Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 KR 14/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 10/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 02. Dezember 2004 geändert. Die Bescheide der Beklagten vom 11. April 2002 und 21. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 sowie die Bescheide vom 30. Januar 2003, 18. Juli 2003, 28. Januar 2004, 01. April 2004, 12. September 2005, 05. Dezember 2005 und 19. Januar 2006 werden aufgehoben. Die Beklagte hat die außergerichtliche Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob der Kläger bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Berlin, versicherungs- und beitragspflichtig ist.
Der 1953 geborene Kläger ist seit 1994 im Bereich landwirtschaftlicher Unternehmen tätig, die im Rahmen der landwirtschaftlichen Umstrukturierung nach 1990 gegründet wurden. Bis 31. Mai 1994 gehörte der Kläger aufgrund dieser Tätigkeiten der Gesetzlichen Rentenversicherung an.
Mit Schreiben vom 27. November 1996 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe die zuständige Krankenkasse, die beigeladene BARMER Ersatzkasse, um eine versicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der R GmbH S, der ÖÖGmbH S, der R GmbH S sowie der P GmbH P gebeten und fügte das entsprechende Schreiben an die Beigeladene bei. Die Beklagte bat er in diesem Schreiben zu prüfen, ob er in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sei. In der Folge wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 29. August 1997 an die Beigeladene und bat für die Prüfung der Versicherungskonkurrenz um die Rücksendung einer Mitgliedsbescheinigung. Diese ging am 04. September 1997 bei der Beklagten ein: Nach ihr war der Kläger vom 01. Januar 1991 bis 31. Dezember 1993 bei der Beigeladenen pflichtversichert. Diese Versicherung werde seit 01. Januar 1994 laufend als freiwillige Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld fortgesetzt. Daraufhin veranlasste die Beklagte zumindest ausweislich ihrer Akten in dieser Angelegenheit nichts weiter, bis am 30. Oktober 2001 ein Registerauszug des Amtsgerichts Neuruppin einging, wonach der Kläger am 10. November 1994 als Vorstandsmitglied der V-Aktiengesellschaft S eingetragen und am 13. März 1996 wieder ausgetragen wurde. Die Beklagte übersandte daraufhin am 17. Dezember 2001 erneut ihr Formular Mitgliedsbescheinigung an die Beigeladene und erhielt dieses am 20. Dezember 2001 zurück. Die Beigeladene teilte mit, der Kläger sei vom 01. Juni 1994 bis 31. März 1999 bei ihr freiwillig versichert gewesen bei Versicherungsfreiheit wegen Übersteigung des entsprechenden regelmäßigen Jahresarbeitsentgeltes und er sei als hauptberuflich Selbständiger eingestuft gewesen. Seit 01. April 1999 sei er in der Privaten Krankenversicherung PKV versichert.
Am 25. Februar 2002 wandte sich die Beklagte an die Beigeladene und den Kläger.
Der Beigeladenen teilte sie mit, der Kläger sei seit dem 01. Juni 1994 als geschäftsführender Gesellschafter der Ö GmbH S bei ihr versicherungspflichtig. Daher bitte sie darum, die bei der Beigeladenen durchgeführte freiwillige Versicherung zu stornieren und eine Beitragserstattung vorzunehmen. Es sei wegen der rückwirkenden Anmeldung zur Beklagten ein erheblicher Nachzahlungsbedarf für den Kläger aufgelaufen. Um diesen abrufen zu können, möge die Beigeladene der Beklagten den Zeitpunkt der Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mitteilen.
Gegenüber dem Kläger legte die Beklagte dar, dass für diesen Versicherungspflicht bei ihr ab 01. Juni 1994 bestünde. Er sei über die V AG an der Ö GmbH beteiligt und dieses sei ein landwirtschaftliches Unternehmen. Der Kläger stehe nicht in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, sondern sei als Selbständiger anzusehen. Er sei hauptberuflich in der GmbH tätig und deshalb nicht kraft Gesetzes in der Gesetzlichen Rentenversicherung versichert, so dass bei ihm Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer bestünde. Diese sei vorrangig vor einer freiwilligen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung durchzuführen. Der Kläger könne bei Eintritt der Versicherungspflicht in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse einen bestehenden Krankenversicherungsvertrag mit einem privaten Versicherungsunternehmer kündigen. Der Kläger möge sich daher mit seinem PKV Unternehmen in Verbindung setzen. Eine Mitgliedsbescheinigung war beigefügt. Falls die PKV das Versicherungsverhältnis nicht rückwirkend storniere, würde sie, die Beklagte, die Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01. April 1999 bis 28. Februar 2002 niederschlagen, wenn der Kläger für diesen Zeitraum auf jeden Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten verzichte.
Nachdem der Kläger hierauf auch nach Erinnerung am 25. März 2002 nicht reagiert hatte, erließ die Beklagte den streitigen Bescheid vom 11. April 2002. In ihm stellte sie die Mitgliedschaft des Klägers als landwirtschaftlichem Mitunternehmer bei ihr ab 01. Juni 1994 fest und forderte für die Zeit vom 01. Dezember 1997 Beiträge in Höhe von 14 238,03 EUR nach. Ab 01. April 2002 habe der Kläger für die Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beklagten laufend monatlich 378,34 EUR zu zahlen.
Gegen diesen dem Kläger am 12. April 2002 zugestellten Bescheid richtete sich dessen Widerspruch vom 17. April 2002. Er sei mit seiner PKV zufrieden und habe das Recht auf die freie Wahl der Krankenkasse. Er sehe keinen zwingenden Grund, warum er nunmehr bei der Beklagten versichert sein solle. Mit Schreiben vom 10. Mai 2002 verzichtete der Kläger, wie von der Beklagten im Schreiben vom 25. Februar 2002 vorgeschlagen, auf jeden Leistungsanspruch gegen die Beklagte für die Zeit vom 01. April 1999 bis 28. Februar 2002, worauf die Beklagte den angefochtenen Bescheid dahingehend abänderte, dass nur noch Beiträge in Höhe von 5 298,14 EUR nachgefordert würden (Bescheid vom 21. Mai 2002). Mit Schreiben vom 15. Mai 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe sie Beitragsforderung für die Zeit vom 01. Dezember 1997 bis zum 31. März 1999 zurückgestellt, bis die Beigeladene die Beiträge erstattet habe. Dies erfolgte am 01. Oktober 2002 für den genannten Zeitraum. Mit diesem Bescheid beendet die Beigeladene die Mitgliedschaft des Klägers rückwirkend zum 30. November 1997 und berief sich im Übrigen auf Verjährung.
Am 22. Oktober 2002 teilte der Kläger mit, dass er seinen Widerspruch aufrechterhalte und die Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Beklagte mit Wirkung vom 01. März 2002 beantrage, da der Wert seines Unternehmens 60 000,00 DM übersteige und somit die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte KVLG 1989 vorläge.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 ab. Zwar sei die Befreiung grundsätzlich zulässig, da der Wirtschaftswert des bewirtschafteten landwirtschaftlichen Unternehmens 60 000,00 DM übersteige, jedoch sei die Befreiung nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht beantragt worden.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 11. November 2002, auf den hin die Beklagte diesem zunächst mit Schreiben vom gleichen Tage mitteilte, die Dreimonatsfrist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 sei einer Wiedereinsetzung nicht zugänglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch auch zum Bescheid vom 23. Oktober 2002 zurück. Sie verzichtete im Widerspruchsbescheid für die Zeit vom 01. April 1999 bis 28. Februar 2002 auf den Einzug der Beiträge, da der Kläger hierfür Beiträge an seine PKV gezahlt habe.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2003 setzte die Beklagte den Beitrag des Klägers bei ihr für die Kranken- und Pflegeversicherung auf monatlich 382,26 EUR ab 01. Januar 2003 fest. Hiergegen wandte sich der Widerspruch des Klägers vom 07. Februar 2003. Am gleichen Tag hat der Kläger beim Sozialgericht Neuruppin Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2003 erhoben: Es sei treuwidrig, Beiträge für Zeiten zu beanspruchen, in denen aufgrund fehlender Kenntnis über die Versicherung keine Leistungen in Anspruch genommen werden konnten. Für die Zukunft sei die Feststellung der Versicherungspflicht rechtswidrig, da die Beklagte den Kläger nicht auf die die bestehende Befreiungsmöglichkeit hingewiesen habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 und die Bescheide vom 30. Januar 2003, 18. Juli 2003, 28. Januar 2004 und 31. März 2004 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtswidrig.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2003 den Beitrag mit Wirkung ab 01. April 2004 unter Berücksichtigung weiterer landwirtschaftlicher Unternehmen des Klägers neu festgesetzt. Mit Schreiben vom 28. Januar 2004 und 31. März 2004 wurden Beitragsanpassungen zum 01. Januar 2004 und 01. April 2004 vorgenommen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02. Dezember 2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei landwirtschaftlicher Unternehmer, da er selbständig in auf Bodenbewirtschaftung beruhenden Betrieben der Mindestgröße hauptberuflich tätig sei.
Von dieser Versicherungspflicht könne er nicht nach Antrag befreit werden, da der Antrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht gestellt worden sei. Die Versicherungspflicht habe im Jahre 1994 begonnen, der Befreiungsantrag sei erst im Jahr 2002 gestellt worden. Dabei sei es unerheblich, dass sowohl dem Kläger als auch der Beklagten nicht bekannt gewesen sei, dass der Kläger im Jahre 1994 in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig war. Für die Zeit, in der der Kläger privat versichert war und ihm nichts von seiner Versicherungspflicht bekannt sei, mache die Beklagte nunmehr auch keine Forderungen mehr geltend, so dass für eine Treuwidrigkeit nichts ersichtlich ist.
Für den Befreiungsantrag stehe dem Kläger auch ein so genannter sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht zur Seite. Zwar habe die Beklagte das Auskunftsersuchen des Klägers vom 27. November 1996 nicht ordnungsgemäß bearbeitet, jedoch sei bereits damals die Frist von drei Monaten verstrichen gewesen, so dass diese Pflichtverletzung nicht ursächlich dafür sein könne, dass der Kläger mit seinem Befreiungsantrag scheitern musste.
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26. Januar 2005 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 15. Februar 2005, die damit begründet wird, dem Kläger könne nicht entgegengehalten werden, er hätte einen Befreiungsantrag im Jahre 1994 stellen müssen, obwohl ihm erst im Jahr 2002 die Tatsache der Versicherungspflicht bekannt gegeben worden sei. Im Übrigen sei auch das Bayerische Landessozialgericht (Urteil L 4 KR 57/00 vom 31. Oktober 2002) der Auffassung, dass nach In Kraft Treten des KVLG 1989 eine erneute Befreiungsmöglichkeit eröffnet worden sei mit der Folge, dass die Dreimonatsfrist des § 4 KVLG 1989 erneut beginne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 02. Dezember 2004 zu ändern und
1. die Bescheide der Beklagten vom 11. April 2002 und vom 21. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 sowie die Bescheide vom 30. Januar 2003, 18. Juli 2003, 28. Januar 2004, 01. April 2004, 12. September 2005 sowie vom 05. Dezember 2005 und 19. Januar 2006 aufzuheben,
2. hilfsweise den Bescheid vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 aufzuheben und den Kläger von der Versicherungspflicht zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die weitergehende Klage abzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beklagte hat während des Berufungsverfahrens mit Bescheiden vom 12. September 2005, 05. Dezember 2005 und 19. Januar 2006 den laufenden Beitrag erneut neu festgesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Streitgegenstand ist, ob der Kläger Mitglied bei der Beklagten ist und dementsprechend ab 01. März 2002 Beiträge zu zahlen hat. Forderungen für den Zeitraum zuvor macht die Beklagte nicht mehr geltend.
Die Berufung ist auch erfolgreich. Der Kläger ist bei der Beklagten nicht versicherungspflichtig, so dass die dies aussprechenden Bescheide sowie die entsprechenden Bescheide zur Höhe der Beiträge aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts zu ändern waren.
In der Krankenversicherung der Landwirte sind nach § 2 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte vom 20. Dezember 1988 in der Fassung vom 20. Dezember 1991 (KVLG) krankenversichert Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KVLG derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb geht. Wird ein landwirtschaftliches Unternehmen von mehreren Personen gemeinsam (Mitunternehmer), einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person betrieben, gelten die Mitunternehmer, die Gesellschafter und die Mitglieder der juristischen Person als landwirtschaftliche Unternehmer, sofern sie hauptberuflich außerhalb eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Unternehmen tätig sind oder in das Unternehmen Flächen eingebracht haben, die im Zeitpunkt der Einbringung eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bildeten und von ihnen bis zu diesem Zeitpunkt mindestens ein Jahr als landwirtschaftliches Unternehmen selbst bewirtschaftet worden sind. Diese Vorschriften wurden mit Wirkung vom 01. Januar 1995 in Anpassung an § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte ALG neu gefasst. Nach der nunmehrigen Fassung ist Unternehmer, wer seine berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Als Unternehmer gelten beschränkt haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft oder Mitglieder einer juristischen Person, wenn sie hauptberuflich im Unternehmen tätig und wegen dieser Tätigkeit nicht kraft Gesetzes in der Gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind.
Der Kläger ist weder, wie das Sozialgericht meint, Unternehmer gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 KVLG noch, wie die Beklagte meint, gilt er als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 KVLG. Unternehmer ist der Eigentümer, der das Unternehmen selbst betreibt (aber nicht der Eigentümer, der es verpachtet hat), der Pächter oder Erbpächter, der Nießbraucher und jeder andere, dem die Nutzungen des Unternehmens zugute kommen und die Aufwendungen zur Last fallen.
Der Kläger verfügt über keinerlei landwirtschaftliche Flächen. Er ist nicht Eigentümer oder Pächter landwirtschaftlicher Flächen, sondern Geschäftsführer verschiedener landwirtschaftlich tätiger GmbHs und Geschäftsführer und Gesellschafter einer solchen GmbH und Aktionär einer Aktiengesellschaft, die wiederum selbst keine Landwirtschaft betreibt. Danach war der Kläger kein Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 KVLG.
Abzustellen ist nicht auf eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung unabhängig von den rechtlichen Verhältnissen, sondern in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG ist Unternehmer derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- und Nachteil gereicht. Dabei kann zu der Frage, wer Unternehmer ist, grundsätzlich an die Rechtsform angeknüpft werden, in der das Unternehmen betrieben wird. Denn aus ihr ergibt sich im Normalfall, wer Träger der das Unternehmen betreffenden Rechte und Pflichten ist. Die Rechtsform des Unternehmens ist für die Frage der Unternehmereigenschaft von ausschlaggebender Bedeutung. So ist zum Beispiel der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht Unternehmer des von dieser betriebenen Unternehmens (vgl. BSG, Urteil vom 16. Oktober 2002, B 10 LW 17/01 R m. w. N.). Das BSG hat es im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für bedeutsam gehalten, dass die ein Unternehmen betreffenden Rechtsverhältnisse verhältnismäßig leicht und mit einem eindeutigen Ergebnis zu ermitteln sind. Dies wäre jedoch nicht der Fall, wenn man entscheidend auf die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten (dort der einzelnen Gesellschafter auf das Unternehmen) abstellen wollte. Nach der in ständiger Rechtsprechung zur Unternehmerstellung gewachsenen Auffassung rechtfertigten es tatsächliche Umstände jedenfalls nicht, die Auswirkungen der Rechtsform, unter der das Unternehmen betrieben wird, als unwesentlich anzusehen (BSG, a. a. O.). Da hier alle in Frage stehenden Unternehmungen in der Rechtsform einer GmbH betrieben wurden, kann der Kläger nach dieser Rechtsprechung nicht Unternehmer sein. Dass diese Rechtsprechung in Übereinstimmung mit dem gesetzgeberischen Willen steht, zeigt bereits die Einfügung des Satzes 2 in § 2 Abs. 3 KVLG. Denn Bestimmungen darüber, wann Gesellschafter juristischer Personen als Unternehmer gelten, setzen gedanklich voraus, dass sie es regelmäßig nicht sind. Dieser Auffassung war auch die Beklagte, die zunächst anders als das Sozialgericht den Kläger nicht als Unternehmer, sondern als "Gilt Unternehmer" gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 KVLG angesehen hat.
Auch diese Auffassung trifft nicht zu. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Der Kläger war nicht in einer Personenhandelsgesellschaft tätig. Dazu zählen offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften einschließlich der GmbH & Co. KG. In einer solchen war der Kläger nicht tätig. Nach der 2. Alternative gilt als Unternehmer, wer in einer juristischen Person des privaten Rechts als Gesellschafter oder Mitglied hauptberuflich tätig wird. Der Kläger war weder Gesellschafter oder Mitglied der M GmbH; der R GmbH und der Ö GmbH. Diese Gesellschaften befanden sich vollständig im Eigentum der V AG, so dass lediglich diese Gesellschafter der GmbH war. Der Kläger war dort lediglich als Geschäftsführer tätig.
Etwas anders gestaltete sich die Situation bei der R GmbH, in der der Kläger Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Gesellschaftsanteil von 31,41 % war. Insofern jedoch scheitert die Eigenschaft des Klägers als Gilt Unternehmer an der im Gesetz geforderten Hauptberuflichkeit der Tätigkeit für das Unternehmen. Denn der Kläger war zirka zehn Stunden täglich für alle vier Unternehmen tätig. Von einer hauptberuflichen Tätigkeit für die RGmbH kann bei einem Arbeitsanteil von zwei oder drei Stunden täglich aber nicht ausgegangen werden. Dies hat die Beklagte auch selbst nicht vorgetragen.
In Bezug auf die V AG hat der Senat zunächst erhebliche Zweifel daran, ob eine Aktiengesellschaft überhaupt "Mitglieder" hat (vgl. Noell/Deisler: Die KVLG 1992, Kassel, 1992, Seite 165). Denn nach § 1 Abs. 2 Aktiengesetz AG hat die Aktiengesellschaft ein in Aktien zerlegtes Grundkapital. Nach § 2 AG müssen sich daran mindestens fünf Personen beteiligen, welche die Aktien gegen Einlagen übernehmen. Nach § 12 AG gewährt die Aktie das Stimmrecht. Die Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben, werden lediglich als Gründer der Gesellschaft bezeichnet (§ 28 AG). Mitglieder der Aktiengesellschaft kennt das Gesetz also nicht, der Begriff der Mitglieder taucht lediglich in Bezug auf den Vorstand (§ 23 Abs. 2 Ziffer 6 AG) auf. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn selbst wenn der Kläger als Aktionär mit einem Anteil von 16,8 % als Mitglied der V AG angesehen würde, so mangelte es auch hierfür wiederum am Begriff der Hauptberuflichkeit. Der Kläger hat nämlich, wie bereits dargelegt, in keinem der Unternehmen, in denen er als Gesellschafter tätig war, und auch nicht in der V AG hauptberuflich gearbeitet und konnte somit auch nicht hauptberufliches Mitglied beziehungsweise Gesellschafter der Aktiengesellschaft – wenn ein Mitgliedschafts- oder Gesellschaftsverhältnis angenommen werden könnte – sein. Eine Vermengung dieser Tätigkeiten dahingehend, dass aus der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ein "Gesamtunternehmen" gebildet wird, das der Beurteilung nach dem KVLG zugrunde gelegt wird, hat das BSG (a. a. O.) zum insoweit wortgleichen § 1 Abs. 2 Satz 3 ALG ausgeschlossen.
War der Kläger aber weder Unternehmer noch Gilt Unternehmer im Sinne des KVLG, so stellt sich die Frage einer Befreiung nicht und die angefochtenen Bescheide, die eine Versicherungspflicht des Klägers bei der Beklagten feststellten beziehungsweise bestätigten und die Höhe der Beitragsforderung festsetzten, unterlagen der Aufhebung.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG bezeichneten Gründe vor.
Tatbestand:
Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob der Kläger bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Berlin, versicherungs- und beitragspflichtig ist.
Der 1953 geborene Kläger ist seit 1994 im Bereich landwirtschaftlicher Unternehmen tätig, die im Rahmen der landwirtschaftlichen Umstrukturierung nach 1990 gegründet wurden. Bis 31. Mai 1994 gehörte der Kläger aufgrund dieser Tätigkeiten der Gesetzlichen Rentenversicherung an.
Mit Schreiben vom 27. November 1996 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe die zuständige Krankenkasse, die beigeladene BARMER Ersatzkasse, um eine versicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der R GmbH S, der ÖÖGmbH S, der R GmbH S sowie der P GmbH P gebeten und fügte das entsprechende Schreiben an die Beigeladene bei. Die Beklagte bat er in diesem Schreiben zu prüfen, ob er in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sei. In der Folge wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 29. August 1997 an die Beigeladene und bat für die Prüfung der Versicherungskonkurrenz um die Rücksendung einer Mitgliedsbescheinigung. Diese ging am 04. September 1997 bei der Beklagten ein: Nach ihr war der Kläger vom 01. Januar 1991 bis 31. Dezember 1993 bei der Beigeladenen pflichtversichert. Diese Versicherung werde seit 01. Januar 1994 laufend als freiwillige Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld fortgesetzt. Daraufhin veranlasste die Beklagte zumindest ausweislich ihrer Akten in dieser Angelegenheit nichts weiter, bis am 30. Oktober 2001 ein Registerauszug des Amtsgerichts Neuruppin einging, wonach der Kläger am 10. November 1994 als Vorstandsmitglied der V-Aktiengesellschaft S eingetragen und am 13. März 1996 wieder ausgetragen wurde. Die Beklagte übersandte daraufhin am 17. Dezember 2001 erneut ihr Formular Mitgliedsbescheinigung an die Beigeladene und erhielt dieses am 20. Dezember 2001 zurück. Die Beigeladene teilte mit, der Kläger sei vom 01. Juni 1994 bis 31. März 1999 bei ihr freiwillig versichert gewesen bei Versicherungsfreiheit wegen Übersteigung des entsprechenden regelmäßigen Jahresarbeitsentgeltes und er sei als hauptberuflich Selbständiger eingestuft gewesen. Seit 01. April 1999 sei er in der Privaten Krankenversicherung PKV versichert.
Am 25. Februar 2002 wandte sich die Beklagte an die Beigeladene und den Kläger.
Der Beigeladenen teilte sie mit, der Kläger sei seit dem 01. Juni 1994 als geschäftsführender Gesellschafter der Ö GmbH S bei ihr versicherungspflichtig. Daher bitte sie darum, die bei der Beigeladenen durchgeführte freiwillige Versicherung zu stornieren und eine Beitragserstattung vorzunehmen. Es sei wegen der rückwirkenden Anmeldung zur Beklagten ein erheblicher Nachzahlungsbedarf für den Kläger aufgelaufen. Um diesen abrufen zu können, möge die Beigeladene der Beklagten den Zeitpunkt der Erstattung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mitteilen.
Gegenüber dem Kläger legte die Beklagte dar, dass für diesen Versicherungspflicht bei ihr ab 01. Juni 1994 bestünde. Er sei über die V AG an der Ö GmbH beteiligt und dieses sei ein landwirtschaftliches Unternehmen. Der Kläger stehe nicht in einem rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, sondern sei als Selbständiger anzusehen. Er sei hauptberuflich in der GmbH tätig und deshalb nicht kraft Gesetzes in der Gesetzlichen Rentenversicherung versichert, so dass bei ihm Versicherungspflicht als landwirtschaftlicher Unternehmer bestünde. Diese sei vorrangig vor einer freiwilligen gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung durchzuführen. Der Kläger könne bei Eintritt der Versicherungspflicht in der Landwirtschaftlichen Krankenkasse einen bestehenden Krankenversicherungsvertrag mit einem privaten Versicherungsunternehmer kündigen. Der Kläger möge sich daher mit seinem PKV Unternehmen in Verbindung setzen. Eine Mitgliedsbescheinigung war beigefügt. Falls die PKV das Versicherungsverhältnis nicht rückwirkend storniere, würde sie, die Beklagte, die Krankenversicherungsbeiträge für den Zeitraum vom 01. April 1999 bis 28. Februar 2002 niederschlagen, wenn der Kläger für diesen Zeitraum auf jeden Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten verzichte.
Nachdem der Kläger hierauf auch nach Erinnerung am 25. März 2002 nicht reagiert hatte, erließ die Beklagte den streitigen Bescheid vom 11. April 2002. In ihm stellte sie die Mitgliedschaft des Klägers als landwirtschaftlichem Mitunternehmer bei ihr ab 01. Juni 1994 fest und forderte für die Zeit vom 01. Dezember 1997 Beiträge in Höhe von 14 238,03 EUR nach. Ab 01. April 2002 habe der Kläger für die Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beklagten laufend monatlich 378,34 EUR zu zahlen.
Gegen diesen dem Kläger am 12. April 2002 zugestellten Bescheid richtete sich dessen Widerspruch vom 17. April 2002. Er sei mit seiner PKV zufrieden und habe das Recht auf die freie Wahl der Krankenkasse. Er sehe keinen zwingenden Grund, warum er nunmehr bei der Beklagten versichert sein solle. Mit Schreiben vom 10. Mai 2002 verzichtete der Kläger, wie von der Beklagten im Schreiben vom 25. Februar 2002 vorgeschlagen, auf jeden Leistungsanspruch gegen die Beklagte für die Zeit vom 01. April 1999 bis 28. Februar 2002, worauf die Beklagte den angefochtenen Bescheid dahingehend abänderte, dass nur noch Beiträge in Höhe von 5 298,14 EUR nachgefordert würden (Bescheid vom 21. Mai 2002). Mit Schreiben vom 15. Mai 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe sie Beitragsforderung für die Zeit vom 01. Dezember 1997 bis zum 31. März 1999 zurückgestellt, bis die Beigeladene die Beiträge erstattet habe. Dies erfolgte am 01. Oktober 2002 für den genannten Zeitraum. Mit diesem Bescheid beendet die Beigeladene die Mitgliedschaft des Klägers rückwirkend zum 30. November 1997 und berief sich im Übrigen auf Verjährung.
Am 22. Oktober 2002 teilte der Kläger mit, dass er seinen Widerspruch aufrechterhalte und die Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Beklagte mit Wirkung vom 01. März 2002 beantrage, da der Wert seines Unternehmens 60 000,00 DM übersteige und somit die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte KVLG 1989 vorläge.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 ab. Zwar sei die Befreiung grundsätzlich zulässig, da der Wirtschaftswert des bewirtschafteten landwirtschaftlichen Unternehmens 60 000,00 DM übersteige, jedoch sei die Befreiung nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht beantragt worden.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 11. November 2002, auf den hin die Beklagte diesem zunächst mit Schreiben vom gleichen Tage mitteilte, die Dreimonatsfrist nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 KVLG 1989 sei einer Wiedereinsetzung nicht zugänglich.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch auch zum Bescheid vom 23. Oktober 2002 zurück. Sie verzichtete im Widerspruchsbescheid für die Zeit vom 01. April 1999 bis 28. Februar 2002 auf den Einzug der Beiträge, da der Kläger hierfür Beiträge an seine PKV gezahlt habe.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2003 setzte die Beklagte den Beitrag des Klägers bei ihr für die Kranken- und Pflegeversicherung auf monatlich 382,26 EUR ab 01. Januar 2003 fest. Hiergegen wandte sich der Widerspruch des Klägers vom 07. Februar 2003. Am gleichen Tag hat der Kläger beim Sozialgericht Neuruppin Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2003 erhoben: Es sei treuwidrig, Beiträge für Zeiten zu beanspruchen, in denen aufgrund fehlender Kenntnis über die Versicherung keine Leistungen in Anspruch genommen werden konnten. Für die Zukunft sei die Feststellung der Versicherungspflicht rechtswidrig, da die Beklagte den Kläger nicht auf die die bestehende Befreiungsmöglichkeit hingewiesen habe.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11. April 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 und die Bescheide vom 30. Januar 2003, 18. Juli 2003, 28. Januar 2004 und 31. März 2004 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht unterliegt.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtswidrig.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 18. Juli 2003 den Beitrag mit Wirkung ab 01. April 2004 unter Berücksichtigung weiterer landwirtschaftlicher Unternehmen des Klägers neu festgesetzt. Mit Schreiben vom 28. Januar 2004 und 31. März 2004 wurden Beitragsanpassungen zum 01. Januar 2004 und 01. April 2004 vorgenommen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 02. Dezember 2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei landwirtschaftlicher Unternehmer, da er selbständig in auf Bodenbewirtschaftung beruhenden Betrieben der Mindestgröße hauptberuflich tätig sei.
Von dieser Versicherungspflicht könne er nicht nach Antrag befreit werden, da der Antrag nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht gestellt worden sei. Die Versicherungspflicht habe im Jahre 1994 begonnen, der Befreiungsantrag sei erst im Jahr 2002 gestellt worden. Dabei sei es unerheblich, dass sowohl dem Kläger als auch der Beklagten nicht bekannt gewesen sei, dass der Kläger im Jahre 1994 in der Landwirtschaftlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig war. Für die Zeit, in der der Kläger privat versichert war und ihm nichts von seiner Versicherungspflicht bekannt sei, mache die Beklagte nunmehr auch keine Forderungen mehr geltend, so dass für eine Treuwidrigkeit nichts ersichtlich ist.
Für den Befreiungsantrag stehe dem Kläger auch ein so genannter sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nicht zur Seite. Zwar habe die Beklagte das Auskunftsersuchen des Klägers vom 27. November 1996 nicht ordnungsgemäß bearbeitet, jedoch sei bereits damals die Frist von drei Monaten verstrichen gewesen, so dass diese Pflichtverletzung nicht ursächlich dafür sein könne, dass der Kläger mit seinem Befreiungsantrag scheitern musste.
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26. Januar 2005 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 15. Februar 2005, die damit begründet wird, dem Kläger könne nicht entgegengehalten werden, er hätte einen Befreiungsantrag im Jahre 1994 stellen müssen, obwohl ihm erst im Jahr 2002 die Tatsache der Versicherungspflicht bekannt gegeben worden sei. Im Übrigen sei auch das Bayerische Landessozialgericht (Urteil L 4 KR 57/00 vom 31. Oktober 2002) der Auffassung, dass nach In Kraft Treten des KVLG 1989 eine erneute Befreiungsmöglichkeit eröffnet worden sei mit der Folge, dass die Dreimonatsfrist des § 4 KVLG 1989 erneut beginne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 02. Dezember 2004 zu ändern und
1. die Bescheide der Beklagten vom 11. April 2002 und vom 21. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 sowie die Bescheide vom 30. Januar 2003, 18. Juli 2003, 28. Januar 2004, 01. April 2004, 12. September 2005 sowie vom 05. Dezember 2005 und 19. Januar 2006 aufzuheben,
2. hilfsweise den Bescheid vom 23. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2003 aufzuheben und den Kläger von der Versicherungspflicht zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die weitergehende Klage abzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beklagte hat während des Berufungsverfahrens mit Bescheiden vom 12. September 2005, 05. Dezember 2005 und 19. Januar 2006 den laufenden Beitrag erneut neu festgesetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Streitgegenstand ist, ob der Kläger Mitglied bei der Beklagten ist und dementsprechend ab 01. März 2002 Beiträge zu zahlen hat. Forderungen für den Zeitraum zuvor macht die Beklagte nicht mehr geltend.
Die Berufung ist auch erfolgreich. Der Kläger ist bei der Beklagten nicht versicherungspflichtig, so dass die dies aussprechenden Bescheide sowie die entsprechenden Bescheide zur Höhe der Beiträge aufzuheben und das Urteil des Sozialgerichts zu ändern waren.
In der Krankenversicherung der Landwirte sind nach § 2 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte vom 20. Dezember 1988 in der Fassung vom 20. Dezember 1991 (KVLG) krankenversichert Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 3 Satz 1 KVLG derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb geht. Wird ein landwirtschaftliches Unternehmen von mehreren Personen gemeinsam (Mitunternehmer), einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person betrieben, gelten die Mitunternehmer, die Gesellschafter und die Mitglieder der juristischen Person als landwirtschaftliche Unternehmer, sofern sie hauptberuflich außerhalb eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Unternehmen tätig sind oder in das Unternehmen Flächen eingebracht haben, die im Zeitpunkt der Einbringung eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bildeten und von ihnen bis zu diesem Zeitpunkt mindestens ein Jahr als landwirtschaftliches Unternehmen selbst bewirtschaftet worden sind. Diese Vorschriften wurden mit Wirkung vom 01. Januar 1995 in Anpassung an § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte ALG neu gefasst. Nach der nunmehrigen Fassung ist Unternehmer, wer seine berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Als Unternehmer gelten beschränkt haftende Gesellschafter einer Personengesellschaft oder Mitglieder einer juristischen Person, wenn sie hauptberuflich im Unternehmen tätig und wegen dieser Tätigkeit nicht kraft Gesetzes in der Gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind.
Der Kläger ist weder, wie das Sozialgericht meint, Unternehmer gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 KVLG noch, wie die Beklagte meint, gilt er als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 KVLG. Unternehmer ist der Eigentümer, der das Unternehmen selbst betreibt (aber nicht der Eigentümer, der es verpachtet hat), der Pächter oder Erbpächter, der Nießbraucher und jeder andere, dem die Nutzungen des Unternehmens zugute kommen und die Aufwendungen zur Last fallen.
Der Kläger verfügt über keinerlei landwirtschaftliche Flächen. Er ist nicht Eigentümer oder Pächter landwirtschaftlicher Flächen, sondern Geschäftsführer verschiedener landwirtschaftlich tätiger GmbHs und Geschäftsführer und Gesellschafter einer solchen GmbH und Aktionär einer Aktiengesellschaft, die wiederum selbst keine Landwirtschaft betreibt. Danach war der Kläger kein Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 KVLG.
Abzustellen ist nicht auf eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung unabhängig von den rechtlichen Verhältnissen, sondern in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts BSG ist Unternehmer derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- und Nachteil gereicht. Dabei kann zu der Frage, wer Unternehmer ist, grundsätzlich an die Rechtsform angeknüpft werden, in der das Unternehmen betrieben wird. Denn aus ihr ergibt sich im Normalfall, wer Träger der das Unternehmen betreffenden Rechte und Pflichten ist. Die Rechtsform des Unternehmens ist für die Frage der Unternehmereigenschaft von ausschlaggebender Bedeutung. So ist zum Beispiel der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nicht Unternehmer des von dieser betriebenen Unternehmens (vgl. BSG, Urteil vom 16. Oktober 2002, B 10 LW 17/01 R m. w. N.). Das BSG hat es im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für bedeutsam gehalten, dass die ein Unternehmen betreffenden Rechtsverhältnisse verhältnismäßig leicht und mit einem eindeutigen Ergebnis zu ermitteln sind. Dies wäre jedoch nicht der Fall, wenn man entscheidend auf die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten (dort der einzelnen Gesellschafter auf das Unternehmen) abstellen wollte. Nach der in ständiger Rechtsprechung zur Unternehmerstellung gewachsenen Auffassung rechtfertigten es tatsächliche Umstände jedenfalls nicht, die Auswirkungen der Rechtsform, unter der das Unternehmen betrieben wird, als unwesentlich anzusehen (BSG, a. a. O.). Da hier alle in Frage stehenden Unternehmungen in der Rechtsform einer GmbH betrieben wurden, kann der Kläger nach dieser Rechtsprechung nicht Unternehmer sein. Dass diese Rechtsprechung in Übereinstimmung mit dem gesetzgeberischen Willen steht, zeigt bereits die Einfügung des Satzes 2 in § 2 Abs. 3 KVLG. Denn Bestimmungen darüber, wann Gesellschafter juristischer Personen als Unternehmer gelten, setzen gedanklich voraus, dass sie es regelmäßig nicht sind. Dieser Auffassung war auch die Beklagte, die zunächst anders als das Sozialgericht den Kläger nicht als Unternehmer, sondern als "Gilt Unternehmer" gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 KVLG angesehen hat.
Auch diese Auffassung trifft nicht zu. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Der Kläger war nicht in einer Personenhandelsgesellschaft tätig. Dazu zählen offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften einschließlich der GmbH & Co. KG. In einer solchen war der Kläger nicht tätig. Nach der 2. Alternative gilt als Unternehmer, wer in einer juristischen Person des privaten Rechts als Gesellschafter oder Mitglied hauptberuflich tätig wird. Der Kläger war weder Gesellschafter oder Mitglied der M GmbH; der R GmbH und der Ö GmbH. Diese Gesellschaften befanden sich vollständig im Eigentum der V AG, so dass lediglich diese Gesellschafter der GmbH war. Der Kläger war dort lediglich als Geschäftsführer tätig.
Etwas anders gestaltete sich die Situation bei der R GmbH, in der der Kläger Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Gesellschaftsanteil von 31,41 % war. Insofern jedoch scheitert die Eigenschaft des Klägers als Gilt Unternehmer an der im Gesetz geforderten Hauptberuflichkeit der Tätigkeit für das Unternehmen. Denn der Kläger war zirka zehn Stunden täglich für alle vier Unternehmen tätig. Von einer hauptberuflichen Tätigkeit für die RGmbH kann bei einem Arbeitsanteil von zwei oder drei Stunden täglich aber nicht ausgegangen werden. Dies hat die Beklagte auch selbst nicht vorgetragen.
In Bezug auf die V AG hat der Senat zunächst erhebliche Zweifel daran, ob eine Aktiengesellschaft überhaupt "Mitglieder" hat (vgl. Noell/Deisler: Die KVLG 1992, Kassel, 1992, Seite 165). Denn nach § 1 Abs. 2 Aktiengesetz AG hat die Aktiengesellschaft ein in Aktien zerlegtes Grundkapital. Nach § 2 AG müssen sich daran mindestens fünf Personen beteiligen, welche die Aktien gegen Einlagen übernehmen. Nach § 12 AG gewährt die Aktie das Stimmrecht. Die Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben, werden lediglich als Gründer der Gesellschaft bezeichnet (§ 28 AG). Mitglieder der Aktiengesellschaft kennt das Gesetz also nicht, der Begriff der Mitglieder taucht lediglich in Bezug auf den Vorstand (§ 23 Abs. 2 Ziffer 6 AG) auf. Letztlich kann dies jedoch dahingestellt bleiben, denn selbst wenn der Kläger als Aktionär mit einem Anteil von 16,8 % als Mitglied der V AG angesehen würde, so mangelte es auch hierfür wiederum am Begriff der Hauptberuflichkeit. Der Kläger hat nämlich, wie bereits dargelegt, in keinem der Unternehmen, in denen er als Gesellschafter tätig war, und auch nicht in der V AG hauptberuflich gearbeitet und konnte somit auch nicht hauptberufliches Mitglied beziehungsweise Gesellschafter der Aktiengesellschaft – wenn ein Mitgliedschafts- oder Gesellschaftsverhältnis angenommen werden könnte – sein. Eine Vermengung dieser Tätigkeiten dahingehend, dass aus der gesellschaftsrechtlichen Konstruktion ein "Gesamtunternehmen" gebildet wird, das der Beurteilung nach dem KVLG zugrunde gelegt wird, hat das BSG (a. a. O.) zum insoweit wortgleichen § 1 Abs. 2 Satz 3 ALG ausgeschlossen.
War der Kläger aber weder Unternehmer noch Gilt Unternehmer im Sinne des KVLG, so stellt sich die Frage einer Befreiung nicht und die angefochtenen Bescheide, die eine Versicherungspflicht des Klägers bei der Beklagten feststellten beziehungsweise bestätigten und die Höhe der Beitragsforderung festsetzten, unterlagen der Aufhebung.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in § 160 Abs. 2 SGG bezeichneten Gründe vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved