Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
15
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88 SO 835/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 15 B 114/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers hin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2006 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 31. März 2006 bis zum bestandskräftigen Abschluss des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 13. Februar 2006, längstens jedoch bis zum 30. September 2006 laufend einen Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 36,62 EUR je vollem Kalendermonat zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das gesamte Verfahren zu zwei Dritteln.
Gründe:
Die Beschwerde hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Antragsteller erstrebt die Veränderung eines bisherigen leistungslosen Zustands. Einstweiliger Rechtsschutz kann in diesem Fall nur unter den Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewährt werden. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Begründet ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, wenn sich bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 916 ZPO; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund; zusammenfassend zu den Voraussetzungen Binder in Handkommentar SGG, 2. Auflage 2006, § 86 b Randnummer 33 ff.). Ein Anordnungsanspruch ist jedenfalls insoweit hinreichend glaubhaft gemacht, als es um einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingt kostenaufwändiger Ernährung für lipidsenkende Nahrungsmittel geht (§ 30 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII]). Der Antragsteller gehört zu den Leistungsberechtigten nach der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und erhält deshalb bereits laufende Leistungen. Denn er ist unabhängig von der Lage des Arbeitsmarktes dauerhaft voll erwerbsgemindert (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII; Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Berlin vom 12. Januar 2006). Er ist auch bedürftig, da er nach Lage der Akten neben seiner laufenden Rente über kein anrechenbares Einkommen oder verwertbares Vermögen verfügt (§ 41 Abs. 2 i. V. m. §§ 82 bis 84, 90 SGB XII) und die laufende Rentenleistung in Höhe von 660,43 EUR bereits den Bedarf im Umfang des Regelsatzes und der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht deckt (§ 41 Satz 1 Nr. 1 und 2 i. V. m. §§ 28, 29 SGB XII). Die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII setzt voraus, dass der Anspruchsteller, der unstreitig zum Personenkreis der Kranken gehört, einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Liegen die Voraussetzungen vor, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Zur sachgerechten Konkretisierung der Merkmale "bedürfen" und "angemessen" werden die "Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" herangezogen (daran anschließend die Empfehlung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Rundschreiben V Nr. 13/1998). Denn die Empfehlungen – welche die vorangegangenen aus dem Jahr 1974 abgelöst haben - sind unter Beteiligung von medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Sachverständigen zustande gekommen (Rundschreiben a.a.O.) und bieten daher grundsätzlich eine Gewähr für Richtigkeit. Der Antragsteller hat einen Mehrbedarf wegen Hyperlipdämie und Hypertonie glaubhaft gemacht. Die behandelnde Ärztin Dr. S hat beide Krankheiten auf dem vom Antragsgegner selbst ausgegebenen Formblatt mit Datum des 26. Januar 2006 angegeben, und ihr Vorliegen ist vom Antragsgegner nicht in Frage gestellt worden. Ebenso hat die Ärztin begründet, warum sie Krankenkost für die genannten Krankheiten als erforderlich ansieht. Für den höheren der beiden Mehrbedarfe, nämlich den wegen Hyperlipidämie (36,62 EUR je Kalendermonat nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins) besteht der Anspruch angesichts dessen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit. Zwar hat die Vertrauensärztin Dr. M auf die Anfrage der Sachbearbeitung vom 27. Januar 2006, ob dem Antragsteller der erhöhte Mehrbedarf für Diabetes mellitus Typ IIa zu gewähren wäre oder nur der geringere für die Hypertonie, folgende Antwort gegeben: "(Die) Diagnose Diabetes mellitus Typ IIa (ohne Ü(bergewicht)) (trifft) nicht zu ... Die anderen Krankheiten bedürfen als therapeutischer Ergänzung in erster Linie der diätetischen Einstellung des Normal-Gewichts ...". Dass sie die Möglichkeit sieht, die Ursache der bestehenden Krankheitsbilder zu beseitigen, schließt – wenigstens gegenwärtig – aber noch nicht den Anspruch auf einen Mehrbedarfszuschlag wegen der genannten Krankheitsbilder aus. Zwar sieht das Rundschreiben in Nr. 3 ein Abweichen nach unten bei der Höhe des Mehrbedarfszuschlags im besonderen für den Fall vor, dass "der Zweck der Krankenkostzulage nicht erreicht wurde und sich als Grund eine mangelnde Mitwirkung des Hilfesuchenden herausstellt". Nach Aktenlage ist der Antragsteller auf eine entsprechende Mitwirkungsobliegenheit aber noch nicht hingewiesen worden, im besonderen nicht darauf, in welcher Zeit der Antragsgegner die Beseitigung der Ursachen für den Mehrbedarf erwartet und welche Mittel er im konkreten Fall als erfolgversprechend ansieht. Der Antragsteller hatte deshalb noch keine Möglichkeit, sich darauf einzustellen. Zudem hat er in seinem Widerspruch vom 13. Februar 2006 vorgetragen, dass es ihm innerhalb des letzten Jahres bereits gelungen sei, sein Körpergewicht um 10 kg zu senken und damit dargetan, dass er nicht untätig geblieben ist, auch wenn er die Anforderungen des Antragsgegners nicht kannte. Dass der Antragsteller – wie der Antragsgegner meint - nicht behauptet, durch die bestehende Hyperlipidämie und den Hypertonus überhaupt einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu haben, trifft so nicht zu. Der Antragsteller hatte gegenüber dem Antragsgegner ursprünglich generell einen Mehrbedarfszuschlag in der Höhe geltend gemacht, wie er zuvor vom Leistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch geltend gemacht worden war. Im Widerspruch vom 13. Februar 2006 macht er nicht nur einen Bedarf für "Diabeteskost", sondern auch für "fett- und cholesterinreduzierte Kost" geltend. Auch im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist allgemein von einem Mehrbedarf die Rede. Dass er lediglich den höchstmöglichen Betrag geltend macht, ist nur folgerichtig, da insgesamt nur ein Mehrbedarfszuschlag nach § 30 Abs. 5 SGB XII möglich ist. Erst im Lauf des Verfahrens, mutmaßlich dadurch, dass sich auch das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss vor allem mit dem Mehrbedarfszuschlag wegen Diabetes mellitus auseinandergesetzt hat, hat sich der Streit hierauf konzentriert. Dass hierdurch auch der Streitgegenstand beschränkt werden sollte, ist nicht ersichtlich. Soweit ein Anordnungsanspruch besteht, ist auch ein Anordnungsgrund gegeben. Mehrbedarfe decken tatsächliche Bedarfe ab und somit grundsätzlich – wie der Regelsatz – das Existenzminimum. Zwar wurden die für Berlin geltenden Regelsätze der laufenden Leistungen der Sozialhilfe im Jahr 2005 gegenüber 2004 deutlich - nämlich um 49 Euro für den "Haushaltsvorstand" - angehoben und damit höher bemessen als das reine Existenzminimum. Auf diese Weise werden durch die laufenden Leistungen aber grundsätzlich auch einmalige Bedarfe abgedeckt und zwar sogar, soweit es sich um größere Ausgaben handelt (z.B. Ersatzbeschaffung von Bekleidung, Mobiliar oder Haushaltsgeräten). Jedenfalls dann, wenn der Antragsteller einen großen Teil dieses "Ansparbetrages" dafür aufwenden müsste, laufende Ausgaben zu bestreiten, ist es ihm nicht zuzumuten, den Ausgang eines Widerspruchsverfahrens oder gerichtlichen Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Ob ein Anordnungsanspruch auch insoweit besteht, als der Antragsteller einen Mehrbedarfszuschlag wegen des bestehenden Diabetes mellitus Typ IIa begehrt, kann im Ergebnis offen bleiben. Nur am Rand wird deshalb darauf hingewiesen, dass dies weiterhin zweifelhaft ist: Die Empfehlungen des Deutschen Vereins sehen für diesen Typ einen Mehrbedarf (in Höhe von 52,31 EUR) lediglich dann vor, wenn der Antragsteller nicht an Übergewicht leidet. Entgegen der Bescheinigung der behandelnden Ärztin ist das aber noch immer der Fall (Body-Maß-Index 31 bei einem altersentsprechenden Normalbereich von 24 – 29). Angesichts dessen liegt kein "Katalogfall" gemäß den Empfehlungen vor. Vom Antragsteller wäre deshalb zunächst selbst darzulegen - und nach dem Rundschreiben zusätzlich durch ein ärztliches Gutachten zu belegen, welche Art von kostenaufwändiger Ernährung er ungeachtet dessen krankheitsbedingt konkret benötigt. In jedem Fall fehlt insoweit indessen ein Anordnungsgrund, nachdem der Antragsteller im oben beschriebenen Umfang erfolgreich geblieben ist. So lange es sich – wie vorliegend - um einen überschaubaren Zeitraum handelt, ist es dem Antragsteller zuzumuten, den Differenzbetrag von knapp 20,- EUR zwischen der begehrten und der einstweilig zuerkannten Leistung aus dem Anspar-Anteil der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufzuwenden, soweit er insoweit tatsächlich Aufwendungen hat. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Antragsteller erstrebt die Veränderung eines bisherigen leistungslosen Zustands. Einstweiliger Rechtsschutz kann in diesem Fall nur unter den Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewährt werden. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Begründet ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, wenn sich bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 916 ZPO; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund; zusammenfassend zu den Voraussetzungen Binder in Handkommentar SGG, 2. Auflage 2006, § 86 b Randnummer 33 ff.). Ein Anordnungsanspruch ist jedenfalls insoweit hinreichend glaubhaft gemacht, als es um einen Mehrbedarf wegen krankheitsbedingt kostenaufwändiger Ernährung für lipidsenkende Nahrungsmittel geht (§ 30 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII]). Der Antragsteller gehört zu den Leistungsberechtigten nach der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und erhält deshalb bereits laufende Leistungen. Denn er ist unabhängig von der Lage des Arbeitsmarktes dauerhaft voll erwerbsgemindert (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII; Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Berlin vom 12. Januar 2006). Er ist auch bedürftig, da er nach Lage der Akten neben seiner laufenden Rente über kein anrechenbares Einkommen oder verwertbares Vermögen verfügt (§ 41 Abs. 2 i. V. m. §§ 82 bis 84, 90 SGB XII) und die laufende Rentenleistung in Höhe von 660,43 EUR bereits den Bedarf im Umfang des Regelsatzes und der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nicht deckt (§ 41 Satz 1 Nr. 1 und 2 i. V. m. §§ 28, 29 SGB XII). Die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 5 SGB XII setzt voraus, dass der Anspruchsteller, der unstreitig zum Personenkreis der Kranken gehört, einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Liegen die Voraussetzungen vor, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Zur sachgerechten Konkretisierung der Merkmale "bedürfen" und "angemessen" werden die "Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" herangezogen (daran anschließend die Empfehlung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Rundschreiben V Nr. 13/1998). Denn die Empfehlungen – welche die vorangegangenen aus dem Jahr 1974 abgelöst haben - sind unter Beteiligung von medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Sachverständigen zustande gekommen (Rundschreiben a.a.O.) und bieten daher grundsätzlich eine Gewähr für Richtigkeit. Der Antragsteller hat einen Mehrbedarf wegen Hyperlipdämie und Hypertonie glaubhaft gemacht. Die behandelnde Ärztin Dr. S hat beide Krankheiten auf dem vom Antragsgegner selbst ausgegebenen Formblatt mit Datum des 26. Januar 2006 angegeben, und ihr Vorliegen ist vom Antragsgegner nicht in Frage gestellt worden. Ebenso hat die Ärztin begründet, warum sie Krankenkost für die genannten Krankheiten als erforderlich ansieht. Für den höheren der beiden Mehrbedarfe, nämlich den wegen Hyperlipidämie (36,62 EUR je Kalendermonat nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins) besteht der Anspruch angesichts dessen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit. Zwar hat die Vertrauensärztin Dr. M auf die Anfrage der Sachbearbeitung vom 27. Januar 2006, ob dem Antragsteller der erhöhte Mehrbedarf für Diabetes mellitus Typ IIa zu gewähren wäre oder nur der geringere für die Hypertonie, folgende Antwort gegeben: "(Die) Diagnose Diabetes mellitus Typ IIa (ohne Ü(bergewicht)) (trifft) nicht zu ... Die anderen Krankheiten bedürfen als therapeutischer Ergänzung in erster Linie der diätetischen Einstellung des Normal-Gewichts ...". Dass sie die Möglichkeit sieht, die Ursache der bestehenden Krankheitsbilder zu beseitigen, schließt – wenigstens gegenwärtig – aber noch nicht den Anspruch auf einen Mehrbedarfszuschlag wegen der genannten Krankheitsbilder aus. Zwar sieht das Rundschreiben in Nr. 3 ein Abweichen nach unten bei der Höhe des Mehrbedarfszuschlags im besonderen für den Fall vor, dass "der Zweck der Krankenkostzulage nicht erreicht wurde und sich als Grund eine mangelnde Mitwirkung des Hilfesuchenden herausstellt". Nach Aktenlage ist der Antragsteller auf eine entsprechende Mitwirkungsobliegenheit aber noch nicht hingewiesen worden, im besonderen nicht darauf, in welcher Zeit der Antragsgegner die Beseitigung der Ursachen für den Mehrbedarf erwartet und welche Mittel er im konkreten Fall als erfolgversprechend ansieht. Der Antragsteller hatte deshalb noch keine Möglichkeit, sich darauf einzustellen. Zudem hat er in seinem Widerspruch vom 13. Februar 2006 vorgetragen, dass es ihm innerhalb des letzten Jahres bereits gelungen sei, sein Körpergewicht um 10 kg zu senken und damit dargetan, dass er nicht untätig geblieben ist, auch wenn er die Anforderungen des Antragsgegners nicht kannte. Dass der Antragsteller – wie der Antragsgegner meint - nicht behauptet, durch die bestehende Hyperlipidämie und den Hypertonus überhaupt einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu haben, trifft so nicht zu. Der Antragsteller hatte gegenüber dem Antragsgegner ursprünglich generell einen Mehrbedarfszuschlag in der Höhe geltend gemacht, wie er zuvor vom Leistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch geltend gemacht worden war. Im Widerspruch vom 13. Februar 2006 macht er nicht nur einen Bedarf für "Diabeteskost", sondern auch für "fett- und cholesterinreduzierte Kost" geltend. Auch im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist allgemein von einem Mehrbedarf die Rede. Dass er lediglich den höchstmöglichen Betrag geltend macht, ist nur folgerichtig, da insgesamt nur ein Mehrbedarfszuschlag nach § 30 Abs. 5 SGB XII möglich ist. Erst im Lauf des Verfahrens, mutmaßlich dadurch, dass sich auch das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss vor allem mit dem Mehrbedarfszuschlag wegen Diabetes mellitus auseinandergesetzt hat, hat sich der Streit hierauf konzentriert. Dass hierdurch auch der Streitgegenstand beschränkt werden sollte, ist nicht ersichtlich. Soweit ein Anordnungsanspruch besteht, ist auch ein Anordnungsgrund gegeben. Mehrbedarfe decken tatsächliche Bedarfe ab und somit grundsätzlich – wie der Regelsatz – das Existenzminimum. Zwar wurden die für Berlin geltenden Regelsätze der laufenden Leistungen der Sozialhilfe im Jahr 2005 gegenüber 2004 deutlich - nämlich um 49 Euro für den "Haushaltsvorstand" - angehoben und damit höher bemessen als das reine Existenzminimum. Auf diese Weise werden durch die laufenden Leistungen aber grundsätzlich auch einmalige Bedarfe abgedeckt und zwar sogar, soweit es sich um größere Ausgaben handelt (z.B. Ersatzbeschaffung von Bekleidung, Mobiliar oder Haushaltsgeräten). Jedenfalls dann, wenn der Antragsteller einen großen Teil dieses "Ansparbetrages" dafür aufwenden müsste, laufende Ausgaben zu bestreiten, ist es ihm nicht zuzumuten, den Ausgang eines Widerspruchsverfahrens oder gerichtlichen Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Ob ein Anordnungsanspruch auch insoweit besteht, als der Antragsteller einen Mehrbedarfszuschlag wegen des bestehenden Diabetes mellitus Typ IIa begehrt, kann im Ergebnis offen bleiben. Nur am Rand wird deshalb darauf hingewiesen, dass dies weiterhin zweifelhaft ist: Die Empfehlungen des Deutschen Vereins sehen für diesen Typ einen Mehrbedarf (in Höhe von 52,31 EUR) lediglich dann vor, wenn der Antragsteller nicht an Übergewicht leidet. Entgegen der Bescheinigung der behandelnden Ärztin ist das aber noch immer der Fall (Body-Maß-Index 31 bei einem altersentsprechenden Normalbereich von 24 – 29). Angesichts dessen liegt kein "Katalogfall" gemäß den Empfehlungen vor. Vom Antragsteller wäre deshalb zunächst selbst darzulegen - und nach dem Rundschreiben zusätzlich durch ein ärztliches Gutachten zu belegen, welche Art von kostenaufwändiger Ernährung er ungeachtet dessen krankheitsbedingt konkret benötigt. In jedem Fall fehlt insoweit indessen ein Anordnungsgrund, nachdem der Antragsteller im oben beschriebenen Umfang erfolgreich geblieben ist. So lange es sich – wie vorliegend - um einen überschaubaren Zeitraum handelt, ist es dem Antragsteller zuzumuten, den Differenzbetrag von knapp 20,- EUR zwischen der begehrten und der einstweilig zuerkannten Leistung aus dem Anspar-Anteil der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufzuwenden, soweit er insoweit tatsächlich Aufwendungen hat. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 193 SGG. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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