Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 5 RA 99/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 RA 156/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 09. April 2002 wird zurück-gewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch darum, ob der Kläger der Beklagten Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen wegen der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeuges durch den Beigeladenen zu 3) schuldet.
Der Kläger ist Inhaber der P; sein Sohn M M, der Beigeladene zu 3), ist dort im Außendienst angestellt. Bei einer Lohnsteueraußenprüfung gelangte die Finanzverwaltung im Februar 1997 zu der Auffassung, dem Beigeladenen zu 3) stünde seit 1993 ein Firmenwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung. Dafür sei ein Nutzungswert von monatlich 297,00 DM nachzuversteuern.
Am 30. Mai 2000 führte die Beklagte im Betrieb des Klägers eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01. Januar 1996 bis zum 30. Mai 2000 durch und setzte mit Summenbescheid vom 03. Juli 2000 eine Nachzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von 5 164,62 DM nebst Säumniszuschlägen in Höhe von 1 862,00 DM fest. Grundlage hierfür war zum einen die Nutzung des Pkws durch den Beigeladenen zu 3) für den Zeitraum 01. Juni 1993 bis 31. Dezember 1996, zum anderen eine Urlaubsabgeltung für den Arbeitnehmer E, die hier nicht im Streit steht.
In Bezug auf die Pkw-Nutzung durch den Beigeladenen zu 3) erhob der Kläger am 27. Juli 2000 Widerspruch und begründete diesen damit, die Beitragsforderungen für die Jahre 1993 bis 1995 seien verjährt, da er die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten habe. Er habe sich um die Abführung der Beiträge nicht gekümmert, sondern hierfür sei die Lohnbuchhalterin Frau G zuständig gewesen. Er habe davon ausgehen können, dass diese die Beiträge korrekt abführen werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist sei durch die Betriebsprüfung durch das Finanzamt deutlich geworden, dass unter Umständen auch Sozialversicherungspflicht bestünde und dies bewirke, dass die Beiträge ab diesem Zeitpunkt mit bedingtem Vorsatz vorenthalten worden seien.
Hiergegen hat sich die am 27. Februar 2001 erhobene Klage gerichtet, die der Kläger auf die Beitragsnachforderungen für die Jahre 1993 bis 1995 beschränkt hat.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 03. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 insoweit aufzuheben, als die Beklagte auch für den Zeitraum vom 01. Juni 1993 bis 31. Dezember 1995, einschließlich Säumniszuschläge, nachfordert.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen und ergänzend vorgetragen, Arbeitgebern und deren sachkundigem Personal sei bekannt, dass steuerpflichtige Bezüge in der Regel auch beitragspflichtig seien.
Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der ehemaligen Buchhalterin des Klägers, Frau L G, am 09. April 2002. Die Zeugin hat erklärt, sie habe seit 1979 die Lohnbuchhaltung durchgeführt, dies auch im Jahre 1997, nachdem der Betrieb zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 3) aufgeteilt worden sei, noch gelegentlich getan. Sie habe von dem Lohnsteueraußenprüfungsbescheid Kenntnis gehabt, sie habe jedoch nicht gewusst, dass das Firmenfahrzeug privat genutzt werde, so dass sie keinerlei Veranlassung gehabt hätte, sich über rechtliche Konsequenzen dieses Vorgangs zu informieren. Sie habe sich immer bemüht, die Lohnbuchhaltung ordnungsgemäß zu erstellen und es habe in der Vergangenheit nie Beanstandungen gegeben. Sie sei von den Mitarbeitern des Finanzamtes auf diese Frage angesprochen worden, hätte sich jedoch dazu nicht äußern können, da ihr eine private Nutzung des Firmenfahrzeuges nicht bekannt gewesen sei. Davon habe sie erst von Mitarbeitern des Finanzamtes gehört.
Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil vom 09. April 2002 den angefochtenen Bescheid in Bezug auf Forderungen und Säumniszuschläge für den streitigen Zeitraum aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Zwar sei dem Beigeladenen zu 3) durch die Zurverfügungstellung eines Firmenfahrzeuges zur privaten Nutzung für die Zeit vom 01. März 1993 bis 31. Dezember 1996 ein geldwerter Vorteil zugewandt worden, der beitragspflichtig sei. Die Beitragsnachforderung sei jedoch für die streitbefangenen Jahre verjährt. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Kläger die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten hat. Dazu sei zwar ausreichend, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe. Dieser Sachverhalt sei jedoch hier nicht gegeben. Nach der Regeln der objektiven Beweislast habe die Beklagte die Nichterweislichkeit eines auch nur bedingten Vorsatzes beim Kläger zu tragen und dieser sei nicht zu erweisen. Dies ergebe sich auch aus der Auskunft des Finanzamts Kyritz vom 29. Juni 2001, wonach der geldwerte Vorteil für die Nutzung eines Firmenwagens nicht immer zum beitragspflichtigen Entgelt zähle, sondern nur dann, wenn dieser nicht pauschal mit 15 % versteuert werde. Die Frage, ob ein mit der Lohnbuchhaltung betrauter Sachbearbeiter die Beitragspflicht beurteilen könne, sei von verschiedenen Konstellationen wie Ausbildung, Fachwissen und Berufserfahrung des Buchhalters abhängig. Daraus ergebe sich, dass auch, wenn dem Kläger der Lohnsteuerprüfungsbescheid zur Kenntnis gelangt wäre, dieser die beitragsrechtlichen Konsequenzen nicht notwendig erfasst hätte. Wenn der Kläger dies verneine, so sei dies glaubhaft, da dieser in der Vergangenheit niemals Beitragsabrechnungen vorgenommen habe.
Gegen dieses der Beklagten am 06. Mai 2002 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 27. Mai 2002, die sie im Wesentlichen damit begründet hat, bei ordnungsgemäßer Lohnbuchhaltung und Abwicklung der Arbeitgeberpflichten hätten sowohl die Lohnbuchhalterin von der Pkw-Nutzung Kenntnis haben als auch der Arbeitgeber den Lohnsteuerhaftungsbescheid an diese zur Prüfung und Auswertung weitergeben müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 09. April 2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist im Übrigen der Auffassung, dass tatsächlich keine private Nutzung in nennenswertem Umfang stattgefunden habe.
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens beantragt hatten, hat der Senat dies mit Beschluss vom 21. Juli 2003 angeordnet, da die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger nochmals die beitragsrechtliche Behandlung der Privatnutzung eines Firmenfahrzeuges durch mitarbeitende Familienangehörige erörtern wollten.
Am 18. Mai 2004 hat die Beklagte beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen, und dargelegt, dass diese Beratungen zu dem Ergebnis geführt hätten, dass, wenn Pkw-Nutzungen beim eng verwandten Arbeitgeber steuerlich berücksichtigt werden, von einer familienhaften Mitnutzung des Arbeitnehmers und nicht von einer solchen im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses auszugehen sei.
Im Erörterungstermin vom 25. Mai 2005 hat der Kläger die Art und Weise der privaten Nutzung des Dienstfahrzeuges dargestellt. Der Beigeladene zu 3), der Sohn des Klägers, sei mit dem Fahrzeug häufig dienstlich in Berlin unterwegs gewesen. Dort habe sich dessen Tochter, die er gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin habe, zu einer langwierigen Behandlung befunden, die den gesamten streitigen Zeitraum umfasst habe. Dies könnten die Eltern, Frau A P und der Beigeladene zu 3), bezeugen (zumindest der Beigeladene zu 3), unter Umständen auch Frau P werden im Termin anwesend sein). Er habe vom Kläger - seinem Vater und dem Großvater der kranken Tochter - die Erlaubnis gehabt, seine kranke Tochter mit dem Firmenfahrzeug in der Charité zu besuchen, wenn er mit diesem im Berliner Raum unterwegs war. Diese Möglichkeit habe er wahrgenommen. Darüber hinaus habe eine private Nutzung des Dienstfahrzeuges nicht stattgefunden, dieses habe sich außerhalb der Dienstzeiten auf dem Firmengelände in Rheinsberg befunden und der Beigeladene zu 3) und seine Lebensgefährtin haben über das Fahrzeug Opel Kadett, polizeiliches Kennzeichen , verfügt, das sie, die in einem gemeinsamen Haus lebten, beide privat nutzten.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten zum Aktenzeichen 02.578.785 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben und somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte verlangt mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Zahlung der streitigen Beiträge auf der Grundlage von §§ 173,174 Sozialgesetzbuch – Rentenversicherung – (SGB VI) und § 28 e Abs. 1 Sozialgesetzbuch – gemeinsame Vorschriften – (SGB IV). Derartige Beitragsansprüche mögen zwar auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 3) im Rahmen der Versicherungspflicht zur Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 SGB V), Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 SGB III) entstanden sein, ihrer Durchsetzung steht aber jedenfalls die Verjährung entgegen, auf die sich der Kläger beruft. Die Forderung ist jedenfalls für den streitigen Zeitraum verjährt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), da die Voraussetzung des Satzes 2 dieser Vorschrift, wonach bei Vorsatz die Verjährungsfrist 30 Jahre beträgt, nicht vorliegt. Es kann deshalb dahinstehen, ob – vorliegend – die private Nutzung eines Dienstfahrzeuges einen geldwerten Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis darstellt (§ 6 Abs. 1 Satz 3 Sachbezugsverordnung).
Die Beklagte hat daher keinen Anspruch auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen wegen der privaten Nutzung eines Dienstfahrzeuges der Firma des Klägers durch den Beigeladenen zu 3), da ein auch nur bedingter Vorsatz zur Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung auch nach der Kenntnis des Klägers vom Ergebnis der Betriebsprüfung durch die Finanzbehörde nicht festgestellt werden kann. Vorsatz kann angenommen werden, wenn es sich um allgemein bekannte beziehungsweise ohne weiteres erkennbare Übereinstimmungen zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht handelt (BSG B 12 RK 14/99 R). Es bestehen bereits Zweifel daran, ob im Beitrittsgebiet in den Jahren 1992 bis 1993 die Regeln des § 6 Abs. 1 Satz 3 der Sachbezugsverordnung, wonach Steuerrecht entsprechend gilt, allgemein bekannt waren. Aber auch wenn dies grundsätzlich angenommen wird, liegt im hier zu beurteilenden Fall kein (auch nur bedingter) Vorsatz vor. Zu beurteilen war die schwierige Abwägung, ob die private Nutzung eines Dienstfahrzeuges unter engen Verwandten im Einzelfall ein geldwerter Vorteil im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ist, oder Ausdruck der familiären Verbundenheit innerhalb der Kernfamilie, zu der sowohl der Kläger als auch der Beigeladene zu 3) und dessen Tochter gehören. Ob die Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges zum Besuch eines engen Familienangehörigen, zumal wenn sich dieser für lange Zeit in Krankenhausbehandlung befindet, dem Bereich eines daneben bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischen den Familienangehörigen zugeordnet wird, auch wenn sie anlässlich von Betriebstätigkeiten im Rahmen eines derartigen Arbeitsverhältnisses erfolgt, ist eine im Ergebnis nicht sofort erkennbare Frage. Dass grundsätzlich bei verwandten Arbeitnehmern zwischen einer familienhaften Nutzung von Fahrzeugen und derjenigen als Arbeitnehmer zu unterscheiden ist, hat die Beklagte selbst als Ergebnis der Beratungen der Sozialversicherungsträger mitgeteilt. Wenn die Beklagte und ihre Spitzenverbände über dieses Problem eine lang andauernde Prüfung durch eine Arbeitsgruppe veranlassen, also selbst Unklarheit über die Bewertung hatten, erscheint es nahezu abwegig, vom Kläger zu erwarten, ihm sei das Ergebnis dieser Prüfung von vornherein sofort erkennbar.
Die Berufung der Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG hierfür dargelegten Gründe vorliegt; der Senat hat vielmehr einen Einzelfall beurteilt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch darum, ob der Kläger der Beklagten Sozialversicherungsbeiträge nebst Säumniszuschlägen wegen der privaten Nutzung eines Firmenfahrzeuges durch den Beigeladenen zu 3) schuldet.
Der Kläger ist Inhaber der P; sein Sohn M M, der Beigeladene zu 3), ist dort im Außendienst angestellt. Bei einer Lohnsteueraußenprüfung gelangte die Finanzverwaltung im Februar 1997 zu der Auffassung, dem Beigeladenen zu 3) stünde seit 1993 ein Firmenwagen zur privaten Nutzung zur Verfügung. Dafür sei ein Nutzungswert von monatlich 297,00 DM nachzuversteuern.
Am 30. Mai 2000 führte die Beklagte im Betrieb des Klägers eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01. Januar 1996 bis zum 30. Mai 2000 durch und setzte mit Summenbescheid vom 03. Juli 2000 eine Nachzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen von 5 164,62 DM nebst Säumniszuschlägen in Höhe von 1 862,00 DM fest. Grundlage hierfür war zum einen die Nutzung des Pkws durch den Beigeladenen zu 3) für den Zeitraum 01. Juni 1993 bis 31. Dezember 1996, zum anderen eine Urlaubsabgeltung für den Arbeitnehmer E, die hier nicht im Streit steht.
In Bezug auf die Pkw-Nutzung durch den Beigeladenen zu 3) erhob der Kläger am 27. Juli 2000 Widerspruch und begründete diesen damit, die Beitragsforderungen für die Jahre 1993 bis 1995 seien verjährt, da er die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten habe. Er habe sich um die Abführung der Beiträge nicht gekümmert, sondern hierfür sei die Lohnbuchhalterin Frau G zuständig gewesen. Er habe davon ausgehen können, dass diese die Beiträge korrekt abführen werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Januar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist sei durch die Betriebsprüfung durch das Finanzamt deutlich geworden, dass unter Umständen auch Sozialversicherungspflicht bestünde und dies bewirke, dass die Beiträge ab diesem Zeitpunkt mit bedingtem Vorsatz vorenthalten worden seien.
Hiergegen hat sich die am 27. Februar 2001 erhobene Klage gerichtet, die der Kläger auf die Beitragsnachforderungen für die Jahre 1993 bis 1995 beschränkt hat.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 03. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 insoweit aufzuheben, als die Beklagte auch für den Zeitraum vom 01. Juni 1993 bis 31. Dezember 1995, einschließlich Säumniszuschläge, nachfordert.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden berufen und ergänzend vorgetragen, Arbeitgebern und deren sachkundigem Personal sei bekannt, dass steuerpflichtige Bezüge in der Regel auch beitragspflichtig seien.
Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der ehemaligen Buchhalterin des Klägers, Frau L G, am 09. April 2002. Die Zeugin hat erklärt, sie habe seit 1979 die Lohnbuchhaltung durchgeführt, dies auch im Jahre 1997, nachdem der Betrieb zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 3) aufgeteilt worden sei, noch gelegentlich getan. Sie habe von dem Lohnsteueraußenprüfungsbescheid Kenntnis gehabt, sie habe jedoch nicht gewusst, dass das Firmenfahrzeug privat genutzt werde, so dass sie keinerlei Veranlassung gehabt hätte, sich über rechtliche Konsequenzen dieses Vorgangs zu informieren. Sie habe sich immer bemüht, die Lohnbuchhaltung ordnungsgemäß zu erstellen und es habe in der Vergangenheit nie Beanstandungen gegeben. Sie sei von den Mitarbeitern des Finanzamtes auf diese Frage angesprochen worden, hätte sich jedoch dazu nicht äußern können, da ihr eine private Nutzung des Firmenfahrzeuges nicht bekannt gewesen sei. Davon habe sie erst von Mitarbeitern des Finanzamtes gehört.
Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil vom 09. April 2002 den angefochtenen Bescheid in Bezug auf Forderungen und Säumniszuschläge für den streitigen Zeitraum aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Zwar sei dem Beigeladenen zu 3) durch die Zurverfügungstellung eines Firmenfahrzeuges zur privaten Nutzung für die Zeit vom 01. März 1993 bis 31. Dezember 1996 ein geldwerter Vorteil zugewandt worden, der beitragspflichtig sei. Die Beitragsnachforderung sei jedoch für die streitbefangenen Jahre verjährt. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der Kläger die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten hat. Dazu sei zwar ausreichend, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe. Dieser Sachverhalt sei jedoch hier nicht gegeben. Nach der Regeln der objektiven Beweislast habe die Beklagte die Nichterweislichkeit eines auch nur bedingten Vorsatzes beim Kläger zu tragen und dieser sei nicht zu erweisen. Dies ergebe sich auch aus der Auskunft des Finanzamts Kyritz vom 29. Juni 2001, wonach der geldwerte Vorteil für die Nutzung eines Firmenwagens nicht immer zum beitragspflichtigen Entgelt zähle, sondern nur dann, wenn dieser nicht pauschal mit 15 % versteuert werde. Die Frage, ob ein mit der Lohnbuchhaltung betrauter Sachbearbeiter die Beitragspflicht beurteilen könne, sei von verschiedenen Konstellationen wie Ausbildung, Fachwissen und Berufserfahrung des Buchhalters abhängig. Daraus ergebe sich, dass auch, wenn dem Kläger der Lohnsteuerprüfungsbescheid zur Kenntnis gelangt wäre, dieser die beitragsrechtlichen Konsequenzen nicht notwendig erfasst hätte. Wenn der Kläger dies verneine, so sei dies glaubhaft, da dieser in der Vergangenheit niemals Beitragsabrechnungen vorgenommen habe.
Gegen dieses der Beklagten am 06. Mai 2002 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 27. Mai 2002, die sie im Wesentlichen damit begründet hat, bei ordnungsgemäßer Lohnbuchhaltung und Abwicklung der Arbeitgeberpflichten hätten sowohl die Lohnbuchhalterin von der Pkw-Nutzung Kenntnis haben als auch der Arbeitgeber den Lohnsteuerhaftungsbescheid an diese zur Prüfung und Auswertung weitergeben müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 09. April 2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist im Übrigen der Auffassung, dass tatsächlich keine private Nutzung in nennenswertem Umfang stattgefunden habe.
Nachdem die Beteiligten übereinstimmend das Ruhen des Verfahrens beantragt hatten, hat der Senat dies mit Beschluss vom 21. Juli 2003 angeordnet, da die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger nochmals die beitragsrechtliche Behandlung der Privatnutzung eines Firmenfahrzeuges durch mitarbeitende Familienangehörige erörtern wollten.
Am 18. Mai 2004 hat die Beklagte beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen, und dargelegt, dass diese Beratungen zu dem Ergebnis geführt hätten, dass, wenn Pkw-Nutzungen beim eng verwandten Arbeitgeber steuerlich berücksichtigt werden, von einer familienhaften Mitnutzung des Arbeitnehmers und nicht von einer solchen im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses auszugehen sei.
Im Erörterungstermin vom 25. Mai 2005 hat der Kläger die Art und Weise der privaten Nutzung des Dienstfahrzeuges dargestellt. Der Beigeladene zu 3), der Sohn des Klägers, sei mit dem Fahrzeug häufig dienstlich in Berlin unterwegs gewesen. Dort habe sich dessen Tochter, die er gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin habe, zu einer langwierigen Behandlung befunden, die den gesamten streitigen Zeitraum umfasst habe. Dies könnten die Eltern, Frau A P und der Beigeladene zu 3), bezeugen (zumindest der Beigeladene zu 3), unter Umständen auch Frau P werden im Termin anwesend sein). Er habe vom Kläger - seinem Vater und dem Großvater der kranken Tochter - die Erlaubnis gehabt, seine kranke Tochter mit dem Firmenfahrzeug in der Charité zu besuchen, wenn er mit diesem im Berliner Raum unterwegs war. Diese Möglichkeit habe er wahrgenommen. Darüber hinaus habe eine private Nutzung des Dienstfahrzeuges nicht stattgefunden, dieses habe sich außerhalb der Dienstzeiten auf dem Firmengelände in Rheinsberg befunden und der Beigeladene zu 3) und seine Lebensgefährtin haben über das Fahrzeug Opel Kadett, polizeiliches Kennzeichen , verfügt, das sie, die in einem gemeinsamen Haus lebten, beide privat nutzten.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten zum Aktenzeichen 02.578.785 verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben und somit insgesamt zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte verlangt mit den angefochtenen Bescheiden zu Unrecht die Zahlung der streitigen Beiträge auf der Grundlage von §§ 173,174 Sozialgesetzbuch – Rentenversicherung – (SGB VI) und § 28 e Abs. 1 Sozialgesetzbuch – gemeinsame Vorschriften – (SGB IV). Derartige Beitragsansprüche mögen zwar auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen zu 3) im Rahmen der Versicherungspflicht zur Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 SGB V), Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 SGB XI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 SGB III) entstanden sein, ihrer Durchsetzung steht aber jedenfalls die Verjährung entgegen, auf die sich der Kläger beruft. Die Forderung ist jedenfalls für den streitigen Zeitraum verjährt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV), da die Voraussetzung des Satzes 2 dieser Vorschrift, wonach bei Vorsatz die Verjährungsfrist 30 Jahre beträgt, nicht vorliegt. Es kann deshalb dahinstehen, ob – vorliegend – die private Nutzung eines Dienstfahrzeuges einen geldwerten Vorteil aus dem Arbeitsverhältnis darstellt (§ 6 Abs. 1 Satz 3 Sachbezugsverordnung).
Die Beklagte hat daher keinen Anspruch auf Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen wegen der privaten Nutzung eines Dienstfahrzeuges der Firma des Klägers durch den Beigeladenen zu 3), da ein auch nur bedingter Vorsatz zur Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung auch nach der Kenntnis des Klägers vom Ergebnis der Betriebsprüfung durch die Finanzbehörde nicht festgestellt werden kann. Vorsatz kann angenommen werden, wenn es sich um allgemein bekannte beziehungsweise ohne weiteres erkennbare Übereinstimmungen zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht handelt (BSG B 12 RK 14/99 R). Es bestehen bereits Zweifel daran, ob im Beitrittsgebiet in den Jahren 1992 bis 1993 die Regeln des § 6 Abs. 1 Satz 3 der Sachbezugsverordnung, wonach Steuerrecht entsprechend gilt, allgemein bekannt waren. Aber auch wenn dies grundsätzlich angenommen wird, liegt im hier zu beurteilenden Fall kein (auch nur bedingter) Vorsatz vor. Zu beurteilen war die schwierige Abwägung, ob die private Nutzung eines Dienstfahrzeuges unter engen Verwandten im Einzelfall ein geldwerter Vorteil im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ist, oder Ausdruck der familiären Verbundenheit innerhalb der Kernfamilie, zu der sowohl der Kläger als auch der Beigeladene zu 3) und dessen Tochter gehören. Ob die Zurverfügungstellung eines Fahrzeuges zum Besuch eines engen Familienangehörigen, zumal wenn sich dieser für lange Zeit in Krankenhausbehandlung befindet, dem Bereich eines daneben bestehenden Arbeitsverhältnisses zwischen den Familienangehörigen zugeordnet wird, auch wenn sie anlässlich von Betriebstätigkeiten im Rahmen eines derartigen Arbeitsverhältnisses erfolgt, ist eine im Ergebnis nicht sofort erkennbare Frage. Dass grundsätzlich bei verwandten Arbeitnehmern zwischen einer familienhaften Nutzung von Fahrzeugen und derjenigen als Arbeitnehmer zu unterscheiden ist, hat die Beklagte selbst als Ergebnis der Beratungen der Sozialversicherungsträger mitgeteilt. Wenn die Beklagte und ihre Spitzenverbände über dieses Problem eine lang andauernde Prüfung durch eine Arbeitsgruppe veranlassen, also selbst Unklarheit über die Bewertung hatten, erscheint es nahezu abwegig, vom Kläger zu erwarten, ihm sei das Ergebnis dieser Prüfung von vornherein sofort erkennbar.
Die Berufung der Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 193 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG hierfür dargelegten Gründe vorliegt; der Senat hat vielmehr einen Einzelfall beurteilt.
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