L 3 U 34/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 801/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 34/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. April 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des Ereignisses vom 08. Juli 1993 im Wege des Überprüfungsverfahrens.

Die 1951 geborene Klägerin arbeitete seit 01. Juli 1993 als Konstrukteurin, als sie am 08. Juli 1993 beim Umstellen der Zeichenmaschine mit der rechten Hand umknickte. Sie zog sich eine Distorsion des rechten Handgelenks zu (Durchgangsarztbericht von Dr. T vom 12. Juli 1993). Der Durchgangsarzt bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bis zum 13. Juli 1993. In einem Nachschaubericht vom 20. Oktober 1993 berichtete Dr. T, die allgemeine Heilbehandlung sei am 13. Juli 1993 abgeschlossen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin über subjektive Beschwerden bei einer objektiv uneingeschränkten Funktion im Handgelenk geklagt. Am 21. Juli 1993 sei die Klägerin wieder mit Schmerzen im Handgelenksbereich erschienen, die sie auf den Unfall bezogen habe. Er selbst könne jedoch keinen Zusammenhang sehen. Die Klägerin klage immer wieder über diffuse Beschwerden im Handgelenk, ohne dass klinisch eine Einschränkung feststellbar sei und ohne dass Schwellungen sicht- oder tastbar seien. Eine am 04. Oktober 1993 durchgeführte Arthrographie des rechten Handgelenks ergab eine fragliche Rissbildung des Diskus triangularis (Zwischenbericht des O-H-H vom 25. Oktober 1993). Bei der am 15. November 1993 im OHH durchgeführten Arthroskopie fand sich ein aufgefaserter Riss des Diskus triangularis. Es wurde deshalb operativ eine zentrale Kehlung vorgenommen (Zwischenbericht vom 20. November 1993).

Zur Klärung der Zusammenhangsfrage ließ die Beklagte die Klägerin durch den Orthopäden Dr. K untersuchen und begutachten. In seinem Gutachten vom 05. Februar 1994 legte der Gutachter folgende Unfallschilderung der Klägerin zugrunde: "Am 08. Juli 1993 hatte Frau S. eine neue Zeichenmaschine zu bedienen, hierbei musste sie einen schwergängigen Hebel aus leicht schräger Stellung über die Waagerechte herunterdrücken, um die entsprechende Feder zu lösen. Frau S. hatte diesen Hebel bereits ein- oder zweimal vorher zwar mit Mühe, aber ohne nachfolgende Beschwerden bedient. In diesem Fall musste sie die rechte Hand in leichter Schrägstellung in Beugung halten. Der Hebel sei keineswegs zurückgeschnellt oder irgendwie plötzlich festgehakt. Unmittelbar bei dieser Bewegung trat ein Schmerz im rechten Handgelenk auf, ohne dass es nachfolgend zu einem Hämatom oder einer Schwellung gekommen war. Der Schmerz betraf das gesamte Handgelenk, keineswegs nur die Ulnarseite. Er verschlimmerte sich auch beim Schreiben." Dr. K kam zu dem Ergebnis, der Unfallmechanismus habe einem arbeitsüblichen Vorgang mit einer gewissen Gewaltanwendung, jedoch ohne maximale Beanspruchung des rechten Handgelenks und ohne zusätzliche Einwirkung einer Gewalt von außen entsprochen. Dieses Ereignis sei nicht geeignet gewesen, im Sinne einer wesentlichen Teilursache eine Zerreißung des Diskus triangularis auszulösen. Die zunächst und auch jetzt angegebene Schwäche des rechten Arms lasse sich auf das Unfallereignis nicht ursächlich zurückführen. Das Ereignis sei auch nicht geeignet gewesen, eine wesentliche Verschlimmerung des vorbestehenden Leidens auszulösen. Mit weiterem Zwischenbericht vom 14. Februar 1994 teilte das OHH mit, die Klägerin sei voraussichtlich ab dem 01. März 1994 wieder arbeitsfähig. Bei kritischer Würdigung des Unfallgeschehens als auch des OP-Berichts sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Diskus-triangularis-Einriss um eine Gelegenheitsursache auf dem Boden degenerativer Veränderungen handele. Eine weitere berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung komme deshalb nicht in Betracht. Daraufhin lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für Schäden, die nach dem Ereignis vom 08. Juli 1993 an dem rechten Handgelenk festgestellt worden seien, mit Bescheid vom 25. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1994 ab.

Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin, Aktenzeichen S 69 U 433/94, erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Ziel, Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des Ereignisses vom 08. Juli 1993 zu erhalten, weiter. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. November 1995 erklärte die Klägerin, die Angaben zum Ereignisablauf in der Unfallanzeige seien im Wesentlichen richtig. Sie habe mit der rechten Hand den Hebel einer Zeichenmaschine, der festgesessen habe, bewegen wollen. Hierbei sei der Schmerz eingetreten.

Durch Urteil vom 13. November 1995 wies das Sozialgericht die Klage ab und stützte sich zur Begründung im Wesentlichen auf das Gutachten von Dr. K. Mit ihrer dagegen bei dem Landessozialgericht Berlin, Aktenzeichen L 2 U 8/96 W 01-3, eingelegten Berufung machte die Klägerin geltend, die Darstellung des Unfallhergangs im Durchgangsarztbericht sei unzutreffend, richtig seien vielmehr ihre Angaben gegenüber ihrem Arbeitgeber. Sie habe am Unfalltag an einem Zeichentisch der Firma LModell "G" gearbeitet. Der Hersteller werbe damit, dass mit der an dem Tisch vorhandenen Handverstellung ein einfaches Anheben und Absenken der Arbeitsplatzfläche sowie eine Schrägstellung in Sekundenschnelle möglich sei. Die stufenlose Schrägverstellung des Tisches werde mit einem die Zugfeder unterstützenden Klemmhebel gelöst und arretiert. Die Zugfedern sollten dabei so eingestellt sein, dass sich der Arretierhebel mit leichter Handkraft bedienen lasse. Der ihr zur Verfügung gestellte Zeichentisch sei jedoch defekt gewesen. An diesem sei der Arretierhebel zur Schrägstellung der Zeichenplatte falsch eingestellt gewesen. Die Zugfeder habe zudem eine erheblich zu hohe Vorspannung aufgewiesen. Dies habe dazu geführt, dass der Hebel sich nur mit einer erheblichen Kraftanstrengung habe bewegen lassen. Dennoch habe sie versucht, den Zeichentisch mittels des dafür vorgesehenen Arretierhebels entsprechend ihren Bedürfnissen einzustellen. Sie habe dabei auf den nach ergonomischen Gesichtspunkten nicht für eine derartig hohe Kraftanstrengung ausgelegten Arretierhebel einen so großen Druck ausgeübt, dass es bei ihr zu einem Riss des Diskus triangularis am rechten Handgelenk gekommen sei. Es habe sich um eine traumatische Verletzung gehandelt, die nicht auf irgendwelche Vorschäden zurückzuführen sei. Die Klägerin legte diverse Unterlagen vor, unter anderem eine Produktbeschreibung des Modells "G" durch die Fa. L, einen MRT-Befund vom 18. März 1996 und den Operationsbericht vom 15. November 1993, in dem der Operateur, Oberarzt Dr. F, ausführte, es handele es um einen insgesamt degenerativ veränderten Meniskus. Die resezierten Teile seien zu klein gewesen, um sie zur histologischen Untersuchung einzusenden. In Verbindung mit der Unfallanamnese sei jedoch eine Gelegenheitsursache als schmerzauslösendes Ereignis anzunehmen. Ein Trauma im engeren Sinne habe nicht vorgelegen.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) veranlasste der 2. Senat eine Begutachtung der Klägerin durch den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. B, der in seinem Gutachten vom 09. Januar 1997 zu dem Ergebnis kam, bei der Klägerin lägen keine relevanten Gesundheitsstörungen an beiden Händen oder Armen vor. Der Zustand nach arthroskopisch partieller Diskusresektion des Diskus triangularis rechts sei objektiv folgenlos überwunden worden. Funktionelle Einschränkungen bestünden nicht. Die bei der Klägerin vorliegenden Schmerzen im Bereich der oberen rechten Extremität beruhten unfallunabhängig auf degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule. Keine dieser Gesundheitsstörungen seien im Sinne einer erstmaligen Entstehung oder im Sinne der wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens auf das Geschehen vom 08. Juli 1993 zurückzuführen. Der Arbeitsablauf als solcher sei als Gelegenheitsursache zu werten.

Durch Urteil vom 06. Mai 1997 wies das Landessozialgericht Berlin die Berufung der Klägerin mit der Begründung zurück, es sei nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die von der Klägerin behaupteten Gesundheitsstörungen, die nach den Ausführungen von Dr. B zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht mehr vorlagen, im Sinne der erstmaligen Entstehung oder im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens auf das Geschehen vom 08. Juli 1993 zurückzuführen seien. Die von der Klägerin vorgelegten medizinischen Unterlagen seien für die hier maßgebliche Zusammenhangsfrage ohne Bedeutung. Der medizinische Sachverhalt habe sich weder als widersprüchlich noch als unzureichend aufgeklärt dargestellt. Weitere medizinische Ermittlungen hätten sich dem Senat deshalb nicht aufgedrängt. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wies das Bundessozialgericht durch Beschluss vom 17. Februar 1998, Aktenzeichen B 2 U 142/07 B, zurück. Den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 18. Juni 2001, den die Klägerin damit begründete, der MRT-Befund vom 18. März 1996, auf den sich das Urteil des LSG stütze, sei durch den MRT-Befund vom 23. April 2001 teilweise widerlegt worden, verwarf der Senat durch Urteil vom 27. August 2002 als unzulässig, denn das zur Begründung erstellte MRT datiere vom 23. April 2001 und damit lange nach dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozess.

Einen erstmals am 16. Januar 1998 gestellten Antrag auf Übernahme der Kosten der für den Lebensunterhalt erforderlichen Geräte (d.h. Geschirrspülautomat, Waschmaschine - geeignet für Handwäsche -, Bügelmaschine) und eine Haushaltshilfe lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 10. Februar 1998 unter Hinweis auf den bindend gewordenen Bescheid vom 25. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1994 ab. Am 09. März 1998 machte die Klägerin geltend, es sei eine Verschlimmerung des Zustands ihres rechten Handgelenks eingetreten. Dieser Antrag wurde ebenfalls mit Schreiben vom 18. März 1998 unter Hinweis auf die bindend gewordenen Bescheide abgelehnt. Es sei möglich, dass sich die Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks im Laufe der Jahre verschlimmert hätten. Diese Beschwerden seien jedoch, wie gerichtlich bindend festgestellt worden sei, nicht auf die Folgen des Ereignisses vom 08. Juli 1993 zurückzuführen.

Am 17. Juli 2000 machte die Klägerin die Anerkennung eines am 08. Juli 1993 erlittenen Arbeitsunfalls geltend. Aufgrund der unfallbedingten Minderbelastbarkeit des rechten Handgelenks habe sie sich am 26. April 2000 beim Ausziehen des Malleotrain vom rechten Fußgelenk den Daumen der rechten Hand verstaucht. Durch jahrelange Überbelastung des linken Arms leide sie seit September 1997 unter einer Epikondylitis und seit November 1999 sei ihr linkes Handgelenk entzündet. Dies sei in erster Linie durch Abwaschen von Geschirr, Bügeln und andere belastende Hausarbeiten verursacht worden. Da sie nun Angst habe, dass sich die im März 1997 attestierte Arthrose durch die ständige Überbelastung verschlimmere und die Schmerzen auf Dauer unerträglich seien, habe sie sich unter großen finanziellen Schwierigkeiten eine Geschirrspülmaschine gekauft. Sie erwartet die Übernahme der entstandenen Kosten in Höhe von 1.905,00 DM. Dem Schreiben beigefügt war ein Röntgenbefund beider Hände vom 19. Juni 2000, wonach ein unveränderter Befund gegenüber 1997 bestehe; die geringe Verschmälerung des Carporadialgelenks sei differenzialdiagnostisch doch eher durch eine Anlagevariante des Navikulare als durch einen Arthroseosteophyten zu sehen. Im Übrigen bestehe ein unauffälliger Röntgenbefund an beiden Händen. Außerdem fügte die Klägerin die Rechnung über einen MGeschirrspüler vom 12. Dezember 1999 bei. Mit Bescheid vom 24. Juli 2000 lehnte die Beklagte eine Neufeststellung nach § 44 Sozialgesetzbuch X (SGB X) ab, da von der Klägerin kein neuer Sachverhalt geschildert worden sei, der im Feststellungs- und anschließenden Klageverfahren nicht berücksichtigt worden sei. Durch Widerspruchsbescheid vom 11. September 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Befund der Röntgenuntersuchung vom 19. Juni 2000 beschreibe keine knöcherne Verletzung der Hände.

Mit ihrer dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, kein Gutachter sei bisher auf die eindeutigen Befunde und ihren tatsächlichen Gesundheitszustand eingegangen. Es sei eindeutig bewiesen, dass zusätzlich zu der Läsion im Diskus triangularis das distale Radioulnargelenk lädiert und nach den neuesten Röntgenaufnahmen vom 21. Juni 2000 der Navikularknochen in Richtung des Carporadialgelenks verschoben worden sei. Die Annahme einer Anlagevariante durch den Radiologen Dr. K sei falsch, denn er habe die vorliegenden Befunde vom 04. Oktober und 03. November 1993 und 19. März 1996 sowie den Unfallhergang an der Zeichenmaschine am 08. Juli 1993 nicht gekannt. Dass bei den bisherigen Untersuchungen die Verziehung des Navikularknochens nicht erkannt worden sei, führe sie auf die schlechte Qualität der vorhergehenden Aufnahmen zurück.

Zum Unfallhergang hat die Klägerin nunmehr geltend gemacht, der Hebel, der an der Zeichenmaschine gewesen sei, sei zu fest gesetzt gewesen. Dies habe mit einem Inbusschlüssel geregelt werden können. Als sie indessen den Hebeldruck habe regulieren wollen, sei der Hebel zurückgeschnellt und gegen den Arm geschlagen. Ihr Navikulargelenk sei ebenso wie die anderen Gelenkteile in Mitleidenschaft gezogen worden. Insbesondere sei der Diskus triangularis eingerissen. Mit Bescheid vom 04. Februar 2002 hat die Beklagte einen weiteren Antrag der Klägerin vom 13. Januar 2002 auf Übernahme der Kosten für eine Bügelmaschine, eine Waschmaschine sowie für eine Haushaltshilfe abgelehnt. Da ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe, seien auch keine Leistungen aufgrund des Ereignisses vom 08. Juli 1993 zu erbringen.

Zur Ermittlung des Sachverhalts hat das Sozialgericht ein Vorerkrankungsverzeichnis der Techniker Krankenkasse seit Juni 1992 eingeholt. Dann hat das Sozialgericht die Klage durch Gerichtsbescheid vom 08. April 2004 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach den vorliegenden Unterlagen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung der Beklagten in ihrem Bescheid vom 25. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1994, der Klägerin seien wegen der nach dem Ereignis vom 08. Juli 1993 festgestellten rechtsseitigen Schädigung des Diskus triangularis keine Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, rechtswidrig gewesen sei. Deshalb sei auch die Entscheidung der Beklagten im vorliegend angefochtenen und streitgegenständlichen Bescheid vom 24. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2000, die genannten Bescheide nicht nach § 44 SGB X aufzuheben, ebenso wenig zu beanstanden, wie der nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtstreits gewordene Bescheid vom 04. Februar 2002, mit dem die Beklagte die Übernahme von Kosten für eine Bügelmaschine, eine Waschmaschine und eine Haushaltshilfe abgelehnt habe. Die Entscheidung der Beklagten, der Klägerin seien wegen der nach dem 08. Juli 1993 im Bereich ihres rechten Handgelenks festgestellten Läsion des Diskus triangularis keine Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, weil dieser Gesundheitsschaden nicht im Sinne einer rechtlich wesentlichen Verursachung auf das Ergebnis vom 08. Juli 1993 zurückzuführen sei, da es mit keiner relevanten Gewalteinwirkung von außen auf das rechte Handgelenk der Klägerin verbunden gewesen sei und deshalb keinen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstelle, könne sich auf die Ergebnisse mehrerer Begutachtungen der Klägerin stützen. Dementsprechend sei die gegen den Bescheid vom 25. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1994 erhobene Klage sowohl vor dem Sozialgericht als auch in der Berufung vom dem Landessozialgericht Berlin und beim Bundessozialgericht erfolglos geblieben. Die Klägerin habe nicht plausibel machen können, weshalb alle in der Vergangenheit eingeholten Gutachten unzutreffend sein sollten. Insbesondere sei nicht zu erkennen, dass die Befundung der Röntgenaufnahmen vom 21. Juni 2000 sowie die MRT-Aufnahmen vom 23. April 2001 eine andere Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts rechtfertigten. Denn diese könnten in den zentralen Gesichtspunkten der Kausalitätsbeurteilung, nämlich der Ungeeignetheit des Ereignisses vom 08. Juli 1993, eine traumatische Diskus-triangularis-Läsion zu verursachen, aufgrund der Feststellung einer erheblichen Degeneration des geschädigten Meniskusgewebes durch Dr. F in seinem OP-Bericht vom 15. November 1993 und des Fehlens der einer traumatischen Diskus-triangularis-Läsion entsprechenden klinischen Symptomatik nach dem 08. Juli 1993 nichts ändern. Dabei gehe die Kammer entsprechend dem früheren Vorbringen der Klägerin davon aus, dass sie bei dem Versuch, den sehr schwer zu bewegenden Verstellhebel der Zeichenmaschine zu lösen, plötzlich starke Schmerzen im Bereich des rechten Arms verspürt habe. Wenn sie jetzt erstmals im Klageverfahren vortragen lasse, der Hebel sei mit Wucht auf ihren rechten Arm geschlagen, stehe dies in eklatantem Widerspruch zu ihren jahrelangen Darlegungen zum Ereignis vom 08. Juli 1993. Auch von einem von der Klägerin mit Vehemenz geforderten technischen Zusammenhangsgutachten sei schon deshalb keine zusätzliche Erkenntnis zu erwarten, weil die aufzuwendende Kraft beim Lösen des Verstellhebels der Zeichenmaschine davon abhänge, wie stark die Befestigung zuvor zugeklemmt gewesen sei. Darauf sei vom Hersteller der Zeichenmaschine bereits mit Schreiben vom 01. Februar 1996 hingewiesen worden.

Gegen den am 22. April 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 21. Mai 2004 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie nunmehr geltend macht, sie habe am 08. Juli 1993 während der Ausübung ihrer bei der Beklagten versicherten Berufstätigkeit als Bauingenieurin beim Umstellen einer Zeichenmaschine in der rechten Hand dadurch einen erheblichen Schmerz erlitten, dass eine stark angespannte Feder in dieser Zeichenmaschine sich plötzlich gelöst und das gesamte Gewicht der Maschine auf ihrem Handgelenk geruht habe. Hieraus resultierten die multiplen gesundheitlichen Störungen, die bis heute andauerten. Dem Gutachten von Dr. Bkönne nicht gefolgt werden, da dieser den Begriff des Unfalls verkenne. Dadurch, dass der Umstellhebel des Zeichentischs sehr schwergängig gewesen sei, sei ein erheblicher Kraftaufwand zur Lösung des Hebels notwendig gewesen, der sodann dazu geführt habe, dass das gesamte Gewicht des Tischs plötzlich und unerwartet auf dem rechten Arm und insbesondere ihrem rechten Handgelenk gelastet habe. Das Gericht gehe auch in der Annahme fehl, dass ein technisches Zusammenhangsgutachten keinerlei Erkenntnisse erbrächte. Denn zum einen sei nicht geklärt, inwieweit die anzuwendende Kraft beim Lösen des Feststellhebels der von ihr genutzten Zeichenmaschine tatsächlich davon abhänge, wie stark die Befestigung zuvor arretiert bzw. zugeklemmt gewesen sei. Dies habe der Hersteller lediglich behauptet. Zum anderen sei ein technisches Gutachten zumindest in der Lage, die Möglichkeit einer starken Krafteinwirkung anzunehmen, so dass dann wiederum die Kausalität für die von ihr unmittelbar und in den Jahren nach dem Unfallereignis erlittenen multiplen Implikationen und Schmerzen festgestellt werden könnten. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei auch insofern verfahrensfehlerhaft, als kein weiteres medizinisches Gutachten in Auftrag gegeben worden sei. Hiefür benötige ein für die Begutachtung beauftragter ärztlicher Gutachter nur diejenigen Unterlagen, die über den Krankheitsverlauf des rechten Arms, des rechten Handgelenks und der rechten Hand Aufschluss gäben.

Die Klägerin hat ein Schreiben der Firma L vom 24. Mai 2004 vorgelegt und führt dazu aus, die Behauptung des Herstellers, die Kraft beim Lösen des Feststellungshebels hänge davon ab, wie stark die Befestigung zuvor arretiert bzw. zugeklemmt worden sei, sei bereits deshalb nicht zutreffend, weil nicht allein die Befestigung bzw. Arretierung, sondern die Kraft, die mittels Zugfeder auf die Hand vermittelt werde, entscheidend sei. Um dies zu verdeutlichen, sei es notwendig, die Funktionsweise und den Aufbau des Tischs zu klären. Außerdem hat die Klägerin ein Attest der Orthopäden Dres. K und S vom 11. Januar 2005, bei denen sie seit März 2003 in Behandlung ist, und einen weiteren Bericht einer MRT-Untersuchung des rechten Handgelenks am 03. Januar 2005 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 08. April 2004 und den Bescheid vom 24. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2000 sowie den Bescheid vom 13. Januar 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Rücknahme des Bescheides vom 25. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1994 zu verurteilen, die Ruptur des Diskus triangularis sowie den Ulnarvorschub und die Läsion im distalen Radioulnargelenk als Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. Juli 1993 anzuerkennen und Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, insbesondere die Kosten für eine Bügelmaschine, eine Waschmaschine, einen Geschirrspüler und eine Haushaltshilfe zu übernehmen, sowie ihr vom frühestmöglichen Zeitpunkt an Verletztengeld und Verletztenrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, es bedürfe keines technischen Gutachtens, denn die aufgewendete Kraft sei nicht das ausschlaggebende Kriterium für ihre Entscheidung über den Versicherungsfall gewesen. Vielmehr seien die nach dem Ereignis geklagten Beschwerden für den festgestellten Befund und nach den medizinischen Feststellungen uncharakteristisch gewesen. Die Beklagte macht außerdem geltend, aus dem Attest der Dres. K und S könne nicht der Rückschluss gezogen werden, dass zum Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses vom 08. Juli 1993 keinerlei degenerative Veränderungen im Bereich des rechten Handgelenkes vorhanden gewesen seien. Dies widerspreche nämlich den eindeutigen Feststellungen anlässlich der am 15. November 1993 durchgeführte Arthroskopie, die einen längstverlaufenden, aufgefaserten Riss des insgesamt degenerativ veränderten Diskus triangularis ergeben habe. Eine histologische Untersuchung sei nicht möglich gewesen, weil die resezierten Teile zu klein gewesen seien. Eine beginnende Arthrose sei bereits 1997 anlässlich einer Röntgenuntersuchung vom 04. März 1997 festgestellt worden, und zwar an beiden Handgelenken.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte sowie auf die Verfahrensakte S 69 U 433/94/ L 2 U 8/96 W 01-3 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 25. April 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1994. Die Rücknahme dieser Bescheide hat die Beklagte mit Bescheid vom 24. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. September 2000 zu Recht abgelehnt. Der Bescheid vom 04. Februar 2002 ist allenfalls analog § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, denn weder ersetzt noch ändert er die streitgegenständliche Entscheidung der Beklagten, die bindenden Bescheide nicht zurückzunehmen. Allerdings hält es der Senat wegen des engen Sachzusammenhangs in diesem Einzelfall aus prozessökonomischen Gründen für zulässig, den Bescheid vom 04. Februar 2002 in das Verfahren einzubeziehen.

Gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Beklagte hat bei Erlass des Bescheides vom 25. April 1994 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat. Die Beklagte hat zu Recht die Gewährung von Entschädigungsleistungen für Schäden, die nach dem Ereignis vom 08. Juli 1993 an dem rechten Handgelenk festgestellt worden sind, abgelehnt. Diese Entscheidung der Beklagten ist durch rechtskräftiges Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 06. Mai 1997, Aktenzeichen L 2 U 8/96 W 01-3, bestätigt worden. Die Nichtzulassungsbeschwerde bei dem Bundessozialgericht ist erfolglos geblieben und auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist durch Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 27. August 2002 als unzulässig verworfen worden. Damit ist rechtskräftig festgestellt, dass die Ruptur des Diskus triangularis nicht wahrscheinlich auf dem Ereignis vom 08. Juli 1993 beruht. Daraus folgt, dass die von der Klägerin außerdem geltend gemachten Folgeschäden in Form eines Ulnarvorschub und einer Läsion im distalen Radioulnargelenk nicht in einem kausalen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen stehen.

Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht ausführlich dargelegt hat, im Überprüfungsverfahren keine Argumente vorgetragen, die die Beklagte nicht bereits bei Erteilung des zu überprüfenden Bescheides berücksichtigt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Auffassung der Klägerin, das im Berufungsverfahren vorgelegte Attest der Dres. K und S vom 11. Januar 2005 belege den Kausalzusammenhang, vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar enthält das Attest die Einschätzung des Arztes, es sei glaubhaft, dass die Beschwerden und auch die Arthrose auf den damaligen Unfall zurückzuführen seien. Es ist aber weder bekannt, auf welchen Unfall der Arzt die Arthrose am rechten Handgelenk zurückführt, noch welche Einzelheiten ihm hinsichtlich des Unfallgeschehens und der Krankheitsgeschichte des rechten Handgelenkes vorgelegen haben. Allein der Umstand, dass sich bei der Klägerin im Bereich des rechten Handgelenks eine beginnende Arthrose zeigt, sagt über den Kausalzusammenhang nichts aus. Sie besagt lediglich, dass die Arthrose möglicherweise auf den Riss des Diskus triangularis zurückzuführen ist, nicht aber, ob der Diskus triangularis auf dem Ereignis vom 08. Juli 1993 beruht. Der Senat teilt auch nicht die Ansicht der Klägerin, ein technisches Gutachten zur Klärung des Kausalzusammenhangs sei erforderlich, weil die Angaben des Herstellers des Zeichentischs, die anzuwendende Kraft beim Lösen des Feststellhebels hänge davon ab, wie stark die Befestigung zuvor eingeklemmt sei, unzutreffend seien. Zum einen hat die Klägerin die Richtigkeit der Angaben des Herstellers nur pauschal bestritten, ohne näher darzulegen, aus welchen Gründen dessen Angaben falsch sein sollen. Zum anderen kann allein maßgebend nur der konkrete Unfallhergang sein und erst dann kann möglicherweise abgeklärt werden, wie stark die Kräfte waren, die sich auf das Handgelenk der Klägerin ausgewirkt haben. Aus den Unfallschilderungen der Klägerin in den verschiedenen Verfahrensstadien wird jedoch ersichtlich, dass diese umso drastischer werden, je länger das Unfallereignis zurückliegt. Zuletzt soll das gesamte Gewicht des Tischs plötzlich und unerwartet auf dem rechten Arm und insbesondere dem rechten Handgelenk der Klägerin gelastet haben. Abgesehen davon, dass die Klägerin für diese Behauptung keinen Beweis angetreten hat, hat der Senat auch deshalb erhebliche Zweifel, dieser Unfallschilderung, die von der Unfallschilderung gegenüber dem Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung am 13. November 1995 deutlich abweicht, zu folgen, weil entsprechende Verletzungen zumindest äußerlich im Bereich des rechten Arms der Klägerin in Form von Prellmarken oder Hämatomen hätten ersichtlich sein müssen. Aus dem Durchgangsarztbericht von Dr. T vom 12. Juli 1993 ergeben sich aber keine Hinweise auf solche Begleitverletzungen. Darüber hinaus haben die medizinischen Gutachter und die die Klägerin im Unfallzeitraum behandelnden Ärzte überzeugend erklärt, dass und aus welchen Gründen die Gesundheitsstörungen im Bereich der rechten Hand degenerativer und nicht traumatischer Natur sind. Die Ausführungen der Klägerin waren daher nicht geeignet, den Senat, der dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen folgt, zu weiteren Ermittlungen zu veranlassen.

Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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