Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
27
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 27 SO 219/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 72/06
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 25.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 verurteilt, dem Kläger ab dem 01.11.2004 einen zusätzlichen Barbetrag nach §§ 21 Abs 3 Satz 4 BSHG nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu bewilligen. Die Berufung wird zugelassen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger für die Zeit ab dem 01.10.2004 ein Zusatzbarbetrag nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG, ggf iVm § 133 a SGB XII zusteht.
Der am 11.03.1956 geborene Kläger leidet an einer vorwiegend psychischen Behinderung. Er lebt in einer Einrichtung der Lebenshilfe gGmbH und erhält seit Jahren Leistungen von dem Beklagten, zuletzt Eingliederungshilfe.
Auf Aufforderung des Beklagten stellte der Kläger im November 2004 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die LVA Rheinprovinz bewilligte mit Bescheid vom 06.05.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem Antragsmonat. Die laufenden Rentenzahlungen iHv 385,15 EUR begannen am 01.06.2005. Der Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 01.11.2004 bis zum 31.05.2004 wurde einbehalten.
Mit Bescheid vom 25.05.2005 setzte der Beklagte einen Kostenbeitrag nach den Vorschriften des SGB XII ab dem 01.11.2004 in Höhe der vollen Rente fest. Der Nachzahlungsbetrag wurde nach § 104 SGB X vom Rentenversicherungsträger angefordert. Hinsichtlich des hier streitigen Zusatzbarbetrages führte der Beklagte aus, nach § 133 a SGB XII erhalte derjenige den Zusatzbarbetrag, der im Dezember 2004 einen Anspruch hierauf hatte. Da die Rentenzahlung erst im Jahr 2005 bei dem Beklagten eingegangen sei und das Einkommen noch nicht im Dezember 2004 vorgelegen habe, bestünde für diesen Monat und den Folgemonaten kein Anspruch auf den Zusatzbarbetrag. Auf den Bescheid im Übrigen wird Bezug genommen.
Mit seinem Widerspruch vertrat der Kläger die Ansicht, er habe den Rentenantrag rechtzeitig gestellt und die Voraussetzungen für die Bewilligung des Zusatzbarbetrages hätten ab Rentenbewilligung im November 2004 vorgelegen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2005 als unbegründet zurück. Für die Bewilligung eines Zusatzbarbetrages ab dem 01.10.2004 gebe es keine Anspruchsgrundlage. Nach den Vorschriften des SGB XII sei der Zusatzbarbetrag entfallen. Die Übergangsvorschrift des § 133 a SGB XII greife nicht, da der Kläger im Dezember 2004 keinen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag gehabt habe; der Anspruch nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG sei erst dann entstanden, wenn ein Kostenbeitrag tatsächlich im Dezember 2004 entrichtet worden wäre. Da der Kostenbeitrag erst nach Rentenbewilligung im Jahr 2005 eingegangen sei, sei auch kein Zusatzbarbetrag zu bewilligen gewesen. Auf den Widerspruchsbescheid wird Bezug genommen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage vertritt der Kläger die Ansicht, da er sich rückwirkend zum 01.11.2004 an den Kosten beteilige, habe er auch rückwirkend ab diesem Datum einen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag. Insoweit müsse der Beklagte, wenn er den Kläger rückwirkend zu den Kosten heranziehe, ihm auch rückwirkend entsprechende Begünstigungen zukommen lassen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 zu verurteilen, dem Kläger den Zusatzbarbetrag gemäß § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG ab dem 01.11.2004 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt seines Widerspruchsbescheides.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Vorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 25.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger iSd § 54 Abs 2 SGG in seinen Rechten.
Entgegen der Ansicht des Beklagten hat der Kläger ab dem 01.11.2004 bis zum 31.12.2004 einen Anspruch auf Bewilligung des Zusatzbarbetrags nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG und für die Zeit ab dem 01.01.2005 iVm § 133 a SGB XII.
Die Voraussetzungen nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG lagen für die Monate November und Dezember 2004 vor. Das BSHG ist für diese Zeiträume nach Auffassung des Gerichts weiter anzuwenden. Insoweit ist es nach Auffassung des Gerichts unerheblich, dass die Vorschriften des BSHG ab dem 01.01.2005 nicht mehr in Kraft sind. Unerheblich ist ebenfalls, dass die hier angefochtene Entscheidung erst im Jahr 2005 und damit im zeitlichen Geltungsbereich des SGB XII ergangen ist. Der Beklagte kann für zurückliegende Bewilligungszeiträume nur nach den Vorschriften des BSHG über einen Kostenbeitrag des Klägers entscheiden, da die Vorschriften des SGB XII für diese Zeit noch nicht galten. Wenn aber der Kläger – wie geschehen – ab dem 01.11.2004 zu den Kosten herangezogen wird, dann müssen ihm auch alle Vergünstigungen, die mit dem Kostenbeitrag nach den Vorschriften des BSHG – hier der Zusatzbarbetrag nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG – gewährt werden.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung des Zusatzbarbetrages nach dieser Vorschrift lagen vor. Nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG erhält ein Hilfeempfänger, der einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trägt, einen zusätzlichen Barbetrag iHv 5 vom Hundert seines Einkommens, höchsten jedoch iHv 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes. Ausweislich des Bescheides des Beklagten vom 25.05.2005 ist der Kläger nicht erst ab Bewilligung der laufenden Rentenzahlung zu einem Kostenbeitrag herangezogen worden – was unter Umständen möglich gewesen wäre, wenn der Beklagte konsequent auf den Zufluss der Leistung abgestellt hätte - , sondern ab dem 01.11.2004.
Wenn der Beklagte jedoch den Kläger bereits ab dem 01.11.2004 zu einem Kostenbeitrag heranzieht, der tatsächlich von ihm zu dieser Zeit nicht erbracht werden konnte und nicht erbracht wurde, dann muss er auf diesen "fiktiven" Kostenbeitrag auch den Zusatzbarbetrag gewähren.
Die von dem Beklagten angeführte Zuflusstheorie vermag angesichts des geltend gemachten Kostenbeitrags bereits ab dem 01.11.2004 – auch ohne Zufluss – nicht zu überzeugen.
Im Übrigen hat der Beklagte gegen den Rentenversicherungsträger einen Erstattungsanspruch. Der Erstattungsanspruch bewirkt nach § 107 SGB X, dass der Anspruch des Berechtigten (Kläger) gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger (LVA) als erfüllt gilt. Schon das Bestehen eines Erstattungsanspruchs, nicht erst dessen Realisierung, führt zur fiktiven Erfüllung des Anspruchs des Berechtigten gegenüber dem verpflichteten Leistungsträger. Der Kläger wird demnach so behandelt, als hätte er die Rentenleistung bereits erhalten (erzielt). Auch wenn eine Überweisung nicht stattgefunden hat, ist die "bescheidmäßig" zuerkannte Leistung als erzielt zu behandeln (BSG, Urteil vom 28.01.1992, 11 RAr 55/91 in SozR 3-4100 § 115 Nr 3). In diesem Sinne ist die rückwirkend zuerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung erzielt. Dies bewirkt auch, dass die Leistungsbewilligung des Beklagten, soweit die Rente zeitgleich zuerkannt und anzurechnen war, insoweit rechtswidrig wurde, da der Kläger in diesem Maße nicht mehr hilfebedürftig bzw zu einem Kostenbeitrag heranzuziehen war.
Die Erfüllungsfiktion wirkt nach Auffassung der Kammer auf den Zeitpunkt zurück, zu dem der Rentenanspruch zuerkannt war. Da in Fällen einer Erfüllungsfiktion zu keinem Zeitpunkt ein tatsächlicher Zufluss erfolgt, ist nach Auffassung des Gerichts auch nicht auf die Zuflusstheorie abzustellen.
Der Kläger hatte damit ab dem 01.11.2004 einen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG.
Für die Zeit ab dem 01.01.2005 kann sich der Kläger anspruchsbegründend auf die Übergangsvorschrift des § 133 a SGB XII stützen. Nach dieser Vorschrift wird für Personen, die am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes haben, diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht. Wie oben ausgeführt, hat der Kläger am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 des BSHG. Dass der Anspruch am 31.12.2004 bereits zuerkannt war, setzt der Wortlaut der Vorschrift nicht voraus. Zwar lässt sich aus den Motiven des Gesetzgebers (zB Bundestagsdrucksache 15/3977, dort auf Seiten 7/8) entnehmen, dass mit dem erst nachträglich ins Gesetz aufgenommenen § 133 a SGB XII eine Besitzstandsregelung für diejenigen aufgenommen werden sollte, die sich auf die bestehende Regelung eingestellt haben. Insoweit wäre der Kläger nicht schutzbedürftig, da er noch keine Möglichkeit hatte, sich auf die Bewilligung des Zusatzbarbetrages einzustellen. Dies ist jedoch unerheblich. Die letztlich in § 133 a SGB XII getroffene Regelung stellt ersichtlich nicht auf diejenigen ab, denen im Dezember 2004 bereits der Zusatzbarbetrag bewilligt war, sondern auf diejenigen, die einen Anspruch hierauf hatten. Da der Gesetzgeber in vielen Normen nach Anspruch, Bewilligung und Zahlung differenziert, wird er einen Grund gehabt haben, seinen ursprünglich – womöglich – mit der Regelung bezweckten Willen nicht unmittelbar umgesetzt zu haben. Vielleicht sollten auch nur diejenigen geschützt werden, bei denen sich die Bewilligung aus von ihnen nicht zu vertretenen Gründen verzögert hat.
Da letztlich die Grenze der Auslegung der Wortlaut ist und dieser eindeutig von einem Anspruch und nicht von einem bereits zuerkannten Anspruch oder einer Bewilligung spricht, war der Klage stattzugeben.
Das Gericht hat die Berufung zugelassen, da nach Mitteilung der Vertreterin des Beklagten im Termin eine Vielzahl von Fällen der vorliegenden Fallgestaltung anhängig ist und der Sache grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im Übrigen dürfte es auch um einen Anspruch auf Leistungen für mehr als ein Jahr gehen, so dass die Berufung zulässig wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob dem Kläger für die Zeit ab dem 01.10.2004 ein Zusatzbarbetrag nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG, ggf iVm § 133 a SGB XII zusteht.
Der am 11.03.1956 geborene Kläger leidet an einer vorwiegend psychischen Behinderung. Er lebt in einer Einrichtung der Lebenshilfe gGmbH und erhält seit Jahren Leistungen von dem Beklagten, zuletzt Eingliederungshilfe.
Auf Aufforderung des Beklagten stellte der Kläger im November 2004 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Die LVA Rheinprovinz bewilligte mit Bescheid vom 06.05.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem Antragsmonat. Die laufenden Rentenzahlungen iHv 385,15 EUR begannen am 01.06.2005. Der Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 01.11.2004 bis zum 31.05.2004 wurde einbehalten.
Mit Bescheid vom 25.05.2005 setzte der Beklagte einen Kostenbeitrag nach den Vorschriften des SGB XII ab dem 01.11.2004 in Höhe der vollen Rente fest. Der Nachzahlungsbetrag wurde nach § 104 SGB X vom Rentenversicherungsträger angefordert. Hinsichtlich des hier streitigen Zusatzbarbetrages führte der Beklagte aus, nach § 133 a SGB XII erhalte derjenige den Zusatzbarbetrag, der im Dezember 2004 einen Anspruch hierauf hatte. Da die Rentenzahlung erst im Jahr 2005 bei dem Beklagten eingegangen sei und das Einkommen noch nicht im Dezember 2004 vorgelegen habe, bestünde für diesen Monat und den Folgemonaten kein Anspruch auf den Zusatzbarbetrag. Auf den Bescheid im Übrigen wird Bezug genommen.
Mit seinem Widerspruch vertrat der Kläger die Ansicht, er habe den Rentenantrag rechtzeitig gestellt und die Voraussetzungen für die Bewilligung des Zusatzbarbetrages hätten ab Rentenbewilligung im November 2004 vorgelegen.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2005 als unbegründet zurück. Für die Bewilligung eines Zusatzbarbetrages ab dem 01.10.2004 gebe es keine Anspruchsgrundlage. Nach den Vorschriften des SGB XII sei der Zusatzbarbetrag entfallen. Die Übergangsvorschrift des § 133 a SGB XII greife nicht, da der Kläger im Dezember 2004 keinen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag gehabt habe; der Anspruch nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG sei erst dann entstanden, wenn ein Kostenbeitrag tatsächlich im Dezember 2004 entrichtet worden wäre. Da der Kostenbeitrag erst nach Rentenbewilligung im Jahr 2005 eingegangen sei, sei auch kein Zusatzbarbetrag zu bewilligen gewesen. Auf den Widerspruchsbescheid wird Bezug genommen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage vertritt der Kläger die Ansicht, da er sich rückwirkend zum 01.11.2004 an den Kosten beteilige, habe er auch rückwirkend ab diesem Datum einen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag. Insoweit müsse der Beklagte, wenn er den Kläger rückwirkend zu den Kosten heranziehe, ihm auch rückwirkend entsprechende Begünstigungen zukommen lassen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 25.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 zu verurteilen, dem Kläger den Zusatzbarbetrag gemäß § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG ab dem 01.11.2004 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf den Inhalt seines Widerspruchsbescheides.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Vorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 25.05.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2005 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger iSd § 54 Abs 2 SGG in seinen Rechten.
Entgegen der Ansicht des Beklagten hat der Kläger ab dem 01.11.2004 bis zum 31.12.2004 einen Anspruch auf Bewilligung des Zusatzbarbetrags nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG und für die Zeit ab dem 01.01.2005 iVm § 133 a SGB XII.
Die Voraussetzungen nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG lagen für die Monate November und Dezember 2004 vor. Das BSHG ist für diese Zeiträume nach Auffassung des Gerichts weiter anzuwenden. Insoweit ist es nach Auffassung des Gerichts unerheblich, dass die Vorschriften des BSHG ab dem 01.01.2005 nicht mehr in Kraft sind. Unerheblich ist ebenfalls, dass die hier angefochtene Entscheidung erst im Jahr 2005 und damit im zeitlichen Geltungsbereich des SGB XII ergangen ist. Der Beklagte kann für zurückliegende Bewilligungszeiträume nur nach den Vorschriften des BSHG über einen Kostenbeitrag des Klägers entscheiden, da die Vorschriften des SGB XII für diese Zeit noch nicht galten. Wenn aber der Kläger – wie geschehen – ab dem 01.11.2004 zu den Kosten herangezogen wird, dann müssen ihm auch alle Vergünstigungen, die mit dem Kostenbeitrag nach den Vorschriften des BSHG – hier der Zusatzbarbetrag nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG – gewährt werden.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung des Zusatzbarbetrages nach dieser Vorschrift lagen vor. Nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG erhält ein Hilfeempfänger, der einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trägt, einen zusätzlichen Barbetrag iHv 5 vom Hundert seines Einkommens, höchsten jedoch iHv 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes. Ausweislich des Bescheides des Beklagten vom 25.05.2005 ist der Kläger nicht erst ab Bewilligung der laufenden Rentenzahlung zu einem Kostenbeitrag herangezogen worden – was unter Umständen möglich gewesen wäre, wenn der Beklagte konsequent auf den Zufluss der Leistung abgestellt hätte - , sondern ab dem 01.11.2004.
Wenn der Beklagte jedoch den Kläger bereits ab dem 01.11.2004 zu einem Kostenbeitrag heranzieht, der tatsächlich von ihm zu dieser Zeit nicht erbracht werden konnte und nicht erbracht wurde, dann muss er auf diesen "fiktiven" Kostenbeitrag auch den Zusatzbarbetrag gewähren.
Die von dem Beklagten angeführte Zuflusstheorie vermag angesichts des geltend gemachten Kostenbeitrags bereits ab dem 01.11.2004 – auch ohne Zufluss – nicht zu überzeugen.
Im Übrigen hat der Beklagte gegen den Rentenversicherungsträger einen Erstattungsanspruch. Der Erstattungsanspruch bewirkt nach § 107 SGB X, dass der Anspruch des Berechtigten (Kläger) gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger (LVA) als erfüllt gilt. Schon das Bestehen eines Erstattungsanspruchs, nicht erst dessen Realisierung, führt zur fiktiven Erfüllung des Anspruchs des Berechtigten gegenüber dem verpflichteten Leistungsträger. Der Kläger wird demnach so behandelt, als hätte er die Rentenleistung bereits erhalten (erzielt). Auch wenn eine Überweisung nicht stattgefunden hat, ist die "bescheidmäßig" zuerkannte Leistung als erzielt zu behandeln (BSG, Urteil vom 28.01.1992, 11 RAr 55/91 in SozR 3-4100 § 115 Nr 3). In diesem Sinne ist die rückwirkend zuerkannte Rente wegen voller Erwerbsminderung erzielt. Dies bewirkt auch, dass die Leistungsbewilligung des Beklagten, soweit die Rente zeitgleich zuerkannt und anzurechnen war, insoweit rechtswidrig wurde, da der Kläger in diesem Maße nicht mehr hilfebedürftig bzw zu einem Kostenbeitrag heranzuziehen war.
Die Erfüllungsfiktion wirkt nach Auffassung der Kammer auf den Zeitpunkt zurück, zu dem der Rentenanspruch zuerkannt war. Da in Fällen einer Erfüllungsfiktion zu keinem Zeitpunkt ein tatsächlicher Zufluss erfolgt, ist nach Auffassung des Gerichts auch nicht auf die Zuflusstheorie abzustellen.
Der Kläger hatte damit ab dem 01.11.2004 einen Anspruch auf den Zusatzbarbetrag nach § 21 Abs 3 Satz 4 BSHG.
Für die Zeit ab dem 01.01.2005 kann sich der Kläger anspruchsbegründend auf die Übergangsvorschrift des § 133 a SGB XII stützen. Nach dieser Vorschrift wird für Personen, die am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes haben, diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht. Wie oben ausgeführt, hat der Kläger am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 des BSHG. Dass der Anspruch am 31.12.2004 bereits zuerkannt war, setzt der Wortlaut der Vorschrift nicht voraus. Zwar lässt sich aus den Motiven des Gesetzgebers (zB Bundestagsdrucksache 15/3977, dort auf Seiten 7/8) entnehmen, dass mit dem erst nachträglich ins Gesetz aufgenommenen § 133 a SGB XII eine Besitzstandsregelung für diejenigen aufgenommen werden sollte, die sich auf die bestehende Regelung eingestellt haben. Insoweit wäre der Kläger nicht schutzbedürftig, da er noch keine Möglichkeit hatte, sich auf die Bewilligung des Zusatzbarbetrages einzustellen. Dies ist jedoch unerheblich. Die letztlich in § 133 a SGB XII getroffene Regelung stellt ersichtlich nicht auf diejenigen ab, denen im Dezember 2004 bereits der Zusatzbarbetrag bewilligt war, sondern auf diejenigen, die einen Anspruch hierauf hatten. Da der Gesetzgeber in vielen Normen nach Anspruch, Bewilligung und Zahlung differenziert, wird er einen Grund gehabt haben, seinen ursprünglich – womöglich – mit der Regelung bezweckten Willen nicht unmittelbar umgesetzt zu haben. Vielleicht sollten auch nur diejenigen geschützt werden, bei denen sich die Bewilligung aus von ihnen nicht zu vertretenen Gründen verzögert hat.
Da letztlich die Grenze der Auslegung der Wortlaut ist und dieser eindeutig von einem Anspruch und nicht von einem bereits zuerkannten Anspruch oder einer Bewilligung spricht, war der Klage stattzugeben.
Das Gericht hat die Berufung zugelassen, da nach Mitteilung der Vertreterin des Beklagten im Termin eine Vielzahl von Fällen der vorliegenden Fallgestaltung anhängig ist und der Sache grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im Übrigen dürfte es auch um einen Anspruch auf Leistungen für mehr als ein Jahr gehen, so dass die Berufung zulässig wäre.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved