L 3 U 90/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 516/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 90/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. April 2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Streitig sind die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif (GT) 2001 und die Herabsetzung der Gefahrklasse.

Die Klägerin gehört zur N-Unternehmensgruppe (N Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH) und ist seit dem 1. Januar 1996 Mitglied der Beklagten. Sie betreibt ein Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.

Mit Schreiben vom 12. März 2001 beantragte die N Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH unter anderem für die Klägerin die Herabsetzung der Gefahrklasse 10,66 der Gefahrtarifstelle 53 des ab dem 1. Januar 2001 gültigen GT um 45%. Für den Fall, dass keine Herabsetzung gewährt werden sollte, wurde ein Antrag auf Gewährung von Prämien nach § 162 Abs. 2 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) gestellt.

Mit Bescheid vom 27. Juni 2001 wurde die Klägerin aufgrund des ab 1. Januar 2001 geltenden GT mit Wirkung zum 1. Januar 2001 zu der Gefahrtarifstelle 52 mit der Gefahrklasse 0,56 für den kaufmännischen und verwaltenden Teil des Unternehmens mit der Unternehmensart "Arbeitnehmerüberlassung" und zu der Gefahrtarifstelle 53 mit der Gefahrklasse 10,66 für den übrigen Teil veranlagt. In dem dagegen eingelegten Widerspruch begehrte die N Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH für die Klägerin die Gewährung von Prämien nach § 162 Abs. 2 SGB VII. Sie machte geltend, die bisherige Regelung im Teil II Nr. 2 der früheren GT der Beklagten, die als eine Form der Prämiengewährung angesehen werden müsse, sei ab 2001 nicht mehr gegeben. Eine andere Regelung sei nicht vorgesehen. Sie vertrete die Rechtsauffassung, dass es seitens der Beklagten einer Regelung bedürfe. Ziel des Widerspruchs sei lediglich, letztendlich Prämien zu erhalten.

Mit weiterem Bescheid vom 17. Mai 2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Herabsetzung der Gefahrklasse ab. Der ab 2001 geltende GT sehe keine Möglichkeit zur Herauf- bzw. Herabsetzung der Gefahrklassen mehr vor. Der Antrag werde daher mangels Rechtsgrundlage abgelehnt. Gegen diesen Bescheid erhob die N Verwaltungs- und Beteiligungs-GmbH für die Klägerin am 7. Juni 2002 Widerspruch.

Durch Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2002 wies die Beklagte die Widersprüche gegen den Veranlagungsbescheid und den Bescheid über die Ablehnung der Herabsetzung der Gefahrklasse zurück. Die Klägerin sei als Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in die Gefahrtarifstellen 52 "Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung – Beschäftigte, die ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der Verleiher und Entleiher eingesetzt sind und ausschließlich kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten verrichten" mit der Gefahrklasse 0,56 sowie 53 "Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung – Beschäftigte, die nicht die in der Gefahrtarifstelle 52 genannten Voraussetzungen erfüllen" mit der Gefahrklasse 10,66 des von der Vertreterversammlung beschlossenen und vom Bundesversicherungsamt (BVA) genehmigten GT eingestuft worden. Die Einstufung sei nicht fehlerhaft erfolgt. Der ab dem 1. Januar 2001 gültige GT (GT 2001) sehe keine Möglichkeit mehr zur Herauf- bzw. Herabsetzung der Gefahrklassen vor, der beantragten Herabsetzung fehle es daher an der Rechtsgrundlage.

Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Veranlagung sei fehlerhaft. Der GT 2001 leide an wesentlichen Mängeln, im Übrigen habe sie jedenfalls einen Anspruch auf Herabsetzung. Die Rechtswidrigkeit des GT 2001 ergebe sich daraus, dass die Beklagte unsicheres Zahlenmaterial verwendet habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse der GT nachvollziehbar sein. Daran mangele es jedoch hier. Bereits die Änderung der Berechnungsgrundlage für den GT 1998 sei fehlerhaft gewesen, denn die Beklagte habe für den GT 1998 nicht auf einen ausreichenden Beobachtungszeitraum zurückgreifen können, weil sie die Kriterien für die Gefahrtarifstellenbildung – die zu berücksichtigende Entschädigungslast – neu bestimmt gehabt habe. Die Beklagte habe sich zunächst beim Wechsel vom tätigkeitsbezogenen GT zum Gewerbezweig-GT im Jahr 1984 entschieden, die Belastungsziffern aus dem so genannten Rentenneulastbereich zu gewinnen. Dementsprechend seien auch die notwendigen statistischen Erhebungen durchgeführt worden. Bei der Umstellung des GT 1998 auf einen so genannten Gesamt-Neulasttarif seien daher die vorhandenen Angaben allein aufgrund der Erhebung zur Rentenneulast nicht ausreichend gewesen, um tragfähiges Zahlenmaterial aufbereiten zu können. Die Beklagte habe schließlich zuvor nur die Unfälle berücksichtigt, welche zur Rentenzahlung führten, was bei der Unternehmensstruktur der Beklagten selten sei. Die Unfälle mit Rentenfolge dürften bei der Beklagten lediglich etwa 1% des Gesamtleistungsaufkommens betragen. Daher habe schon immer die Gefahr bestanden, dass der Gefahrtarif auf einer viel zu geringen Berechnungsbasis entwickelt werde und somit nicht nachvollziehbar sei. Dies sei der Beklagten auch bekannt gewesen, denn eine von ihr 1997 gestartete Umfrage bei den Mitgliedsunternehmen zum Erhalt weiteren statistischen Zahlenmaterials für die so genannte Gesamtneulast habe nach Angaben der Beklagten zu keinem sonderlich tragfähigen Ergebnis geführt, nicht einmal ein Drittel der Rückläufe seien bei ihr eingegangen. Da ein GT üblicherweise eine Laufzeit von 6 Jahren habe, könne man davon ausgehen, dass auch ein sinnvoller Beobachtungszeitraum 6 Jahre betrage. Dementsprechend habe eine exakte Beurteilung erst mit Inkrafttreten des GT 1998 beginnen können, weil erst jetzt tatsächlich Daten zur Gesamtlast hätten gesammelt und beobachtet werden können. Demnach betrage der Beobachtungszeitraum für den GT 2001 maximal 2 Jahre, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass bei Beschlussfassung des GT schon Zahlenmaterial für 2000 vorgelegen habe. Damit verstoße die Festsetzung des GT 2001 gegen die Grundsätze der Bildung des Gefahrtarifs nach § 157 SGB VII und sei nichtig

Ein weiterer Mangel des GT liege in der fehlenden Aufgliederung in einzelne Gefahrtarifstellen für die Branche der Arbeitnehmerüberlassung. Obwohl die Gruppe der Arbeitnehmerüberlasser geschätzt etwa ein Drittel des Beitragsaufkommens der Beklagten bestreite, gebe es nur 2 Gefahrtarifstellen. Der Berufssport erfreue sich bei einem wesentlich geringeren Beitragsaufkommen einer genaueren Aufspaltung in insgesamt 3 verschiedene Gefahrtarifstellen. Dies stelle eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes dar.

Der GT 2001 verzichte zudem fälschlicherweise auf einen nach dem Äquivalenzprinzip gebotenen Risikoausgleich, wie er bisher beispielsweise durch die Möglichkeit von Herabsetzungen gewährt worden sei. Vorrangige Aufgabe der Berufsgenossenschaften sei die Prävention. Eines der Mittel hierfür sei das Beitragsausgleichsverfahren nach § 162 Abs. 1 SGB VII. Danach hätten die gewerblichen Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Nach dieser Vorschrift sei dem Satzungsgeber zwar weites Ermessen eingeräumt worden, die Beklagte habe mit ihrer Entscheidung, lediglich ein Beitragszuschlagssystem einzuführen, jedoch die Grenzen sachgerechter Rechtsanwendung verlassen. Obwohl nach Auskunft der Beklagten gerade einmal 4% der beitragszuschlagsfähigen Unternehmen Zuschläge zahle, habe sich die Beklagte für die Weiterführung des Beitragszuschlagssystems entschieden. Wegen der "günstigen" Unternehmensstruktur der Beklagten spielten die Rentenfälle eine derart untergeordnete Rolle, dass das Zuschlagssystem der Beklagten für die Gesamtheit der Unternehmen zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken sei. Im Sinne des Gesetzes könne ein sinnvolles Beitragsausgleichsverfahren nur bedeuten, dass die "Bestrafung schlechter Risiken" den anderen Unternehmen spürbar zugute komme. Wenn die Beklagte daher eine Herabsetzung generell nicht mehr gewähre, so sei auch diese Ablehnung rechtswidrig.

Schließlich trete als weiterer Umstand, der die Veranlagung jedenfalls für den Zeitraum des noch geltenden GT ab 1. Januar 2005 rechtswidrig werden lasse, hinzu, dass die Beklagte den Kreis der versicherten Personen durch Nachtrag zu ihrer Satzung mit Wirkung ab 1. Januar 2005 erheblich erweitert habe. Nach § 41 Ziffern 3 und 4 der Satzung gehörten zum Kreis der versicherten Personen nunmehr nämlich auch gewählte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen sowie Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- und berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeiten teilnehmen. Betrachte man diese besonders starke Gruppe von Ehrenamts/Funktionsträgern in der Bundesrepublik und deren umfangreiches Tätigkeitsfeld, könne der Beitrag von 2,73 Euro pro Ehrenamtsträger und Jahr nur als ein Kunstbeitrag begriffen werden, der nicht nachvollziehbar sei. Offensichtlich nehme die Beklagte hier eine dem Äquivalenzprinzip widersprechende Querfinanzierung vor mit der Folge, dass alle übrigen Unternehmen – auch die Klägerin – zwangsläufig zur Deckung neuer Risiken herangezogen würden.

Durch Bescheid vom 5. Februar 2003 hat die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Prämie gemäß § 162 SGB VII abgelehnt.

Durch Urteil vom 21. April 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, weder die zwischenzeitlich aufgrund des angefochtenen Veranlagungsbescheides ergangenen Beitragsbescheide noch der Bescheid über die Ablehnung der Prämiengewährung seien Gegenstand des Verfahrens geworden. Im Übrigen seien die angefochtenen Bescheide über die Veranlagung der Klägerin mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 nach dem GT 2001 und über die Ablehnung der Herabsetzung der Gefahrklasse rechtmäßig. Zutreffend sei die Klägerin zu den Gefahrtarifstellen 52 und 53 des GT 2001 veranlagt worden. Für die geltend gemachte Herabsetzung fehle es an einer entsprechenden gesetzlichen bzw. satzungsrechtlichen Rechtsgrundlage. Die Veranlagung beruhe auf einem rechtmäßigen GT 2001. Der GT 2001 stelle im Wesentlichen eine Fortschreibung des GT 1998 dar. Wie auch im GT 1998 würden Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung "nur" in 2 Gefahrtarifstellen erfasst. Das BSG habe inzwischen in einer Vielzahl von Entscheidungen die Rechtmäßigkeit des GT 1998 einschließlich der Errichtung von nur 2 Gefahrtarifstellen für Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung bestätigt. Die Berechnung der Gefahrklassen sei nicht zu beanstanden und vom Gericht nur eingeschränkt überprüfbar. Die bloße Behauptung der Unrichtigkeit der Daten sei nicht ausreichend. § 157 SGB VII sei verfassungsgemäß. Die Veranlagung habe keine Grundrechtsrelevanz hinsichtlich der Artikel 3, 12 und 14 des Grundgesetzes (GG). Der ersatzlose Wegfall der Herabsetzungsmöglichkeit führe nicht zur Rechtswidrigkeit des GT 2001 oder des angefochtenen Veranlagungsbescheides. Die GT 1995 und 1998 hätten in Teil II eine Herabsetzungsregelung enthalten, welche an eine von der üblichen erheblich abweichende Betriebsweise oder Betreibseinrichtung angeknüpft habe. Diese Regelung habe nach der Rechtsprechung des BSG in Einklang mit dem geltenden Recht gestanden. Die Herabsetzungsregelung sei Ausdruck des autonomen Satzungsrechts und vom Gesetzgeber nicht zwingend gefordert. Die Beklagte sei daher im Rahmen ihrer aus § 157 Abs. 1 SGB VII folgenden Satzungsautonomie berechtigt gewesen, bei der Einführung des GT 2001 von ihrer bisherigen Verwaltungspraxis abzuweichen. Auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes sei sie nicht an die in vorherigen Veranlagungszeiträumen gewährten Herabsetzungen gebunden. Ein Gefahrtarif sei zeitlich befristet (§ 157 Abs. 5 SGB VII). Die Veranlagung eines Unternehmens erfolge nur für den Geltungszeitraum des Gefahrtarifs. Die gewerblichen Berufsgenossenschaften hätten jedoch nach § 162 Abs. 1 Satz 1 SGB VII unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Die Einführung eines Beitragsausgleichsverfahrens sei also zwingend vorgeschrieben, während die Beklagte bei der Ausgestaltung im Rahmen ihrer Satzungsautonomie frei sei. Dies müsse somit nicht im Rahmen des Gefahrtarifs geschehen. Die Beklagte habe ein reines Zuschlagssystem gewählt, diese Entscheidung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Ein Zuschlag von 10 v. H. des Eigenumlagebeitrages falle auch wirtschaftlich ins Gewicht und sei nicht unverhältnismäßig. Die Einführung eines Prämiensystems sei demgegenüber nach § 162 Abs. 2 SGB VII vom Gesetzgeber nicht zwingend vorgeschrieben. Die Beklagte halte ein ergänzendes Prämiensystems vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen nicht für sinnvoll, da der Aufwand für eine allen Unternehmen gerecht werdende Beurteilung der Maßnahmen der Unternehmen in keinem akzeptablen Verhältnis zum Nutzen eines Prämiensystems stehe. Die Rechtswidrigkeit des GT 2001 folge auch nicht aus der mit Wirkung zum 1. Januar 2005 vorgenommenen Erweiterung der Möglichkeit zur freiwilligen Versicherung. Diese Erweiterung betreffe nicht unmittelbar die im GT 2001 geregelte Veranlagung der Unternehmen. Auch eine Verletzung des Äquivalenzprinzips vermöge die Kammer nicht zu erkennen. Ohne detaillierte Aufschlüsselung der durch die Erweiterung der Möglichkeit zur freiwilligen Versicherung zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben könne nicht einmal beurteilt werden, ob es sich bei dem Beitrag von 2,73 Euro pro Ehrenamtsträger und Jahr um einen "Kunstbeitrag" handele.

Gegen das am 3. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27. Juni 2005 Berufung eingelegt. Mit der Berufung verfolgt sie ihr ursprüngliches Begehren weiter. Das Sozialgericht verkenne, dass der Gefahrtarif den Gleichheitssatz verletze, wenn für einzelne Gefahrklassen Gefahrtarifstellen gebildet würden und für andere nicht, ohne dass der Maßstab für die Tarifstellenbildung erkennbar sei. Das Gericht verletze im Übrigen grob die Amtsermittlungspflicht, wenn es sich auf den Standpunkt stelle, die Behauptung, die ermittelten Daten für die Berechnung des Gefahrtarifs seien unzureichend, sei unsubstantiiert.

Die Klägerin legt die statistischen Eckdaten der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung der Beklagten in der Zeit von 1990 bis 2004 vor. Daraus sei für das maßgebliche Jahr 2001 eine Entgeltsumme von 5.174.136.377,00 Euro zu ersehen. Hieraus errechne sich nach einem von der Beklagten für das Jahr 2004 bekannt gegebenen Verhältnis die Verteilung der Entgeltsummen auf den büromäßigen und den gewerbemäßigen Bereich mit 21% und 79%. Es werde davon ausgegangen, dass dies auch für das Jahr 2001 Gültigkeit habe. Im Übrigen könne angenommen werden, dass aufgrund fehlerhafter Meldungen oder sonstiger Fehler die Quote für den Gewerbebereich sogar über 80% liegen dürfe. Aus dieser Aufteilung errechne sich für den Bürobereich 2001 eine Entgeltsumme von mehr als einer Milliarde und für den Gewerbebereich von über vier Milliarden Euro. Rechne man jetzt Gefahrklasse und Beitragsfuß für die jeweilige Gefahrtarifstelle aus, so ergebe sich für den Bürobereich ein Beitragsaufkommen in Höhe von rund 2,7 Millionen und für den Gewerbebereich von knapp 194 Millionen Euro. Addiere man beides, so ergebe sich ein Gesamtbeitrag (Umlagesoll) in Höhe von 196.609.677,00 Euro. Dem stünden aus der Tabelle zu ersehende Entschädigungsleistungen in Höhe von 62.801.656,00 Euro gegenüber, woraus sich ein Faktor von 3,13 errechne. Dies bedeute, dass die erbrachten Leistungen für Unfälle im Jahr 2001 bei einem Drittel des Beitragsaufkommens lägen. Selbst wenn man Vorsorgekosten und sonstige Aufwendungen für Prävention mit einem weiteren Drittel hinzu rechne, verbleibe ein weiteres Drittel, das allein mit Verwaltungskosten nicht erklärbar sei. Dementsprechend bestehe ein krasses Missverhältnis zwischen Beitragsaufkommen und Leistung, so dass sich eine Verletzung des Äquivalenzprinzips ohne weiteres begründen lasse.

Die Verfassungsgemäßheit des § 157 SGB VII stehe nicht im Streit. Auch sei es hinzunehmen, wenn ein Herabsetzungsverfahren in einem GT eingeführt und im Folgenden wieder beseitigt werde. Zu einem Verstoß werde eine solche Entscheidung jedoch dann, wenn stattdessen kein wirksames Beitragsausgleichssystem installiert werde. Es komme nämlich nicht darauf an, dass das einzelne Unternehmen belastet werde, sondern dass diese Mehrbelastung zu einer Mehreinnahme führe und es faktisch zu einer Entlastung der übrigen unfallfrei arbeitenden Unternehmen komme. Ausführlich sei auch vorgetragen worden, dass mit Einführung der erweiterten Versicherung der Ehrenamtsträger ab dem 1. Januar 2005 das Verbot der Querfinanzierung offensichtlich umgangen werde.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. April 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 27. Juni 2001 über die Veranlagung ab 01. Januar 2001 und vom 17. Mai 2002 über die Ablehnung der Herabsetzung der Gefahrklasse in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Die in der Berufung aufgeführten Aspekte seien in verschiedenen Urteilen des BSG schon behandelt und als nicht stichhaltig zurückgewiesen worden. So sei das BSG dem Argument, die Gefahrklassenberechnung sei fehlerhaft, nicht gefolgt. In seinem Urteil vom 24. Juni 2003 (B 2 U 21/02 R) habe es insbesondere ausgeführt, dass es bei der Aufteilung eines Gewerbezweiges in zwei Gefahrtarifstellen nicht auf die speziellen Unfallgefahren oder Gefährdungsrisiken ankomme – und somit auch nicht auf die einzelnen Tätigkeiten in einer Stelle. Auch die Ermittlung des Zahlenmaterials zur Bildung der Gefahrtarifstellen sei nicht moniert worden. Im Rahmen einer ausführlichen Beweisaufnahme vor dem Sozialgericht Duisburg (S 6 U 57/99) seien alle Daten offen gelegt und die Berechnung für rechtmäßig erklärt worden. Die Voraussetzungen für eine Herabsetzung lägen im Übrigen bereits deshalb nicht vor, weil kein Einzelfall gegeben sei (betroffen seien 93 Unternehmen der Neptun-Gruppe) und eine abweichende Betriebsweise in Anwendung von Arbeitsschutzmaßnahmen nicht zu erkennen sei (unter Hinweis auf LSG Rheinland-Pfalz - L 3 U 33/02 - vom 1. April 2003 und BSG – B 2 U 31/03 R – vom 24. Februar 2004).

Ein ergänzendes Prämiensystem – wie von der Klägerin gefordert – halte sie nicht für zweckmäßig. Grundvoraussetzung für eine Prämiengewährung für die einzelnen Unternehmer sei die Wirksamkeit der von den Unternehmen getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten und zur Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Von weiterer Bedeutung sei das Maß der Wirksamkeit. Ein Prämienverfahren stelle ein generelles Verfahren dar, das – entsprechend dem Beitragszuschlags-/Nachlassverfahren – von Amts wegen für sämtliche der Berufsgenossenschaft angehörigen Unternehmen durchzuführen wäre. Hierzu müssten also jährlich Eignung und Wirksamkeit der jeweiligen betrieblichen Präventionsmaßnahmen von circa 490.000 Unternehmen beurteilt werden, wobei statistische Beobachtungen und Auswertungen der eingetretenen Versicherungsfälle nicht ausreichten. Vielmehr müssten die organisatorischen, technischen und psychologischen Maßnahmen des Unternehmens beurteilt und analysiert werden. Hierbei wäre ein objektiver, prüfbarer, für alle Unternehmen geltender Maßstab anzuwenden, der angesichts der heterogenen Struktur der ihr, der Beklagten, angehörenden Unternehmen kaum zu finden sei. Nach dem Maß der festgestellten Wirksamkeit wäre dann eine Staffelung der zu gewährenden Prämien vorzusehen. Über die Prämie sei – als Beitragskorrektiv – im Beitragsbescheid zu entscheiden. Dies bedeute, dass zum Zeitpunkt der Umlageberechnung (§ 152 SGB VII) alle relevanten Angaben über die Präventionsmaßnahmen der einzelnen Unternehmen ermittelt sein müssten. Auch wenn eine Standardisierung durch Fragebogen oder Checklisten eine gewisse Rationalisierung ermögliche, müsse doch nach ihren Erfahrungen mit Unternehmensbeschreibungen in erheblichem Maße mit formfreien und einer Standardisierung sich entziehenden Meldungen und infolgedessen mit entsprechenden Rückfragen und Ermittlungen gerechnet werden. Allein zur Durchführung des Prämienverfahrens wäre somit ein enormer personeller und sachlicher Aufwand nötig, der – zusammen mit der Gesamtsumme der Prämien – letztlich das Umlagesoll erhöhen würde und über die Umlagerechnung von allen – auch den begünstigten – Beitragszahlern mitzutragen wäre.

Zur Versicherung der ehrenamtlich Tätigen sei anzumerken, dass eine solche Versicherung zu diesen Konditionen bereits seit Jahrzehnten bei ihr bestehe. Nach § 539 Abs. 1 Nr. 13 Reichsversicherungsordnung (RVO) und nunmehr § 2 Abs. 1 Nr. 10 SGB VII seien Ehrenamtsträger pflichtversichert. Die Politik habe diesen Versicherungstatbestand ab dem 1. Januar 2005 ausgeweitet und den Weg für eine freiwillige Versicherung geebnet. Ihr könnten systembedingt für das laufende Jahr keine Zahlen vorliegen. Weder die Anzahl der Versicherten noch die Unfallkosten seien vorhersagbar. Daher sei entschieden worden, sich für das Jahr 2005 am Kopfbeitrag der pflichtversicherten Ehrenamtsträger zu orientieren. Dieser habe 2004 bei 2,61 Euro pro Versichertem gelegen. Es bleibe zwar abzuwarten, wie sich die Versicherung kostenseitig entwickele, aber es sei nicht zwingend davon auszugehen, dass mit anderen Ergebnissen zu rechnen sei als bei der bestehenden Pflichtversicherung.

Zu dem von der Klägerin dargestellten krassen Missverhältnis zwischen Beitragsaufkommen und Leistung erklärt die Beklagte, neben den Entschädigungsleistungen entstünden Zusatzkosten für Prävention, Verwaltung und Vermögensaufwendungen (z. B. die Rücklage). Auch Verfahrenskosten im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zählten zu den Zusatzkosten. Die Kosten einer Gefahrtarifstelle seien die zuordenbaren Entschädigungsleistungen sowie der Anteil an den Zusatzkosten. Die Zusatzkosten für Prävention, Verwaltung etc. flössen direkt in die Umlage ein, die individuell auf die Unternehmer nach den Maßstäben von Gefahrklasse und Arbeitsentgelt umgelegt werde. Dies bedeute, dass Gefahrtarifstellen mit einer höheren Gefahrklasse stärker an den Zusatzkosten beteiligt seien als niedrige Gefahrklassen, weil hier auch ein höherer Bearbeitungsaufwand notwendig sei. Dies entspreche der Vorgehensweise in der privaten Versicherungswirtschaft, nämlich die Zusatzkosten im Wesentlichen proportional zu den Gefährdungsrisiken zu erheben und nicht proportional zu den Entschädigungsleistungen in dem Beitragsjahr.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 10. Januar 2006 hat der Senat die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Der Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 27. Juni 2001 sowie der Bescheid über die Ablehnung der Herabsetzung der Gefahrklasse vom 17. Mai 2002, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2002, sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 S. 1 SGB VII. Danach veranlagt der Unfallversicherungsträger die Unternehmer für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Für die Veranlagung ist die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger.

Die Rechtmäßigkeit der Veranlagung nach dem GT 1998 für Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung hat das Bundessozialgericht in seinen Urteilen vom 24. Juni 2003 - B 2 U 21/02 R – (SozR 4-2700 § 157 Nr. 1) und 24. Februar 2004 - B 2 U 31/03 R - (SozR 4-2700 § 152 Nr.1) bestätigt. Der Senat hat sich den Gründen dieser Entscheidungen in seinem Urteil vom 28. Juli 2005 - L 3 U 68/01 - angeschlossen. Die Gründe dieser Entscheidung sind auch für den vorliegenden Rechtsstreit um den GT 2001 maßgebend, wie der Senat schon mit Urteil vom 28. Juli 2005 - L 3 U 32/03-16 – zum GT 2001 entschieden hat. Hieran hält der Senat auch nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin fest.

Nach § 157 Abs. 1 S. 1, 2 SGB VII ist der Gefahrtarif als autonomes Recht vom Unfallversicherungsträger festzusetzen. Zur Abstufung sind Gefahrklassen zu bilden. Bei der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch als SGB VII ist keine grundlegende Neuregelung des Beitragsrechts erfolgt. Neu ist jedoch die Vorschrift über die Bildung der Gefahrtarifstellen in § 157 Abs. 2 S. 1 SGB VII. Angesichts der gesetzgeberisch gewollten Kontinuität ist die bisherige Rechtsprechung zur Bildung von Gefahrtarifen nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) auf die Bildung von Gefahrtarifen nach dem SGB VII zu übertragen. Das bedeutet, dass der Gefahrtarif als autonom gesetztes objektives Recht nur daraufhin überprüfbar ist, ob er mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar ist. Den Unfallversicherungsträgern ist als Körperschaften des öffentlichen Rechts und damit als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung ein weiter Entscheidungs- und Ermessensspielraum bei der Regelung der eigenen Angelegenheiten eingeräumt. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte. Die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen, Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegt dem Unfallversicherungsträger (vgl. B 2 U 21/02 R). Den ihr zustehenden Ermessens- und Entscheidungsspielraum hat die Beklagte auch bei der Schaffung des GT 2001 nicht überschritten.

Danach ist die Gliederung des GT 2001 mit den Gefahrtarifstellen 52 und 53 nicht zu beanstanden. § 157 Abs. 2 S. 1 SGB VII erlaubt die Bildung von Gefahrgemeinschaften, wonach bei einem nach Gewerbezweigen gegliederten Gefahrtarif Gewerbezweige und einem nach Tätigkeiten gegliederten Tarif Tätigkeiten mit annähernd gleichem Risiko zu Tarifstellen zusammengefasst werden. Auch der überwiegend angewendete Gewerbezweigtarif enthält teilweise Elemente eines Tätigkeitstarifs, insbesondere für den kaufmännischen und verwaltenden Teil des Unternehmens, was zulässig ist. Das BSG hat es als nicht zu beanstanden angesehen, dass Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung als gesonderter Gewerbezweig anzusehen sind, dass für sie eigene Gefahrtarifstellen zu bilden sind und der Gefahrtarif in zwei Gefahrtarifstellen nach Tätigkeiten innerhalb oder außerhalb des büromäßigen Teils aufgeteilt ist (BSG in NZA 1992, 335). Diese Unternehmen seien durch eine gemeinsame gewerbetypische Unfallgefahr gekennzeichnet, da ihre Arbeitnehmer zu verschiedenen Arbeiten herangezogen und an verschiedene Arbeitsplätze verliehen würden. Der häufige Wechsel des Arbeitsplatzes, die Eingliederung in eine neue Arbeitsumwelt und die damit verbundenen Wegegefahren rechtfertigten es, von einer gewerbetypischen Unfallgefährdung auszugehen. Zwar führe die Verleihung von Arbeitnehmern dazu, dass diese letztlich in nahezu allen Bereichen bzw. Gewerbezweigen tätig würden, gleichwohl sei deren Gefährdung aufgrund der oben erläuterten Besonderheiten nicht mit der "normaler" Arbeitnehmer zu vergleichen. Weiter verweist das BSG darauf, dass es innerhalb eines jeden Gewerbezweiges unterschiedliche Tätigkeiten und dementsprechend unterschiedliche Gefährdungsrisiken gebe. Diese Risikomischung auf der Ebene des jeweiligen Gewerbezweiges sei eine Konsequenz eines Gewerbezweigtarifs und damit einer Entscheidung, die der Beklagten vorbehalten sei. Soweit die Klägerin hier einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz darin begründet sehen will, dass für den Gewerbezweig der Arbeitnehmerüberlassung lediglich 2 Gefahrtarifstellen gebildet wurden und für den Berufssport 3, obwohl das Beitragsaufkommen aus dem Gewerbezweig der Arbeitnehmerüberlassung dasjenige des Berufssports um ein Vielfaches übertreffe, so kann der Senat dem nicht folgen. Denn es ist nicht erkennbar, welcher Zusammenhang zwischen dem Beitragsaufkommen und der Anzahl der Gefahrtarifstellen bestehen soll. Die Bildung von Gefahrtarifstellen und Gefahrklassen hat keinen Bezug zum Beitragsaufkommen.

Danach ist nicht erkennbar, dass die Beklagte ihren Ermessensspielraum überschritten hat. Die Klägerin hat auch keine Gründe vorgetragen, die es rechtfertigen könnten, von dieser Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, abzuweichen.

Die Gefahrtarifstellen 52 und 53 mit den Gefahrklassen 0,56 und 10,66 entsprechen mit einer geringfügigen Abweichung den Gefahrtarifklassen für 1998. Die Berechnung der Gefahrklassen, die kein reiner Rechenakt ist, sondern ein Zusammenfluss rechnerischer und wertender bzw. gewichtender Faktoren (so BSG in SGb 1995, 253 ff.), ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Zur Berechnung der Gefahrklassen in einer Gefahrgemeinschaft (Gefahrtarifstelle) werden für einen bestimmten zurückliegenden Zeitraum die gezahlten Leistungen den Arbeitsentgelten gegenübergestellt. Die Berechnung zum GT 2001 beruht auf dem Beobachtungszeitraum 1997 bis 1999.

Soweit die Klägerin nunmehr behauptet, die Beklagte habe unsicheres Zahlenmaterial verwendet und dabei zurückgreift auf angebliche Mängel bei der Erhebung des Zahlenmaterials zum GT 1998, kann dies nicht überzeugen. Das BSG hat inzwischen mehrfach die "Berechnung" des GT 1998 für korrekt erachtet, weitere Ausführungen des Senats hierzu erübrigen sich deswegen. Der Beobachtungszeitraum vor dem GT 1998 hatte ebenfalls 3 Jahre betragen (1994 bis 1996; vgl. BSG vom 24. Juni 2003 - B 2 U 21/02 R – und vom 24. Februar 2004 – B 2 U 31/03 R -). Ob – wie die Klägerin meint - der sinnvolle Beobachtungszeitraum für einen GT 6 Jahre beträgt, mag dahinstehen. Es ergibt sich jedenfalls kein Zwang zu einem sechsjährigen Beobachtungszeitraum.

Die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 22. Februar 2006 übersandten statistischen Eckdaten der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung enthalten für den für die Aufstellung des GT 2001 maßgeblichen Beobachtungszeitraum von 1997 bis 1999 keine Angaben. Der von der Klägerin für das Jahr 2001 errechnete Faktor von 3,13, aus dem sie folgert, dass die erbrachten Leistungen für Unfälle im Jahre 2001 nur bei einem Drittel des Beitragsaufkommens liege, ist daher nicht aussagekräftig und belegt nicht die These, der GT 2001 sei aufgrund falschen Zahlenmaterials oder durch falsche Berechnungen zustande gekommen. Dem Zahlenmaterial ist lediglich zu entnehmen, dass das Verhältnis der gemeldeten Entgelte zu den Entschädigungsleistungen im Zeitraum von1990 bis 2004 in etwa gleich geblieben ist.

Im Übrigen verkennt die Klägerin, dass nach § 152 SGB VII das gesamte Beitragsaufkommen einer BG mit deren Bedarf, der wesentlich von den Entschädigungsleistungen bestimmt wird, zu vergleichen ist (Prinzip der nachträglichen Bedarfsdeckung). Im Rahmen des Umlageverfahrens kann nicht verlangt werden, dass das Beitragsaufkommen die konkreten Kosten nicht übersteigt. Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Kostenaufwand eines Unfallversicherungsträgers für Unfälle in einem einzelnen Unternehmen oder Gewerbezweig und dem Anteil des betreffenden Unternehmens bzw. Gewerbezweigs an der Gesamtlast (vgl. BSG vom 24. Juni 2003 - B 2 U 21/02 R - m. w. N.). Zwar richtet sich die Berechnung der Gefahrklassen - und somit die Beitragserhebung – gemäß § 157 Abs. 3 SGB VII nach dem "Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten. Entschädigungsleistungen im Rahmen des Neulasttarifs sind alle Entschädigungsleistungen des jeweiligen Unfallversicherungsträgers für alle Versicherungsfälle der Versicherten, deren Unternehmen von der jeweiligen Gefahrtarifstelle umfasst sind aus dem jeweiligen Beobachtungszeitraum (hier: 1997 bis 1999). Insgesamt finanziert werden muss von der Gemeinschaft der bei der Beklagten versicherten Unternehmen jedoch wesentlich mehr, nämlich sämtliche Entschädigungsleistungen einschließlich so genannter Altlasten sowie Zusatzkosten für Verwaltung, Prävention, Verfahrenskosten und Vermögensaufwendungen. Der Begriff der Altlasten bezieht sich hier auf Leistungen für Unfälle, die Jahrzehnte zurückliegen oder bei denen das Unternehmen mittlerweile nicht mehr existiert. Die besondere Umlagefinanzierung in der gesetzlichen Unfallversicherung bedingt, dass diese Altlasten für den aktuellen Beitrag des Unternehmens, dem diese eigentlich anzulasten sind, ohne Bedeutung sind. Die zulässige Entscheidung der Beklagten für eine Berechnung nach der so genannten Neulast führt dazu, dass ältere Arbeitsunfälle für die Berechnung der Gefahrklasse nicht berücksichtigt werden. In der Konsequenz heißt dies, dass die im Umlagejahr bestehenden Unternehmen aufgrund ihres Unfallgeschehens in dem erst kurze Zeit zurückliegenden Beobachtungszeitraum (hier: 1997 bis 1999) sowie ihrer aktuellen Entgeltsummen die Altlasten aus der Vergangenheit der letzten Jahrzehnte der Beklagten mitfinanzieren. Damit werden Unternehmen, die heute eine hohe Summe an Arbeitsentgelten entrichten – z. B. die Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung -, stärker zu den Altlasten herangezogen als Unternehmen mit einer geringeren Entgeltsumme. Dies gilt auch für die Gefahrklasse als Unfallrisiko. Unternehmen, die im Beobachtungszeitraum ein hohes Unfallrisiko und eine hohe Gefahrklasse haben, tragen überproportional die hohen Altlasten von Unternehmen, die früher – vor dem jetzt maßgeblichen Beobachtungszeitraum – ein hohes Unfallrisiko hatten, das zu vielen noch heute zu bedienenden Entschädigungsfällen führte (vgl. BSG vom 24. Juni 2003 – B 2 U 21/02 R – und vom 24. Februar 2004 – B 2 U 31/03 R -).

Der GT 2001 ist auch nicht hinsichtlich des in § 28 der Satzung gewählten reinen Zuschlagssystems als Beitragsausgleichsverfahren rechtswidrig. Gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1, 3 1. Halbsatz SGB VI haben die gewerblichen Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Versicherungsfälle Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen. Das Nähere bestimmt die Satzung. Des Weiteren können die Unfallversicherungsträger unter Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten und für die Verhütung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren Prämien gewähren (Abs. 2). Wie die Verwendung des Wortes "oder" in § 162 Abs. 1 S. 1 SGB VII zeigt, können die Berufsgenossenschaften zwischen einem reinen Zuschlags-, einem reinen Nachlass- oder einem kombinierten Zuschlags- und Nachlassverfahren wählen. Daneben lässt § 162 Abs. 2 SGB VII auch noch die Gewährung von Prämien zu. Der Verzicht auf ein Ausgleichsverfahren ist zwar kraft Gesetzes nicht möglich, die Durchführung der Einzelheiten wie z. B. die Berechnung der Durchschnitts- und Einzelbelastungen, die Festlegung von Zeiträumen oder die Abstufung der Zuschläge oder Nachlässe bleibt aber der Regelung durch die Satzung vorbehalten.

Die Beklagte hat sich in § 28 der Satzung für ein reines Zuschlagssystem entschieden. Es ist nicht ersichtlich, dass sie dadurch, kein Nachlass- bzw. Herabsetzungsverfahren gewählt zu haben, ihren diesbezüglich eingeräumten Gestaltungsspielraum überschritten hat. Der Gesetzgeber hat es den Unfallversicherungsträgern nämlich ausdrücklich freigestellt, zwischen den verschiedenen Ausgleichsverfahren zu wählen.

Der Senat kann dem Argument der Klägerin, dass die Einführung des Zuschlagssystems keinen ausreichenden Anreiz für Maßnahmen der Prävention biete, ebenfalls nicht folgen, denn ein Beitragszuschlag von 10 % kann sehr wohl wirtschaftlich ins Gewicht fallen (vgl. Beschluss des Senats vom 9. Januar 2006 - L 3 U 58/04 -).

Es ist gleichfalls nicht zu beanstanden, dass die Beklagte nicht neben dem Zuschlagssystem auch eine Prämiengewährung eingeführt hat. Gesetzliche Vorgabe ist dabei die Berücksichtigung der Wirksamkeit der von den Unternehmern in ihrer Gesamtheit getroffenen Maßnahmen zur Verhütung von Versicherungsfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Dabei sind nicht entscheidend die getroffenen Maßnahmen allein, sondern deren Wirksamkeit, die nur bedingt anhand der Schwere der Versicherungsfälle gemessen werden kann, da hierfür auch andere Ursachen in Betracht kommen, wie z.B. die Aufgabe eines Betriebsteils mit hoher Unfallgefährdung (vgl. Kater/Leube, SGB VII, § 162 Randnr. 20). Ein objektiver Maßstab für die Wirksamkeit der Prämieneinführung ist also kaum und in der Regel nicht mit vertretbarem Aufwand zu finden, da die Zahl der Versicherungsfälle allein nicht aussagekräftig genug ist (vgl. Kasseler Kommentar-Ricke § 162 SGB VII Randnr. 20). Nachvollziehbar hat die Beklagte dies im Rahmen ihres Vortrags dargelegt. Die Beklagte handelte deshalb nicht ermessensfehlerhaft, wenn sie neben einem Zuschlagssystem nicht auch ein Prämiensystem einführte.

Schließlich betrifft die nunmehr in § 41 Nr. 3 bis 4 der Satzung der Beklagten aufgenommene Möglichkeit der freiwilligen Versicherung von Ehrenamtsträgern in keiner Weise die aktuelle Veranlagung der Klägerin. Es ist auch nicht erkennbar, dass durch die Ausdehnung der freiwilligen Versicherung das gesamte Gefüge des GT 2001 verschoben würde. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass bereits bisher Ehrenamtsträger pflichtversichert sind (§ 2 Nr. 10 SGB VII). Die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung tritt nur dann ein nach § 41 der Satzung, wenn nicht bereits aufgrund anderer Vorschriften eine Pflichtversicherung besteht. Es kann hier daher nicht davon ausgegangen werden, dass die neue Möglichkeit der freiwilligen Versicherung weit reichende Folgen haben wird.

Der Bescheid über die Ablehnung der Herabsetzung der Gefahrklasse vom 17. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2002 ist bereits deshalb rechtmäßig, weil es an einer Rechtsgrundlage für eine Herabsetzung fehlt. Der GT 2001 enthält – im Gegensatz noch zum GT 1998 – keine Regelung mehr über die Möglichkeit der Herabsetzung der Gefahrklasse. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist insbesondere nicht an in den vorherigen Veranlagungszeiträumen gewährte Herabsetzungen gebunden, denn der Gefahrtarif ist nach § 157 Abs. 5 SGB VII zeitlich befristet. Die Veranlagung erfolgt lediglich für den Geltungszeitraum des jeweiligen Gefahrtarifs (vgl. Urteil des BSG vom 6. Mai 2003 – B 2 U 7/02 R – in SozR 4-2700 § 162 Nr. 1). Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz, gegen einen durch eventuelle frühere Herabsetzungen begründeten Vertrauenstatbestand sowie eine Selbstbindung der Beklagten liegen nicht vor (vgl. BSG a. a. O.). Im Übrigen hat die Klägerin auch keinen Tatbestand vorgetragen, der eine Herabsetzung in ihrem Falle sachlich begründen könnte.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 197a SGG in Verbindung mit § 52 Gerichtskostengesetz (GKG). Bei einem Streit über die richtige Veranlagung ist – sofern wie hier keine Anhaltspunkte für eine streitige Beitragsdifferenz bestehen – der Streitwert auf den dreifachen Auffangstreitwert (§ 52 Abs. 2 GKG: 5.000 Euro) festzusetzen (vgl. BSG Beschluss vom 3. Mai 2006 – B 2 U 415/05 B -), d. h. 15.000 Euro. Hinzu kommt bezüglich des Antrags auf Herabsetzung der Gefahrklasse nochmals der Auffangstreitwert in Höhe von 5.000 Euro, weil sich aus dem bisherigen Sach- und Streitstand hier ebenfalls keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwertes ergeben.
Rechtskraft
Aus
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