. Kriterien beruht.
Danach widerspricht es dem klaren Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wenn die Frage der Angemessenheit der Heizkosten auf der Grundlage selbstgeschaffener Pauschalierungen gelöst wird. Selbstverständlich wären Pauschalierungen gerade auch auf regionaler Ebene sehr gut dazu geeignet, im Bereich der Massenverwaltung den Verwaltungsaufwand zu beschränken. Davon kann aber weder die Verwaltung noch die Rechtsprechung in eigener Verantwortung Gebrauch machen, wenn dies dem Gesetzeswortlaut als prinzipiellem Ansatzpunkt für die Auslegung von Gesetzen entgegensteht. Es muss daher vorbehaltlich einer Änderung des Gesetzes in der Zukunft dabei bleiben, dass die tatsächlichen Kosten zu übernehmen sind, soweit diese angemessen sind.
Es ist somit rechtswidrig, die Heizkosten z.B. ausschließlich auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 Nr. 1 der Wohngeldverordnung (WoGV) in der Fassung vom 19.10.2001 zu berechnen. Zum einen anderen ist dieser Wert nur für Kosten von zentralen Heizungsanlagen gedacht, während im vorliegenden Fall ein Einzelbeheizung durch Öl vorliegt.
Ein Rückgriff auf Kostenansätze aus dem Jahr 2001 verbietet sich aus mehreren Gesichtspunkten.
So haben die außenpolitischen Vorgänge ab dem 11.09.2001 zu einer verschärften Preissituation auf dem gesamten Energiesektor geführt. Durch deren Folgen haben sich im Gebiet der Bundesrepublik die Kosten für Heizöl alleine im Jahr 2005 um 25 % gesteigert. Vom Beginn des Jahres 2003 bis Jahresende 2005 war eine Steigerung dieser Kosten von 61 % zu verzeichnen. Es war und ist auch nicht ersichtlich, dass der Staat im Energiebereich in irgendeiner Weise, z.B. steuerpolitisch, zur Kostensenkung beiträgt. Diese Entwicklungen dürfen aber nicht dazu führen, dass die Kosten der Unterkunft im Bereich der Bedürftigen auf ein Niveau beschränkt werden, das nur als historisch und realitätsfern bezeichnet werden kann (vgl. hierzu auch Weber, Arbeit und Beruf, Nr. 10 2005, S. 292 f, 293).
Danach hat die Beklagte hier in doppelter Hinsicht gegen § 22 Abs. 1 SGB II verstoßen. Zum einen ist eine Reduzierung der Heizkosten auf einen Wert aus dem Jahr 2001 nicht mit dem Grundsatz der Übernahme der tatsächlichen Kosten zu vereinbaren, zum anderen sieht das SGB II im Bereich der Kosten der Unterkunft keine Pauschalen vor. Soweit zur Ausfüllung des "unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit" auf bestimmte Parameter (z.B. durchschnittlicher und üblicher Verbrauch im jeweiligen Mietniveau) zurückgegriffen wird, ist dies grds. zulässig. Allerdings dürfen solche Werte im Rahmen des Beurteilungsspielraums auf der Tatbestandsseite einer Norm nicht die alleinige Grundlage für eine Entscheidung darstellen. Genau dieses Beurteilungsdefizit begeht aber die Beklagte, wenn sie bei den Heizkosten ausschließlich 0,8 Euro pro qm ohne jede Differenzierung zugrunde legt und somit Heizkosten aus dem Produkt von 80 qm x 0,8 Euro, also 768 Euro abzüglich 64 Euro im Monat bewilligt (vgl. Bl. 31 der Klageakte).
Darüber hinaus war die Zusammenstreichung der Kosten der Unterkunft im Bereich der Heizkosten unmittelbar ab dem 01.01.2005 schon deswegen falsch, weil für eine Regelhöchstfrist von sechs Monaten auch unangemessene Kosten zu übernehmen sind, § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Zwar spricht diese Vorschrift nicht ausdrücklich von Nebenkosten und den Heizkosten, es würde aber keinen Sinn machen, für sechs Monate noch die höhere Kaltmiete zu übernehmen, nicht aber die notwendigerweise anfallenden Betriebskosten (ebenso Weber in Arbeit und Beruf 10/2005, 292, 293). Vielmehr muss sich die Übergangsvorschrift auch auf diese Kosten beziehen.
Somit war die Herabsetzung der Kosten im ersten Bewilligungsabschnitt bereits aus diesem Grund rechtswidrig. Die Beklagte hätte vielmehr auf der Grundlage des § 20 des Zehnten Sozialgesetzbuchs (SGB X) die tatsächlichen Kosten ermitteln müssen, der Kläger hätte sodann dem Grunde nach einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten mindestens bis zum 30.06.2005 gehabt.
Da die Beklagte von der Rechtmäßigkeit ihrer Heizkostenpauschale ausgeht und der Kläger lediglich Rechnungen aus der Vergangenheit vorlegen konnte hat, musste die Kammer selbst prüfen, in welcher Höhe vorliegend die Heizkosten zu gewähren waren.
Die Kammer hatte daher einen Wert ermitteln, der den gesetzlichen Vorgaben des § 22 Abs. 1 SGB II entspricht, weil danach nur die tatsächlichen Heizkosten zu übernehmen sind, soweit sie vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, weil der Kläger solche nicht geltend gemacht hat und sich in der mündlichen Verhandlung mit einer Bemessung nach Maßgabe des Gerichts einverstanden erklärt und seinen Antrag entsprechend formuliert hat.
Ein solcher Anhaltspunkt für die Angemessenheit von Heizkosten kann insbesondere die Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahr 1990 sein, die auch derzeit noch als geeignete Grundlage für die Bemessung der Leistungen für Heizung angesehen werden können (vgl. VG Kassel, Beschluss vom 28.02.2002, 7 G 906/02 sowie SG Koblenz a.a.O.). Danach können die Heizkosten nach folgender Formel berechnet werden:
Stündlicher Wärmebedarf x Jahresvolumenbenutzungsstunden x beheizbare Wohnfläche geteilt durch unterer Heizwert x Wirkungsgrad der Heizungsanlage.
Der stündliche Wärmebedarf ist in den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge mit 139 Wattstunden und die Jahresbenutzungsstunden mit 1600 Stunden festgesetzt. Der untere Heizwert beträgt für extraleichtes Heizöl 10.000 Wattstunden pro Kilogramm. Der Faktor Wirkungsgrad der Heizungsanlage ist 0,7. Auf dieser Basis ergibt sich für einen 3-Personen-Haushalt mit Ölheizung und einer beheizbaren Wohnfläche von 90 qm folgende Berechnungsformel:
139 Wattstunden x 1600 Jahresbenutzungsstunden x 90 qm geteilt durch 10.000 Wattstunden pro Kilogramm mal 0,7 = 2.859 Liter Öl pro Jahr.
Dividiert man dieses Ergebnis durch 12, erhält man einen monatlichen Heizölbedarf von 238,29 Litern für ein 90 qm großes Haus. Bei einem durchschnittlichen Ölpreis von ca. 46 Euro pro 100 Liter im ersten Quartal 2005 ergibt sich ein Bedarf von 109,61 Euro Heizkosten im Monat für eine solche Wohnung.
Gegen die herangezogenen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge kann auch nicht eingewandt werden, dass diese für die Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten ungeeignet seien, wie dies von einer Beklagten im Rahmen eines Verfahrens vor dem Hessischen LSG (vgl. Hessisches Landessozialgericht 9. Senat, Beschluss vom 21.03.2006, Az L 9 AS 124/05 ER) vorgetragen wurde. Insoweit wurde eingewandt, die Empfehlungen stammten aus dem Jahre 1990, seien somit völlig veraltet und berücksichtigten nicht das heutige Heizverhalten. Nach einer Studie der T. AG, Hilfen für den Wohnungswirt, Ausgabe 2005, hätten sich die Verbrauchskennwerte über die Jahre verändert. So sei in den letzten 16 Jahren ein stetiger und nennenswerter Rückgang beim Heizölverbrauch festzustellen. Von ursprünglich 30 l/qm habe sich der Verbrauch im Durchschnitt auf knapp 20 l/qm reduziert. Innerhalb der letzten 16 Jahre sei damit ein Verbrauchsrückgang von rund 30 % festzustellen (vgl. S. 6 der Studie). Entgegen der Berechnungshilfe in den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei nicht von einem Wärmebedarf von 139 Wattstunden/qm, sondern nur von 100 Wattstunden/qm auszugehen. Bei einer 132 qm großen Wohnung ergebe sich somit ein Wärmebedarf von 13.200 Watt. Auch bei den Jahresvolumenbenutzungsstunden werde ein überhöhter Wert zugrunde gelegt. 1.600 Stunden pro Jahr seien bei einem Mehrfamilienhaus realistisch. Bei einer Etagenwohnung hingegen seien max. 1.400 Jahresbenutzungsstunden anzusetzen. Weiterhin sei der Ansatz, den Anlagenwirkungsgrad mit dem Faktor 0,70 anzusetzen, falsch. Der Wirkungsgrad 0,70 sei bei Koksfeuerung heranzuziehen, bei Ölfeuerung betrage der Anlagenwirkungsgrad 0,75. Danach ergebe sich ein Verbrauch von 2.464 l Heizöl.
Dieser Argumentation muss entgegengehalten werden, dass es in modernen Häusern und Wohnungen, die nach 1990 erstellt wurden aufgrund moderner Technik sicherlich in gewissem Umfang möglich sein wird, sparsamer zu wirtschaften, dass aber gerade dieser Wohnraum in den SGB-II-relevanten Fällen jedoch kaum einmal streitgegenständlich sein dürfte, weil dort moderne Wohnungen des gehobenen Standards eben nicht der Vergleichsmaßstab sind, worauf von den Kostenträgern bei der Ermittlung von Vergleichsmieten auch bei der Anwendung von Mietspiegeln durchaus zu Recht verwiesen wird. Es kann daher nicht angehen, bei den reinen Kosten der Unterkunft auf das untere Preisniveau abzustellen (vgl. oben), jedoch bei den Heizkosten modernste Technik und neueste Entwicklungen berücksichtigen zu wollen. Eine derartige Betrachtungsweise erinnert daher eher an eine möglichst konsequente Durchführung der sog. "Rosinentheorie", in welcher der Blick für die Problematik im Ganzen bewusst verstellt wird und das Hervorheben von Details letztlich zu Ergebnissen führen soll, die sich von der Realität immer weiter entfernen. Ein derartiges Verhalten mag aus kommunalpolitischer Hinsicht finanziell erklärbar sein, wird aber den gesetzlichen und tatsächlichen Erfordernissen nicht gerecht. Im vorliegenden Verfahren hat sich die Beklagte auch gar nicht auf solche Argumente eingelassen, was in Anbetracht der Tatsache, dass im Bereich des Landkreises Freyung-Grafenau auch ein etwas höherer Maßstab an Heizstunden anzusetzen wäre, als in wärmeren Gefilden, ohnehin nicht zielführend wäre.
Soweit der Kläger hier von eigenen Werten ausgegangen ist und auf entsprechende Rechnungen aus der Vergangenheit verwiesen hat, musste dies im Rahmen der Übernahme tatsächlicher Kosten im Jahr 2005 außer Acht bleiben. Bei der Berücksichtigung von Heizkosten darf es auch aus Gründen der Gleichbehandlung keine Rolle spielen, ob ein Betroffener extrem teuer oder ganz besonders billig einkauft, was insbesondere dadurch beeinflusst werden kann, dass z.B. Einkaufsgemeinschaften gebildet werden, also große Mengen zum günstigsten Zeitpunkt beschafft werden oder zu einem ungünstigen Termin nur eine geringe Litermenge abgenommen wird. Die Berechnungsweise der Kammer auf der Grundlage der Entwicklung der Heizölpreise in Deutschland (Quelle z.B. www.tecson.de/pheizoel.htm) bildet insoweit eine zuverlässige Grundlage, um einerseits dem Grundsatz der Übernahme der tatsächlichen Kosten Rechnung zu tragen, jedoch gleichzeitig diese auf ein angemessenes Maß zu beschränken. Im Übrigen wurde bereits ausgeführt, dass sich der Kläger mit einer Bemessung der von der Kammer in der mündlichen Verhandlung dargestellten Grundsätze einverstanden zeigte.
Weil die Kosten für Energie und Warmwasserzubereitung bereits durch die Regelsatzleistungen abgegolten (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rz 49) sind, ist aus dem Betrag von 109,61 Euro ggf. ein Sechstel herauszurechnen, wenn die Warmwasseraufbereitung hier durch einen Einzelölofen erfolgt.
Die Herausrechnung des Anteils der volljährigen Tochter folgt daraus, dass diese nicht zur Bedarfsgemeinschaft des Klägers gehört (vgl. Lang in Eicher-Spellbrink, SGB II, § 22 Rz 38).
Die Klage war somit im Bereich der Heizkosten in antragsgemäßer Höhe begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
-
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich dagegen, dass für den Bewilligungszeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2005 von der Beklagten nicht die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung angesetzt werden, sondern nur die von der Beklagten festgesetzten.
Der im Jahr 1948 geborene Kläger bezog bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe. Am 23.08.2004 stellte der Kläger Antrag auf sog. Arbeitslosengeld-II-Leistungen ab dem 01.01.2005. Er bewohnt zusammen mit seiner im Jahr 1952 geborenen Ehefrau zu Miteigentum ein Eigenheim mit einer Größe von 105 qm (davon 90 qm Wohnfläche). Die insoweit anfallenden Kosten belaufen sich auf 476,20 Euro Schuldzinsen/Monat, 127,47 Euro Grundsteuer/Jahr, 128,88 Euro Müllgebühren/Jahr, 214,43 Euro/Jahr Wasser, 291,10 Euro/Jahr Abwasser, 81,26 Euro/Jahr Kaminkehrer sowie 177,29 Euro/Jahr Wohngebäudeversicherung. Vorgelegt wurden außerdem Heizölrechnungen aus dem Jahr 2003.
Mit Bescheid vom 10.12.2004 wurden dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 sog. Arbeitslosengeld-II-Leistungen bewilligt, wobei die Kosten der Unterkunft mit 187,08 Euro angesetzt wurden (dies ist ein Drittel aus 561,24 Euro wegen Herausrechnung der nichtbedürftigen Ehefrau und der volljährigen Tochter). Heizkosten wurden insoweit nicht berücksichtigt (vgl. Bl. 3 der Beklagtenakte). Mit weiterem Schreiben vom 10.12.2004 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Kosten der Unterkunft in seinem Fall zu hoch seien. Insoweit werde anheim gestellt, die Kosten bis zum 31.03.2005 zu senken. Für einen Drei-Personen-Haushalt würden 75 qm als angemessen angesehen. Für seinen Haushalt seien die Kosten von 561,24 Euro (ohne Heizung) zu teuer. Sollte der Kläger seiner Verpflichtung zur Kostensenkung nicht nachkommen, würden die Unterkunftskosten nur noch in angemessener Höhe (höchstens 300 Euro) übernommen werden.
Gegen den Bescheid vom 10.12.2004 legte der Kläger am 27.12.2004 Widerspruch ein. Am 10.01.2005 erging ein erster Änderungsbescheid, der sich auf den Krankenversicherungsschutz des Klägers bezog. Hiergegen legte der Kläger am 15.01.2005 Widerspruch ein und wiederholte dies mit einem Generalwiderspruch gegen alles vom 29.01.2005.
Hierauf erging zunächst Änderungsbescheid vom 08.02.2005, wonach dem Kläger nunmehr insgesamt 444,70 Euro gewährt wurden, worin 199,78 Euro Kosten der Unterkunft enthalten sind (1/3 aus 599,32 Euro). Die Veränderung kam dadurch zustande, dass die Beklagte nunmehr nicht nur Nebenkosten in Gestalt der Grundsteuer, der Müllgebühren, der Wasser- und Abwasserkosten, des Kaminkehrers und der Wohngebäudeversicherung in Höhe von 85,04 Euro monatlich, sondern zusätzlich 38,08 Euro/Monat an Heizkosten bewilligte, wobei offensichtlich von jährlichen Kosten von 1.370, 88 Euro/Jahr ausgegangen und für den Kläger insoweit 457 Euro/Jahr angesetzt wurden.
Im Übrigen wurden die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2005 zurückgewiesen. Darin bestätigte die Beklagte, dass im Fall des Klägers lediglich Heizkosten auf der Grundlage einer monatlichen Pauschale anhand von örtlichen Brennmaterialpreisen gewährt werden könnten. Diese pauschalen Heizungshilfen seien vom Landkreis Freyung-Grafenau als dem kommunalen Kostenträger für Unterkunft und Heizung festgesetzt worden. Für einen 3-Personen-Haushalt betrage die jährliche Heizungshilfe 457 Euro, also 38,08 Euro/Monat.
Dagegen legte der Kläger am 17.03.2005 Klage beim SG Landshut ein. Diese wurde mit Schriftsatz vom 25.05.2005 zunächst wie folgt begründet. Der Kläger bewohne zusammen mit seiner Ehefrau und seiner Tochter ein Haus, welches im Eigentum des Klägers und dessen Ehefrau stehe. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Bereits bei der Antragstellung am 23.08.04 habe der Kläger unter Vorlage von Belegen dargelegt, dass er im Jahre 2003 Heizölkosten in Höhe von insgesamt 1.540,84 Euro aufbringen musste. Im Jahr 2005 habe er sich bereits am 31.01.05 Heizöl für einen Betrag in Höhe von 905,95 Euro verschafft und es sei davon auszugehen, dass er in etwa den selben Betrag im Herbst 2005 für Heizöl aufbringen müsse. Insgesamt sei der Kläger demnach bezüglich Heizkosten mit einem Betrag in Höhe von ca. 1.811 Euro belastet.
Demnach müsse der Kläger tatsächlich für Heizkosten einen Betrag in Höhe von 1.540,84 Euro bzw. 1.811 Euro aufbringen und könne mit der Zubilligung einer Heizkostenpauschale in Höhe von 457 Euro jährlich seine Kosten nicht decken. Die Übernahme der tatsächlichen Kosten würden dem Kläger aber durch die Beklagte verwehrt.
Die Beklagte müsse jedoch die Heizkosten aufgrund folgender Erwägungen in der tatsächlich anfallenden Höhe übernehmen. Grundsätzlich seien gemäß § 22 Abs. 1 SGB II die tatsächlichen Kosten zu übernehmen. Die Beklagte berufe sich nunmehr auf eine sogenannte Heizkostenpauschale. Im konkreten Fall erscheine dies jedoch unter folgendem Hintergrund bedenklich. Das im Eigentum des Klägers und dessen Ehefrau stehende, von diesen selbst bewohnte Haus könne als sogenanntes Schonvermögen qualifiziert werden und müsse dementsprechend unangetastet bleiben. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II sei ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe im Rahmen der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigen und dementsprechend dürfe auch dessen Verwertung nach § 9 Abs. 1 Nr.2 SGB II nicht verlangt werden.
Um einen Wertungswiderspruch zwischen den Vermögensanrechnungsvorschriften und den Bestimmungen über die Berechnung der Unterkunftskosten zu vermeiden, sei die Angemessenheit und die Frage, welche Kosten für die Heizung und welche Höhe seitens der Beklagten bei einem nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 geschützten Haus übernommen werden müssen, grundsätzlich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wohnfläche und dem tatsächlichen Heizungsverbrauch zu überprüfen. Die Nichtberücksichtigung eines entsprechenden Hauses bei einer Vermögensanrechnung erfolge aufgrund einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, das im Eigentum des Arbeitslosen stehende und von ihm und/oder seiner Familie selbst bewohnte Haus als Lebensmittelpunkt (nicht als Vermögensgegenstand) vor einer Verwertung zu schützen.
Damit sei aber die zwingende Konsequenz verbunden, dass dieses Objekt auch angemessen bewohnbar und damit u.a. auch beheizt werden müsse.
Es sei nicht angängig, den eingeräumten Schutz durch Beschränkungen bei der Übernahme der Heizkosten faktisch wieder einzuschränken.
Mit weiterem Schriftsatz vom 02.8.2005 ließ der Kläger nochmals vortragen, dass er tatsächlich nachgewiesene Heizkosten in Höhe von 1.540,84 bzw. 1.811,00 Euro jährlich habe.
Hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit der Kosten seien bezogen auf den konkreten Einzelfall allgemeine Kriterien wie Bauart, Isolierung, Wohnfläche, Heiztage, Heizanlage, Heizmaterial heranzuziehen; im Rahmen der Gewährung einer Heizkostenpauschale könnten die oben genannte Kriterien nicht in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden, da eben nicht auf den konkreten Einzelfall abgestellt werde.
Des weiteren gelte es, die Sonderkonstellation zu beachten, dass es sich bei dem zu "beheizenden Haus" um das Eigentum des Klägers und dessen Ehefrau handele. Gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sei ein selbstgenutztes Haus von angemessener Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigen und infolgedessen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II von der Verwertung ausgeschlossen.
Der Kläger bewohne zusammen mit seiner Ehefrau und seiner Tochter ein Eigenheim mit einer Wohnfläche von 105 qm. Ein Familienheim mit einer Wohnfläche bis zu 130 qm könne nicht als unangemessen groß qualifiziert werden und unterstehe damit dem Schutz der § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II.
Der Kläger bewohne demnach ein eigenes Haus, das nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II zum geschützten Vermögen gehöre, mithin richte sich die Angemessenheit der Heizkosten primär nach der tatsächlichen Wohnfläche, auch wenn diese größer sei, als die Wohnfläche, die einem SGB-II-Bezieher ansonsten im Rahmen der Kosten der Unterkunft zugestanden werde.
Eine andere Auffassung würde zu einem Wertungswiderspruch zwischen den Vorschriften zum Vermögensschutz und den Bestimmungen über die Kosten der Unterkunft führen (Sozialgericht Aurich, Beschluss vom 10.02.2005).
Die Beklagte habe den Kläger lediglich auf eine pauschale Heizungshilfe für einen 3-Personen-Haushalt, mithin auf eine fiktive, personenzahlbezogene Wohnfläche, verwiesen, obwohl eine Orientierung an der tatsächlichen Wohnfläche im Hinblick auf obige Ausführungen zwingend geboten gewesen wäre.
Schutzzweck des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II sei nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt. Um dem Schutzzweck des § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II, nämlich dem Kläger und seiner Familie die bewohnte Immobilie zu erhalten, Rechnung zu tragen, sei demnach die Übernahme der tatsächlichen Heizkosten unter Berücksichtigung der konkreten Wohnfläche zwingend geboten.
Die Bevollmächtigte des Klägers beantragte im Termin,
die Beklagte in Abänderung des Bescheids vom 10.12.2004 in
der Fassung der Änderungsbescheide vom 10.01.2005 und
08.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
18.12.2005 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.01.2005
bis 31.03.2005 Kosten der Unterkunft in vom Gericht zu
bestimmender Höhe zu gewähren.
Der Vertreter der Beklagten beantragte im Termin,
die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 11.04.2005 führte die Beklagte zunächst aus, dass der Mitbeteiligung seiner Tochter S. an den Unterkunftskosten entgegenzuhalten sei, dass dies von ihr als volljährigem Mitglied der Haushaltsgemeinschaft verlangt werden müsse. Insoweit werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.
In einer weiteren Klageerwiderung führte die Beklagte aus, dass nunmehr offensichtlich nur noch die Übernahme der tatsächlich anfallenden Heizkosten - den Bewilligungszeitraum vom 01.01.05 bis 31.03.05 betreffend - streitig sei. Wie im Widerspruchsbescheid vom 18.02.05 ausgeführt, könnten aus Sicht der ARGE die dem Kläger entstehenden Heizkosten nicht in voller Höhe anerkannt und erstattet werden, weil diese unangemessen hoch seien.
Der Landkreis Freyung-Grafenau als kommunaler Kostenträger für die Unterkunft und Heizung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 22 SGB II) setze für den Personenkreis, der für den Heizungsbedarf selber sorgen müsse, jährlich pauschale Heizungshilfen fest. Diese orientierten sich an den örtlichen (Durchschnitts-) Brennmaterialpreisen (Öl, Kohle, Laub- und Nadelholz), welche vom Landkreis ermittelt würden. Für einen 3-Personenhaushalt betrage danach für die Heizperiode 2004/2005 die jährliche Heizungshilfe 457 Euro, was einem monatlichen Anteil von 38,08 Euro entspreche. Diese Monatspauschale sei auch an den Kläger ausgezahlt worden.
Aus gegebenen Anlass sei die Problematik der Heizkostenerstattung in einer Besprechung zwischen Vertretern der ARGE und dem Landkreis Freyung-Grafenau nochmals eingehend erörtert worden. Als Ergebnis sei festgehalten worden, dass in dieser Frage Eigenheimbesitzer wohl doch anders zu behandeln seien, als Personen, die in einer Mietwohnung leben. Als Konsequenz sei die Heizkostenpauschale für Eigenheimbesitzer nach oben "korrigiert" worden. Für 3 Personen (wie im vorliegenden Fall) würden 110 qm als angemessene Wohnfläche angesetzt, abzüglich 30 qm für nicht zu beheizende Räume ( z. B. Flur, Gästezimmer, Speisekammer), verblieben also 80 qm die de facto zu beheizen seien.
Pro qm würden entsprechend den §§ 6 Abs. 2, 16 Abs. 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) 0,80 Euro in Ansatz gebracht, was einem Jahresbetrag von 768 Euro, also 64 Euro im Monat entspreche.
Für den Kläger bedeute dies ganz konkret, dass sich die monatliche Heizungspauschale von 38,08 Euro auf 64 Euro und in der Folge sich der Bedarf für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 01.01.05 bis 31.03.05 auf insgesamt 625,24 Euro erhöhe. 2/3 hiervon (416,82 Euro ) entfielen auf den Kläger und dessen Ehefrau, 1/3 (208,42 Euro) auf die volljährige Tochter S ...
Die entsprechende Berechnung der Beklagten befindet sich auf Bl. 31 der SG-Akte.
Für die Zeit vom 01.01.05 bis 31.03.05 errechne sich eine Nachzahlung von 51,84 Euro, die in den nächsten Tagen an den Kläger überwiesen werde. Für den Fall, dass die Klage mit der beschriebenen und bezifferten Anhebung der Heizungspauschale erledigt sei, würde sich die Beklagte dem Grunde nach bereit erklären, dem Kläger die entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird im Übrigen auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Beklagtenakte, auf die im Klageverfahren zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die Sitzung vom 22.06.2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist in Höhe des gestellten Antrags vollumfänglich begründet. Die Bescheide der Beklagten sind bezüglich des Ansatzes der Heizkosten in jeder Hinsicht rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten aus § 22 Abs. 1 SGB II.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Sozialgesetzbuchs (SGB II) werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Begriff der Angemessenheit beinhaltet keinen gerichtlicher Kontrolle entzogenen Beurteilungsspielraum, er kann also im Streitfall vom Gericht vollständig überprüft werden (Lang in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage 2005, § 22 Rz 39).
Bei der Auslegung des Begriffs der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II kann nach Ansicht der Kammer nicht ohne jede Differenzierung auf die bisherige Rechtsprechung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Bereich der Sozialhilfe zurückgegriffen werden (ebenso SG Koblenz; Urteil vom 21.12.2005; Az: S 11 AS 105/05). Ebenso wenig kann aufgrund des klaren Wortlauts des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ("tatsächlich soweit angemessen") davon ausgegangen werden, dass hier ein offensichtliches gesetzgeberisches Versehen dergestalt vorliegt, dass eine Pauschalierungsmöglichkeit für die Kosten der Unterkunft nur in § 29 Abs. 3 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) vorgesehen ist, nicht aber im SGB II.
Wenn der Gesetzgeber im SGB XII eine solche Pauschalierungsmöglichkeit vorsieht, jedoch im nahezu zeitgleich erlassenen SGB II eine solche Möglichkeit nicht einräumt, spricht einiges dagegen, dass die für die Kosten der Unterkunft zuständigen Kommunen in Aufrechterhaltung ihrer sozialhilferechtlichen Praxis so agieren dürfen, als hätte sich durch die Einführung des SGB II nichts geändert bzw. die in dem neuen Gesetz scheinbar auftretenden Lücken seien ohne weiteres mit Vorschriften aus dem früher bzw. jetzt geltenden Sozialhilferecht zu füllen.
Für eine derartige Rechtsfortbildung hat die Verwaltung aufgrund des Grundsatzes der Gewaltenteilung keine Kompetenz. Auch wenn es sich vorliegend um sog. unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, die sicherlich durch entsprechende Faktoren näher zu präzisieren sind, stellt es eine Unterschreitung des auf der Tatbestandsseite einer Norm vorzunehmenden Beurteilungsspielraums dar, wenn die Beantwortung der Frage der Angemessenheit der Kosten lediglich auf einem der o.g. Kriterien beruht.
Danach widerspricht es dem klaren Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wenn die Frage der Angemessenheit der Heizkosten auf der Grundlage selbstgeschaffener Pauschalierungen gelöst wird. Selbstverständlich wären Pauschalierungen gerade auch auf regionaler Ebene sehr gut dazu geeignet, im Bereich der Massenverwaltung den Verwaltungsaufwand zu beschränken. Davon kann aber weder die Verwaltung noch die Rechtsprechung in eigener Verantwortung Gebrauch machen, wenn dies dem Gesetzeswortlaut als prinzipiellem Ansatzpunkt für die Auslegung von Gesetzen entgegensteht. Es muss daher vorbehaltlich einer Änderung des Gesetzes in der Zukunft dabei bleiben, dass die tatsächlichen Kosten zu übernehmen sind, soweit diese angemessen sind.
Es ist somit rechtswidrig, die Heizkosten z.B. ausschließlich auf der Grundlage des § 6 Abs. 2 Nr. 1 der Wohngeldverordnung (WoGV) in der Fassung vom 19.10.2001 zu berechnen. Zum einen anderen ist dieser Wert nur für Kosten von zentralen Heizungsanlagen gedacht, während im vorliegenden Fall ein Einzelbeheizung durch Öl vorliegt.
Ein Rückgriff auf Kostenansätze aus dem Jahr 2001 verbietet sich aus mehreren Gesichtspunkten.
So haben die außenpolitischen Vorgänge ab dem 11.09.2001 zu einer verschärften Preissituation auf dem gesamten Energiesektor geführt. Durch deren Folgen haben sich im Gebiet der Bundesrepublik die Kosten für Heizöl alleine im Jahr 2005 um 25 % gesteigert. Vom Beginn des Jahres 2003 bis Jahresende 2005 war eine Steigerung dieser Kosten von 61 % zu verzeichnen. Es war und ist auch nicht ersichtlich, dass der Staat im Energiebereich in irgendeiner Weise, z.B. steuerpolitisch, zur Kostensenkung beiträgt. Diese Entwicklungen dürfen aber nicht dazu führen, dass die Kosten der Unterkunft im Bereich der Bedürftigen auf ein Niveau beschränkt werden, das nur als historisch und realitätsfern bezeichnet werden kann (vgl. hierzu auch Weber, Arbeit und Beruf, Nr. 10 2005, S. 292 f, 293).
Danach hat die Beklagte hier in doppelter Hinsicht gegen § 22 Abs. 1 SGB II verstoßen. Zum einen ist eine Reduzierung der Heizkosten auf einen Wert aus dem Jahr 2001 nicht mit dem Grundsatz der Übernahme der tatsächlichen Kosten zu vereinbaren, zum anderen sieht das SGB II im Bereich der Kosten der Unterkunft keine Pauschalen vor. Soweit zur Ausfüllung des "unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit" auf bestimmte Parameter (z.B. durchschnittlicher und üblicher Verbrauch im jeweiligen Mietniveau) zurückgegriffen wird, ist dies grds. zulässig. Allerdings dürfen solche Werte im Rahmen des Beurteilungsspielraums auf der Tatbestandsseite einer Norm nicht die alleinige Grundlage für eine Entscheidung darstellen. Genau dieses Beurteilungsdefizit begeht aber die Beklagte, wenn sie bei den Heizkosten ausschließlich 0,8 Euro pro qm ohne jede Differenzierung zugrunde legt und somit Heizkosten aus dem Produkt von 80 qm x 0,8 Euro, also 768 Euro abzüglich 64 Euro im Monat bewilligt (vgl. Bl. 31 der Klageakte).
Darüber hinaus war die Zusammenstreichung der Kosten der Unterkunft im Bereich der Heizkosten unmittelbar ab dem 01.01.2005 schon deswegen falsch, weil für eine Regelhöchstfrist von sechs Monaten auch unangemessene Kosten zu übernehmen sind, § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Zwar spricht diese Vorschrift nicht ausdrücklich von Nebenkosten und den Heizkosten, es würde aber keinen Sinn machen, für sechs Monate noch die höhere Kaltmiete zu übernehmen, nicht aber die notwendigerweise anfallenden Betriebskosten (ebenso Weber in Arbeit und Beruf 10/2005, 292, 293). Vielmehr muss sich die Übergangsvorschrift auch auf diese Kosten beziehen.
Somit war die Herabsetzung der Kosten im ersten Bewilligungsabschnitt bereits aus diesem Grund rechtswidrig. Die Beklagte hätte vielmehr auf der Grundlage des § 20 des Zehnten Sozialgesetzbuchs (SGB X) die tatsächlichen Kosten ermitteln müssen, der Kläger hätte sodann dem Grunde nach einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten mindestens bis zum 30.06.2005 gehabt.
Da die Beklagte von der Rechtmäßigkeit ihrer Heizkostenpauschale ausgeht und der Kläger lediglich Rechnungen aus der Vergangenheit vorlegen konnte hat, musste die Kammer selbst prüfen, in welcher Höhe vorliegend die Heizkosten zu gewähren waren.
Die Kammer hatte daher einen Wert ermitteln, der den gesetzlichen Vorgaben des § 22 Abs. 1 SGB II entspricht, weil danach nur die tatsächlichen Heizkosten zu übernehmen sind, soweit sie vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, weil der Kläger solche nicht geltend gemacht hat und sich in der mündlichen Verhandlung mit einer Bemessung nach Maßgabe des Gerichts einverstanden erklärt und seinen Antrag entsprechend formuliert hat.
Ein solcher Anhaltspunkt für die Angemessenheit von Heizkosten kann insbesondere die Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahr 1990 sein, die auch derzeit noch als geeignete Grundlage für die Bemessung der Leistungen für Heizung angesehen werden können (vgl. VG Kassel, Beschluss vom 28.02.2002, 7 G 906/02 sowie SG Koblenz a.a.O.). Danach können die Heizkosten nach folgender Formel berechnet werden:
Stündlicher Wärmebedarf x Jahresvolumenbenutzungsstunden x beheizbare Wohnfläche geteilt durch unterer Heizwert x Wirkungsgrad der Heizungsanlage.
Der stündliche Wärmebedarf ist in den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge mit 139 Wattstunden und die Jahresbenutzungsstunden mit 1600 Stunden festgesetzt. Der untere Heizwert beträgt für extraleichtes Heizöl 10.000 Wattstunden pro Kilogramm. Der Faktor Wirkungsgrad der Heizungsanlage ist 0,7. Auf dieser Basis ergibt sich für einen 3-Personen-Haushalt mit Ölheizung und einer beheizbaren Wohnfläche von 90 qm folgende Berechnungsformel:
139 Wattstunden x 1600 Jahresbenutzungsstunden x 90 qm geteilt durch 10.000 Wattstunden pro Kilogramm mal 0,7 = 2.859 Liter Öl pro Jahr.
Dividiert man dieses Ergebnis durch 12, erhält man einen monatlichen Heizölbedarf von 238,29 Litern für ein 90 qm großes Haus. Bei einem durchschnittlichen Ölpreis von ca. 46 Euro pro 100 Liter im ersten Quartal 2005 ergibt sich ein Bedarf von 109,61 Euro Heizkosten im Monat für eine solche Wohnung.
Gegen die herangezogenen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge kann auch nicht eingewandt werden, dass diese für die Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten ungeeignet seien, wie dies von einer Beklagten im Rahmen eines Verfahrens vor dem Hessischen LSG (vgl. Hessisches Landessozialgericht 9. Senat, Beschluss vom 21.03.2006, Az L 9 AS 124/05 ER) vorgetragen wurde. Insoweit wurde eingewandt, die Empfehlungen stammten aus dem Jahre 1990, seien somit völlig veraltet und berücksichtigten nicht das heutige Heizverhalten. Nach einer Studie der T. AG, Hilfen für den Wohnungswirt, Ausgabe 2005, hätten sich die Verbrauchskennwerte über die Jahre verändert. So sei in den letzten 16 Jahren ein stetiger und nennenswerter Rückgang beim Heizölverbrauch festzustellen. Von ursprünglich 30 l/qm habe sich der Verbrauch im Durchschnitt auf knapp 20 l/qm reduziert. Innerhalb der letzten 16 Jahre sei damit ein Verbrauchsrückgang von rund 30 % festzustellen (vgl. S. 6 der Studie). Entgegen der Berechnungshilfe in den Empfehlungen des Deutschen Vereins sei nicht von einem Wärmebedarf von 139 Wattstunden/qm, sondern nur von 100 Wattstunden/qm auszugehen. Bei einer 132 qm großen Wohnung ergebe sich somit ein Wärmebedarf von 13.200 Watt. Auch bei den Jahresvolumenbenutzungsstunden werde ein überhöhter Wert zugrunde gelegt. 1.600 Stunden pro Jahr seien bei einem Mehrfamilienhaus realistisch. Bei einer Etagenwohnung hingegen seien max. 1.400 Jahresbenutzungsstunden anzusetzen. Weiterhin sei der Ansatz, den Anlagenwirkungsgrad mit dem Faktor 0,70 anzusetzen, falsch. Der Wirkungsgrad 0,70 sei bei Koksfeuerung heranzuziehen, bei Ölfeuerung betrage der Anlagenwirkungsgrad 0,75. Danach ergebe sich ein Verbrauch von 2.464 l Heizöl.
Dieser Argumentation muss entgegengehalten werden, dass es in modernen Häusern und Wohnungen, die nach 1990 erstellt wurden aufgrund moderner Technik sicherlich in gewissem Umfang möglich sein wird, sparsamer zu wirtschaften, dass aber gerade dieser Wohnraum in den SGB-II-relevanten Fällen jedoch kaum einmal streitgegenständlich sein dürfte, weil dort moderne Wohnungen des gehobenen Standards eben nicht der Vergleichsmaßstab sind, worauf von den Kostenträgern bei der Ermittlung von Vergleichsmieten auch bei der Anwendung von Mietspiegeln durchaus zu Recht verwiesen wird. Es kann daher nicht angehen, bei den reinen Kosten der Unterkunft auf das untere Preisniveau abzustellen (vgl. oben), jedoch bei den Heizkosten modernste Technik und neueste Entwicklungen berücksichtigen zu wollen. Eine derartige Betrachtungsweise erinnert daher eher an eine möglichst konsequente Durchführung der sog. "Rosinentheorie", in welcher der Blick für die Problematik im Ganzen bewusst verstellt wird und das Hervorheben von Details letztlich zu Ergebnissen führen soll, die sich von der Realität immer weiter entfernen. Ein derartiges Verhalten mag aus kommunalpolitischer Hinsicht finanziell erklärbar sein, wird aber den gesetzlichen und tatsächlichen Erfordernissen nicht gerecht. Im vorliegenden Verfahren hat sich die Beklagte auch gar nicht auf solche Argumente eingelassen, was in Anbetracht der Tatsache, dass im Bereich des Landkreises Freyung-Grafenau auch ein etwas höherer Maßstab an Heizstunden anzusetzen wäre, als in wärmeren Gefilden, ohnehin nicht zielführend wäre.
Soweit der Kläger hier von eigenen Werten ausgegangen ist und auf entsprechende Rechnungen aus der Vergangenheit verwiesen hat, musste dies im Rahmen der Übernahme tatsächlicher Kosten im Jahr 2005 außer Acht bleiben. Bei der Berücksichtigung von Heizkosten darf es auch aus Gründen der Gleichbehandlung keine Rolle spielen, ob ein Betroffener extrem teuer oder ganz besonders billig einkauft, was insbesondere dadurch beeinflusst werden kann, dass z.B. Einkaufsgemeinschaften gebildet werden, also große Mengen zum günstigsten Zeitpunkt beschafft werden oder zu einem ungünstigen Termin nur eine geringe Litermenge abgenommen wird. Die Berechnungsweise der Kammer auf der Grundlage der Entwicklung der Heizölpreise in Deutschland (Quelle z.B. www.tecson.de/pheizoel.htm) bildet insoweit eine zuverlässige Grundlage, um einerseits dem Grundsatz der Übernahme der tatsächlichen Kosten Rechnung zu tragen, jedoch gleichzeitig diese auf ein angemessenes Maß zu beschränken. Im Übrigen wurde bereits ausgeführt, dass sich der Kläger mit einer Bemessung der von der Kammer in der mündlichen Verhandlung dargestellten Grundsätze einverstanden zeigte.
Weil die Kosten für Energie und Warmwasserzubereitung bereits durch die Regelsatzleistungen abgegolten (vgl. Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rz 49) sind, ist aus dem Betrag von 109,61 Euro ggf. ein Sechstel herauszurechnen, wenn die Warmwasseraufbereitung hier durch einen Einzelölofen erfolgt.
Die Herausrechnung des Anteils der volljährigen Tochter folgt daraus, dass diese nicht zur Bedarfsgemeinschaft des Klägers gehört (vgl. Lang in Eicher-Spellbrink, SGB II, § 22 Rz 38).
Die Klage war somit im Bereich der Heizkosten in antragsgemäßer Höhe begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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