Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 246/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 75/03 -16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Herabsetzung der Gefahrklasse für die Jahre 1998 bis 2000.
Die Klägerin ist aufgrund eines Verschmelzungsvertrags vom 28. August 2002, mit dem die SIBA Bewachungsdienst Werkschutz Berlin GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung auf die Klägerin übertragen hat und wodurch der Betrieb der übertragenden Gesellschaft als weiterer Betrieb der übernehmenden Gesellschaft unverändert fortgeführt wurde (I, VI Nr. 1 des Verschmelzungsvertrags), Rechtsnachfolgerin der SIBA Bewachungsdienst Werkschutz Berlin GmbH. Unternehmensgegen¬stand der am 09. Januar 2003 gelöschten Firma waren ausweislich des Handelsregisterauszugs Überwachungs- und Sicherungsaufgaben aller Art, insbesondere im Personen- und Objektschutz.
Mit Bescheid vom 31. März 1998 wurde die Klägerin aufgrund des ab 01. Januar 1998 geltenden Gefahrtarifs mit Wirkung zum 01. Januar 1998 zu der Gefahrtarifstelle 14 mit der Gefahrklasse 3,61 mit der Unternehmensart "Bewachungsunternehmen" veranlagt. Mit Schreiben vom 23. August 1998 beantragte sie gemäß Teil II des Gefahrtarifs, den Beitragssatz für das Beitragsjahr 1998 auf 50 % herabzusetzen. Der Antrag wurde damit begründet, dass die in der Bewachungsbranche besonders unfallträchtigen Tätigkeitsbereiche, insbesondere im Bereich des Geld- und Werttransports, in der Gleissicherung sowie im Streifen- und Revierdienst, ausgegliedert worden seien, so dass das Gefährdungspotential sowohl bei konkreter als auch bei abstrakter Betrachtungsweise insgesamt sehr stark zurückgegangen sei. Es sei auch zu beachten, dass in den zuvor bezeichneten Bereichen nicht nur die Unfallhäufigkeit überdurchschnittlich hoch sei, sondern auch die Unfallfolgen, die die Beklagten verhältnismäßig sehr stark belasten würden. Da in dem Unternehmen der Arbeitsschutz in ein Qualitätsmanagement (ISO-Zertifizierungsverfahren) integriert worden sei, sei auch nach Auffassung der Beklagten die Grundlage für eine Rabattgewährung geschaffen worden. Durch die Unternehmenszertifizierung sei nämlich gleichzeitig nachgewiesen, dass die Betriebsweise des Unternehmens erheblich von der üblichen Betriebsweise abweiche. Durch die Festsetzung der Beiträge solle insbesondere ein Anreiz geschaffen werden, dass einzelne Unternehmen entsprechend dem konkreten Gefährdungsgrad zu bewerten und solche Unternehmen mit Rabattierungen zu belohnen seien, die durch die Art und Weise der Dienstverrichtung sowie durch den Inhalt der tatsächlich wahrgenommenen Bewachungsaufgaben sich vom Branchendurchschnitt erheblich unterschieden. Nach Einholung einer Stellungnahme des Präventionsstabs lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05. November 1999 die beantragte Herabsetzung der Gefahrklasse für die Zeit vom 01. Januar 1998 bis 31. Dezember 2000 ab. Nach Teil II Nr. 2 a des Gefahrtarifs könne die Gefahrklasse um 10 bis 30 v. H. herabgesetzt werden, wenn sich im Einzelfall ergebe, dass ein Unternehmen wegen einer von der üblichen erheblich abweichenden Betriebsweise bzw. Betriebseinrichtung wesentlich geringeren Gefährdungen unterliege als die Unternehmen, für die die Gefahrklasse in Teil I des Gefahrtarifs berechnet sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Das Unternehmen der Klägerin biete verschiedene Dienstleistungen im Bewachungsbereich mit Ausnahme von Geld- und Werttransporten, Gleissicherungen sowie Streifen- und Revierdiensten an. Bei den Angeboten und Dienstleistungen handele es sich überwiegend um Pförtnerdienste sowie Werk- und Objektschutzaufgaben. Besonderheiten seien nicht zu erkennen. Insbesondere seien die in dem Antrag auf Herabsetzung vorgebrachten Argumente nicht Bestandteil der Betriebsweise. Eine von der üblichen erheblich abweichende Betriebsweise oder Betriebseinrichtung sei nicht erkennbar, denn ein Qualitätsmanagement zeige das Vorhandensein von Maßnahmen zur Sicherstellung der Kundenanforderungen an die Dienstleistung gemäß DIN EN ISO 9000 ff. und beschreibe die Betriebsweise, sei aber selbst keine Betriebsweise und daher nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen gebe es seit einiger Zeit zusätzlich vermehrt Bewachungsunternehmen, die den Arbeits- und Gesundheitsschutz gemäß dem "Leitfaden zum Aufbau eines integrierten Qualitäts-, Arbeits- und Gesundheitsmanagementsystems" in ihr Managementsystem integriert hätten. Die Integration sei daher bei der Unternehmensart "Bewachungsunternehmen" üblich. Dagegen legte die Klägerin ohne Begründung Widerspruch ein. Sie übersandte auf Anforderung der Beklagten ihr Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementhandbuch, erstellt im Dezember 1998. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, für den von 1995 bis 1997 geltenden Gefahrtarif habe sie die Maßnahmen der besonderen Arbeitsschutzorganisation noch als Betriebsweise fingiert. Sie habe allerdings feststellen müssen, dass diese Verfahrensweise nicht im Einklang mit der herrschenden Rechtsauffassung stehe, welche die Abweichung von der Regelgefahrklasse auf ganz wenige, außergewöhnliche Einzelfälle atypischer Betriebsweisen beschränke. Aus diesem Grund habe sie sich Ende 1997 entschlossen, keinen neuen so genannten Kriterienkatalog aufzustellen, sondern die Herabsetzung in dem ab 01. Januar 1998 geltenden Gefahrtarifzeitraum nur nach den tatsächlichen Tatbestandsmerkmalen zu beurteilen. Danach beschreibe ein Qualitätsmanagementsystem lediglich die Betriebsweise, sei aber selbst keine Betriebsweise und deshalb nicht zu berücksichtigen. Es sei deshalb unerheblich, dass die Klägerin den Arbeits- und Gesundheitsschutz in ihr Qualitätsmanagementsystem integriert habe.
Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte habe in dem bis 1998 geltenden Gefahrtarifzeitraum im Rahmen der Herabsetzung berücksichtigt, ob das Bewachungsunternehmen zertifiziert sei, insbesondere ob der Arbeitsschutz im Qualitätsmanagementsystem integriert worden sei. Bei Zertifizierung eines Bewachungsunternehmens habe die Beklagte dann in der Vergangenheit auch die positive Einwirkung auf den Arbeitsschutz festgestellt und aufgrund eines geringeren Unfallrisikos eine höhere Herabsetzung gewährt. Sie selbst habe bereits in den vorangegangenen Gefahrtarifzeiträumen den Kriterienkatalog umgesetzt und sei nach DIN EN ISO 9000 ff. unter Integration des Arbeitsschutzes im Qualitätsmanagementsystem zertifiziert. Die Maßnahmen der besonderen Arbeitsschutzorganisation seien ständig fortgeführt und verbessert und somit auch für den Gefahrtarifzeitraum ab 1998 umgesetzt worden. Eine nachvollziehbare Begründung, weshalb die Herabsetzung von der Beklagten abgelehnt worden sei, insbesondere eine konkrete Auseinandersetzung mit der von ihr angegebenen Begründung des Herabsetzungsantrags und den von ihr umgesetzten Maßnahmen zur Arbeitssicherheit sei nicht erfolgt. Die von ihr eingeführten Arbeitsschutzmaßnahmen sowie die Zertifizierung stellten sehr wohl die Art und Weise dar, wie sie ihren Unternehmensgegenstand verwirkliche, nämlich unter Umsetzung erheblicher Maßnahmen zum Arbeitsschutz. Da nach eigener Mitteilung der Beklagten lediglich bei maximal 20 % der Bewachungsunternehmen eine besondere Arbeitsschutzorganisation eingeführt worden sei - zertifiziert seien höchstens 10 % der Bewachungsunternehmen - ergebe sich aus der Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen bereits eine erheblich abweichende Betriebsweise. Wenn der überwiegende Teil der Bewachungsunternehmen ihren Unternehmensgegenstand lediglich unter Einhaltung der zwingenden gesetzlichen Vorschriften und wahrscheinlich nicht einmal diese verwirkliche, stelle die Umsetzung der von ihr im Betrieb bereits seit Jahren eingeführten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und deren Fortführung eine erhebliche Abweichung dar. Wenn die Beklagte über Jahre entsprechende Auswirkungen vorgenannter Maßnahmen im Bereich des Arbeitsschutzes selbst positiv feststelle, sei nicht verständlich, warum von einem Jahr auf das andere diese positiven Auswirkungen des Kriterienkatalogs sowie der Zertifizierung auf die Arbeitssicherheit nicht mehr gegeben sein sollten. Auch nach dem neuen Gefahrentarif sei daher von einer erheblich abweichenden Betriebsweise in ihrem Unternehmen auszugehen und eine Ermessensentscheidung der Beklagten zu treffen. Die Beklagte habe außerdem selbst Zusagen dahingehend gemacht, dass die Umsetzung des Kriterienkatalogs und die Zertifizierung, die für die einzelnen Mitgliedsunternehmen mit zum Teil nicht unerheblichen Kosten verbunden gewesen seien, eine langfristige Beitragsreduzierung auch über den abgelaufenen Gefahrtarifzeitraum hinaus ermöglichen solle. Insofern bestehe für die einzelnen Mitgliedsunternehmen, die den Kriterienkatalog umgesetzt hätten, Vertrauensschutz und damit auch für sie selbst. Die Beklagte habe außerdem nicht berücksichtigt, dass in ihrem Betrieb kaum nennenswert Arbeitsunfälle zu verzeichnen seien. Dies zeige, dass die von ihr umgesetzten Maßnahmen zur Arbeitssicherheit gegriffen hätten.
Durch Urteil vom 14. November 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, die Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 14 des Gefahrtarifs 1998 im Fall der Klägerin gemäß Teil II Ziffer 2 a des Gefahrtarifs 1998 herabzusetzen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Denn bei der Klägerin seien weder durch die Ausgliederung der Tätigkeitsbereiche Geld- und Werttransportbewachung, Gleissicherung sowie Streifen- und Revierdienste aus ihrem Unternehmen noch durch besondere Arbeitsschutzmaßnahmen im Sinne der Kriterien der Beklagten für eine besondere Arbeitsschutzorganisation und deren Integration in ein zertifiziertes Qualitätsmanagement erfüllt. Die Ausgliederung der genannten Tätigkeitsbereiche stelle schon deshalb keine besondere Betriebsweise oder besondere Betriebseinrichtung dar, weil dadurch lediglich der Unternehmensgegenstand eingegrenzt worden sei. Betriebsweise und Betriebseinrichtung seien jedoch die Art und Weise, wie der Gegenstand bzw. der Zweck unternehmerischen Handels erreicht bzw. verwirklicht werde, sie könne also nur innerhalb des Unternehmensgegenstands unüblich gemäß Teil II Ziffer 2 a des Gefahrtarifs 1998 sein. Ob mit der Eingrenzung des Unternehmensgegenstands eine Reduzierung der Unfallgefahren verbunden sei, sei deshalb für die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Gefahrklassenherabsetzung erfüllt seien, ohne Relevanz. Selbst wenn Unfallverhütungs- und Arbeitsschutzmaßnahmen im Sinne der von der Beklagten entwickelten Kriterien einer besondere Arbeitsschutzorganisation und deren Einbindung in ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem ein Element der Betriebsweise eines Unternehmens wären, würde es sich um keine im Vergleich zu sonstigen Bewachungsunternehmen besondere Betriebsweise handeln, dass man von einem Einzelfall sprechen könne. Der Anwendungsbereich der Gefahrklassenherabsetzung werde nicht eröffnet, wenn die fragliche Betriebsweise zwar lediglich von einer Minderheit ausgeübt bzw. eingehalten werde, diese Minderheit aber eine derart beachtliche Gruppe darstelle, dass nicht mehr von einer singulär bleibenden Ausnahme gesprochen werden könne, da ansonsten die Gefahr bestehe, die regelmäßig für ein Unternehmen einer bestimmten Unternehmensart nach Teil I des Gefahrtarifs festzusetzende Gefahrklasse auszuhöhlen. Dies sei hier der Fall. Bereits der Präventionsstab der Beklagte habe in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 1999 ausgeführt, dass über 10 % der Bewachungsunternehmen mit über 40 % der Beschäftigten dieser Branche die besondere Arbeitsschutzorganisation verwirklicht hätten und es seit einiger Zeit auch vermehrt Unternehmen gebe, die dies entsprechend eines diesbezüglichen Leitfadens der Beklagten in ein Qualitätsmanagementsystem integriert hätten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung habe die Beklagte ausgeführt, dass sogar 12,2 % der Bewachungsunternehmen mit 45 % der Beschäftigten der Branche eine besondere Arbeitsschutzorganisation und 3,1 % der Unternehmen mit 20,2 % der Beschäftigten ein sich darauf beziehendes zusätzliches Qualitätsmanagement verwirklichten. Da ca. 1/5 der bei Bewachungsunternehmen tätigen Beschäftigten in einem Unternehmen arbeiteten, das eine in ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem integrierte besondere Arbeitsschutzorganisation habe, könne trotz der eher geringen Anzahl der betroffenen Unternehmen nicht mehr von einer lediglich einen Einzelfall darstellenden besonderen Betriebsweise gesprochen werden. Seien aber bereits die tatbestandlichen Vorraussetzungen für eine Gefahrklassenherabsetzung nicht erfüllt, bleibe für Ermessenserwägungen der Beklagten, die erst greifen könnten, wenn eine vom Üblichen erheblich abweichende besondere Betriebsweise im Einzelfall vorliege, kein Raum. Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte wegen der früheren Verwaltungspraxis der Beklagten, eine Gefahrklassenherabsetzung nach Teil II Ziffer 2 des Gefahrtarifs 1995 bei Umsetzung der Kriterien der besonderen Arbeitsschutzorganisation und deren Integration in ein zertifiziertes Qualitätsmanagement zu gewähren, könne sich die Klägerin nicht berufen. Abgesehen davon, dass sie auch zum Gefahrtarifzeitraum 1995 bis 1997 keine Gefahrklassenherabsetzung erhalten habe, habe das Bundessozialgericht (Urteil des BSG vom 06. Mai 2003, Aktenzeichen B 2 U 7/02 R) zutreffend entschieden, dass die Verwaltungspraxis der Beklagten im Gefahrtarifzeitraum vom 1995 bis 1997 für den neuen Gefahrtarifzeitraum ab dem 01. Januar 1998 keinen Vertrauensschutz begründen könne, weil die Veranlagung zu einer Gefahrklasse ebenso wie die Herabsetzung einer Gefahrklasse von vorneherein immer nur für den jeweiligen Gefahrtarifzeitraum Geltung beanspruche. Soweit die Klägerin vorbringe, die Beklagte habe auch noch nach dem 01. Januar 1998 Gefahrklassenherabsetzungen gewährt, könne dies ungeachtet dessen, dass Teil II Ziffer 2 a des Gefahrtarifs 1998 eine solche Einzelfallentscheidung durchaus zulasse, wenn die Voraussetzungen erfüllt seien, selbst dann keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen, wenn es sich dabei um rechtswidrige Gefahrklassenherabsetzungen handeln sollte, denn es gebe keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
Gegen das am 28. November 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Dezember 2003 eingelegte Berufung, mit der die Klägerin geltend macht, es sei davon auszugehen, dass die von der Beklagten über Jahre hinweg gewährte Herabsetzung gemäß Teil II Ziffer 2 des Gefahrtarifs aufgrund von Arbeitssicherheitsmaßnahmen als Nachlasssystem gemäß § 162 SGB VII anzusehen sei. Die erheblich abweichende Betriebsweise sei durch die Beklagte über Jahre hinweg über Präventionsmaßnahmen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit definiert worden. Entsprechend seien die Bewachungsunternehmen durch die Beklagte über Jahre mit erheblichem Aufwand in diese Richtung motiviert worden. Sollte man der Beklagten folgen und lediglich von einem Beitragszuschlagssystem gemäß § 162 Abs. 1 SGB VII ausgehen, seien die einschlägigen Satzungsregelungen unwirksam. Unabhängig von der Einordnung seien jedenfalls auch die Tatbestandsvoraussetzungen nach Teil II Nr. 2 des Gefahrtarifs erfüllt, so dass ein Anspruch auf Herabsetzung bestehe. Durch die Umsetzung der Kriterien der besonderen Arbeitsschutzorganisation liege in ihrem Unternehmen eine abweichende Arbeitsweise im Verhältnis zu den Betrieben vor, die diese Maßnahme nicht umsetzten, also durch Arbeitsbesichtigungen, Integration von Arbeitsschutzvereinbarungen im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sowie die Umsetzung weiterer Kriterien des Arbeitsschutzes oder die Zertifizierung. Diese Maßnahmen stellten die Art und Weise dar, wie sie ihren Unternehmensgegenstand verwirkliche, nämlich unter Umsetzung erheblicher Maßnahmen zum Arbeitsschutz. Aus den umgesetzten Maßnahmen ergebe sich eine abstrakt betrachtet wesentlich niedrigere Gefahrensituation, die sich dann konsequenterweise auch in den daraus resultierenden niedrigeren Unfallzahlen widerspiegele. Durch die Erfüllung der Auflagen des Kriterienkatalogs sei ein erheblich geringeres Unfallrisiko gegeben und die Unfallquote der am Programm teilnehmenden Unternehmen sei nach den Ausführungen der Beklagten im Durchschnitt um 24 % zurückgegangen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stehe ihr auch unter dem Gesichtspunkt eines allgemein bestehenden Vertrauensschutzes eine Herabsetzung zu. Die Beklagte habe ihre geplante Änderung bzw. Anpassung der Herabsetzungskriterien in Publikationen bzw. in anderer angemessener Form nicht angekündigt. Mindestens 11 Unternehmen seien von der Beklagten Herabsetzungen auf der Grundlage des alten Kriterienkatalogs bezüglich des Qualitätsmanagementsystems eingeräumt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2000 zu verurteilen, den mit Schriftsatz vom 23. August 1998 gestellten Herabsetzungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist außerdem auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22. Juni 2004, Aktenzeichen B 2 U 39/03 R.
Mit gerichtlichen Schreiben vom 03. Februar 2006 und 08. März 2006 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen, denn er hält die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Herabsetzung der Gefahrklasse für den Geltungszeitraum des Gefahrtarifs 1998, also die Jahre 1998 bis 2000. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist Teil II Nr. 2 a des ab 01. Januar 1998 geltenden Gefahrtarifs. Danach kann die in Teil I festgesetzte Gefahrklasse um zehn bis dreißig Prozent herabgesetzt oder heraufgesetzt werden, wenn sich in Einzelfällen ergibt, dass wegen einer von der üblichen erheblich abweichenden Betriebsweise oder Betriebseinrichtung ein Unternehmen wesentlich geringeren oder höheren Gefährdungen unterliegt als die Unternehmen, für die die Gefahrklasse im Teil I berechnet worden ist.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn bei der Klägerin liegt keine von der üblichen erheblich abweichende Betriebsweise oder Betriebeinrichtung vor. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung, der er uneingeschränkt folgt (§ 153 Abs. 2 SGG). Das erstinstanzliche Urteil stimmt auch mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22. Juni 2004, Az.: B 2 U 39/03 R, die in einem Verfahren zu einem Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung ergangen ist, überein. Danach ist die Ablehnung des Herabsetzungsantrags nicht deshalb rechtswidrig, weil ein zuvor ergangener Bescheid eine Herabsetzung der Gefahrklasse gewährt hatte. Darauf kann sich die Klägerin auch gar nicht berufen, weil ihr Antrag vom 20. Februar 1996 auf Herabsetzung der Gefahrklasse nach Teil II Nr. 2 des 1995 bis 1997 geltenden Gefahrtarifs mit Bescheid vom 07. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2000 abgelehnt wurde. Das Bundessozialgericht hat es auch dahinstehen lassen, ob die von der dortigen Klägerin geschilderten Maßnahmen, die mit den im vorliegenden Fall geschilderten Maßnahmen übereinstimmen, zu einer von der üblichen erheblich abweichenden Betriebsweise im Sinne des Teil II Nr. 2 a Gefahrtarif 1998 führen, denn bei dem von der Klägerin selbst dargestellten prozentualen Anteil von -20 %- Betrieben, die ebenfalls diese Betriebsweise eingeführt hätten, handele es sich nicht mehr um Einzelfälle im Sinne der zitierten Bestimmung des Gefahrtarifs 1998. Der Begriff "Einzelfälle" sei eine Korrekturmöglichkeit, die sich auf einzelne aus dem Rahmen fallende Betriebe beziehe, die wegen spezifischer Besonderheiten ein vom Durchschnitt ihrer Unternehmensart erheblich nach oben oder unten abweichendes Unfallrisiko aufwiesen. Sie dürfe nicht dazu führen, dass für eine größere Zahl von Unternehmen, die sich durch eine bestimmte gemeinsame Betriebsweise von den anderen der Gefahrtarifstelle zugeordneten Unternehmen unterschieden, über den Weg der Herabsetzung eine eigene Gefahrklasse festgesetzt und damit im Ergebnis die in § 157 Abs. 2 SGB VII vorgeschriebene Gliederung in ausreichend große, einen versicherungsmäßigen Risikoausgleich gewährleistende Gefahrgemeinschaften unterlaufen werde (BSG vom 06. Mai 2003, Aktenzeichen B 2 U 7/02 R; BSG vom 11. November 2003, Az.: B 2 U 55/02 R). Zwar ergibt sich aus der Stellungnahme des Präventionsstabs der Beklagten vom 12. Oktober 1999, dass nicht 20 sondern nur 10 % von Unternehmen in gleicher Weise wie das der Klägerin betrieben werden und dass damit 40 % der Beschäftigten der Bewachungsunternehmen diese Maßnahme zugute kämen. Aber auch dieser Prozentsatz betrifft einen größeren, zahlenmäßig ins Gewicht fallenden Teil der Unternehmen in der Bewachungsbranche, die die angeführten Arbeitsschutzmaßnahmen praktizieren. Dabei handelt es sich nicht mehr um einen Einzelfall. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. November 2003 hat die Beklagte ausgeführt, dass für das Jahr 1997 sogar 12,2 % der Unternehmen mit 45 % der Lohnsummen eine besondere Arbeitsschutzorganisation nach den Kriterien der Beklagten eingeführt hätten. Zwar hat die Klägerin diese Zahlen bestritten, ohne allerdings konkrete Einwendungen zu erheben. Der Senat hat jedenfalls keine Veranlassung, den Ausführungen der Beklagten nicht zu folgen. Soweit die Klägerin bereits deshalb Zweifel an der Validität der Zahlen hat, weil es Fälle gegeben haben soll, in denen die Beklagte für den Gefahrtarifzeitraum 1995 bis 1997 zu Unrecht Herabsetzungen gewährt habe, handelt es sich um nicht bewiesene Spekulationen, die, selbst wenn sie zuträfen, lediglich den Verdacht begründen könnten, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei früheren Herabsetzungsentscheidungen gekommen sein könnte. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben der Beklagten falsch oder ungenau sein könnten, ergeben sich hieraus nicht. Auch dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren sind hierfür keine Hinweise zu entnehmen, die zu einer Überprüfung Anlass geben könnten.
Damit sind die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Gefahrklasse nicht erfüllt. Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Herabsetzung der Gefahrklasse für die Jahre 1998 bis 2000.
Die Klägerin ist aufgrund eines Verschmelzungsvertrags vom 28. August 2002, mit dem die SIBA Bewachungsdienst Werkschutz Berlin GmbH ihr Vermögen als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten unter Ausschluss der Abwicklung auf die Klägerin übertragen hat und wodurch der Betrieb der übertragenden Gesellschaft als weiterer Betrieb der übernehmenden Gesellschaft unverändert fortgeführt wurde (I, VI Nr. 1 des Verschmelzungsvertrags), Rechtsnachfolgerin der SIBA Bewachungsdienst Werkschutz Berlin GmbH. Unternehmensgegen¬stand der am 09. Januar 2003 gelöschten Firma waren ausweislich des Handelsregisterauszugs Überwachungs- und Sicherungsaufgaben aller Art, insbesondere im Personen- und Objektschutz.
Mit Bescheid vom 31. März 1998 wurde die Klägerin aufgrund des ab 01. Januar 1998 geltenden Gefahrtarifs mit Wirkung zum 01. Januar 1998 zu der Gefahrtarifstelle 14 mit der Gefahrklasse 3,61 mit der Unternehmensart "Bewachungsunternehmen" veranlagt. Mit Schreiben vom 23. August 1998 beantragte sie gemäß Teil II des Gefahrtarifs, den Beitragssatz für das Beitragsjahr 1998 auf 50 % herabzusetzen. Der Antrag wurde damit begründet, dass die in der Bewachungsbranche besonders unfallträchtigen Tätigkeitsbereiche, insbesondere im Bereich des Geld- und Werttransports, in der Gleissicherung sowie im Streifen- und Revierdienst, ausgegliedert worden seien, so dass das Gefährdungspotential sowohl bei konkreter als auch bei abstrakter Betrachtungsweise insgesamt sehr stark zurückgegangen sei. Es sei auch zu beachten, dass in den zuvor bezeichneten Bereichen nicht nur die Unfallhäufigkeit überdurchschnittlich hoch sei, sondern auch die Unfallfolgen, die die Beklagten verhältnismäßig sehr stark belasten würden. Da in dem Unternehmen der Arbeitsschutz in ein Qualitätsmanagement (ISO-Zertifizierungsverfahren) integriert worden sei, sei auch nach Auffassung der Beklagten die Grundlage für eine Rabattgewährung geschaffen worden. Durch die Unternehmenszertifizierung sei nämlich gleichzeitig nachgewiesen, dass die Betriebsweise des Unternehmens erheblich von der üblichen Betriebsweise abweiche. Durch die Festsetzung der Beiträge solle insbesondere ein Anreiz geschaffen werden, dass einzelne Unternehmen entsprechend dem konkreten Gefährdungsgrad zu bewerten und solche Unternehmen mit Rabattierungen zu belohnen seien, die durch die Art und Weise der Dienstverrichtung sowie durch den Inhalt der tatsächlich wahrgenommenen Bewachungsaufgaben sich vom Branchendurchschnitt erheblich unterschieden. Nach Einholung einer Stellungnahme des Präventionsstabs lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05. November 1999 die beantragte Herabsetzung der Gefahrklasse für die Zeit vom 01. Januar 1998 bis 31. Dezember 2000 ab. Nach Teil II Nr. 2 a des Gefahrtarifs könne die Gefahrklasse um 10 bis 30 v. H. herabgesetzt werden, wenn sich im Einzelfall ergebe, dass ein Unternehmen wegen einer von der üblichen erheblich abweichenden Betriebsweise bzw. Betriebseinrichtung wesentlich geringeren Gefährdungen unterliege als die Unternehmen, für die die Gefahrklasse in Teil I des Gefahrtarifs berechnet sei. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Das Unternehmen der Klägerin biete verschiedene Dienstleistungen im Bewachungsbereich mit Ausnahme von Geld- und Werttransporten, Gleissicherungen sowie Streifen- und Revierdiensten an. Bei den Angeboten und Dienstleistungen handele es sich überwiegend um Pförtnerdienste sowie Werk- und Objektschutzaufgaben. Besonderheiten seien nicht zu erkennen. Insbesondere seien die in dem Antrag auf Herabsetzung vorgebrachten Argumente nicht Bestandteil der Betriebsweise. Eine von der üblichen erheblich abweichende Betriebsweise oder Betriebseinrichtung sei nicht erkennbar, denn ein Qualitätsmanagement zeige das Vorhandensein von Maßnahmen zur Sicherstellung der Kundenanforderungen an die Dienstleistung gemäß DIN EN ISO 9000 ff. und beschreibe die Betriebsweise, sei aber selbst keine Betriebsweise und daher nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen gebe es seit einiger Zeit zusätzlich vermehrt Bewachungsunternehmen, die den Arbeits- und Gesundheitsschutz gemäß dem "Leitfaden zum Aufbau eines integrierten Qualitäts-, Arbeits- und Gesundheitsmanagementsystems" in ihr Managementsystem integriert hätten. Die Integration sei daher bei der Unternehmensart "Bewachungsunternehmen" üblich. Dagegen legte die Klägerin ohne Begründung Widerspruch ein. Sie übersandte auf Anforderung der Beklagten ihr Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagementhandbuch, erstellt im Dezember 1998. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. März 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, für den von 1995 bis 1997 geltenden Gefahrtarif habe sie die Maßnahmen der besonderen Arbeitsschutzorganisation noch als Betriebsweise fingiert. Sie habe allerdings feststellen müssen, dass diese Verfahrensweise nicht im Einklang mit der herrschenden Rechtsauffassung stehe, welche die Abweichung von der Regelgefahrklasse auf ganz wenige, außergewöhnliche Einzelfälle atypischer Betriebsweisen beschränke. Aus diesem Grund habe sie sich Ende 1997 entschlossen, keinen neuen so genannten Kriterienkatalog aufzustellen, sondern die Herabsetzung in dem ab 01. Januar 1998 geltenden Gefahrtarifzeitraum nur nach den tatsächlichen Tatbestandsmerkmalen zu beurteilen. Danach beschreibe ein Qualitätsmanagementsystem lediglich die Betriebsweise, sei aber selbst keine Betriebsweise und deshalb nicht zu berücksichtigen. Es sei deshalb unerheblich, dass die Klägerin den Arbeits- und Gesundheitsschutz in ihr Qualitätsmanagementsystem integriert habe.
Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte habe in dem bis 1998 geltenden Gefahrtarifzeitraum im Rahmen der Herabsetzung berücksichtigt, ob das Bewachungsunternehmen zertifiziert sei, insbesondere ob der Arbeitsschutz im Qualitätsmanagementsystem integriert worden sei. Bei Zertifizierung eines Bewachungsunternehmens habe die Beklagte dann in der Vergangenheit auch die positive Einwirkung auf den Arbeitsschutz festgestellt und aufgrund eines geringeren Unfallrisikos eine höhere Herabsetzung gewährt. Sie selbst habe bereits in den vorangegangenen Gefahrtarifzeiträumen den Kriterienkatalog umgesetzt und sei nach DIN EN ISO 9000 ff. unter Integration des Arbeitsschutzes im Qualitätsmanagementsystem zertifiziert. Die Maßnahmen der besonderen Arbeitsschutzorganisation seien ständig fortgeführt und verbessert und somit auch für den Gefahrtarifzeitraum ab 1998 umgesetzt worden. Eine nachvollziehbare Begründung, weshalb die Herabsetzung von der Beklagten abgelehnt worden sei, insbesondere eine konkrete Auseinandersetzung mit der von ihr angegebenen Begründung des Herabsetzungsantrags und den von ihr umgesetzten Maßnahmen zur Arbeitssicherheit sei nicht erfolgt. Die von ihr eingeführten Arbeitsschutzmaßnahmen sowie die Zertifizierung stellten sehr wohl die Art und Weise dar, wie sie ihren Unternehmensgegenstand verwirkliche, nämlich unter Umsetzung erheblicher Maßnahmen zum Arbeitsschutz. Da nach eigener Mitteilung der Beklagten lediglich bei maximal 20 % der Bewachungsunternehmen eine besondere Arbeitsschutzorganisation eingeführt worden sei - zertifiziert seien höchstens 10 % der Bewachungsunternehmen - ergebe sich aus der Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen bereits eine erheblich abweichende Betriebsweise. Wenn der überwiegende Teil der Bewachungsunternehmen ihren Unternehmensgegenstand lediglich unter Einhaltung der zwingenden gesetzlichen Vorschriften und wahrscheinlich nicht einmal diese verwirkliche, stelle die Umsetzung der von ihr im Betrieb bereits seit Jahren eingeführten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und deren Fortführung eine erhebliche Abweichung dar. Wenn die Beklagte über Jahre entsprechende Auswirkungen vorgenannter Maßnahmen im Bereich des Arbeitsschutzes selbst positiv feststelle, sei nicht verständlich, warum von einem Jahr auf das andere diese positiven Auswirkungen des Kriterienkatalogs sowie der Zertifizierung auf die Arbeitssicherheit nicht mehr gegeben sein sollten. Auch nach dem neuen Gefahrentarif sei daher von einer erheblich abweichenden Betriebsweise in ihrem Unternehmen auszugehen und eine Ermessensentscheidung der Beklagten zu treffen. Die Beklagte habe außerdem selbst Zusagen dahingehend gemacht, dass die Umsetzung des Kriterienkatalogs und die Zertifizierung, die für die einzelnen Mitgliedsunternehmen mit zum Teil nicht unerheblichen Kosten verbunden gewesen seien, eine langfristige Beitragsreduzierung auch über den abgelaufenen Gefahrtarifzeitraum hinaus ermöglichen solle. Insofern bestehe für die einzelnen Mitgliedsunternehmen, die den Kriterienkatalog umgesetzt hätten, Vertrauensschutz und damit auch für sie selbst. Die Beklagte habe außerdem nicht berücksichtigt, dass in ihrem Betrieb kaum nennenswert Arbeitsunfälle zu verzeichnen seien. Dies zeige, dass die von ihr umgesetzten Maßnahmen zur Arbeitssicherheit gegriffen hätten.
Durch Urteil vom 14. November 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, die Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 14 des Gefahrtarifs 1998 im Fall der Klägerin gemäß Teil II Ziffer 2 a des Gefahrtarifs 1998 herabzusetzen, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Denn bei der Klägerin seien weder durch die Ausgliederung der Tätigkeitsbereiche Geld- und Werttransportbewachung, Gleissicherung sowie Streifen- und Revierdienste aus ihrem Unternehmen noch durch besondere Arbeitsschutzmaßnahmen im Sinne der Kriterien der Beklagten für eine besondere Arbeitsschutzorganisation und deren Integration in ein zertifiziertes Qualitätsmanagement erfüllt. Die Ausgliederung der genannten Tätigkeitsbereiche stelle schon deshalb keine besondere Betriebsweise oder besondere Betriebseinrichtung dar, weil dadurch lediglich der Unternehmensgegenstand eingegrenzt worden sei. Betriebsweise und Betriebseinrichtung seien jedoch die Art und Weise, wie der Gegenstand bzw. der Zweck unternehmerischen Handels erreicht bzw. verwirklicht werde, sie könne also nur innerhalb des Unternehmensgegenstands unüblich gemäß Teil II Ziffer 2 a des Gefahrtarifs 1998 sein. Ob mit der Eingrenzung des Unternehmensgegenstands eine Reduzierung der Unfallgefahren verbunden sei, sei deshalb für die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Gefahrklassenherabsetzung erfüllt seien, ohne Relevanz. Selbst wenn Unfallverhütungs- und Arbeitsschutzmaßnahmen im Sinne der von der Beklagten entwickelten Kriterien einer besondere Arbeitsschutzorganisation und deren Einbindung in ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem ein Element der Betriebsweise eines Unternehmens wären, würde es sich um keine im Vergleich zu sonstigen Bewachungsunternehmen besondere Betriebsweise handeln, dass man von einem Einzelfall sprechen könne. Der Anwendungsbereich der Gefahrklassenherabsetzung werde nicht eröffnet, wenn die fragliche Betriebsweise zwar lediglich von einer Minderheit ausgeübt bzw. eingehalten werde, diese Minderheit aber eine derart beachtliche Gruppe darstelle, dass nicht mehr von einer singulär bleibenden Ausnahme gesprochen werden könne, da ansonsten die Gefahr bestehe, die regelmäßig für ein Unternehmen einer bestimmten Unternehmensart nach Teil I des Gefahrtarifs festzusetzende Gefahrklasse auszuhöhlen. Dies sei hier der Fall. Bereits der Präventionsstab der Beklagte habe in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 1999 ausgeführt, dass über 10 % der Bewachungsunternehmen mit über 40 % der Beschäftigten dieser Branche die besondere Arbeitsschutzorganisation verwirklicht hätten und es seit einiger Zeit auch vermehrt Unternehmen gebe, die dies entsprechend eines diesbezüglichen Leitfadens der Beklagten in ein Qualitätsmanagementsystem integriert hätten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung habe die Beklagte ausgeführt, dass sogar 12,2 % der Bewachungsunternehmen mit 45 % der Beschäftigten der Branche eine besondere Arbeitsschutzorganisation und 3,1 % der Unternehmen mit 20,2 % der Beschäftigten ein sich darauf beziehendes zusätzliches Qualitätsmanagement verwirklichten. Da ca. 1/5 der bei Bewachungsunternehmen tätigen Beschäftigten in einem Unternehmen arbeiteten, das eine in ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem integrierte besondere Arbeitsschutzorganisation habe, könne trotz der eher geringen Anzahl der betroffenen Unternehmen nicht mehr von einer lediglich einen Einzelfall darstellenden besonderen Betriebsweise gesprochen werden. Seien aber bereits die tatbestandlichen Vorraussetzungen für eine Gefahrklassenherabsetzung nicht erfüllt, bleibe für Ermessenserwägungen der Beklagten, die erst greifen könnten, wenn eine vom Üblichen erheblich abweichende besondere Betriebsweise im Einzelfall vorliege, kein Raum. Auf Vertrauensschutzgesichtspunkte wegen der früheren Verwaltungspraxis der Beklagten, eine Gefahrklassenherabsetzung nach Teil II Ziffer 2 des Gefahrtarifs 1995 bei Umsetzung der Kriterien der besonderen Arbeitsschutzorganisation und deren Integration in ein zertifiziertes Qualitätsmanagement zu gewähren, könne sich die Klägerin nicht berufen. Abgesehen davon, dass sie auch zum Gefahrtarifzeitraum 1995 bis 1997 keine Gefahrklassenherabsetzung erhalten habe, habe das Bundessozialgericht (Urteil des BSG vom 06. Mai 2003, Aktenzeichen B 2 U 7/02 R) zutreffend entschieden, dass die Verwaltungspraxis der Beklagten im Gefahrtarifzeitraum vom 1995 bis 1997 für den neuen Gefahrtarifzeitraum ab dem 01. Januar 1998 keinen Vertrauensschutz begründen könne, weil die Veranlagung zu einer Gefahrklasse ebenso wie die Herabsetzung einer Gefahrklasse von vorneherein immer nur für den jeweiligen Gefahrtarifzeitraum Geltung beanspruche. Soweit die Klägerin vorbringe, die Beklagte habe auch noch nach dem 01. Januar 1998 Gefahrklassenherabsetzungen gewährt, könne dies ungeachtet dessen, dass Teil II Ziffer 2 a des Gefahrtarifs 1998 eine solche Einzelfallentscheidung durchaus zulasse, wenn die Voraussetzungen erfüllt seien, selbst dann keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen, wenn es sich dabei um rechtswidrige Gefahrklassenherabsetzungen handeln sollte, denn es gebe keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
Gegen das am 28. November 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Dezember 2003 eingelegte Berufung, mit der die Klägerin geltend macht, es sei davon auszugehen, dass die von der Beklagten über Jahre hinweg gewährte Herabsetzung gemäß Teil II Ziffer 2 des Gefahrtarifs aufgrund von Arbeitssicherheitsmaßnahmen als Nachlasssystem gemäß § 162 SGB VII anzusehen sei. Die erheblich abweichende Betriebsweise sei durch die Beklagte über Jahre hinweg über Präventionsmaßnahmen auf dem Gebiet der Arbeitssicherheit definiert worden. Entsprechend seien die Bewachungsunternehmen durch die Beklagte über Jahre mit erheblichem Aufwand in diese Richtung motiviert worden. Sollte man der Beklagten folgen und lediglich von einem Beitragszuschlagssystem gemäß § 162 Abs. 1 SGB VII ausgehen, seien die einschlägigen Satzungsregelungen unwirksam. Unabhängig von der Einordnung seien jedenfalls auch die Tatbestandsvoraussetzungen nach Teil II Nr. 2 des Gefahrtarifs erfüllt, so dass ein Anspruch auf Herabsetzung bestehe. Durch die Umsetzung der Kriterien der besonderen Arbeitsschutzorganisation liege in ihrem Unternehmen eine abweichende Arbeitsweise im Verhältnis zu den Betrieben vor, die diese Maßnahme nicht umsetzten, also durch Arbeitsbesichtigungen, Integration von Arbeitsschutzvereinbarungen im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sowie die Umsetzung weiterer Kriterien des Arbeitsschutzes oder die Zertifizierung. Diese Maßnahmen stellten die Art und Weise dar, wie sie ihren Unternehmensgegenstand verwirkliche, nämlich unter Umsetzung erheblicher Maßnahmen zum Arbeitsschutz. Aus den umgesetzten Maßnahmen ergebe sich eine abstrakt betrachtet wesentlich niedrigere Gefahrensituation, die sich dann konsequenterweise auch in den daraus resultierenden niedrigeren Unfallzahlen widerspiegele. Durch die Erfüllung der Auflagen des Kriterienkatalogs sei ein erheblich geringeres Unfallrisiko gegeben und die Unfallquote der am Programm teilnehmenden Unternehmen sei nach den Ausführungen der Beklagten im Durchschnitt um 24 % zurückgegangen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts stehe ihr auch unter dem Gesichtspunkt eines allgemein bestehenden Vertrauensschutzes eine Herabsetzung zu. Die Beklagte habe ihre geplante Änderung bzw. Anpassung der Herabsetzungskriterien in Publikationen bzw. in anderer angemessener Form nicht angekündigt. Mindestens 11 Unternehmen seien von der Beklagten Herabsetzungen auf der Grundlage des alten Kriterienkatalogs bezüglich des Qualitätsmanagementsystems eingeräumt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. November 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. März 2000 zu verurteilen, den mit Schriftsatz vom 23. August 1998 gestellten Herabsetzungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist außerdem auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22. Juni 2004, Aktenzeichen B 2 U 39/03 R.
Mit gerichtlichen Schreiben vom 03. Februar 2006 und 08. März 2006 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 SGG nach Anhörung der Beteiligten die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen, denn er hält die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Herabsetzung der Gefahrklasse für den Geltungszeitraum des Gefahrtarifs 1998, also die Jahre 1998 bis 2000. Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist Teil II Nr. 2 a des ab 01. Januar 1998 geltenden Gefahrtarifs. Danach kann die in Teil I festgesetzte Gefahrklasse um zehn bis dreißig Prozent herabgesetzt oder heraufgesetzt werden, wenn sich in Einzelfällen ergibt, dass wegen einer von der üblichen erheblich abweichenden Betriebsweise oder Betriebseinrichtung ein Unternehmen wesentlich geringeren oder höheren Gefährdungen unterliegt als die Unternehmen, für die die Gefahrklasse im Teil I berechnet worden ist.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn bei der Klägerin liegt keine von der üblichen erheblich abweichende Betriebsweise oder Betriebeinrichtung vor. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung, der er uneingeschränkt folgt (§ 153 Abs. 2 SGG). Das erstinstanzliche Urteil stimmt auch mit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 22. Juni 2004, Az.: B 2 U 39/03 R, die in einem Verfahren zu einem Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung ergangen ist, überein. Danach ist die Ablehnung des Herabsetzungsantrags nicht deshalb rechtswidrig, weil ein zuvor ergangener Bescheid eine Herabsetzung der Gefahrklasse gewährt hatte. Darauf kann sich die Klägerin auch gar nicht berufen, weil ihr Antrag vom 20. Februar 1996 auf Herabsetzung der Gefahrklasse nach Teil II Nr. 2 des 1995 bis 1997 geltenden Gefahrtarifs mit Bescheid vom 07. November 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2000 abgelehnt wurde. Das Bundessozialgericht hat es auch dahinstehen lassen, ob die von der dortigen Klägerin geschilderten Maßnahmen, die mit den im vorliegenden Fall geschilderten Maßnahmen übereinstimmen, zu einer von der üblichen erheblich abweichenden Betriebsweise im Sinne des Teil II Nr. 2 a Gefahrtarif 1998 führen, denn bei dem von der Klägerin selbst dargestellten prozentualen Anteil von -20 %- Betrieben, die ebenfalls diese Betriebsweise eingeführt hätten, handele es sich nicht mehr um Einzelfälle im Sinne der zitierten Bestimmung des Gefahrtarifs 1998. Der Begriff "Einzelfälle" sei eine Korrekturmöglichkeit, die sich auf einzelne aus dem Rahmen fallende Betriebe beziehe, die wegen spezifischer Besonderheiten ein vom Durchschnitt ihrer Unternehmensart erheblich nach oben oder unten abweichendes Unfallrisiko aufwiesen. Sie dürfe nicht dazu führen, dass für eine größere Zahl von Unternehmen, die sich durch eine bestimmte gemeinsame Betriebsweise von den anderen der Gefahrtarifstelle zugeordneten Unternehmen unterschieden, über den Weg der Herabsetzung eine eigene Gefahrklasse festgesetzt und damit im Ergebnis die in § 157 Abs. 2 SGB VII vorgeschriebene Gliederung in ausreichend große, einen versicherungsmäßigen Risikoausgleich gewährleistende Gefahrgemeinschaften unterlaufen werde (BSG vom 06. Mai 2003, Aktenzeichen B 2 U 7/02 R; BSG vom 11. November 2003, Az.: B 2 U 55/02 R). Zwar ergibt sich aus der Stellungnahme des Präventionsstabs der Beklagten vom 12. Oktober 1999, dass nicht 20 sondern nur 10 % von Unternehmen in gleicher Weise wie das der Klägerin betrieben werden und dass damit 40 % der Beschäftigten der Bewachungsunternehmen diese Maßnahme zugute kämen. Aber auch dieser Prozentsatz betrifft einen größeren, zahlenmäßig ins Gewicht fallenden Teil der Unternehmen in der Bewachungsbranche, die die angeführten Arbeitsschutzmaßnahmen praktizieren. Dabei handelt es sich nicht mehr um einen Einzelfall. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. November 2003 hat die Beklagte ausgeführt, dass für das Jahr 1997 sogar 12,2 % der Unternehmen mit 45 % der Lohnsummen eine besondere Arbeitsschutzorganisation nach den Kriterien der Beklagten eingeführt hätten. Zwar hat die Klägerin diese Zahlen bestritten, ohne allerdings konkrete Einwendungen zu erheben. Der Senat hat jedenfalls keine Veranlassung, den Ausführungen der Beklagten nicht zu folgen. Soweit die Klägerin bereits deshalb Zweifel an der Validität der Zahlen hat, weil es Fälle gegeben haben soll, in denen die Beklagte für den Gefahrtarifzeitraum 1995 bis 1997 zu Unrecht Herabsetzungen gewährt habe, handelt es sich um nicht bewiesene Spekulationen, die, selbst wenn sie zuträfen, lediglich den Verdacht begründen könnten, dass es zu Unregelmäßigkeiten bei früheren Herabsetzungsentscheidungen gekommen sein könnte. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben der Beklagten falsch oder ungenau sein könnten, ergeben sich hieraus nicht. Auch dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren sind hierfür keine Hinweise zu entnehmen, die zu einer Überprüfung Anlass geben könnten.
Damit sind die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Gefahrklasse nicht erfüllt. Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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