Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 16 AL 409/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 AL 160/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist der Umfang von Auskunftspflichten der Beklagten.
Der Kläger bezieht mit Unterbrechungen seit 06.09.1997 Arbeitslosenhilfe. Nachdem die U GmbH der Beklagten mitgeteilt hatte, dass eine Bewerbung des Klägers nicht eingegangen sei, beabsichtigte diese die Verhängung einer Sperrzeit. Der Kläger legte mit Schreiben vom 21.10.2003 die Erklärung eines Zeugen vor, der die Übersendung der Bewerbungsunterlagen bestätigte, weshalb die Beklagte von der Verhängung einer Sperrzeit Abstand nahm. Mit genanntem Schreiben forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm mitzuteilen, wie der Nachweis einer erfolgten Bewerbung zu erfolgen habe. Er legte darüber hinaus die schriftliche Auskunft seines Arbeitsberaters vor, nach der eine bestimmte Form des Nachweises über Bewerbungsanschreiben im SGB III nicht vorgesehen sei, solange eine solche von Seiten des Arbeitsamtes nicht ausdrücklich verlangt werde. Ein Nachweis (wie beispielsweise ein Beleg über ein Einschreiben oder ähnliches) werde nicht verlangt. Aus Kostengründen bliebe nur die Alternative, die Bewerbungen mit einfachem Brief zu versenden, wobei ein Nachweis dann allerdings nicht vorhanden sei.
Am 13.11.2003 sprach der Kläger im Beisein des Zeugen L bei der Beklagten vor und bat um die Festlegung eines verbindlichen Verfahrens, wie er sich zu bewerben habe und wie er die erfolgte Bewerbung der Beklagten gegenüber erforderlichenfalls beweisen könne. Der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten lehnte das Begehren ab und wies darauf hin, dass ein solches Verfahren mit allen oder vielen Arbeitslosen nicht zu bewältigen wäre, aber auch nicht notwendig sei, da nach aller Erfahrung die Post den Empfänger nahezu immer auch erreiche. Darüber hinaus teilte der zuständige Sachbearbeiter dem Kläger mit, dass eine Bewerbung so zu erfolgen habe, wie das Arbeitsamt oder der Arbeitgeber es verlange bzw. wünsche. Der Gesetzgeber habe darüber hinaus in § 144 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch &8211; Drittes Buch (SGB III) die Beweislast dem Arbeitslosen dahingehend auferlegt, dass dieser nunmehr die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen habe, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen, wie dies beispielsweise dann der Fall sei, wenn Bewerbungsunterlagen den Empfänger nicht erreichen. In einem solchen Einzelfall sei die Beweisführung des Arbeitslosen zu prüfen. Der Kläger habe für diesen Fall bereits vorgesorgt, indem er einen Zeugen für den Einwurf der Bewerbungsunterlagen im Postbriefkasten vorweisen könne.
Seine hiergegen erhobene Klage vom 13.11.2003 begründete der Kläger damit, dass die Beklagte zur Auskunftserteilung nach den entsprechenden gesetzlichen Regelungen verpflichtet sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm die schriftliche Auskunft darüber zu erteilen, wie ein Nachweis der erfolgten Bewerbung zu erfolgen habe. Hilfsweise stellt der Kläger den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, pro erfolgter Bewerbung den Betrag in Höhe von 3,04 Euro plus 5,00 Euro Bearbeitungsgebühr zuzüglich 5 % Zinsen ab diesem Termin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass sie jederzeit ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht nachgekommen sei.
Mit Einladungsschreiben vom 13.03.2004 hat die Beklagte den Kläger zu einem Termin am 18.03.2004 eingeladen, um diesen über die rechtliche Situation bezüglich seines Verhaltens bei der Vorlage bzw. Versendung von Bewerbungsunterlagen zu informieren. Da der Kläger zu diesem Termin nicht erschienen ist, hat die Beklagte eine zweite Einladung zum 28.03.2004 versandt. Am 19.03.2004 hat der Kläger bei der Beklagten vorgesprochen und mitgeteilt, dass er die erste Einladung nicht erhalten habe. Den zweiten Termin hat er wahrgenommen. Dort hat er ein Schreiben des zuständigen Sachbearbeiters Herr I vom 25.03.2004 erhalten, worin dieser mitteilt, dass die Vorlage von Bewerbungsunterlagen bzw. Bewerbungen so zu erfolgen habe, wie das Arbeitsamt oder der Arbeitgeber es verlangt bzw. wünscht. Außerdem wurde das Ansinnen des Klägers, ein gesondertes Verfahren zum gerichtsfesten Nachweis der Versendung von Bewerbungsunterlagen festzulegen, ausdrücklich zurückgewiesen.
Der Kläger vertritt auch nach Erteilung dieser Auskünfte die Auffassung, dass die Beklagte die Pflicht habe, ihm konkret mitzuteilen, wie ein "gerichtsfester" Nachweis der erfolgten Bewerbung auszusehen habe. Dieser Verpflichtung sei sie bislang nicht nachgekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakten und der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klage zulässig ist.
Der Kläger kann sein Begehren nicht mit einer Verpflichtungsklage verfolgen. Falls der Kläger - entgegen dem Wortlaut seines zu Protokoll erklärten Sachantrages - begehrt, die Beklagte zu verpflichten, mit ihm ein verbindliches Verfahren zum Nachweis der erfolgten Bewerbungen festzulegen, kommt eine Verpflichtungsklage schon deshalb nicht in Betracht, weil diese auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet sein muss (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 Sozialgerichtsgesetz &8211; SGG). Die begehrte Erklärung der Beklagten wäre aber kein Verwaltungsakt, weil sie nicht auf eine unmittelbare Feststellung von Rechten des Klägers gerichtet wäre, sondern auf die abstrakte Mitteilung, unter welchen Voraussetzungen die erfolgte Bewerbung als nachgewiesen gilt.
Auch eine vorbeugende Feststellungsklage ist vorliegend nicht zulässig. Ausgehend vom Begehren des Klägers kann sein Vortrag auch so verstanden werden, dass er wissen möchte, wie er sich zukünftig verhalten muss, um den Nachweis der erfolgten Bewerbung zu erbringen, um so einer möglicherweise ansonsten drohenden Sperrzeit zu entgehen. Das Auskunftsverlangen des Klägers zielt nicht auf die Feststellung von Rechten und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis. Zwar besteht grundsätzlich ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten insoweit, als der Kläger Arbeitslosenhilfe bezieht und sich aus dem Leistungsbezug Rechte und Pflichten ergeben. Allerdings begehrt der Kläger nicht die Feststellung aktueller Rechte und Pflichten aus dem dargelegten Rechtsverhältnis, sondern sein Begehren läuft auf die gewünschte Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage hinaus. Er will lediglich abstrakt, ohne Bezug zu einem bestimmten Einzelfall, geklärt wissen, wann der Nachweis der erfolgten Bewerbung als erbracht gilt, um den Eintritt einer Sperrzeit zu verhindern. Dieses Begehren kann mit der Feststellungsklage nicht verfolgt werden (vgl. insoweit BSG, Beschluss vom 05.08.1999, Az.: B 14 KG 3/99 B).
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Beratung kann grundsätzlich im Wege einer allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden. Diese Klageart ist einem Rechtschutzsuchenden eröffnet, der die Verurteilung des Verwaltungsträgers zu einer schlicht-hoheitlichen Amtshandlung, hier einer Beratung, begehrt. Ob die Prozessvoraussetzungen der allgemeinen Leistungsklage vorliegen, ist zweifelhaft. Die Beklagte hat ihre Rechtsauffassung bereits mehrfach mitgeteilt. Der Kläger will daher nur noch eine "Beratung", die seiner Rechtsauslegung entspricht. Zu einer solchen Leistungsklage auf "richtige" Beratung ist er aber nicht befugt; weder im Sinne der Prozessführungsbefugnis noch - falls hier entsprechend anwendbar - der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Denn die Rechtsordnung sieht keinen Anspruch auf Erteilung einer "objektiv richtigen" im Sinne einer der Rechtsauffassung des Nachfragenden entsprechenden Beratung bzw. Auskunft vor (BSG Urteil vom 20.12.2001, Az.: B 4 RA 50/01 R). Soweit eine Behörde verpflichtet ist, den Bürger zu beraten bzw. ihm Auskunft zu erteilen (§§ 15 und 16 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch), hat sie auf primärer Ebene die Beratung bzw. Auskunft immer nur nach bestem "Wissen und Gewissen" zu geben (BSG a. a. O.). Erteilt sie eine "objektiv falsche" Beratung, begründet dies keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erteilung einer gerade aus der Sicht des Anspruchstellers "objektiv richtigen" Beratung.
Letztlich kann offen bleiben, ob die Klage zulässig ist (zu dieser Möglichkeit BSG, Urteil vom 13.10.1992, Az.: 5 RJ 16/92), denn sie ist jedenfalls sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch des Hilfsantrags unbegründet.
Die mit dem Hauptantrag begehrte Auskunft wurde von der Beklagten bereits in ausreichendem Maße erteilt. Nach § 16 Abs. 1 Sozialgesetzbuch &8211; Erstes Buch (SGB I) hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Inhalt des Anspruchs ist die umfassende Beratung über alle sozialrechtlichen Fragen, die für den Bürger zur Beurteilung seiner Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch gegenwärtig von Bedeutung sind oder in Zukunft sein können (BT-Drucks. 7/868, Begründung B, zu § 14). Die Beratung umfasst auch die mit der Erteilung eines begründeten Ratschlags notwendig verknüpfte individuelle Auskunft (Lilge, in: Gesamtkommentar zur Sozialversicherung, § 14 S. 8).
Der Nachweis, dass eine Bewerbung gefertigt und versandt wurde, ist für den Eintritt bzw. Nichteintritt einer Sperrzeit entscheidend. Für das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen ist die Beklagte beweispflichtig. Dies gilt auch für den Umstand, dass der Arbeitslose sich auf die angebotene Stelle beworben hat. Erhält sie allerdings von dem potentiellen Arbeitgeber die Auskunft, dass der Arbeitslose sich nicht beworben hat, so obliegt es nun dem Arbeitlosen, die tatsächlich erfolgte Bewerbung nachzuweisen. In diesen Fällen besteht grundsätzlich ein Anspruch des Arbeitslosen auf Beratung dahingehend, welche Möglichkeiten ihm zur Verfügung stehen, um dieser Verpflichtung nachzukommen.
Die Beklagte ist vorliegend diesem Beratungsanspruch des Klägers in ausreichendem Maß nachgekommen. Sie hat ihn darüber in Kenntnis gesetzt, dass er für den Fall, dass eine Bewerbung ihren Empfänger nicht erreicht, beweispflichtig für die Tatsache ist, dass er die Bewerbung versandt hat. Zur Frage, wie ein solcher Nachweis erbracht werden könne, teilte sie mit, dass eine besondere Nachweispflicht, wie die Versendung der Bewerbungen per Einschreiben und ähnliches, von ihr nicht verlangt werde. Aus Kostengründen empfehle sich die Versendung durch einfachen Brief, wobei dann ein Nachweis allenfalls durch Zeugen, die bei der Versendung der Unterlagen anwesend sind, erbracht werden könne. Dies habe der Kläger bereits beim Versand der Bewerbungsunterlagen für die ausgeschriebene Stelle bei der U GmbH so gehandhabt, da Herr L dort als Zeuge anwesend gewesen sei.
Die vom Kläger begehrte Festlegung eines verbindlichen Verfahrens, wie der Nachweis der erfolgten Bewerbung erbracht werden kann, geht über den gesetzlich festgelegten Beratungsanspruch im Sinne des § 16 SGB I hinaus. Bereits aus dem Wortlaut der Norm wird deutlich, dass nur die Beratung über bestehende Rechte und Pflichten nicht jedoch die Erteilung einer Zusage, durch die sich der Leistungsträger zu einem bestimmten künftigen Verhalten verpflichtet, hierunter subsumiert werden kann (vgl. insoweit Lilge, in: Gesamtkommentar zur Sozialversicherung, § 14 S. 8). Gesetzliche Regelungen, die einen Anspruch auf Festlegung eines verbindlichen Verfahrens zum Nachweis der erfolgten Bewerbung begründen würden, sind nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger von der Beklagten die Beantwortung der Frage begehrt, wie der Nachweis der erfolgten Bewerbung "gerichtsfest" erbracht werden kann, geht auch dieses Begehren über die Beratungspflicht nach § 16 SGB I hinaus. Die Beratungspflicht der Beklagten ist auf Bereiche begrenzt, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Für die abschließende Beurteilung der Frage, ob eine Sperrzeit wegen nicht nachgewiesenen Zugangs einer Bewerbung eintritt, ist im jeweiligen Einzelfall das Gericht und nicht die Beklagte zuständig. Eine "gerichtsfeste Auskunft" durch die Beklagte ist bereits aus diesem Grund nicht möglich. Sie kann allenfalls Hinweise über die aktuelle Rechtslage erteilen. Darüber hinaus kann eine Beratung, die alle denkbaren Eventualitäten und Einzelfälle einschließt, von der Beklagten aus rein tatsächlichen Gründen nicht geleistet werden.
Ein Auskunftsanspruch nach § 13 SGB I scheidet aus, weil Adressat der Aufklärung "die Bevölkerung", also ein unbestimmter Personenkreis ist und die Information daher zwangsläufig eine generelle und nicht eine auf den Einzelnen und den Einzelfall abgestellte individuelle Aussage ist.
§ 15 SGB I ist vorliegend nicht anwendbar, weil die Beklagte nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht zu den Auskunftsverpflichteten zählt. Nur die nach Landesrecht zuständigen Stellen (in Nordrhein-Westfalen die Gemeinden), die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind hiernach zur Auskunft verpflichtet.
Der Hilfsantrag ebenfalls unbegründet, da er lediglich für den Fall des Obsiegens im Hauptantrag gestellt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist der Umfang von Auskunftspflichten der Beklagten.
Der Kläger bezieht mit Unterbrechungen seit 06.09.1997 Arbeitslosenhilfe. Nachdem die U GmbH der Beklagten mitgeteilt hatte, dass eine Bewerbung des Klägers nicht eingegangen sei, beabsichtigte diese die Verhängung einer Sperrzeit. Der Kläger legte mit Schreiben vom 21.10.2003 die Erklärung eines Zeugen vor, der die Übersendung der Bewerbungsunterlagen bestätigte, weshalb die Beklagte von der Verhängung einer Sperrzeit Abstand nahm. Mit genanntem Schreiben forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm mitzuteilen, wie der Nachweis einer erfolgten Bewerbung zu erfolgen habe. Er legte darüber hinaus die schriftliche Auskunft seines Arbeitsberaters vor, nach der eine bestimmte Form des Nachweises über Bewerbungsanschreiben im SGB III nicht vorgesehen sei, solange eine solche von Seiten des Arbeitsamtes nicht ausdrücklich verlangt werde. Ein Nachweis (wie beispielsweise ein Beleg über ein Einschreiben oder ähnliches) werde nicht verlangt. Aus Kostengründen bliebe nur die Alternative, die Bewerbungen mit einfachem Brief zu versenden, wobei ein Nachweis dann allerdings nicht vorhanden sei.
Am 13.11.2003 sprach der Kläger im Beisein des Zeugen L bei der Beklagten vor und bat um die Festlegung eines verbindlichen Verfahrens, wie er sich zu bewerben habe und wie er die erfolgte Bewerbung der Beklagten gegenüber erforderlichenfalls beweisen könne. Der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten lehnte das Begehren ab und wies darauf hin, dass ein solches Verfahren mit allen oder vielen Arbeitslosen nicht zu bewältigen wäre, aber auch nicht notwendig sei, da nach aller Erfahrung die Post den Empfänger nahezu immer auch erreiche. Darüber hinaus teilte der zuständige Sachbearbeiter dem Kläger mit, dass eine Bewerbung so zu erfolgen habe, wie das Arbeitsamt oder der Arbeitgeber es verlange bzw. wünsche. Der Gesetzgeber habe darüber hinaus in § 144 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch &8211; Drittes Buch (SGB III) die Beweislast dem Arbeitslosen dahingehend auferlegt, dass dieser nunmehr die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen habe, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen, wie dies beispielsweise dann der Fall sei, wenn Bewerbungsunterlagen den Empfänger nicht erreichen. In einem solchen Einzelfall sei die Beweisführung des Arbeitslosen zu prüfen. Der Kläger habe für diesen Fall bereits vorgesorgt, indem er einen Zeugen für den Einwurf der Bewerbungsunterlagen im Postbriefkasten vorweisen könne.
Seine hiergegen erhobene Klage vom 13.11.2003 begründete der Kläger damit, dass die Beklagte zur Auskunftserteilung nach den entsprechenden gesetzlichen Regelungen verpflichtet sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm die schriftliche Auskunft darüber zu erteilen, wie ein Nachweis der erfolgten Bewerbung zu erfolgen habe. Hilfsweise stellt der Kläger den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, pro erfolgter Bewerbung den Betrag in Höhe von 3,04 Euro plus 5,00 Euro Bearbeitungsgebühr zuzüglich 5 % Zinsen ab diesem Termin zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, dass sie jederzeit ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht nachgekommen sei.
Mit Einladungsschreiben vom 13.03.2004 hat die Beklagte den Kläger zu einem Termin am 18.03.2004 eingeladen, um diesen über die rechtliche Situation bezüglich seines Verhaltens bei der Vorlage bzw. Versendung von Bewerbungsunterlagen zu informieren. Da der Kläger zu diesem Termin nicht erschienen ist, hat die Beklagte eine zweite Einladung zum 28.03.2004 versandt. Am 19.03.2004 hat der Kläger bei der Beklagten vorgesprochen und mitgeteilt, dass er die erste Einladung nicht erhalten habe. Den zweiten Termin hat er wahrgenommen. Dort hat er ein Schreiben des zuständigen Sachbearbeiters Herr I vom 25.03.2004 erhalten, worin dieser mitteilt, dass die Vorlage von Bewerbungsunterlagen bzw. Bewerbungen so zu erfolgen habe, wie das Arbeitsamt oder der Arbeitgeber es verlangt bzw. wünscht. Außerdem wurde das Ansinnen des Klägers, ein gesondertes Verfahren zum gerichtsfesten Nachweis der Versendung von Bewerbungsunterlagen festzulegen, ausdrücklich zurückgewiesen.
Der Kläger vertritt auch nach Erteilung dieser Auskünfte die Auffassung, dass die Beklagte die Pflicht habe, ihm konkret mitzuteilen, wie ein "gerichtsfester" Nachweis der erfolgten Bewerbung auszusehen habe. Dieser Verpflichtung sei sie bislang nicht nachgekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakten und der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klage zulässig ist.
Der Kläger kann sein Begehren nicht mit einer Verpflichtungsklage verfolgen. Falls der Kläger - entgegen dem Wortlaut seines zu Protokoll erklärten Sachantrages - begehrt, die Beklagte zu verpflichten, mit ihm ein verbindliches Verfahren zum Nachweis der erfolgten Bewerbungen festzulegen, kommt eine Verpflichtungsklage schon deshalb nicht in Betracht, weil diese auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet sein muss (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 Sozialgerichtsgesetz &8211; SGG). Die begehrte Erklärung der Beklagten wäre aber kein Verwaltungsakt, weil sie nicht auf eine unmittelbare Feststellung von Rechten des Klägers gerichtet wäre, sondern auf die abstrakte Mitteilung, unter welchen Voraussetzungen die erfolgte Bewerbung als nachgewiesen gilt.
Auch eine vorbeugende Feststellungsklage ist vorliegend nicht zulässig. Ausgehend vom Begehren des Klägers kann sein Vortrag auch so verstanden werden, dass er wissen möchte, wie er sich zukünftig verhalten muss, um den Nachweis der erfolgten Bewerbung zu erbringen, um so einer möglicherweise ansonsten drohenden Sperrzeit zu entgehen. Das Auskunftsverlangen des Klägers zielt nicht auf die Feststellung von Rechten und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis. Zwar besteht grundsätzlich ein Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten insoweit, als der Kläger Arbeitslosenhilfe bezieht und sich aus dem Leistungsbezug Rechte und Pflichten ergeben. Allerdings begehrt der Kläger nicht die Feststellung aktueller Rechte und Pflichten aus dem dargelegten Rechtsverhältnis, sondern sein Begehren läuft auf die gewünschte Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage hinaus. Er will lediglich abstrakt, ohne Bezug zu einem bestimmten Einzelfall, geklärt wissen, wann der Nachweis der erfolgten Bewerbung als erbracht gilt, um den Eintritt einer Sperrzeit zu verhindern. Dieses Begehren kann mit der Feststellungsklage nicht verfolgt werden (vgl. insoweit BSG, Beschluss vom 05.08.1999, Az.: B 14 KG 3/99 B).
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Beratung kann grundsätzlich im Wege einer allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden. Diese Klageart ist einem Rechtschutzsuchenden eröffnet, der die Verurteilung des Verwaltungsträgers zu einer schlicht-hoheitlichen Amtshandlung, hier einer Beratung, begehrt. Ob die Prozessvoraussetzungen der allgemeinen Leistungsklage vorliegen, ist zweifelhaft. Die Beklagte hat ihre Rechtsauffassung bereits mehrfach mitgeteilt. Der Kläger will daher nur noch eine "Beratung", die seiner Rechtsauslegung entspricht. Zu einer solchen Leistungsklage auf "richtige" Beratung ist er aber nicht befugt; weder im Sinne der Prozessführungsbefugnis noch - falls hier entsprechend anwendbar - der Klagebefugnis (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Denn die Rechtsordnung sieht keinen Anspruch auf Erteilung einer "objektiv richtigen" im Sinne einer der Rechtsauffassung des Nachfragenden entsprechenden Beratung bzw. Auskunft vor (BSG Urteil vom 20.12.2001, Az.: B 4 RA 50/01 R). Soweit eine Behörde verpflichtet ist, den Bürger zu beraten bzw. ihm Auskunft zu erteilen (§§ 15 und 16 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch), hat sie auf primärer Ebene die Beratung bzw. Auskunft immer nur nach bestem "Wissen und Gewissen" zu geben (BSG a. a. O.). Erteilt sie eine "objektiv falsche" Beratung, begründet dies keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erteilung einer gerade aus der Sicht des Anspruchstellers "objektiv richtigen" Beratung.
Letztlich kann offen bleiben, ob die Klage zulässig ist (zu dieser Möglichkeit BSG, Urteil vom 13.10.1992, Az.: 5 RJ 16/92), denn sie ist jedenfalls sowohl hinsichtlich des Haupt- als auch des Hilfsantrags unbegründet.
Die mit dem Hauptantrag begehrte Auskunft wurde von der Beklagten bereits in ausreichendem Maße erteilt. Nach § 16 Abs. 1 Sozialgesetzbuch &8211; Erstes Buch (SGB I) hat jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Inhalt des Anspruchs ist die umfassende Beratung über alle sozialrechtlichen Fragen, die für den Bürger zur Beurteilung seiner Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch gegenwärtig von Bedeutung sind oder in Zukunft sein können (BT-Drucks. 7/868, Begründung B, zu § 14). Die Beratung umfasst auch die mit der Erteilung eines begründeten Ratschlags notwendig verknüpfte individuelle Auskunft (Lilge, in: Gesamtkommentar zur Sozialversicherung, § 14 S. 8).
Der Nachweis, dass eine Bewerbung gefertigt und versandt wurde, ist für den Eintritt bzw. Nichteintritt einer Sperrzeit entscheidend. Für das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen ist die Beklagte beweispflichtig. Dies gilt auch für den Umstand, dass der Arbeitslose sich auf die angebotene Stelle beworben hat. Erhält sie allerdings von dem potentiellen Arbeitgeber die Auskunft, dass der Arbeitslose sich nicht beworben hat, so obliegt es nun dem Arbeitlosen, die tatsächlich erfolgte Bewerbung nachzuweisen. In diesen Fällen besteht grundsätzlich ein Anspruch des Arbeitslosen auf Beratung dahingehend, welche Möglichkeiten ihm zur Verfügung stehen, um dieser Verpflichtung nachzukommen.
Die Beklagte ist vorliegend diesem Beratungsanspruch des Klägers in ausreichendem Maß nachgekommen. Sie hat ihn darüber in Kenntnis gesetzt, dass er für den Fall, dass eine Bewerbung ihren Empfänger nicht erreicht, beweispflichtig für die Tatsache ist, dass er die Bewerbung versandt hat. Zur Frage, wie ein solcher Nachweis erbracht werden könne, teilte sie mit, dass eine besondere Nachweispflicht, wie die Versendung der Bewerbungen per Einschreiben und ähnliches, von ihr nicht verlangt werde. Aus Kostengründen empfehle sich die Versendung durch einfachen Brief, wobei dann ein Nachweis allenfalls durch Zeugen, die bei der Versendung der Unterlagen anwesend sind, erbracht werden könne. Dies habe der Kläger bereits beim Versand der Bewerbungsunterlagen für die ausgeschriebene Stelle bei der U GmbH so gehandhabt, da Herr L dort als Zeuge anwesend gewesen sei.
Die vom Kläger begehrte Festlegung eines verbindlichen Verfahrens, wie der Nachweis der erfolgten Bewerbung erbracht werden kann, geht über den gesetzlich festgelegten Beratungsanspruch im Sinne des § 16 SGB I hinaus. Bereits aus dem Wortlaut der Norm wird deutlich, dass nur die Beratung über bestehende Rechte und Pflichten nicht jedoch die Erteilung einer Zusage, durch die sich der Leistungsträger zu einem bestimmten künftigen Verhalten verpflichtet, hierunter subsumiert werden kann (vgl. insoweit Lilge, in: Gesamtkommentar zur Sozialversicherung, § 14 S. 8). Gesetzliche Regelungen, die einen Anspruch auf Festlegung eines verbindlichen Verfahrens zum Nachweis der erfolgten Bewerbung begründen würden, sind nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger von der Beklagten die Beantwortung der Frage begehrt, wie der Nachweis der erfolgten Bewerbung "gerichtsfest" erbracht werden kann, geht auch dieses Begehren über die Beratungspflicht nach § 16 SGB I hinaus. Die Beratungspflicht der Beklagten ist auf Bereiche begrenzt, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen. Für die abschließende Beurteilung der Frage, ob eine Sperrzeit wegen nicht nachgewiesenen Zugangs einer Bewerbung eintritt, ist im jeweiligen Einzelfall das Gericht und nicht die Beklagte zuständig. Eine "gerichtsfeste Auskunft" durch die Beklagte ist bereits aus diesem Grund nicht möglich. Sie kann allenfalls Hinweise über die aktuelle Rechtslage erteilen. Darüber hinaus kann eine Beratung, die alle denkbaren Eventualitäten und Einzelfälle einschließt, von der Beklagten aus rein tatsächlichen Gründen nicht geleistet werden.
Ein Auskunftsanspruch nach § 13 SGB I scheidet aus, weil Adressat der Aufklärung "die Bevölkerung", also ein unbestimmter Personenkreis ist und die Information daher zwangsläufig eine generelle und nicht eine auf den Einzelnen und den Einzelfall abgestellte individuelle Aussage ist.
§ 15 SGB I ist vorliegend nicht anwendbar, weil die Beklagte nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht zu den Auskunftsverpflichteten zählt. Nur die nach Landesrecht zuständigen Stellen (in Nordrhein-Westfalen die Gemeinden), die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind hiernach zur Auskunft verpflichtet.
Der Hilfsantrag ebenfalls unbegründet, da er lediglich für den Fall des Obsiegens im Hauptantrag gestellt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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