L 8 AL 139/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 52 AL 836/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 139/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Im Streit ist der Eintritt einer Sperrzeit.

Der 1982 geborene Kläger meldete sich am 17. Januar 2003 arbeitslos. Zu seinem Leistungsantrag legte er eine Arbeitsbescheinigung vor, wonach er bis zum 13. Januar 2003 als Auszubildender für den Beruf des Koches beschäftigt war, das Beschäftigungsverhältnis durch Aufhebungsvertrag endete und er bis zum 13. Januar 2003 eine Ausbildungsvergütung von monatlich 613,55 Euro erhielt. Zum Abschluss des Aufhebungsvertrages gab der Kläger an, dass sein Arbeitgeber trotz bestandener Prüfung keine ehemaligen Azubis als Facharbeiter habe übernehmen wollen und sich der Vertrag mit dem Betrieb auf die Ausbildung als Koch beschränkt habe; er habe auch versucht, eine Übernahme als Fachkraft zu erreichen. Ergänzend legte er Unterlagen vor, wonach das Ausbildungsverhältnis ursprünglich bis zum 31. August 2002 befristet war und sich im Hinblick auf die nicht bestandene Abschlussprüfung verlängerte. Auch die Wiederholungsprüfung am 8. Januar 2003 bestand der Kläger nicht.

Mit Bescheid vom 24. April 2003 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 14. Januar 2003 bis 7. April 2003 (zwölf Wochen) fest. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis zum 13. Januar 2003 durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst und daher voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werden würde. Der ohne Begründung gebliebene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2004).

Dagegen hat sich der Kläger mit seiner zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage gewandt. Er hat dazu die Auffassung vertreten, das Ausbildungs- und Beschäftigungsverhältnis habe kraft Gesetzes mit dem Nichtbestehen der Wiederholungsprüfung am 8. Januar 2003 geendet. Einer förmlichen Beendigung durch Aufhebungsvertrag habe es nicht bedürft. Dazu sei es nur aufgrund eines Missverständnisses zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter der Beklagten, der einen Beleg für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses habe haben wollen, gekommen. Ein Übergang von dem Berufsausbildungsverhältnis in ein Arbeitsverhältnis habe nicht stattgefunden, sodass bereits ab dem 14. Januar 2003 Arbeitslosengeld habe gewährt werden müssen.

Auf schriftliche Nachfrage der Beklagten teilte der ehemalige Arbeitgeber mit, dass sich der Kläger am 13. Januar 2003 entschieden habe, das Ausbildungsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag aufzulösen und bis dahin für ihn noch gearbeitet habe. Auf Nachfrage des Sozialgerichts Berlin teilte der Arbeitgeber unter dem 17. August 2004 ergänzend mit, dass der Kläger seine praktische Prüfung bestanden gehabt habe und nur ein Fach mündlich habe nachholen müssen und legte dazu ein Schreiben des Klägers vom 15. Januar 2003 bei, in dem dieser um Auflösung des Ausbildungsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen bat und ergänzend zur noch offenen Abschlussprüfung ausführte, er – der Kläger – "habe beschlossen, dies beim Bund zu tun".

Sodann hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 27. Januar 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Aufhebung der Sperrzeit und demzufolge auch keinen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld bereits ab 17. Januar 2003. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) trete eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt habe, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit beginne mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet hat, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit falle, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Eine Sperrzeit könne auch eintreten, wenn der Arbeitslose ein Berufsausbildungsverhältnis gelöst habe. Der Kläger habe nachweislich seines Schreibens vom 15. Januar 2003 sein Berufsausbildungsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages gelöst und dadurch grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Denn das Berufsausbildungsverhältnis verlängere sich bis zu einer zweiten Wiederholungsprüfung, wenn der Auszubildende die erste Wiederholungsprüfung nicht besteht, ein Fortsetzungsverlangen gestellt und die zweite Wiederholungsprüfung noch innerhalb der Frist von einem Jahr nach dem Ende der ursprünglichen Ausbildungszeit abgelegt werde. Dies habe der Kläger nicht getan, sondern durch Abschluss des Aufhebungsvertrages seine Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt. Er hätte die zweite Wiederholungsprüfung auch innerhalb der Frist von einem Jahr nach dem Ende der ursprünglich vorgesehenen Ausbildungszeit abgelegt; vorliegend habe er diese Prüfung nämlich am 16. Juni 2003 bestanden. Das Ausbildungsverhältnis hätte sich bis längstens 31. August 2003 verlängern können.

Einen wichtigen Grund für sein Verhalten könne der Kläger nicht benennen. Als wichtiger Grund seien alle Tatumstände zu erkennen, aufgrund derer dem Arbeitnehmer arbeitsrechtlich eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet oder eine fristlose Kündigung gestattet werde. Eine Sperrzeit solle nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen und der Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden könne. Die Annahme eines wichtigen Grundes müsse objektiv gegeben sein. Solche Gründe habe der Kläger nicht vorgetragen. Ihm sei auch zuzumuten gewesen ein Fortsetzungsverlangen bei dem Arbeitgeber zu stellen und damit eine Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses bis zur Ablegung der zweiten Wiederholungsprüfung zu erreichen. Der Kläger erfülle auch nicht die Voraussetzungen zur Herabsetzung der Sperrzeit im Rahmen des § 144 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 SGB III. Für diese Frage seien die Tatsachen maßgebend, die zum Eintritt der Sperrzeit geführt hätten. Nicht zu berücksichtigen seien hingegen die außerhalb des Bereichs liegenden wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse. Härtegründe müssten mithin mit dem Sperrzeittatbestand und seinen Merkmalen im Zusammenhang stehen. Solche Umstände seien vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere stelle der nach dem Vorbringen des Klägers gegebene Hinweis durch einen Mitarbeiter der Beklagten, einen Beleg für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorzulegen, keinen solchen Umstand dar.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er weiterhin Arbeitslosengeld bereits ab 17. Januar 2003 begehrt und zur Begründung geltend macht, das Arbeits- und Ausbildungsverhältnis habe bereits mit dem Nichtbestehen der Wiederholungsprüfung am 8. Januar 2003 kraft Gesetzes geendet, sodass für die Beendigung und die eintretende Arbeitslosigkeit kein Verhalten des Klägers kausal gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Januar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 17. Januar bis zum 7. April 2003 Arbeitslosengeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Eintritt einer Sperrzeit sei zutreffend festgestellt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte (Az), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss über die Berufung, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).

Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Urteil zutreffend den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt und damit einen Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld bereits ab 17. Januar 2003 verneint.

Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen u. a. dann ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat ( ) und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da auch ein Ausbildungsverhältnis von dieser Vorschrift erfasst wird (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 2). Der Kläger hat, wie sein auch vom Sozialgericht angeführtes Schreiben vom 15. Januar 2003 belegt, den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zur Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses begehrt. Diesem Wunsch ist der Arbeitgeber nachgekommen. Der Kläger hat damit ersichtlich, da er einen anderen Arbeits- oder Ausbildungsplatz nicht in Aussicht hatte, vorsätzlich seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt.

Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf § 14 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) hilft vorliegend nicht. Es ist zwar richtig, dass nach dieser Vorschrift ein Ausbildungsverhältnis über den Ablauf der ursprünglichen Vertragsdauer hinaus nur bis zum Tag der Wiederholungsprüfung verlängert wird und damit kraft Gesetzes grundsätzlich mit diesem Tag endet, ohne das es einer Aufhebung durch die Vertragsparteien bedarf. Die Beendigung ist jedoch nicht zwingend. Vielmehr besteht gemäß § 14 Abs. 3 BBiG die Möglichkeit der Fortsetzung bis zum nächsten Wiederholungstermin innerhalb eines Jahres nach dem ursprünglich vereinbarten Vertragsende (vgl. dazu BAG Urteil vom 15. März 2000 – 5 AZR 622/98 – in BAGE 94, 66 ff.). Diese Jahresfrist lief hier bis zum 31. August 2003 und innerhalb dieses Zeitraumes lag die zweite Wiederholungsprüfung, die der Kläger auch am 16. Juni 2003 bestand. Deshalb überzeugt das klägerische Vorbringen nicht, dass er nur auf Veranlassung eines Mitarbeiters der Beklagten einen Aufhebungsvertrag schloss, um die mit dem Prüfungstag erfolgte Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses dokumentieren zu können. Denn in diesem Falle hätte es keines Aufhebungsvertrages, sondern lediglich einer kurzen Bestätigung der bereits erfolgten Beendigung bedurft. Aus dem Schreiben des Klägers und auch aus dem Verhalten des Arbeitgebers kann vielmehr nur gefolgert werden, dass für die Beteiligten – jedenfalls zunächst – Einigkeit bestand, das Ausbildungsverhältnis fortzuführen, wie es auch das erste Mal nach dem Nichtbestehen der Abschlussprüfung innerhalb der ursprünglichen Ausbildungsdauer geschehen war. Mithin konnte und ist nicht aufgrund der Regelung in § 14 Abs. 3 BBiG, sondern erst durch den Aufhebungsvertrag das (bereits verlängerte) Ausbildungsverhältnis beendet worden. Dem entspricht auch die vom Arbeitgeber ausgestellte Arbeitsbescheinigung, die die Zahlung der Ausbildungsvergütung bis zum 13. Januar 2003 bestätigt.

Einen wichtigen Grund für das Verhalten des Klägers vermag auch der Senat nicht zu erkennen. Der Kläger hat in dieser Hinsicht nichts vorgetragen. Dass er in seinem Schreiben vom 15. Januar 2003 den "Bund" erwähnt, lässt einen solchen Grund nicht erkennen. Auch lässt sich daraus keine zur Reduzierung der Sperrzeit führende Härte (§ 144 Abs. 3 S. 1 SGB III) ableiten. Ausweislich der Akte blieb der Kläger noch das gesamte Jahr arbeitslos, bevor er ab 2. Januar 2004 zu einer Eignungsprüfung zur Bundeswehr einberufen wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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