L 1 SF 1005/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 SF 1005/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Gesuch der Klägerin, den Richter am Sozialgericht wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

Es kann dahin stehen, ob das Befangenheitsgesuch, das die Klägerin im Wesentlichen wie das vorangegangene Gesuch vom 21. Februar 2005 begründet hat, zulässig ist. Jedenfalls rechtfertigt das erneute Vorbringen auch nach wiederholter Prüfung keine andere Entscheidung, weshalb der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zunächst auf die Ausführungen in seinem Beschluss vom 22. April 2005 Bezug nimmt. Soweit die Klägerin daneben ihr Ablehnungsgesuch auf weitere angebliche Verfahrens- und Rechtsfehler des abgelehnten Richters nach Anbringung des zuvor beschiedenen Ablehnungsgesuchs stützt, ist dieses Vorbringen ebenso wenig geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Denn Anhaltspunkte für eine unsachliche Einstellung des Richters oder Willkür in diesem Zusammenhang sind nicht ersichtlich. Im Einzelnen ist auf Folgendes hinzuweisen:

Die Klägerin verkennt trotz entsprechender Hinweise des Senats die Funktion der dienstlichen Äußerung eines Richters nach § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 44 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) offenbar grundlegend. Bei der Stellungnahme geht es weder darum, dass der Richter "seine Nicht-Befangenheit ( ) begründet", wie die Klägerin im Schriftsatz vom 18. Oktober 2005 meint, noch ist es Funktion der dienstlichen Stellungnahme, eine Äußerung des Richters zu bestimmten, von den Beteiligten vorgegebenen Rechtsfragen herbeizuführen, wie sie es im Schriftsatz vom 23. November 2005 beantragt hat. Sinn der Äußerung ist allein die Klärung des Sachverhalts (vgl. Heinrich in Musielak, Zivilprozessordnung, 4. Auflage 2005, § 44 RdNr. 9). Bereits nach den dienstlichen Äußerungen vom 22. Februar 2005 und vom 19. September 2005 konnte der Senat davon ausgehen, dass der Richter den zugrunde liegenden Tatsachen, die sich aus den Akten ergeben, nichts hinzuzufügen hatte. Dies hat sich nach Eingang seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. November 2005 bestätigt. Die Klägerin stützt ihr Ablehnungsgesuch auf Gründe, die sich ihrer Ansicht nach aus dem aktenkundigen Verhalten des Richters ergeben. Der Richter sieht eine eingehende Stellungnahme dazu als entbehrlich an, weil die Fristsetzungen, wie die Klägerin sie beanstandet, ebenso wie sein übriges Tätigwerden bis zur Anbringung des Ablehnungsgesuchs aktenkundig sind. Eine weitergehende Aufklärung wie im Schriftsatz vom 23. November 2005 beantragt ist nach alledem nicht erforderlich.

Vom Standpunkt eines vernünftigen Prozessbeteiligten aus, der den Maßstab für die Prüfung nach § 42 ZPO bildet, sind die Anschuldigungen gegen den abgelehnten Richter im Schriftsatz vom 23. November 2005, er habe gegenüber dem Senat bewusst unwahre Angaben gemacht, haltlos. Der Bevollmächtigte der Klägerin ist zwar über die internen Gerichtsabläufe nicht informiert. Er hat es allerdings auch nicht für notwendig befunden, sich hierüber Klarheit zu verschaffen, bevor er entsprechende Vorwürfe gegen den abgelehnten Richter angebracht hat. Aus der Akte ergibt sich, dass die handschriftlichen Verfügungen des Richters im Regelfall erst eine Woche und später von der Kanzlei des Sozialgerichts bearbeitet werden konnten. Es ist daher zutreffend, dass durch die Personalsituation des Sozialgerichts Verzögerungen eingetreten sind, die die Klägerin allein durch die Daten in den Schreiben nicht lückenlos nachvollziehen konnte. Auf diese Tatsache hat der Richter in seiner dienstlichen Stellungnahme hingewiesen, was nicht zu beanstanden ist und keinesfalls die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigt. Dass daneben weitere Verzögerungen durch die Aufgabe zur Post, die zentral für das gesamte Sozialgericht erfolgt, und schließlich durch die Postlaufzeiten an sich eingetreten sein mögen, hat der Richter nicht bestritten. Diese Tatsachen liegen außerhalb seines Einflussbereichs, so dass er hierzu keine Angaben machen kann und muss.

Der Vorwurf der Klägerin, der abgelehnte Richter "verfolge Aktionen, die auf eine Eliminierung ihres Prozessbevollmächtigten, hinauslaufen", beinhaltet ebenfalls keinen nachvollziehbaren Ablehnungsgrund. Anhaltspunkte dafür, dass der Richter es mit der auch nach Anbringung des ersten Ablehnungsgesuchs fortgesetzten Prüfung, ob der Bevollmächtigte unter Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz tätig wird, bewusst darauf anlegt, den Prozessbevollmächtigten in Schwierigkeiten zu bringen, wie dieser meint, sind nicht ersichtlich. Wegen der Setzung einer Frist von 3 Wochen nach Erhalt (nicht nach Absendung) des Schreibens vom 7. Dezember 2004 hat der Senat bereits im Beschluss vom 22. April 2005 Stellung bezogen und im Einzelnen ausgeführt, aus welchen Gründen dies die Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigt. Entsprechendes gilt für die im Schreiben vom 20. Juni 2005 gesetzte Frist von 4 Wochen. Im Übrigen ist erneut darauf hinzuweisen, dass der Bevollmächtigte nicht unter einem privaten Briefkopf, sondern unter dem eines Vereins auftritt und sich daher die Prüfung der Vertretungsverhältnisse nicht als willkürlich erweist, auch wenn die Klägerin nicht den Verein, sondern eine natürliche Person bevollmächtigt hat. Der Bevollmächtigte hat im Schreiben vom 19. Dezember 2004 zwar angeboten, die Korrespondenz über seine (mit der Vereinsadresse identische) Privatadresse zu führen, und im Schriftsatz vom 1. August 2005 ausgeführt, er vertrete die Klägerin als Privatperson nichtgewerbsmäßig und unentgeltlich. Er tritt aber nach wie vor sowohl dem Sozialgericht als auch dem Senat gegenüber in seiner Eigenschaft als Präsident des Vereins auf, so dass es nicht als willkürlich angesehen werden kann, wenn der abgelehnte Richter die Frage der Vertretungsbefugnis nicht als abschließend geklärt ansieht. Ob die tatsächlichen Verhältnisse, die der Richter noch als aufklärungsbedürftig ansieht, im Ergebnis eine Zurückweisung des Bevollmächtigten rechtfertigen könnten, ist keine Frage, die im Verfahren über das Ablehnungsgesuch zu klären ist. Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler eines Richters bilden - selbst wenn sie vorliegen - grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund, weil für die Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidung das Rechtsmittelverfahren zur Verfügung steht. Das Institut der Richterablehnung ist kein geeignetes Mittel, sich gegen unrichtige oder für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters zu wehren, gleichgültig ob diese Ansichten formelles oder materielles Recht betreffen. Auch darauf hat der Senat die Klägerin bereits mehrfach hingewiesen.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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