L 21 RA 65/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 99/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 RA 65/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Januar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für den Rechtsstreit nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Zeiten von 1966 bis 1969 als Beitragszeiten bei der Feststellung des Werts der Altersrente für Schwerbehinderte streitig.

Der 1942 geborene Kläger absolvierte nach dem Schulbesuch eine Lehre zum Maschinenbauer. Vom 01. März 1963 bis 16. August 1963 war er im VEB V beschäftigt. Vom 01. September 1963 bis 30. September 1963 studierte er an der Technischen Universität D. Nach einer Beschäftigung in der Zeit vom 26. September 1963 bis 20. Januar 1964 beim VEB R Fnahm der Kläger ab 21. Januar 1964 sein Studium an der Technischen Universität in D wieder auf, das er an der H zu Bbis zu seinem Abschluss als Diplomlandwirt mit Urkunde vom 04. Juli 1969 fortsetzte. Nach eigenen Angaben war der Kläger in der Zeit von "ca." 28. April bis 06. Oktober 1966 in der Pflanzenproduktion LPG H, in der Zeit von "ca." 01.Mai bis 06. Oktober 1967 in der Tierproduktion LPG H und in der Zeit von "ca." 01. April 1968 bis 15. Mai 1969 als Betriebsleiterassistent in der Meliorationsgenossenschaft S tätig.

Mit Bescheid vom 05. Oktober 1999 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - in einem dem Bescheid beigefügten Versicherungsverlauf die enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalendermonate zurücklagen, also Zeiten bis 31. Dezember 1992 verbindlich fest. Dabei wurden als Anrechnungstatbestände für Ausbildungszeiten vom 06. August bis 31. August 1959, vom 01. September 1959 bis 30. Juni 1961, vom 01. Juli bis 08. Juli 1961, vom 09. Juli 1961 bis 31. Juli 1961 und die Zeit vom 01. August 1961 bis 31. August 1961 (Schulausbildung/Überbrückungszeit Schulausbildung) und die Zeiträume vom 01. September 1963 bis 25. September 1963, vom 28. Januar 1964 bis 04. Juli 1969 als Zeit der Hochschulausbildung festgestellt. Weiter führte die Beklagte aus, die Zeiten vom 01. September 1963 bis 25. September 1963, vom 21. Januar 1964 bis 31. August 1969 könnten nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil es sich um Zeiten der Schul-, Fach- oder Hochschulausbildung gehandelt habe.

Mit seinem Widerspruch vom 02. November 1999 (Eingang bei der Beklagten) machte der Kläger u. a. geltend, die Zeiten vom 01. September 1963 bis 25. September 1963, 21. Januar 1964 bis 31. Januar 1964 und 01. Februar 1964 bis 31. August 1969 seien als "Leistungszeiten" anzuerkennen. Er habe während seines Hochschulstudiums Wert darauf gelegt, dass weiterhin Leistungen zur Sozialversicherung erbracht werden. Bildungszeiten mit individuellen Versicherungsleistungen dürften in die maximal dreijährige Anrechnungszeit wegen Ausbildung nicht eingerechnet werden. Im Übrigen sei unklar, warum nur 34 Monate und nicht 36 Monate Ausbildungszeiten und diese erst ab dem 17. Lebensjahr anerkannt würden. Des Weiteren machte der Kläger geltend, dass er mit drei Altersversorgungen die höchstmögliche Altersversorgung in der DDR ausgeschöpft habe. Es sei unverständlich, dass eine Bemessungsgrenze ihn nun mit denen gleichstelle die diese Möglichkeiten nicht ausgeschöpft hätten. Dies werde in den "alten Bundesländern" völlig anders gehandhabt. Er begehre eine Zusatzversorgung sui generis für einen bestimmten Personenkreis der Neubundesländer.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Hinsichtlich der Zeiten ab 01. September 1963 bis 25. September 1963 und vom 21. Januar 1964 bis 31. Oktober 1969 führte die Beklagte aus, diese seien entsprechend der Eintragungen in den Sozialversicherungsausweisen - SV-Ausweis - erfasst worden. Während der Zeit des Hochschulstudiums habe der Kläger der so genannten Studentenversicherung im Beitrittsgebiet unterlegen; diese Zeiten seien Beitragszeiten nach dem Bundesrecht nicht gleichzustellen.

Mit seiner am 21. März 2001 vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Seine Ausbildungszeiten seien gleichzeitig von praktischer Tätigkeit als Schlosser mit Versicherungsleistungen gekennzeichnet gewesen, die auch im SV-Ausweis nachgewiesen worden seien. Seine gelebte Erwerbsbiografie könne nur so fixiert werden, wie sie sich tatsächlich vollzogen habe. Ein "nach Bundesrecht nicht gleichgestellt" anzubieten, sei unverständlich. Seine Bemühungen zur Altersvorsorge würden mit der Rentenberechnung gekappt. Zum 01. September 1963 habe er ein Universitätsstudium an der Technischen Universität D aufgenommen. Im ersten Semester habe er ein Praktikum in einem Maschinenbaubetrieb absolviert. Da er aber diesen Beruf erlernt gehabt hatte, habe er dieses Praktikum nicht absolvieren müssen und nach dem obligatorischen Ernteeinsatz bis zum Semesterende wieder als Schlosser arbeiten können. Abweichend von der Norm habe er also vor Studienbeginn bereits eine versicherungspflichtige Beschäftigung absolviert gehabt. Er habe weiter während des Studiums besonderen Wert darauf gelegt, dass auch in einem bescheidenen Umfang SV-Beiträge abgeführt wurden. Da er 140 Mark Stipendium im Monat (680 Mark im Jahr) erhalten habe, sei zumindest für die Studienzeit an der H ersichtlich, dass zusätzliche Leistungen erbracht worden seien. Von der Beklagten sei dieser Sachverhalt völlig unberücksichtigt geblieben. Während seiner Beschäftigungszeiten in der Landwirtschaft während des Studiums seien SV-Beiträge abgeführt worden. Dies sei ihm deshalb erinnerlich, weil die LPG-Mitglieder einen geringeren Betrag hätten abgeben müssen. Sein Studiengang sei nicht der Regelfall gewesen. Die zeitweise Abführung von SV-Beiträgen ergebe sich auch aus den Eintragungen im SV-Ausweis. Ansonsten hätte eine Pauschale oder jährlich die gleiche Summe eingetragen werden müssen, wie dies auch der Regelfall für die damaligen Studenten gewesen sei. Während der drei streitigen Praktika, die längere Zeit angedauert hätten, sei die Stipendienzahlung nicht in gewohnter Weise fortgeführt worden. Die Studenten hätten während dieser Zeit von den Einsatzbetrieben, die keine Universitätsgüter sondern normale Landwirtschaftsbetriebe gewesen seien, eine Vergütung erhalten. Hiervon seien SV-Anteile abzuführen gewesen. Auch an anderer Stelle sei ersichtlich, dass der Begriff Praktikum damals auch für Zeiten angewandt worden sei, die streng genommen nicht zum Studium gehört hätten. Auch für einjährige so genannte Berufspraktika in von der Universität zugewiesenen Betrieben, die zum Studium gehört hätten, hätte es keinerlei Stipendium, sondern eine sozialversicherungspflichtige Vergütung der Betriebe gegeben. Entscheidend käme es doch auf die Abführung von SV-Beiträgen an. Da SV-Beiträge abgeführt worden seien, könne die nicht erfolgte Anerkennung durch die Beklagte nur als Enteignung betrachtet werden.

Der Kläger hat Stellungnahmen des Prof. Dr. Sch vom 14. Januar 2003, des Prof. Dr. Bvom 18. Dezember 2002, Erklärungen der Frau F und des G H vom 11. April 2003 zur Gerichtsakte gereicht und vor dem Sozialgericht beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 05. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2001 sowie des Bescheides vom 14. November 2002 zu verurteilen,

1. die Zeit vom 28. April 1966 bis 06. Oktober 1966, vom 01. Mai 1967 bis 06. Oktober 1967 und 01. April 1968 bis 15. Mai als Beitragszeiten festzustellen und ihm

2. unter Berücksichtigung einer Zusatzversorgung sui generis sowie ohne Begrenzung seiner Arbeitsentgelte auf die allgemeine Beitragsbe-messungsgrenze eine höhere Altersrente für Schwerbehinderte zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist bei der mit dem Widerspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung verblieben und hat ergänzend ausgeführt, im Beitrittsgebiet zurückgelegte Beitragszeiten seien solchen in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten gleichzustellen, wenn für Zeiten nach dem 08. Mai 1945 Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt worden seien. Hiervon ausgenommen seien jedoch u. a. solche Zeiten, für die Pflichtbeiträge aufgrund der so genannten Studentenversicherung gezahlt worden seien. Studenten, die im Rahmen eines Ausbildungsplanes während des Studiums ein Berufspraktikum abgeleistet hätten, hätten der Versicherungspflicht in der Studentenversicherung unterlegen. Diese Zeiten seien wie andere in der Studentenversicherung zurückgelegte Zeiten zu werten und daher keine Beitragszeiten nach § 248 Abs. 3 SGB VI. Bei den streitigen Zeiträumen habe es sich um Zeiten der Berufspraktika gehandelt, die Bestandteil des Ausbildungsplanes gewesen seien. Dies sei auch den Zeugenerklärungen zu entnehmen. Während der Praktika sei der Kläger weiterhin immatrikuliert gewesen und habe weiter sein Stipendium von der H bezogen. Die Beitragszahlung sei im Rahmen der pauschalen Studentenversicherung erfolgt. Dies sei zwar nur im Jahr 1965 durch die Angabe "Pauschale" im SV-Ausweis verdeutlicht, für die nachfolgenden Jahre sei aber derselbe Betrag von der Him SV-Ausweis eingetragen worden, so dass davon auszugehen sei, dass es sich ebenfalls um das an den Kläger von der Universität gezahlte Stipendium gehandelt habe. Auch wenn die Einträge während des Studiums im SV-Ausweis nicht als Stipendium gekennzeichnet, sondern ein beitragspflichtiger Gesamtarbeitsverdienst einge-tragen worden sei, führe dies zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere greife die Vermutungsregelung des § 286 c Satz 1 SGB VI nicht. Es fehle an der erforderlichen ordnungsgemäßen Bescheinigung. Neben dem im SV-Ausweis durch die H bestätigten Stipendienbezug habe der Kläger keine anderen, nach dem Recht der DDR sozialversicherungspflichtigen Zahlungen erhalten. Wäre der Kläger tatsächlich im Rahmen eines Arbeitsrechtsverhältnisses beschäftigt gewesen, wäre dies ein Ausschlussgrund für die durchgeführte Studentenversicherung gewesen. Der Betrieb hätte dann die Eintragungen im SV-Ausweis als Arbeitgeber vornehmen müssen.

Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 14. November 2002 ab 01. Oktober 2002 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen gewährt. Hierbei hat sie den Zeitraum vom 21. Januar 1964 bis 04. Juli 1969 als Zeit der Hochschulausbildung und nicht als Beitragszeit berücksichtigt.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft der H zu B, Abteilung Studienreform vom 11. Oktober 2002 beigezogen und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin F und der Zeugen H, Prof. Dr. B sowie des Zeugen Prof. Dr. Sch. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlagen 1 bis 4 zur Sitzungsniederschrift vom 14. Januar 2004 verwiesen.

Mit Urteil vom 14. Januar 2004 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 05. Oktober 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2001 sowie des Bescheides vom 14. November 2002 verurteilt, dem Kläger unter Berücksichtigung der Zeit vom 28. April 1966 bis 06. Oktober 1966, vom 01. Mai 1967 bis 06. Oktober 1967 sowie vom 01. April 1968 bis zum 15. Mai 1969 als beitragsgeminderte Zeit seiner Altersrente für Schwerbehinderte zu zahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, während der streitigen Zeiträume habe eine Unterbrechung der Versicherungspflicht in der Studentenversicherung vorgelegen, so dass Versicherungs-pflicht vorrangig nach den allgemeinen Vorschriften der ehemaligen DDR bestanden habe. Der Kläger sei in den streitigen Zeiträumen als Arbeitnehmer versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Beitragszeiten im Beitrittsgebiet seien nur Zeiten, für die Beiträge nach dem ehemaligen DDR-Recht tatsächlich gezahlt worden seien. Dies stehe als glaubhaft gemachte Tatsache für die ausgeurteilten Zeiträume jeweils für 14 Tage im Monat fest. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger während des Studiums in den streitigen Zeiträumen jeweils 14tägig eine versicherungspflichtige Beschäftigung in den einzelnen LPGs ausgeübt habe. Aus welchen Gründen diese versicherten Beschäftigungen nicht als solche im SV-Ausweis eingetragen worden seien, sei nicht nachvollziehbar. Die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge sei glaubhaft gemacht worden. Die Zeiten seien der Rentenberechnung als beitragsgeminderte Zeiten zugrunde zu legen, weil sie in den einzelnen Monaten jeweils mit den Anrechnungszeiten wegen der Hochschulausbildung zusammen träfen.

Gegen das ihr am 04. Februar 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 26. Februar 2004 Berufung eingelegt, mit der sie unter Hinweis auf die Anordnung über die Durchführung der praktischen Studienabschnitte an den landwirtschaftlichen Fakultäten der Universitäten und Fachschulen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft vom 05. März 1963 (GBl. Teil 2 Nr. 27, S. 188 - AO 1963 -) vorträgt, die Anerkennung der streitigen Zeiträume als Beitragszeiten sei ausgeschlossen. Zwar stehe § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI der Anwendung als gleichgestellte Beitragszeit dann nicht entgegen, wenn die Hochschulausbildung in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integriert gewesen sei oder neben der Hochschulausbildung eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden oder ein anderer eine Beitragszeit begründender Tatbestand erfüllt gewesen sei. Die Ausübung der Tätigkeit im berufspraktischen Studienabschnitt begründe einen solchen Ausnahmefall jedoch nicht. Der Kläger habe in dem strittigen Zeitraum ausschließlich eine Hochschulausbildung absolviert, die nicht in ein entgeltliches Arbeitsrechtsverhältnis integriert gewesen sei. Der Kläger habe auch nicht daneben zeitgleich anderweitig gearbeitet und nicht in einem beitragspflichtigen Beschäftigungs- oder betrieblichen Ausbildungsverhältnis gestanden. Die erhaltene Vergütung habe den Regelungen der AO 1963 entsprochen und habe als selbst erarbeitetes Stipendium gegolten und nicht der Lohnsteuer und der Beitragspflicht zur Sozialversicherung unterlegen. Die Studierenden seien für die Dauer der praktischen Studienabschnitte weiterhin Angehörige der Universitäten und Fachschulen gewesen. Die Zeugen hätten auch bestätigt, dass die Studierenden entsprechend der AO 1963 ihre Vergütung in den Studienabschnitten erhalten hätten. Die Vergütung sei an die Studierenden auf Netto-Lohnbasis ausgezahlt worden. Der Anteil der Lohnsteuer und der Sozialversicherung sei fiktiv vom Bruttolohn abgezogen worden. Da keine Beitragspflicht für diese Vergütung bestanden habe, sei auch nachvollziehbar, dass die Buchhalterin keine Sozialversicherungsausweise der Studierenden gekannt habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 14. Januar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Das Sozialgericht habe nach intensivem Bemühen festgestellt, dass es in seinem Fall Abweichungen vom Regelfall gegeben habe. Tatsache sei, dass es für seinen Studiengang den von ihm dargestellten Studiums- und Praktikumsverlauf gegeben habe. In seinem Studienjahr seien von den Vergütungen in den langen Arbeitspraktika jedenfalls 10 v. H. für Sozialleistungen einbehalten und zusammen mit dem Betriebsanteil abgeführt worden. Unzutreffend sei die Behauptung der Beklagten, die Zeiten seien durch Stipendien abgesichert gewesen. Die Stipendienzahlung sei für die Arbeitszeiten ausgesetzt worden. Der Erklärungsversuch der Beklagten zur "Netto-Lohnbasis" beruhe lediglich auf Vermutungen.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die vom Senat beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten (Aktenzeichen ) und auf die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Nachdem der Kläger keine Berufung gegen das Urteil eingelegt hat, war nur darüber zu entscheiden, ob das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids zu Recht zur Berücksichtigung weiterer Zeiten als beitragsgeminderte Zeiten verurteilt hat.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Zeiten vom 28. April bis 06. Oktober 1966, vom 01. Mai 1967 bis 06. Oktober 1967 sowie vom 01. April 1968 bis zum 15. Mai 1969 als beitragsgeminderte Zeit bei der Feststellung des Wertes der Altersrente des Klägers zu berücksichtigen.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 14. November 2002, mit dem die Beklagte dem Kläger eine Altersrente wegen Schwerbehinderung gewährt hat. Mit dieser Rentenhöchstwertfestsetzung ist der Bescheid vom 05. Oktober 1999 nach § 96 Sozialgerichtsgesetz - SGG – ersetzt worden (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 8. Auflage § 96 Rn 9d m. N. aus der Rspr.), sodass sich das Begehren des Klägers zulässig gegen die Rentenhöchstwertfestsetzung mit dem Bescheid vom 14. November 2002 richtet.

Der Bescheid der Beklagten ist, soweit mit ihm die Berücksichtigung der mit der Klage geltend gemachten Zeiträume als Beitragszeiten (oder beitragsgeminderte Zeiten) bei der Feststellung des Werts der Altersrente abgelehnt worden ist, rechtmäßig.

Die Zeiten waren nicht als Beitragszeiten oder beitragsgeminderte Zeiten zu berücksichtigen.

Eine Anerkennung als Beitragszeiten im Sinne von § 58 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – SGB VI – iVm § 55 SGB VI scheidet hier schon deswegen aus, weil der Kläger in diesen Zeiten jedenfalls keine Beiträge nach Bundesrecht gezahlt hat. Es handelt sich auch nicht um Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach anderen Vorschriften als gezahlt gelten.

Eine Berücksichtigung der Zeiten als gleichgestellte Beitragszeiten nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI scheidet aus. Danach stehen den Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 08. Mai 1945 gleich, für die Beiträge nach einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind. Zwar sind nach den Eintragungen im SV-Ausweis für die streitigen Zeiträume Beiträge zur Sozialversicherung in der ehemaligen DDR für den Kläger geleistet worden und ist damit eine Beitragszahlung nachgewiesen. Mit dem Nachweis einer solchen Beitragszahlung sind aber nicht nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI gleichzustellende Beitragszeiten nachgewiesen. Nach § 248 Abs. 3 Satz 2 SGB VI ist nämlich eine Gleichstellung einer Zeit der Hochschul-ausbildung mit geleisteten Beiträgen mit Beitragszeiten nach Bundesrecht ausgeschlossen. Dadurch soll ausgeschlossen werden, dass eine in einem anderen Rentenversicherungssystem (hier in dem der ehemaligen DDR) anerkannte Hochschulausbildung zugunsten eines Teils der Rentner Vorteile ermöglicht, die einem anderen Teil, auch gerade dem der heutigen Beitragszahler, von vornherein nicht zukommen können (BSG, Urteil vom 25. März 1997, 4 RA 48/96, veröffentlicht in juris).

Für die streitigen Zeiträume ist aber hier nur eine Beitragszahlung für Hochschul-ausbildungszeiten mit den Eintragungen im SV-Ausweis des Klägers nachgewiesen. Dort ist in der Spalte "Genaue Bezeichnung der Tätigkeit" Student und in der Spalte "Stempel und Unterschrift des Betriebes, bei Selbständigen der Abteilung Finanzen" die jeweilige Universität (Technische Universität D und H zu B) eingetragen.

Da schon keine andere Tätigkeit als die eines Studenten in einer Hochschule eingetragen ist, ist damit schon keine andere (beitragspflichtige) Tätigkeit, für die ein "beitragspflichtiger Bruttoverdienst" oder ein "beitragspflichtiger Gesamtverdienst" eingetragen worden wäre, nachgewiesen. Der Kläger war nach den Regelungen in der ehemaligen DDR als Student beitragspflichtig zur Sozialversicherung. Der Sozialversicherungsbeitrag wurde als Pauschale von der Lehranstalt abgeführt (§ 6 Verordnung über die Pflichtversicherung der Studenten und Aspiranten bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 15. März 1962, GBl. Teil II S. 126 f. - VO 1962 -). Voraussetzung für die pauschale Studentenversicherung in der ehemaligen DDR war gerade, dass keine Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen der Sozialversicherung der DDR bestand (§ 1 VO 1962). Der Kläger hat selbst nicht angegeben, dass er aufgrund eines Arbeitsverhältnisses in den streitigen Zeiträumen Beiträge zur Sozialversicherung geleistet hat, mit den Eintragungen im SV-Ausweis ist ein solches auch nicht belegt.

Gleichzustellende Beitragszeiten für die hier strittigen Zeiträume hat der Kläger auch nicht glaubhaft gemacht. Nach § 286 b SGB VI sind Beitragszeiten anzuerkennen, wenn der Versicherte glaubhaft macht, dass er im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 09. Mai 1945 bis 31. Dezember 1991 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt hat, und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden sind. Dabei ist die Erzielung eines beitragspflichtigen Arbeitsentgeltes bzw. Einkommens und die Zahlung der dem Einkommen entsprechenden Beiträge glaubhaft zu machen.

Der Kläger hat schon nicht glaubhaft gemacht, dass er in den streitbefangenen Zeiträumen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erhalten hat. Der Kläger hat glaubhaft gemacht, dass ein beitragspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden hat. Unstreitig war er ab 01. September 1963, mit Unterbrechung durch eine, auch von der Beklagten als gleichgestellte Beitragszeit berücksichtigten Beschäftigungszeit in der Zeit vom 26. September 1963 bis 20. Januar 1964 als Schlosser im VEB R, bis Juli 1969 Student der Technischen Universität D bzw. der H zu B. Als Student wurde er pauschal in der Sozialversicherung in der ehemaligen DDR versichert. Hochschulausbildungszeiten sind - wie ausgeführt - nach § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB VI von der Gleichstellung als Beitragszeiten ausgeschlossen, so dass auch eine Berücksichtigung als glaubhaft gemachte Zeit ausscheidet. Soweit der Kläger vorträgt und das Sozialgericht wohl als glaubhaft gemacht angenommen hat, dass die Hochschulausbildung des Klägers durch betragspflichtige Beschäftigungen in den streitbefangenen Zeiträumen unterbrochen war, kann dem nicht gefolgt werden

Unter Hochschulausbildung im Sinne des § 248 Abs. 3 Satz 2 SGB VI ist jeder Erwerbstatbestand im Bereich einer Hochschule der früheren DDR zu verstehen, soweit er dadurch geprägt war, dass es sich um Ausbildung an der Hochschule für einen Beruf gehandelt hat (BSG, Urteil vom 25. März 1997, 4 RA 48/96, a. a. O.). § 248 Abs. 3 Satz 2 SGB VI steht einer Gleichstellung von Beitragszeiten im Beitrittsgebiet dann nicht entgegen, wenn die Hochschulausbildung in ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis integriert war oder wenn neben der Ausbildung eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist. Ein solcher Sachverhalt ist hier nicht glaubhaft gemacht.

Ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis oder eine entgeltliche Beschäftigung folgt für die streitigen Zeiträume weder aus den Eintragungen in den SV-Ausweisen des Klägers noch hat der Kläger andere Unterlagen (Arbeitsverträge, Lohnabrechnungsunterlagen) vorgelegt, die auf ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis hinweisen. Auch mit den Schilderungen der vom Sozialgericht vernommenen Zeugen, die für den Senat glaubhaft sind, und aus deren vom Kläger eingereichten Stellungnahmen folgen solche Umstände nicht.

Nach den Aussagen der Zeugen H und Prof. Dr. Sch und Prof. Dr. B waren Studenten der landwirtschaftlichen Fakultät der H, zu denen der Kläger gehörte, zu der damaligen Zeit verpflichtet, Praktika in LPGs zu verrichten. Nach dem Zeugen Prof. Dr. B, der mit der Aufgabe betraut war, die Ausbildungsabschnitte im Rahmen der universitären Ausbildung an der H zu B für Acker- und Pflanzenbau mit den Ausbildungsbetrieben zu regeln, sollte dadurch der enge Kontakt zur Praxis erhalten werden. Der Zeuge hat auch bestätigt, dass die praktischen Ausbildungszeiten Teil der universitären Ausbildung waren. In den landwirtschaftlichen Studiengängen wurden nach weiterer Schilderung des Zeugen Prof. Dr. B mehrere Abschnitte während des Studiums in Betriebe verlegt. Ein erheblicher Teil der Studienzeit fand daher in der Produktion statt. Um dies sicherzustellen, wurden nach der Aussage des Zeugen H z. B. mit der LPG HVerträge über den studentischen Einsatz in der LPG geschlossen. Die einzelnen Seminargruppen, die in der LPG Tätigkeiten verrichteten, wurden immer zur Hälfte theoretisch, z. B. in Seminaren oder im Labor unterrichtet und zur anderen Hälfte in den Produktionsprozess integriert. Hieraus folgt, dass die von dem Kläger geschilderten "Praktika" in einem engen, von der Universität organisierten Zusammenhang mit seinem Studium standen. Auch der Zeuge Prof. Dr. Schhat bestätigt, dass die Studenten Praktika zu absolvieren hatten. Die Zeugin F hat schließlich mit ihrer glaubhaften Aussage bestätigt, dass auch der Kläger im Rahmen eines "praxisverbundenen Studienganges" in der LPG Htätig gewesen ist und für den Einsatz kein Arbeitsvertrag mit der LPG abgeschlossen wurde, weil der Einsatz mit der Universität vereinbart gewesen war. Eine entgeltliche Beschäftigung neben dem Hochschulstudium oder eine Integration des Hochschulstudiums in ein anderes entgeltliches Beschäftigungsverhältnis ist mit den Zeugenaussagen gerade nicht beschrieben worden.

Soweit der Kläger vorträgt, dass während seiner universitären Ausbildung die praktischen Studienzeiten und Einsätze abweichend organisiert und bewertet worden seien, ergibt sich dies weder aus den Schilderungen der Zeugen noch aus den Eintragungen im SV-Ausweis.

Zudem fehlt es auch an der Glaubhaftmachung der Abführung von Sozialversicherungs-beiträgen für ein erzieltes Arbeitsentgelt.

Nach § 1 Abs. 2 der Anordnung über die Durchführung der praktischen Studienabschnitte an den landwirtschaftlichen Fakultäten der Universitäten und Fachschulen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft vom 05. März 1963 (GBl. DDR Teil 2 S. 188 f. - AO 1963 - ) erhielten die Studenten während der praktischen Studienabschnitte Vergütungen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen bzw. den für den jeweiligen Betrieb geltenden Rahmenkollektivverträgen, wie dies auch die Zeugen F und H für die Verhältnisse bei der LPG H und für den Kläger bestätigt haben. Diese erzielte Vergütung galt als selbst erarbeitetes Stipendium und nicht als (betragspflichtiges) Entgelt und unterlag nicht der Lohnsteuer und der Beitragspflicht zur Sozialversicherung. Soweit die Zeugin F, Buchhalterin der LPG H, erklärt hat, dass die Studenten sozialversicherungspflichtig gewesen und die gesetzlichen Sozialabgaben abgeführt worden seien, hat sie selbst eingeräumt, dass Arbeitsverdienste nicht im SV-Ausweis eingetragen worden sind. Sie hat damit in der Sache die Abführung der Beträge zur "Studentenversicherung" belegt, die nach § 2 Abs. 5 AO 1963 von Universitäten und Fachschulen weiter zu entrichten waren. Der Zeuge Prof. Dr. B hat diesbezüglich bestätigt, dass die Studenten auch weiterhin ihr Stipendium erhielten, wie das bei dem Kläger auch der Fall war. Dieses wurde dann seitens der Hochschule entsprechend dem Hinzutreten des Verdienstes während der praktischen Einsätze gekürzt. Damit lag jedoch kein beitragspflichtiger Verdienst bzw. eine Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund einer beitragspflichtigen Beschäftigung vor.

Ein beitragspflichtiges Versicherungsverhältnis während der streitigen Zeiträume kann auch nicht nach § 286 c SGB VI angenommen werden. Danach wird, wenn in den Versicherungsunterlagen des Beitrittsgebiets für Zeiten vor dem 01. Januar 1992 Arbeitszeiten oder Zeiten der selbständigen Tätigkeit ordnungsgemäß bescheinigt worden sind, vermutet, dass während dieser Zeiten Versicherungspflicht bestanden hat und für das angegebene Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Beiträge gezahlt worden sind. Für den Nachweis von Arbeitszeiten und Beitragszahlungen dienten die Ausweise für Arbeit und Sozialversicherung, der Versicherungs- bzw. Versichertenausweis. Die Vermutung nach § 286 c SGB VI gilt nur, wenn neben dort eingetragenen Arbeitszeiten auch Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen angegeben wurde (Gürtner in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht § 286 d SGB VI Rn. 3). Dies liegt hier gerade nicht vor. Hinsichtlich der hier streitigen Zeiträume ist weder ein Arbeitsverhältnis bei einem Betrieb noch Arbeitsentgelt oder eine Arbeitstätigkeit bescheinigt worden. Aus dem Sozialversicherungsausweis geht lediglich - wie dargestellt - Studienzeit und kein Arbeitsverhältnis hervor. Darauf, ob die Vermutung des § 286 c SGB VI bereits dadurch widerlegt ist, dass nach der AO 1963 die angegebenen Verdienste kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstellten, kommt es nicht an.

Nach allem hat die Beklagte zu Recht die streitigen Zeiträume als Zeiten der Hochschulausbildung und nicht als Beitragszeit berücksichtigt.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved