Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 10 U 77/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 1089/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. April 2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Anerkennung eines Unfalls vom 16. August 1973 als Arbeitsunfall.
Der 1950 geborene Kläger beantragte am 4. April 2002 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls vom 16. August 1973, bei welchem er sich eine traumatische Amputation des 5. Fingers rechts sowie Riss- und Schürfwunden an beiden Unterschenkeln zugezogen hatte. Der Kläger hatte sich damals mit dem Motorrad auf dem Weg zu einem Trainingslager der Sportwerbegruppe der BSG C U (heute: SV 1889 U) befunden. Der Unfall war mit Bescheid des FDGB vom 8. März 1988 als Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit anerkannt worden.
Mit Bescheid vom 8. August 2002 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen der Folgen des Unfalls ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, für den Unfall kämen nach dem Recht der ehemaligen DDR Leistungen aufgrund von § 1 der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 in Betracht. Mit der Rechtsangleichung würden auch diese Fälle grundsätzlich als Arbeitsunfälle in das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung – 3. Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) – übernommen und entschädigt (vgl. § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO). Der Gesetzgeber habe aber in § 1150 Abs. 2 RVO eine Ausnahme für diejenigen Unfälle vorgesehen, die nur nach dem Recht der ehemaligen DDR, nicht aber nach dem 3. Buch der RVO zu entschädigen gewesen seien und die dem nunmehr zuständigen Unfallversicherungsträger erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt würden. Der Unfall des Klägers wäre, wenn er in den alten Bundesländern eingetreten wäre, nach der RVO nicht zu entschädigen gewesen. Der Unfall habe sich beim Vereinssport ereignet und sei daher dem eigenwirtschaftlichen und somit unversicherten Bereich zuzurechnen, für den nach dem 3. Buch der RVO in den alten Bundesländern kein Unfallversicherungsschutz bestanden habe. Da der in Frage stehende Unfall jedoch erst nach dem 31. Dezember 1993 einem zuständigen Träger der Unfallversicherung bekannt geworden sei, seien die Voraussetzungen für eine Entschädigung aus dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erfüllt.
In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, ihm sei die "Stichtagsregelung" nicht bekannt gewesen. Im Übrigen sei der Unfall mit Bescheid vom 8. März 1988 bereits als "Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit" anerkannt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die hiergegen erhobene Klage (Aktenzeichen beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) S 10 U 166/02), zu deren Begründung der Kläger geltend gemacht hatte, er sei im Zeitraum von 1990 bis 1993 aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, den Unfall bei der Beklagten oder einer anderen dafür zuständigen Stelle zu melden, hat der Kläger zurückgenommen, nachdem das Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 4. Juli 2003 wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt und das Landessozialgericht Brandenburg die Beschwerde mit Beschluss vom 30. Oktober 2003 (Aktenzeichen L 7 B 106/03 U PKH) zurückgewiesen hatte.
Am 12. Januar 2004 beantragte der Kläger die Überprüfung der mit Bescheid vom 8. August 2002 getroffenen Entscheidung. Er verwies abermals darauf, dass er von der "Stichtagsregelung" keine Kenntnis gehabt habe und sein Gesundheitszustand im Rahmen einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie ihn im Übrigen daran gehindert habe, der Sache nachzugehen.
Mit Bescheid vom 3. März 2004 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 8. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2002 ab. Aus dem klägerischen Vorbringen ergäben sich keine Umstände, die für die Unrichtigkeit des Verwaltungsaktes sprächen. Der Kläger habe keinen Nachweis erbracht, dass der Unfall einem ab 1. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Unfallversicherungsträger bis 31. Dezember 1993 bekannt geworden sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2004 zurückgewiesen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger erneut betont, dass er von einer bis zum 31. Dezember 1993 laufenden Frist wegen seiner Krankheit keine Kenntnis gehabt habe. Da der Unfall bereits in der DDR als Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit anerkannt gewesen sei, habe er laut Einigungsvertrag sowieso bedingungslos in die Unterlagen der jetzigen BRD übernommen werden müssen.
Mit Urteil vom 27. April 2005 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht auf die im angefochtenen Bescheid und im Widerspruchsbescheid dargestellten Gründe verwiesen. Ergänzend hat es darauf verwiesen, dass sich das Landessozialgericht Brandenburg in seinem Beschluss im Rahmen der Beschwerde über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Aktenzeichen L 7 B 106/03 U) ausführlich dazu geäußert habe, aus welchen Gründen eine Wiedereinsetzung des Klägers in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Ausschlussregelung in § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO nicht erfolgen könne.
Gegen das am 28. September 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Oktober 2005 Berufung beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) eingelegt. Zur Begründung stützt er sich auf sein bisheriges Vorbringen. Er verweist darauf, dass er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt habe und reicht hierzu ein Schreiben des Kanzlers des Gerichtshofes vom 13. April 2006 zur Beschwerdenummer 4670/06 ein, in welchem mitgeteilt wird, der Gerichtshof werde sich mit dem Fall beschäftigen, sobald es der Geschäftsgang erlaube.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. April 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2004 sowie unter Rücknahme des Bescheides vom 8. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2002 zu verurteilen, den Unfall vom 16. August 1973 als Arbeitsunfall im Sinne der RVO anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. Dezember 2005 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden. Mit Schreiben vom 25. April 2006 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das Gericht an dieser Absicht festhält.
Zum übrigen Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte zum Geschäftszeichen verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfalls vom 16. August 1973 als Arbeitsunfall und Feststellung daraus resultierender Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen. Bei dem Verkehrsunfall vom 16. August 1973 handelt es sich nämlich nicht um einen Arbeitsunfall nach bundesdeutschem Recht.
Nach §§ 212, 215 Abs. 1 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind für die Übernahme von vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Unfällen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet weiterhin § 1150 Abs. 2 und 3 RVO anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO gelten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Sinne des 3. Buchs der RVO. Dies gilt jedoch nach Satz 2 Nr. 1 nicht für Unfälle und Krankheiten, die einem ab dem 1. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt werden und die nach dem 3. Buch der RVO nicht zu entschädigen wären.
Der Unfall vom 16. August 1973 ist in der DDR als Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit auf der Grundlage der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 anerkannt gewesen. Einem ab dem 1. Januar 1991 im Beitrittsgebiet zuständigen Träger (hier der Beklagten) ist der Unfall aber erst am 4. April 2002 bekannt geworden. Zudem ist der Unfall vom 16. August 1973 nach den Vorschriften der RVO (§ 548 RVO) nicht als Arbeitsunfall anzusehen. Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Arbeitsunfall nur ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannte Tätigkeiten erleidet. Der Kläger hat den Verkehrsunfall vom 16. August 1973 nicht bei einer dieser Tätigkeiten erlitten. Vielmehr befand sich der Kläger auf dem Weg zu einem von der Sportwerbegruppe der BSG C U organisierten Trainingslager, also auf dem Weg zum Vereinssport. Dabei handelt es sich nach bundesdeutschem Recht um eine eigenwirtschaftliche und damit unversicherte Tätigkeit.
Diese Rechtslage ist vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung bestätigt worden. Danach handelt es sich bei der Regelung des § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO um eine Ausschlussfrist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1150 RVO Nr. 4; BSG vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 10/02 R mit weiteren Nachweisen). Ansprüche aus nach dem Recht der DDR als Arbeitsunfälle geltenden Unfällen können nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht mehr bzw. nur noch unter Voraussetzung ihrer Entschädigungsfähigkeit nach dem Dritten Buch der RVO geltend gemacht werden und zwar unabhängig davon, ob diese durch Verwaltungsakt in der DDR bereits anerkannt worden sind oder nicht.
Das BSG hat weiter ausgeführt, dass es sich bei dieser Regelung um eine Vertrauensschutzregelung für eine Übergangszeit handelt. Den Versicherten aus dem Beitrittsgebiet soll für eine Übergangszeit umfassender Vertrauensschutz hinsichtlich der Anerkennung von nach dem Recht der ehemaligen DDR als Arbeitsunfällen geltenden Unfällen gewährt werden. Dieser Vertrauensschutz endet aber am Stichtag 31. Dezember 1993. Nach diesem Zeitpunkt ist im Interesse der Gleichbehandlung und Rechtseinheit nur noch das Recht der RVO unterschieds- und ausnahmslos anzuwenden. Daneben ist die Ausschlussfrist auch von Bedeutung für die Finanzplanung und Beitragsgestaltung der Unfallversicherungsträger, die nicht auf Dauer im Ungewissen belassen werden können, welche Altlasten ihnen aufgebürdet werden. Die Zulassung von Ausnahmen von dieser Stichtagsregelung – selbst für in der DDR bereits anerkannte Arbeitsunfälle – würde dem Sinn und Zweck der Regelung widersprechen. Dabei ist unerheblich, ob ein Versicherter Kenntnis von dieser Ausschlussfrist hat.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgrund der vom Kläger geltend gemachten Verhinderung der Unfallmeldung wegen einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie kommt – wie schon das LSG Brandenburg in seinem Beschluss vom 30. Oktober 2003 zum Aktenzeichen L 7 B 106/03 U PKH ausführlich dargestellt hat – in diesem Fall nicht in Betracht. Es ist anhand der vorhandenen Unterlagen nicht glaubhaft, dass im Sinne des § 27 Abs. 3 SGB X höhere Gewalt vorgelegen habe, welche es dem Kläger unmöglich gemacht habe, innerhalb eines Jahres seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung zu beantragen oder die versäumte Handlung nachzuholen.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Anerkennung eines Unfalls vom 16. August 1973 als Arbeitsunfall.
Der 1950 geborene Kläger beantragte am 4. April 2002 die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen eines Verkehrsunfalls vom 16. August 1973, bei welchem er sich eine traumatische Amputation des 5. Fingers rechts sowie Riss- und Schürfwunden an beiden Unterschenkeln zugezogen hatte. Der Kläger hatte sich damals mit dem Motorrad auf dem Weg zu einem Trainingslager der Sportwerbegruppe der BSG C U (heute: SV 1889 U) befunden. Der Unfall war mit Bescheid des FDGB vom 8. März 1988 als Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit anerkannt worden.
Mit Bescheid vom 8. August 2002 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen der Folgen des Unfalls ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, für den Unfall kämen nach dem Recht der ehemaligen DDR Leistungen aufgrund von § 1 der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 in Betracht. Mit der Rechtsangleichung würden auch diese Fälle grundsätzlich als Arbeitsunfälle in das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung – 3. Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) – übernommen und entschädigt (vgl. § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO). Der Gesetzgeber habe aber in § 1150 Abs. 2 RVO eine Ausnahme für diejenigen Unfälle vorgesehen, die nur nach dem Recht der ehemaligen DDR, nicht aber nach dem 3. Buch der RVO zu entschädigen gewesen seien und die dem nunmehr zuständigen Unfallversicherungsträger erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt würden. Der Unfall des Klägers wäre, wenn er in den alten Bundesländern eingetreten wäre, nach der RVO nicht zu entschädigen gewesen. Der Unfall habe sich beim Vereinssport ereignet und sei daher dem eigenwirtschaftlichen und somit unversicherten Bereich zuzurechnen, für den nach dem 3. Buch der RVO in den alten Bundesländern kein Unfallversicherungsschutz bestanden habe. Da der in Frage stehende Unfall jedoch erst nach dem 31. Dezember 1993 einem zuständigen Träger der Unfallversicherung bekannt geworden sei, seien die Voraussetzungen für eine Entschädigung aus dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nicht erfüllt.
In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, ihm sei die "Stichtagsregelung" nicht bekannt gewesen. Im Übrigen sei der Unfall mit Bescheid vom 8. März 1988 bereits als "Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit" anerkannt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die hiergegen erhobene Klage (Aktenzeichen beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) S 10 U 166/02), zu deren Begründung der Kläger geltend gemacht hatte, er sei im Zeitraum von 1990 bis 1993 aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, den Unfall bei der Beklagten oder einer anderen dafür zuständigen Stelle zu melden, hat der Kläger zurückgenommen, nachdem das Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 4. Juli 2003 wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt und das Landessozialgericht Brandenburg die Beschwerde mit Beschluss vom 30. Oktober 2003 (Aktenzeichen L 7 B 106/03 U PKH) zurückgewiesen hatte.
Am 12. Januar 2004 beantragte der Kläger die Überprüfung der mit Bescheid vom 8. August 2002 getroffenen Entscheidung. Er verwies abermals darauf, dass er von der "Stichtagsregelung" keine Kenntnis gehabt habe und sein Gesundheitszustand im Rahmen einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie ihn im Übrigen daran gehindert habe, der Sache nachzugehen.
Mit Bescheid vom 3. März 2004 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 8. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2002 ab. Aus dem klägerischen Vorbringen ergäben sich keine Umstände, die für die Unrichtigkeit des Verwaltungsaktes sprächen. Der Kläger habe keinen Nachweis erbracht, dass der Unfall einem ab 1. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Unfallversicherungsträger bis 31. Dezember 1993 bekannt geworden sei. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2004 zurückgewiesen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage hat der Kläger erneut betont, dass er von einer bis zum 31. Dezember 1993 laufenden Frist wegen seiner Krankheit keine Kenntnis gehabt habe. Da der Unfall bereits in der DDR als Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit anerkannt gewesen sei, habe er laut Einigungsvertrag sowieso bedingungslos in die Unterlagen der jetzigen BRD übernommen werden müssen.
Mit Urteil vom 27. April 2005 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht auf die im angefochtenen Bescheid und im Widerspruchsbescheid dargestellten Gründe verwiesen. Ergänzend hat es darauf verwiesen, dass sich das Landessozialgericht Brandenburg in seinem Beschluss im Rahmen der Beschwerde über die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Aktenzeichen L 7 B 106/03 U) ausführlich dazu geäußert habe, aus welchen Gründen eine Wiedereinsetzung des Klägers in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Ausschlussregelung in § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO nicht erfolgen könne.
Gegen das am 28. September 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10. Oktober 2005 Berufung beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) eingelegt. Zur Begründung stützt er sich auf sein bisheriges Vorbringen. Er verweist darauf, dass er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gewandt habe und reicht hierzu ein Schreiben des Kanzlers des Gerichtshofes vom 13. April 2006 zur Beschwerdenummer 4670/06 ein, in welchem mitgeteilt wird, der Gerichtshof werde sich mit dem Fall beschäftigen, sobald es der Geschäftsgang erlaube.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. April 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2004 sowie unter Rücknahme des Bescheides vom 8. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2002 zu verurteilen, den Unfall vom 16. August 1973 als Arbeitsunfall im Sinne der RVO anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. Dezember 2005 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden. Mit Schreiben vom 25. April 2006 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das Gericht an dieser Absicht festhält.
Zum übrigen Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte zum Geschäftszeichen verwiesen.
II.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfalls vom 16. August 1973 als Arbeitsunfall und Feststellung daraus resultierender Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen. Bei dem Verkehrsunfall vom 16. August 1973 handelt es sich nämlich nicht um einen Arbeitsunfall nach bundesdeutschem Recht.
Nach §§ 212, 215 Abs. 1 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind für die Übernahme von vor dem 1. Januar 1992 eingetretenen Unfällen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet weiterhin § 1150 Abs. 2 und 3 RVO anzuwenden. Gemäß § 1150 Abs. 2 Satz 1 RVO gelten Unfälle und Krankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Sinne des 3. Buchs der RVO. Dies gilt jedoch nach Satz 2 Nr. 1 nicht für Unfälle und Krankheiten, die einem ab dem 1. Januar 1991 für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger der Unfallversicherung erst nach dem 31. Dezember 1993 bekannt werden und die nach dem 3. Buch der RVO nicht zu entschädigen wären.
Der Unfall vom 16. August 1973 ist in der DDR als Unfall bei gesellschaftlicher Tätigkeit auf der Grundlage der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 anerkannt gewesen. Einem ab dem 1. Januar 1991 im Beitrittsgebiet zuständigen Träger (hier der Beklagten) ist der Unfall aber erst am 4. April 2002 bekannt geworden. Zudem ist der Unfall vom 16. August 1973 nach den Vorschriften der RVO (§ 548 RVO) nicht als Arbeitsunfall anzusehen. Gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO ist ein Arbeitsunfall nur ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannte Tätigkeiten erleidet. Der Kläger hat den Verkehrsunfall vom 16. August 1973 nicht bei einer dieser Tätigkeiten erlitten. Vielmehr befand sich der Kläger auf dem Weg zu einem von der Sportwerbegruppe der BSG C U organisierten Trainingslager, also auf dem Weg zum Vereinssport. Dabei handelt es sich nach bundesdeutschem Recht um eine eigenwirtschaftliche und damit unversicherte Tätigkeit.
Diese Rechtslage ist vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung bestätigt worden. Danach handelt es sich bei der Regelung des § 1150 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RVO um eine Ausschlussfrist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1150 RVO Nr. 4; BSG vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 10/02 R mit weiteren Nachweisen). Ansprüche aus nach dem Recht der DDR als Arbeitsunfälle geltenden Unfällen können nach Ablauf der Ausschlussfrist nicht mehr bzw. nur noch unter Voraussetzung ihrer Entschädigungsfähigkeit nach dem Dritten Buch der RVO geltend gemacht werden und zwar unabhängig davon, ob diese durch Verwaltungsakt in der DDR bereits anerkannt worden sind oder nicht.
Das BSG hat weiter ausgeführt, dass es sich bei dieser Regelung um eine Vertrauensschutzregelung für eine Übergangszeit handelt. Den Versicherten aus dem Beitrittsgebiet soll für eine Übergangszeit umfassender Vertrauensschutz hinsichtlich der Anerkennung von nach dem Recht der ehemaligen DDR als Arbeitsunfällen geltenden Unfällen gewährt werden. Dieser Vertrauensschutz endet aber am Stichtag 31. Dezember 1993. Nach diesem Zeitpunkt ist im Interesse der Gleichbehandlung und Rechtseinheit nur noch das Recht der RVO unterschieds- und ausnahmslos anzuwenden. Daneben ist die Ausschlussfrist auch von Bedeutung für die Finanzplanung und Beitragsgestaltung der Unfallversicherungsträger, die nicht auf Dauer im Ungewissen belassen werden können, welche Altlasten ihnen aufgebürdet werden. Die Zulassung von Ausnahmen von dieser Stichtagsregelung – selbst für in der DDR bereits anerkannte Arbeitsunfälle – würde dem Sinn und Zweck der Regelung widersprechen. Dabei ist unerheblich, ob ein Versicherter Kenntnis von dieser Ausschlussfrist hat.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgrund der vom Kläger geltend gemachten Verhinderung der Unfallmeldung wegen einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie kommt – wie schon das LSG Brandenburg in seinem Beschluss vom 30. Oktober 2003 zum Aktenzeichen L 7 B 106/03 U PKH ausführlich dargestellt hat – in diesem Fall nicht in Betracht. Es ist anhand der vorhandenen Unterlagen nicht glaubhaft, dass im Sinne des § 27 Abs. 3 SGB X höhere Gewalt vorgelegen habe, welche es dem Kläger unmöglich gemacht habe, innerhalb eines Jahres seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung zu beantragen oder die versäumte Handlung nachzuholen.
Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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