S 34 (29) RA 127/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
34
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 34 (29) RA 127/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 R 45/06 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 452,59 EURO zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 452,59 EURO festgesetzt. Berufung und Sprungrevision werden zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag in Höhe von 452,59 Euro zu erstatten hat.

Die am 30.05.2004 verstorbene H. (Versicherte) bezog von der Klägerin eine Altersrente, zuletzt in Höhe von 799,82 Euro. Die Rente wurde laufend auf das von der Beklagten geführte Girokonto überwiesen. Am 28.05.2004 ging die Rente für den Monat Juni 2004 auf dem Konto ein. Zu diesem Zeitpunkt war das Konto in Höhe von 895,50 Euro im Soll. Zwei Tage später verstarb die Versicherte. Der Sohn der Versicherten schlug das Erbe aus.

Nach Gutschrift der Rente wurden noch folgende Verfügungen ausgeführt: Am 28.05.2004 ein Dauerauftrag in Höhe von 30,00 Euro, am 01.06.2004 eine Lastschrift in Höhe von 19,89 Euro, eine Überweisung in Höhe von 115,00 Euro und eine Lastschrift in Höhe von 290,30 Euro. Der Kontostand betrug am 16.06.2004 550,87 Euro im Soll.

Mit einem bei der Beklagten am 16.06.2004 eingegangen Schreiben informierte die Niederlassung Rentenservice der Deutschen Post die Beklagte über den Tod der Versicherten und forderte unter Berufung auf § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI von der für den Monat Juni 2004 gezahlten Rente in Höhe von 799,82 Euro einen Betrag in Höhe von 797,22 Euro zurück. Die Beklagte teilte daraufhin mit, dass die Rückforderung überzahlter Beträge nicht in voller Höhe möglich sei, weil über den Rentenbetrag bereits teilweise verfügt worden sei. Eine Befriedigung eigener Forderungen habe nicht stattgefunden. Die Beklagte überwies anschließend einen Teilbetrag in Höhe von 344,63 Euro an die Klägerin.

Die Klägerin erfuhr am 15.06.2004 durch die Niederlassung Rentenservice der Deutschen Post vom Tod der Versicherten. Sie bat mit Schreiben vom 05.08.2004 die Beklagte um Prüfung, ob der Betrag in Höhe von 452,59 Euro an die Klägerin gezahlt werden könne. Andernfalls werde um Angabe der genauen Anschriften der Zahlungsempfänger gebeten. Die Beklagte teilte daraufhin mit, dass ihr die Adressen nicht vorliegen würden und eine Rückzahlung durch sie weiterhin nicht möglich sei. Mit Schreiben vom 20.08.2004 und 13.09.2004 wandte sich die Klägerin unter Hinweis auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts erneut an die Beklagte und forderte weiterhin die Zahlung von 452,59 Euro. Nach dieser Rechtsprechung sei ein Geldinstitut bei Überweisung der Rente auf ein durchgehend im Soll befindliches Konto stets zur Rückzahlung verpflichtet, weil eine Befriedigung eigener Forderungen vorliege, die gem. § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI unzulässig sei. Die Beklagte machte demgegenüber den Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI geltend. Es sei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anzustellen, die sich auf den gesamten Zeitraum vom Eingang der Rentenzahlung bis zum Eingang der Rentenrückforderung erstrecke. Daraus ergebe sich, dass über den Betrag in Höhe von 452,59 Euro anderweitig verfügt worden und die Beklagte damit entreichert sei.

Die Klägerin hat am 21.10.2004 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Beklagte sei zur Rückzahlung der für den Monat Juni 2004 zu Unrecht gezahlten Rente verpflichtet, da das Konto der Versicherten bei Eingang der Rente im Soll gewesen sei. Die Beklagte habe die Geldleistung zur Befriedigung eigener Forderungen verwendet. Dies sei nicht zulässig. Es sei ohne Bedeutung, dass nach dem Eingang der Rente wirksam über das Konto verfügt worden sei und Dritte Beträge aus dem Konto erhalten hätten. Die Klägerin nimmt insbesondere Bezug auf die Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (Az. B 4 RA 42/03 R, B 4 RA 64/01 R, B 4 RA 72/97 R) und des LSG Nordrhein-Westfalen (L 3 RJ 42/03, L 3 (18) RJ 89/02). Danach sei ein Geldinstitut erstattungspflichtig, wenn die Rente auf ein im Soll befindliches Konto überwiesen wurde. Das Vermögen des Geldinstituts sei bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise vermehrt, weil die Schulden gegenüber dem Geldinstitut vermindert seien.

Die Klägerin beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 452,59 Euro zu zahlen. 2. hilfsweise die Berufung und die Sprungrevisvion zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, 1. die Klage abzuweisen. 2. hilfsweise die Berufung und die Sprungrevisvion zuzulassen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass eine Rücküberweisungspflicht dann nicht bestehe, wenn über das Konto nach der Gutschrift der Geldleistung bis zur Rückforderung durch einen anderen Berechtigten als die Bank verfügt worden sei und das restliche Guthaben nicht für eine Rücküberweisung ausreiche. Dies sei vorliegend der Fall, weil nach Gutschrift der Rente bis zum Eingang des Rückforderungsbegehrens noch Verfügungen ausgeführt worden seien. Eine Befriedigung eigener Forderungen liege nicht vor. Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch ein Urteil des BSG vom 09.12.1998 (Az. B 9 V 48/97 R) gestützt und ist ferner der Ansicht, dass auch die von der Klägerin zitierte Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 09.04.2002 (Az. B 4 RA 64/01 R) für die von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht spreche. Dort sei eine Erstattungspflicht eines Geldinstituts verneint worden; dies werde bestätigt durch das Urteil vom 13.12.2005 (Az. B 4 RA 28/05 R). Die Rechtsansicht der Beklagten entspreche zudem der überwiegenden Ansicht in der sozialversicherungsrechtlichen Literatur. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen habe zwar in den Urteilen vom 14.07.2003 und 15.10.2003 eine andere Auffassung vertreten. Im letzteren Fall habe aber das BSG mit Urteil vom 06.10.2004 die Angelegenheit an das LSG Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen, weil kein ordnungsgemäßes Rückforderungsverlangen vorgelegen habe. Im ersteren Fall habe das BSG (Az. B 13 RJ 209/03 B) die Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Argument verworfen, dass die Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig sei und hierzu auf das Urteil des 5. Senats vom 11.12.2002 (Az. B 5 RJ 42/01 R) verwiesen. Dieses Urteil aber bestätige den Standpunkt der Beklagten. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des BSG vom 08.06.2004 (Az. B 4 RA 42/03 R) gebe für die Entscheidung des vorliegenden Falls nichts her. Im Übrigen würde die Annahme einer Erstattungspflicht nach Ansicht der Beklagten dazu führen, dass die gesamte deutsche Kreditwirtschaft Rentenempfängern keine Dispositionskredite mehr einräumen könne. Dies sei aber nicht vom Sinn und Zweck des § 118 SGB VI gedeckt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Klägerin. Die Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte ist zur Erstattung von 452,59 Euro verpflichtet.

Der Weg zu den Sozialgerichten ist nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet, denn bei Streitigkeiten um Rechtsfolgen aus § 118 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung (vgl. Urteile des BSG vom 20.12.2001, Az. B 4 RA 53/01 R, vom 09.04.2002, Az. B 4 RA 64/01 R).

Die Klage ist als echte Leistungsklage statthaft (vgl. u.a. Urteil des BSG vom 09.12.1998, Az. B 9 V 48/97 R; Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 15.10.2003, Az. L 8 RJ 15/03).

Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Klägerin nicht durch Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes gemäß § 31 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) auf einfacherem Weg selbst einen vollstreckbaren Zahlungstitel verschaffen könnte. Zwar ist § 118 Abs. 3 SGB VI eine Norm des öffentlichen Rechts, der daraus resultierende Anspruch kann jedoch nicht in der Handlungsform des Verwaltungsaktes geltend gemacht werden (BSG, Urteil vom 28.08.1997, Az. 8 Rkn 2/97). Es bedürfte insoweit einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, die § 118 Abs. 3 SGB VI nicht beinhaltet. Die Ermächtigung zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs gegenüber den Empfängern und Verfügenden durch Verwaltungsakt aus § 118 Abs. 4 Satz 2 SGB VI erstreckt sich nicht auf Erstattungsansprüche gegenüber dem Geldinstitut nach § 118 Abs. 3 SGB VI. Dies ergibt sich schon aus der systematischen Stellung. Erstattungsansprüche nach § 118 Abs. 3 SGB VI sind daher weiterhin durch Leistungsklage geltend zu machen (vgl. Urteil des SG Duisburg vom 26.03.2004, Az. S 25 RA 53/03).

Die somit zulässige Leistungsklage ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückerstattung aus § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI. Nach dieser Vorschrift kann der Rentenversicherungsträger Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Versicherten auf dessen Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurden, von diesem zurückfordern. Die Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut muss sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurücküberweisen, wenn diese als zu Unrecht erbracht zurückgefordert werden.

Die Voraussetzungen des § 118 Abs. 3 SGB VI sind erfüllt. Die Klägerin hat die Altersrente für Juni 2004, also für die Zeit nach dem Tod der Versicherten H., auf das Konto der Beklagten überwiesen. Der Zweck der Rentenzahlung konnte nicht mehr erreicht werden, weil die Versicherte am 30.05.2004, also vor Beginn des Bezugszeitraumes, verstarb. Die Niederlassung Rentenservice der Deutschen Post als Beauftragte der Klägerin hat den Erstattungsanspruch auch wirksam geltend gemacht, insbesondere sind aus dem Schreiben vom 08.06.2004 das Konto, der Name des Versicherten sowie der Todeszeitpunkt, die Art der Geldleistung, die Höhe, der Bezugszeitraum und das Rückforderungsverlangen ("zurückzuüberweisen") erkennbar. Der Zeitpunkt der Gutschrift und die Höhe des Kontostandes zum Zeitpunkt der Gutschrift wie auch zum Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsbegehrens sind aus der Antwort der Beklagten vom 16.06.2004 ersichtlich.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf den Einwand der Entreichung gemäß § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen. Danach besteht eine Verpflichtung zur Rücküberweisung nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann. Der Entreichungseinwand greift nach Ansicht des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG), der sich die Kammer anschließt, nur durch, soweit das in der Überweisung genannte Konto bei Eingang der Rückforderung des Rentenversicherungsträgers kein zur vollen oder teilweisen Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist und dieser Umstand nicht darauf beruht, dass die Bank mit eigenen Forderungen verrechnet hat, sondern Dritte ihr gegenüber wirksam über einen entsprechenden Betrag verfügt haben (vgl. z.B. Urteil vom 13.12.2005, Az. B 4 RA 28/05 R). Die Vorraussetzungen des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI liegen nach § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI von vornherein nicht vor, soweit das Vermögen durch die Gutschrift bei wirtschaftlicher Betrachtung nur derart vermehrt wird, dass die Schulden des Versicherten gegenüber dem Geldinstitut verringert werden (a.a.O.). Eine solche Verrechnung der unter Vorbehalt gezahlten Rentenleistung mit einer Darlehnsforderung gegen den Kontoinhaber verstößt gegen § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI mit der Folge, dass sich das Geldinstitut insoweit nicht auf Entreicherung berufen kann (a.a.O.; ständige Rechtsprechung des 4. Senats: vgl. auch Urteil vom 04.08.1998, Az. B 4 RA 72/97 R; Urteil vom 09.04.2002, Az. B 4 RA 64/01; Urteil vom 08.06.2004, Az. B 4 RA 42/03 R). Dieser Rechtsprechung folgt u.a. auch das LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 14.07.2003, Az. L 3 (18) RJ 89/02; Urteil vom 14.07.2003, Az. L 3 RJ 42/03; Urteil vom 15.10.2003, Az. L 8 RJ 15/03; Urteil vom 04.04.2005, Az. L 3 RA 34/04; Urteil vom 26.08.2005, Az. L 14 R 68/05 – noch nicht rechtskräftig, Revision unter dem Az. B 13 RJ 40/05 R).

Der vom 9. Senat des BSG (Urteil vom 09.12.1998, Az. B 9 V 48/97 R) vertretenen Auffassung, dass der auf ein im Soll befindliches Konto eingegangene Rentenbetrag wie ein durchlaufender Posten zu behandeln sei und daher von späteren Verfügungen wieder aufgezehrt werden könne, kann sich die Kammer nicht anschließen. Der 9. Senat ist der Ansicht, dass § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI unverständlich wäre, wenn die Verbuchung von eingehenden Sozialleistungen auf einem debitorisch geführten Konto von vornherein die Minderung des Rücküberweisungsbetrages ausschließe, weil nach dieser Vorschrift Verfügungen Berechtigter nur ausnahmsweise den "entsprechenden Betrag" nicht mindern, nämlich soweit das Konto ein Guthaben aufweise. Die Kammer ist demgegenüber mit dem LSG Nordrhein-Westfalen der Meinung, dass die Regelungswirkung des § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI durch die Rückerstattungspflicht bei Überweisung auf ein stets im Soll befindliches Konto nicht berührt wird. Soweit sich ein Konto im "Haben" befindet und nach Ausführung einer Verfügung zugunsten eines Dritten bei Eingang des Rückforderungsverlangens kein zur vollen oder teilweisen Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist, ist der Entreicherungseinwand weiterhin möglich (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.10.2003, Az. L 8 RJ 15/03).

Soweit die Beklagte sich für ihre Rechtsansicht auf die Entscheidung des 5. Senats vom 11.12.2002 (Az. B 5 RJ 42/01 R) bezieht, vermag die Kammer in diese Entscheidung keine der Beklagten günstigen Ausführungen zu erkennen. Zum einen unterschied sich der dort zugrunde liegende Sachverhalt von dem hier zu entscheidenden, weil es gerade nicht um ein dauerhaft im Soll befindliches Konto ging. Vielmehr war das Konto zwar vor Eingang der Rente geringfügig im Soll, durch die Gutschrift der Rente wurde aber ein Guthabenbetrag begründet. Damit fand insoweit ein endgültiger Vermögensübergang zu Gunsten des Kontoinhabers statt. Soweit dieser (positive) Betrag durch eine Verfügung an einen Dritten gemindert wurde, war das Geldinstitut nach Ansicht des 5. Senats von der Rückerstattungspflicht befreit. Um eine solche Konstellation geht es aber im hier zu entscheidenden Fall nicht, denn ein Guthaben wies das Konto der Versicherten zu keinem Zeitpunkt auf. Soweit aber das Konto bei Gutschrift der Rente im Soll war, hat auch der 5. Senat in der genannten Entscheidung eine Rückerstattungspflicht der Bank anerkannt.

Die Beklagte hat der Klägerin folglich auch den noch geltend gemachten Restbetrag der Rente für Juni 2004 in Höhe von 452,59 Euro zu erstatten. Bei Eingang der Rente auf dem Konto der Versicherten wurde der Betrag dem Konto der Versicherten gutgeschrieben und verminderte die Darlehnsforderung der Beklagten gegen die Versicherte. Zum Zeitpunkt des Eingangs der Rente betrug die Darlehnsforderung der Beklagten 895,50 Euro und ist durch Gutschrift um den Rentenbetrag vermindert worden. Die hierdurch erfolgte Verrechnung ist nach § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI unzulässig und sperrt den Einwand der Entreicherung. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht auf den Gesamtzeitraum zwischen Gutschrift der Geldleistung und Eingang der Rückforderung an.

Durch die Ausführung der Verfügungen am 28.05.2004 und 01.06.2004 erhöhte sich die Darlehnsforderung wieder auf 550,87 Euro. Diesen Stand hatte sie auch bei Eingang des Rückforderungsverlangens der Niederlassung Rentenservice der Deutschen Post am 16.06.2004. Die Verfügungen erfolgten aber nur deshalb, weil die Beklagte den erhobenen Forderungen im Rahmen des der Versicherten gewährten Überziehungskredits entsprach. Derartige Verfügungen sind aber nicht geeignet, den Entreicherungseinwand aus § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI zu eröffnen, weil sich dies nicht im Einklang mit der von § 118 Abs. 3, 4 SGB VI verfolgten Risikoverteilung befindet (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.04.2005, Az. L 3 RA 34/04). Das Risiko, durch die Einräumung von Überziehungsmöglichkeiten Verluste zu erleiden, wenn ein Konto belastet wird, aber im Rahmen von Eingängen nicht wieder gedeckt werden kann, trägt das Geldinstitut.

Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Annahme einer Rückerstattungspflicht dazu führe, dass Rentnern keine Dispositionskredite mehr gewährt werden könnten, ist darauf hinzuweisen, dass solche Kredite nur gegen Zinsen eingeräumt werden und dies einen wirtschaftlichen Anreiz für die Geldinstitute darstellt (BSG, Urteil vom 13.12.2005, Az. B 4 RA 28/05 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da keiner der Beteiligten zu dem nach § 183 SGG hinsichtlich der Gerichtskosten begünstigten Personenkreis gehört. Die Beklagte trägt die Kosten nach § 154 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Entscheidung zum Streitwert beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 25 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).

Die Berufung und die Sprungrevision waren nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG, §§ 161 Abs. 2 Satz 1, 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG zuzulassen, da die Kammer mit ihrer Entscheidung von einer Entscheidung des 9. Senats des BSG vom 09.12.1998 (Az. B 9 V 48/97 R) abweicht und das Urteil auf dieser Abweichung beruht.
Rechtskraft
Aus
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