Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 RA 6496/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RA 125/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger verpflichtet ist, für die Klägerin Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVItech – (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) und die währenddessen erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der am 1944 geborenen Klägerin wurde nach einem Fachschulstudium in der Fachrichtung Geodäsie mit Urkunde vom 24. Juli 1970 das Recht zuerkannt, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Vom 09. August 1970 bis 30. Juli 1990 war sie beim VEB Kombinat Geodäsie und Kartographie Stammbetrieb B – im Folgenden: VEB G – (bzw. bis 1972 beim VEB Ingenieur - Vermessungswesen P) zuletzt als Hauptauswerterin beschäftigt. Eine Versorgungszusage war ihr nicht erteilt worden.
Einen von der Klägerin im Juni 2003 gestellten Antrag auf Überführung von Versorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. August 2003 und Widerspruchsbescheid der Widerspruchsstelle vom 04. November 2003 ab. Die Klägerin sei nicht in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen und habe auch keinen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens tätig gewesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 02. Dezember 2003 Klage erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, bereits aus dem Statut des VEB Kombinat Geodäsie und Kartographie vom 01. Dezember 1980 könne entnommen werden, dass es sich dabei um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Nach § 3 des Statuts sei die bedarfs-, termins- und qualitätsgerechte Produktion und Bereitstellung geodätischer und kartographischer Erzeugnisse und Leistungen für Wirtschaft, Staat, Export und die Versorgung der Bevölkerung Aufgabe des Betriebes gewesen. Es seien keine wissenschaftlich-technisch-theoretischen Erkenntnisse gesammelt, sondern konkrete Karten, Pläne und Unterlagen hergestellt worden. In der Bauwirtschaft sei beispielsweise kein Industrie- oder Wohnungsbau ohne die Mitwirkung des Vermessungswesens durchführbar gewesen. Dass Vermessungsingenieure nach der Kombinatsbildung nicht mehr direkt in den bauausführenden Betrieben tätig gewesen seien, sei allein dem Gedanken der Rationalisierung und Zentralisierung geschuldet gewesen. Die Zuordnung des Betriebes zum Ministerium des Inneren schade nicht, denn sie sei nur erfolgt, weil es sich bei der Vermessung um einen sicherheitsrelevanten Bereich gehandelt habe. Alle Produkte und Leistungen der Vermessungsbetriebe seien unter den Bedingungen eines Produktionsbetriebes erbracht worden.
Mit Urteil vom 28. Oktober 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung der Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Vorschriften des AAÜG seien auf die Klägerin nicht anwendbar. Sie habe zu keinem Zeitpunkt eine Versorgungszusage in der ehemaligen DDR erhalten und auch die Voraussetzungen für eine fingierte Versorgungsanwartschaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lägen nicht vor. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung der genannten Art erfülle, denn es fehle jedenfalls an der betrieblichen Voraussetzung, weil sie am maßgeblichen Stichtag, dem 30. Juni 1990, nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei. Der VEB G könne nicht dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet werden, denn es seien nicht in erster Linie Sachgüter industriell gefertigt, hergestellt oder fabriziert worden. In der DDR habe zwar ein weitreichender Produktionsbegriff gegolten, ein Produktionsbetrieb im hier fraglichen Sinne liege jedoch nur dann vor, wenn der Betrieb organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet gewesen sei und die materielle Produktion Hauptzweck des Betriebes gewesen sei. Selbst wenn in dem hier fraglichen Betrieb auch Karten nach Normen hergestellt worden seien, habe es sich dabei nur um eine von vielen Aufgaben des Betriebes gehandelt, dessen Hauptaufgabe jedenfalls nicht die industrielle Massenproduktion im fordistischen Sinne gewesen sei.
Gegen das ihr am 30. November 2004 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 27. Dezember 2004 eingelegten Berufung. Sie macht geltend, sie erfülle alle Voraussetzungen für eine fingierte Versorgungsanwartschaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG –. Insbesondere lägen auch die betrieblichen Voraussetzungen vor. Der VEB G habe aufgrund seiner Tätigkeit im großen Maßstab hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge von Wohnungen und Produktionsstätten in B gehabt. Seine Vermessung-, Kartographierungs- und Geodäsiearbeiten seien Grundlage für einen massenfähigen Aufbau von Wohnungen und Produktionsstätten gewesen. Auftraggeber seien das Bauwesen und die Industrie gewesen. Dem gegenüber komme der Zuordnung des Betriebes zum Ministerium des Inneren keine entscheidende Bedeutung zu, denn die Unterstellungsverhältnisse hätten lediglich eine indizielle Wirkung. Dass es sich um einen durch Produktionsaufgaben gekennzeichneten Betrieb gehandelt habe, belege bereits dessen Statut, in dem die Punkte Produktion und Bereitstellung von Erzeugnissen vor dem Begriff Leistungen genannt würden. § 3 Abs. 2 des Status verdeutliche zudem den Schwerpunkt der Ausrichtung des VEB G auf die Industrie und die Bauwirtschaft und dabei insbesondere den für die DDR so wichtigen Wohnungsbau und das staatliche Wohnungsbauprogramm. Für die faktische Zuordnung zum Bauwesen spreche, dass der VEB G einen besonderen Beitrag für das Gelingen des Wohnungsbauprogramms durch seine Erzeugnisse und Leistungen habe erbringen sollen. In diesem Bereich habe auch der Schwerpunkt der Tätigkeiten gelegen. Der VEB G sei vorwiegend mit Vermessung, Projektunterlagenerstellung, Absteckungen, Aufmessungen, späteren Kontrollmessungen sowie Überwachung der Konstruktion während der Montagephase im Rahmen von Aufträgen aus der Industrie und dem Bauwesen betraut gewesen. Die Vermessung, Schaffung sowie Erhaltung geodätischeNetze habe dem Bauwesen zur Errichtung von Wohnungen und Produktionsanlagen gedient. Für die massenweise Herstellung von Wohnungen und Industriebauten sei die Tätigkeit des VEB G erforderlich gewesen. Ein schnelles und erfolgreiches Bauwesen setze eine perfekte und industriellen Maßstäben gerecht werdende Vermessung voraus. Auftraggeber für diese Tätigkeiten seien das Bauwesen und die Industrie gewesen, was für eine starke Verflechtung des VEB G mit dem örtlichen Bauwesen und der örtlichen Industrie spreche. Der VEB G habe zum Ziel gehabt, die Bodenflächen B für die massenweise Errichtung von Wohnungen und zur Erstellung von Industrieanlagen zur Steigerung der Massenproduktion vorzubereiten und zugänglich zu machen. Zu diesem Zweck sei auch mit den Hauptauftraggebern, der Industrie und dem Bauwesen, eng zusammengearbeitet worden. Mit der Tätigkeit des VEB G seien erst die Voraussetzungen für ein funktionierendes und im großen Maßstab tätiges Bauwesen in der DDR geschaffen worden. Es müsse auch beachtet werden, dass der Produktionsbegriff in der DDR umfassender gewesen und nicht auf die materielle Produktion beschränkt gewesen sei. Der VEB G habe nach den Rahmenstellenplänen von 1973 und 1986 mehrere Direktoren für Produktion gehabt, denen die Abteilungen Produktionsorganisation, Technologie, Hauptredaktion und Produktionsvorbereitung unterstellt gewesen seien. Produziert worden seien topographische Karten in verschiedenen Maßstäben sowie thematische Karten und Atlanten. Die Berufung sei auch deshalb begründet, weil der VEB G als gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die AVItech in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 – Zweite Durchführungsbestimmung – anzusehen sei. Aus den in der Verordnung aufgeführten Vereinigungen Volkseigener Betriebe – VVB – seien die Kombinate hervorgegangen. Sie seien eine Weiterentwicklung der VVB in den 70`er Jahren zu komplexeren und leistungsstärkeren Wirtschaftseinheiten gewesen und hätten die VVB bis 1990 zu über 99 % abgelöst. Dies rechtfertige, die Kombinate wie die gleichgestellten VVB zu behandeln.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. August 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2003 zu verpflichten, ihre Beschäftigungszeiten vom 09. August 1970 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die währenddessen erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide und das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 17 RA 6496/03 - 38 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Regelungen des AAÜG sind auf die Klägerin nicht anwendbar, weil sie nicht zu dem in § 1 dieses Gesetzes genannten Personenkreis gehört. Nach § 1 Abs. 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Derartige Ansprüche oder Anwartschaften hat die Klägerin nicht erworben.
Der Klägerin ist bis zur Schließung der Versorgungssysteme (vgl. § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz sowie Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 des Einigungsvertrages – EV –) mit Wirkung vom 30. Juni 1990 keine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden. Eine Versorgungszusage oder eine sonstige Einzelentscheidung bzw. ein Einzelvertrag ist zu keiner Zeit zu ihren Gunsten erfolgt. Auch eine Rehabilitationsentscheidung mit der Folge einer Anwendung des AAÜG für Zeiten der Verfolgung unter den in § 13 Abs. 3 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetztes genannten Voraussetzungen liegt ebenfalls nicht vor. Darüber hinaus können nach der ständigen Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl. Urteil vom 31. März 2004 – B 4 RA 31/03 R –) die Regelungen des AAÜG mit der Folge der Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung (vgl. § 5 AAÜG) aufgrund einer von diesem Senat vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung von § 1 dieses Gesetzes auch Anwendung finden (so genannte fingierte Versorgungsanwartschaft), wenn bis zum 30. Juni 1990 nicht einbezogene Beschäftigte rückwirkend nach den Regelungen der Versorgungssysteme hätten einbezogen werden müssen. Dies ist dann der Fall, wenn sie nach den genannten Regelungen der Versorgungssysteme, wenn diese unter Beachtung rechtstaatlicher Grundsätze, wie insbesondere des Gleichheitsgebotes, angewandt worden wären, einen Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage gehabt hätten.
Ob eine bestimmte Tätigkeit eine Versorgungszusage im rechtstaatlichen Umfeld zwingend zur Folge gehabt hätte, beurteilt sich ausschließlich nach den Texten der jeweiligen Versorgungsordnungen i.V.m. den Durchführungsbestimmungen sowie den sonstigen sie ergänzenden bzw. ausfüllenden abstrakt-generellen Regellungen. Sie sind faktische Anknüpfungspunkte und dafür maßgeblich, ob in der DDR nach dem Stand der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war (vgl. BSG Urteil vom 10. Februar 2005 – B 4 RA 47/04 R –). Unbeachtlich sind hingegen die Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR und deren Verwaltungspraxis.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, eine Zugehörigkeit der Klägerin zur AVItech festzustellen. Für welche Beschäftigten diese zusätzliche Altersversorgung bestand, beurteilt sich nach der Verordnung über die AVItech vom 17. August 1950 (Gesetzblatt I Seite 844) und der dazu erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (Gesetzblatt I Seite 487). Ausgehend von diesen abstrakt-generellen Regellungen hat die Klägerin beim VEB G keine Beschäftigung ausgeübt, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in der AVItech, die hier allein als mögliches Versorgungssystem in Betracht kommt, vorgesehen war.
Eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 10. Februar 2005 – B 4 RA 47/04 R – mit weiteren Nachweisen aus der Rechsprechung dieses Senats) nur dann vor, wenn der Beschäftigte
1. die Berechtigung hatte, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),
2. eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat (sachliche Voraussetzung) und
3. die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem durch § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung gleichgestellten Betrieb ausgeübt wurde (betriebliche Voraussetzung).
Während der Beschäftigung beim VEB G fehlte es jedenfalls an der betrieblichen Voraussetzung für eine Zugehörigkeit zur AVItech, so dass es dahingestellt bleiben konnte, ob die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der VEB G war zwar volkseigen, aber kein industrieller Produktionsbetrieb. Industrielle Produktion in diesem Sinne ist allein die serienmäßig wiederkehrende (Massen-) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die Errichtung von baulichen Anlagen (vgl. BSG Urteil vom 18. Dezember 2004 – B 4 RA 14/03 R –). Für den Bereich des Bauwesens hat das BSG darüber hinaus entschieden (vgl. Urteil vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R –), es sei bereits nicht ausreichend, wenn die Erbringung von Bauleistungen jeglicher Art Gegenstand des Betriebes gewesen ist. Auch Baubetriebe müssten eine industrielle Massenproduktion durchgeführt haben. Dies folge daraus, dass die DDR durch die Konzentration der Baukapazität auf große Bau- und Montagekombinate einen neuen selbständigen Zweig der Volkswirtschaft habe schaffen wollen, dessen Aufgabe die komplette Serienfertigung gleichartiger Bauwerke gewesen sei. Der Massenausstoß standardisierter Produkte habe hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen sollen. Aus diesem Grunde sei auch allein die Tätigkeit in einem solchen (Massen-) Produktionsbetrieb von besonderer volkswirtschaftlicher Bedeutung gewesen und habe die durch die AVItech bezweckte Privilegierung der technischen Intelligenz in solchen Betrieben gerechtfertigt.
Eine industriell geprägte Massenproduktion war nicht Hauptbetriebszweck des VEB G. Dies folgt bereits aus den von der Klägerin zum Gegenstand des Betriebes gemachten Angaben. Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit war danach die Vermessung (Absteckung, Abmessung, Kontrollmessung), Projektunterlagenerstellung sowie Überwachung der Konstruktion während der – von anderen Betrieben durchgeführten – Herstellung von Bauprojekten im Wohnungsbau und der Industrie. Auch wenn aufgrund dieses Betriebszweckes eine starke Verflechtung des VEB G mit dem Bauwesen und der Industrie als Hauptauftraggeber für dessen Leistungen bestanden haben sollte, erfolgte durch den VEB G selber keine industrielle Produktion. Die Klägerin beschreibt nämlich Tätigkeiten, die zwar für das Bauwesen möglicherweise unabdingbare Vorbereitungs- und Begleitarbeiten darstellen, durch diese Tätigkeiten wird der ausführende Betrieb aber nicht selbst zum Produktionsbetrieb, sondern erbringt Dienstleistungen für die Produktion eines anderen Betriebes. Die Unterstützung von Produktionsbetrieben durch Übernahme von für die Produktion notwendigen Vorbereitungs- und Begleitarbeiten erfüllt, wenn sie – wie hier – in einem rechtlich selbständigen Betrieb erfolgt, nicht die betrieblichen Voraussetzungen für eine Zugehörigkeit zur AVItech. Dies ist vom BSG (vgl. Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 8/04 R –) ausdrücklich klargestellt worden. Dem schließt sich der erkennende Senat an.
Es liegen auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sein könnten (zum Betriebsteil des VEB G in Erfurt vgl. auch das rechtskräftige Urteil des LSG Thüringen vom 19. Dezember 2005 – L 6 R 226/05 –). Insbesondere lässt sich dafür entgegen der Auffassung der Klägerin nichts aus dem Statut des VEB G vom 01. Dezember 1980 entnehmen. Danach (vgl. § 3 Abs. 1) gehörte zu seinen Aufgaben, die bedarfs-, termins- und qualitätsgerechte Produktion und Bereitstellung geodätischer und kartographischerErzeugnisse und Leistungen für die Volkswirtschaft, den Staat, den Export und die Versorgung der Bevölkerung. Konkretisiert werden diese Aufgaben in der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über das Vermessungs- und Kartenwesen vom 15. September 1980 (Gesetzesblatt I Seite 270). Nach § 2 Abs. 1 dieser Durchführungsbestimmung waren für die Herstellung und Aktualisierung großmaßstäbiger Karten sowie die Bereitstellung ingeneur-geodätischer Erzeugnisse und Leistungen unter anderem der VEB G zuständig. Nach § 2 Abs. 2 sind ingenieurgeodätische Erzeugnisse und Leistungen gemäß Abs. 1: Lage- und Höhennetze, Absteckungen, Aufmessungen, Baukontroll- und Bauüberwachungsmessungen, großmaßstäbige Schnitte von Bauwerken, Längs- und Querprofile, Trassierungen und terrestrisch-photogrammetische Erzeugnisse. Die allenfalls zum Bereich der industriellen Produktion zählende Herstellung von Atlanten, Globen, Wanderkarten, Übersichtskarten, Verwaltungskarten, Verkehrskarten, Touristenkarten, Stadtplänen und anderen für die Öffentlichkeit bestimmten Karten oblag nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 c der Verordnung über das Vermessungs- und Kartenwesen vom 21. August 1980 (Gesetzesblatt I Seite 267) ausschließlich den Betrieben im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Kultur. In einem solchen Betrieb war die Klägerin jedoch nicht beschäftigt, denn der VEB G war dem Ministerium des Inneren unterstellt.
Der Klägerin konnte auch nicht gefolgt werden, soweit sie geltend macht, sie sei in einem nach § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung den Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens gleichgestellten Betrieb tätig gewesen. Auch wenn die Kombinate eine Weiterentwicklung der in der Zweiten Durchführungsbestimmung aufgeführten VVB darstellen, verbietet sich eine Ausdehnung der gleichgestellten Betriebe auf Kombinate, weil die Zweite Durchführungsbestimmung eine abschließende und nicht erweiterungsfähige Aufzählung enthält (vgl. BSG Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R –).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz – SGG –.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger verpflichtet ist, für die Klägerin Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVItech – (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG –) und die währenddessen erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der am 1944 geborenen Klägerin wurde nach einem Fachschulstudium in der Fachrichtung Geodäsie mit Urkunde vom 24. Juli 1970 das Recht zuerkannt, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Vom 09. August 1970 bis 30. Juli 1990 war sie beim VEB Kombinat Geodäsie und Kartographie Stammbetrieb B – im Folgenden: VEB G – (bzw. bis 1972 beim VEB Ingenieur - Vermessungswesen P) zuletzt als Hauptauswerterin beschäftigt. Eine Versorgungszusage war ihr nicht erteilt worden.
Einen von der Klägerin im Juni 2003 gestellten Antrag auf Überführung von Versorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. August 2003 und Widerspruchsbescheid der Widerspruchsstelle vom 04. November 2003 ab. Die Klägerin sei nicht in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen und habe auch keinen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 sei sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens tätig gewesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 02. Dezember 2003 Klage erhoben und zu deren Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, bereits aus dem Statut des VEB Kombinat Geodäsie und Kartographie vom 01. Dezember 1980 könne entnommen werden, dass es sich dabei um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Nach § 3 des Statuts sei die bedarfs-, termins- und qualitätsgerechte Produktion und Bereitstellung geodätischer und kartographischer Erzeugnisse und Leistungen für Wirtschaft, Staat, Export und die Versorgung der Bevölkerung Aufgabe des Betriebes gewesen. Es seien keine wissenschaftlich-technisch-theoretischen Erkenntnisse gesammelt, sondern konkrete Karten, Pläne und Unterlagen hergestellt worden. In der Bauwirtschaft sei beispielsweise kein Industrie- oder Wohnungsbau ohne die Mitwirkung des Vermessungswesens durchführbar gewesen. Dass Vermessungsingenieure nach der Kombinatsbildung nicht mehr direkt in den bauausführenden Betrieben tätig gewesen seien, sei allein dem Gedanken der Rationalisierung und Zentralisierung geschuldet gewesen. Die Zuordnung des Betriebes zum Ministerium des Inneren schade nicht, denn sie sei nur erfolgt, weil es sich bei der Vermessung um einen sicherheitsrelevanten Bereich gehandelt habe. Alle Produkte und Leistungen der Vermessungsbetriebe seien unter den Bedingungen eines Produktionsbetriebes erbracht worden.
Mit Urteil vom 28. Oktober 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung der Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Vorschriften des AAÜG seien auf die Klägerin nicht anwendbar. Sie habe zu keinem Zeitpunkt eine Versorgungszusage in der ehemaligen DDR erhalten und auch die Voraussetzungen für eine fingierte Versorgungsanwartschaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lägen nicht vor. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung der genannten Art erfülle, denn es fehle jedenfalls an der betrieblichen Voraussetzung, weil sie am maßgeblichen Stichtag, dem 30. Juni 1990, nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen sei. Der VEB G könne nicht dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet werden, denn es seien nicht in erster Linie Sachgüter industriell gefertigt, hergestellt oder fabriziert worden. In der DDR habe zwar ein weitreichender Produktionsbegriff gegolten, ein Produktionsbetrieb im hier fraglichen Sinne liege jedoch nur dann vor, wenn der Betrieb organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet gewesen sei und die materielle Produktion Hauptzweck des Betriebes gewesen sei. Selbst wenn in dem hier fraglichen Betrieb auch Karten nach Normen hergestellt worden seien, habe es sich dabei nur um eine von vielen Aufgaben des Betriebes gehandelt, dessen Hauptaufgabe jedenfalls nicht die industrielle Massenproduktion im fordistischen Sinne gewesen sei.
Gegen das ihr am 30. November 2004 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 27. Dezember 2004 eingelegten Berufung. Sie macht geltend, sie erfülle alle Voraussetzungen für eine fingierte Versorgungsanwartschaft im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG –. Insbesondere lägen auch die betrieblichen Voraussetzungen vor. Der VEB G habe aufgrund seiner Tätigkeit im großen Maßstab hervorragenden Einfluss auf die Herstellungsvorgänge von Wohnungen und Produktionsstätten in B gehabt. Seine Vermessung-, Kartographierungs- und Geodäsiearbeiten seien Grundlage für einen massenfähigen Aufbau von Wohnungen und Produktionsstätten gewesen. Auftraggeber seien das Bauwesen und die Industrie gewesen. Dem gegenüber komme der Zuordnung des Betriebes zum Ministerium des Inneren keine entscheidende Bedeutung zu, denn die Unterstellungsverhältnisse hätten lediglich eine indizielle Wirkung. Dass es sich um einen durch Produktionsaufgaben gekennzeichneten Betrieb gehandelt habe, belege bereits dessen Statut, in dem die Punkte Produktion und Bereitstellung von Erzeugnissen vor dem Begriff Leistungen genannt würden. § 3 Abs. 2 des Status verdeutliche zudem den Schwerpunkt der Ausrichtung des VEB G auf die Industrie und die Bauwirtschaft und dabei insbesondere den für die DDR so wichtigen Wohnungsbau und das staatliche Wohnungsbauprogramm. Für die faktische Zuordnung zum Bauwesen spreche, dass der VEB G einen besonderen Beitrag für das Gelingen des Wohnungsbauprogramms durch seine Erzeugnisse und Leistungen habe erbringen sollen. In diesem Bereich habe auch der Schwerpunkt der Tätigkeiten gelegen. Der VEB G sei vorwiegend mit Vermessung, Projektunterlagenerstellung, Absteckungen, Aufmessungen, späteren Kontrollmessungen sowie Überwachung der Konstruktion während der Montagephase im Rahmen von Aufträgen aus der Industrie und dem Bauwesen betraut gewesen. Die Vermessung, Schaffung sowie Erhaltung geodätischeNetze habe dem Bauwesen zur Errichtung von Wohnungen und Produktionsanlagen gedient. Für die massenweise Herstellung von Wohnungen und Industriebauten sei die Tätigkeit des VEB G erforderlich gewesen. Ein schnelles und erfolgreiches Bauwesen setze eine perfekte und industriellen Maßstäben gerecht werdende Vermessung voraus. Auftraggeber für diese Tätigkeiten seien das Bauwesen und die Industrie gewesen, was für eine starke Verflechtung des VEB G mit dem örtlichen Bauwesen und der örtlichen Industrie spreche. Der VEB G habe zum Ziel gehabt, die Bodenflächen B für die massenweise Errichtung von Wohnungen und zur Erstellung von Industrieanlagen zur Steigerung der Massenproduktion vorzubereiten und zugänglich zu machen. Zu diesem Zweck sei auch mit den Hauptauftraggebern, der Industrie und dem Bauwesen, eng zusammengearbeitet worden. Mit der Tätigkeit des VEB G seien erst die Voraussetzungen für ein funktionierendes und im großen Maßstab tätiges Bauwesen in der DDR geschaffen worden. Es müsse auch beachtet werden, dass der Produktionsbegriff in der DDR umfassender gewesen und nicht auf die materielle Produktion beschränkt gewesen sei. Der VEB G habe nach den Rahmenstellenplänen von 1973 und 1986 mehrere Direktoren für Produktion gehabt, denen die Abteilungen Produktionsorganisation, Technologie, Hauptredaktion und Produktionsvorbereitung unterstellt gewesen seien. Produziert worden seien topographische Karten in verschiedenen Maßstäben sowie thematische Karten und Atlanten. Die Berufung sei auch deshalb begründet, weil der VEB G als gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die AVItech in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 – Zweite Durchführungsbestimmung – anzusehen sei. Aus den in der Verordnung aufgeführten Vereinigungen Volkseigener Betriebe – VVB – seien die Kombinate hervorgegangen. Sie seien eine Weiterentwicklung der VVB in den 70`er Jahren zu komplexeren und leistungsstärkeren Wirtschaftseinheiten gewesen und hätten die VVB bis 1990 zu über 99 % abgelöst. Dies rechtfertige, die Kombinate wie die gleichgestellten VVB zu behandeln.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. August 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04. November 2003 zu verpflichten, ihre Beschäftigungszeiten vom 09. August 1970 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die währenddessen erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre Bescheide und das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 17 RA 6496/03 - 38 haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Regelungen des AAÜG sind auf die Klägerin nicht anwendbar, weil sie nicht zu dem in § 1 dieses Gesetzes genannten Personenkreis gehört. Nach § 1 Abs. 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Derartige Ansprüche oder Anwartschaften hat die Klägerin nicht erworben.
Der Klägerin ist bis zur Schließung der Versorgungssysteme (vgl. § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz sowie Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 des Einigungsvertrages – EV –) mit Wirkung vom 30. Juni 1990 keine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden. Eine Versorgungszusage oder eine sonstige Einzelentscheidung bzw. ein Einzelvertrag ist zu keiner Zeit zu ihren Gunsten erfolgt. Auch eine Rehabilitationsentscheidung mit der Folge einer Anwendung des AAÜG für Zeiten der Verfolgung unter den in § 13 Abs. 3 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetztes genannten Voraussetzungen liegt ebenfalls nicht vor. Darüber hinaus können nach der ständigen Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (vgl. Urteil vom 31. März 2004 – B 4 RA 31/03 R –) die Regelungen des AAÜG mit der Folge der Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung (vgl. § 5 AAÜG) aufgrund einer von diesem Senat vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung von § 1 dieses Gesetzes auch Anwendung finden (so genannte fingierte Versorgungsanwartschaft), wenn bis zum 30. Juni 1990 nicht einbezogene Beschäftigte rückwirkend nach den Regelungen der Versorgungssysteme hätten einbezogen werden müssen. Dies ist dann der Fall, wenn sie nach den genannten Regelungen der Versorgungssysteme, wenn diese unter Beachtung rechtstaatlicher Grundsätze, wie insbesondere des Gleichheitsgebotes, angewandt worden wären, einen Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage gehabt hätten.
Ob eine bestimmte Tätigkeit eine Versorgungszusage im rechtstaatlichen Umfeld zwingend zur Folge gehabt hätte, beurteilt sich ausschließlich nach den Texten der jeweiligen Versorgungsordnungen i.V.m. den Durchführungsbestimmungen sowie den sonstigen sie ergänzenden bzw. ausfüllenden abstrakt-generellen Regellungen. Sie sind faktische Anknüpfungspunkte und dafür maßgeblich, ob in der DDR nach dem Stand der Versorgungssysteme am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst war (vgl. BSG Urteil vom 10. Februar 2005 – B 4 RA 47/04 R –). Unbeachtlich sind hingegen die Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR und deren Verwaltungspraxis.
Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, eine Zugehörigkeit der Klägerin zur AVItech festzustellen. Für welche Beschäftigten diese zusätzliche Altersversorgung bestand, beurteilt sich nach der Verordnung über die AVItech vom 17. August 1950 (Gesetzblatt I Seite 844) und der dazu erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (Gesetzblatt I Seite 487). Ausgehend von diesen abstrakt-generellen Regellungen hat die Klägerin beim VEB G keine Beschäftigung ausgeübt, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in der AVItech, die hier allein als mögliches Versorgungssystem in Betracht kommt, vorgesehen war.
Eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 10. Februar 2005 – B 4 RA 47/04 R – mit weiteren Nachweisen aus der Rechsprechung dieses Senats) nur dann vor, wenn der Beschäftigte
1. die Berechtigung hatte, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung),
2. eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat (sachliche Voraussetzung) und
3. die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem durch § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung gleichgestellten Betrieb ausgeübt wurde (betriebliche Voraussetzung).
Während der Beschäftigung beim VEB G fehlte es jedenfalls an der betrieblichen Voraussetzung für eine Zugehörigkeit zur AVItech, so dass es dahingestellt bleiben konnte, ob die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der VEB G war zwar volkseigen, aber kein industrieller Produktionsbetrieb. Industrielle Produktion in diesem Sinne ist allein die serienmäßig wiederkehrende (Massen-) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die Errichtung von baulichen Anlagen (vgl. BSG Urteil vom 18. Dezember 2004 – B 4 RA 14/03 R –). Für den Bereich des Bauwesens hat das BSG darüber hinaus entschieden (vgl. Urteil vom 08. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R –), es sei bereits nicht ausreichend, wenn die Erbringung von Bauleistungen jeglicher Art Gegenstand des Betriebes gewesen ist. Auch Baubetriebe müssten eine industrielle Massenproduktion durchgeführt haben. Dies folge daraus, dass die DDR durch die Konzentration der Baukapazität auf große Bau- und Montagekombinate einen neuen selbständigen Zweig der Volkswirtschaft habe schaffen wollen, dessen Aufgabe die komplette Serienfertigung gleichartiger Bauwerke gewesen sei. Der Massenausstoß standardisierter Produkte habe hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen sollen. Aus diesem Grunde sei auch allein die Tätigkeit in einem solchen (Massen-) Produktionsbetrieb von besonderer volkswirtschaftlicher Bedeutung gewesen und habe die durch die AVItech bezweckte Privilegierung der technischen Intelligenz in solchen Betrieben gerechtfertigt.
Eine industriell geprägte Massenproduktion war nicht Hauptbetriebszweck des VEB G. Dies folgt bereits aus den von der Klägerin zum Gegenstand des Betriebes gemachten Angaben. Schwerpunkt der betrieblichen Tätigkeit war danach die Vermessung (Absteckung, Abmessung, Kontrollmessung), Projektunterlagenerstellung sowie Überwachung der Konstruktion während der – von anderen Betrieben durchgeführten – Herstellung von Bauprojekten im Wohnungsbau und der Industrie. Auch wenn aufgrund dieses Betriebszweckes eine starke Verflechtung des VEB G mit dem Bauwesen und der Industrie als Hauptauftraggeber für dessen Leistungen bestanden haben sollte, erfolgte durch den VEB G selber keine industrielle Produktion. Die Klägerin beschreibt nämlich Tätigkeiten, die zwar für das Bauwesen möglicherweise unabdingbare Vorbereitungs- und Begleitarbeiten darstellen, durch diese Tätigkeiten wird der ausführende Betrieb aber nicht selbst zum Produktionsbetrieb, sondern erbringt Dienstleistungen für die Produktion eines anderen Betriebes. Die Unterstützung von Produktionsbetrieben durch Übernahme von für die Produktion notwendigen Vorbereitungs- und Begleitarbeiten erfüllt, wenn sie – wie hier – in einem rechtlich selbständigen Betrieb erfolgt, nicht die betrieblichen Voraussetzungen für eine Zugehörigkeit zur AVItech. Dies ist vom BSG (vgl. Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 8/04 R –) ausdrücklich klargestellt worden. Dem schließt sich der erkennende Senat an.
Es liegen auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sein könnten (zum Betriebsteil des VEB G in Erfurt vgl. auch das rechtskräftige Urteil des LSG Thüringen vom 19. Dezember 2005 – L 6 R 226/05 –). Insbesondere lässt sich dafür entgegen der Auffassung der Klägerin nichts aus dem Statut des VEB G vom 01. Dezember 1980 entnehmen. Danach (vgl. § 3 Abs. 1) gehörte zu seinen Aufgaben, die bedarfs-, termins- und qualitätsgerechte Produktion und Bereitstellung geodätischer und kartographischerErzeugnisse und Leistungen für die Volkswirtschaft, den Staat, den Export und die Versorgung der Bevölkerung. Konkretisiert werden diese Aufgaben in der Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über das Vermessungs- und Kartenwesen vom 15. September 1980 (Gesetzesblatt I Seite 270). Nach § 2 Abs. 1 dieser Durchführungsbestimmung waren für die Herstellung und Aktualisierung großmaßstäbiger Karten sowie die Bereitstellung ingeneur-geodätischer Erzeugnisse und Leistungen unter anderem der VEB G zuständig. Nach § 2 Abs. 2 sind ingenieurgeodätische Erzeugnisse und Leistungen gemäß Abs. 1: Lage- und Höhennetze, Absteckungen, Aufmessungen, Baukontroll- und Bauüberwachungsmessungen, großmaßstäbige Schnitte von Bauwerken, Längs- und Querprofile, Trassierungen und terrestrisch-photogrammetische Erzeugnisse. Die allenfalls zum Bereich der industriellen Produktion zählende Herstellung von Atlanten, Globen, Wanderkarten, Übersichtskarten, Verwaltungskarten, Verkehrskarten, Touristenkarten, Stadtplänen und anderen für die Öffentlichkeit bestimmten Karten oblag nach § 6 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 c der Verordnung über das Vermessungs- und Kartenwesen vom 21. August 1980 (Gesetzesblatt I Seite 267) ausschließlich den Betrieben im Verantwortungsbereich des Ministeriums für Kultur. In einem solchen Betrieb war die Klägerin jedoch nicht beschäftigt, denn der VEB G war dem Ministerium des Inneren unterstellt.
Der Klägerin konnte auch nicht gefolgt werden, soweit sie geltend macht, sie sei in einem nach § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung den Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens gleichgestellten Betrieb tätig gewesen. Auch wenn die Kombinate eine Weiterentwicklung der in der Zweiten Durchführungsbestimmung aufgeführten VVB darstellen, verbietet sich eine Ausdehnung der gleichgestellten Betriebe auf Kombinate, weil die Zweite Durchführungsbestimmung eine abschließende und nicht erweiterungsfähige Aufzählung enthält (vgl. BSG Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R –).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz – SGG –.
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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