Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 68 U 337/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 48/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. Oktober 2005 wird als unzulässig verworfen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines am 07. November 2002 erlittenen Arbeitsunfalls.
Die 1947 geborene Klägerin erlitt während ihrer Tätigkeit als Verwaltungsangestellte im mittleren Dienst in der Bundestagsverwaltung am 07. November 2002 einen Arbeitsunfall, als sie im Jakob-Kaiser-Haus auf dem gerade geputzten und deshalb noch nassen Fußboden ausrutschte und hinfiel. Sie erlitt multiple Kontusionen am Kopf, Rippen rechts, linken Knie und beiden Händen. Arbeitsunfähigkeit wurde bis zum 08. November 2002 bescheinigt (Durchgangsarztbericht der Chirurgin Dipl. med. K vom 08. November 2002). Auf die Empfehlung der Durchgangsärztin, in deren Behandlung sich die Klägerin weiterhin wegen multipler Beschwerden befand, ohne dass diese ihr helfen konnte, veranlasste die Beklagte eine Vorstellung der Klägerin in der durchgangsärztlichen Sprechstunde des Uk B. Prof. Dr. E/Dr. B führten in dem Zwischenbericht vom 02. Juni 2003 aus, dass die Untersuchung der Klägerin lediglich einen dezenten Druckschmerz im Bereich der paravertebralen Muskulatur der Halswirbelsäule, jedoch keine Auffälligkeiten bei der Beweglichkeit der HWS ergeben habe. Auch die Untersuchung der Kniegelenke sowie der oberen Sprunggelenke habe freie Beweglichkeit bei auch sonst unauffälligem klinischem Befund ergeben. Die Klägerin sei damit konfrontiert worden, dass der deutliche Eindruck einer ganz erheblichen Aggravation der Verletzungsfolgen bestehe. Daraufhin habe sie schimpfend das Untersuchungszimmer verlassen und sich nicht weiter behandeln lassen wollen. Abschließend sei festzustellen, dass eine weitere Behandlung hier nicht erforderlich gewesen wäre. Es bestehe ganz eindeutig der Verdacht auf einen sekundären Krankheitsgewinn durch eine ganz erhebliche Aggravation. Es sei nahezu ausgeschlossen, dass alle angeblich seinerzeit verletzten Gliedmaßen auch heute noch derartige Beschwerden, wie von der Klägerin geschildert, machten. Die Klägerin, die daraufhin mit Schreiben vom 12. Juni 2003 ausführte, sie habe sich bei dem Unfall einen Halswirbel gebrochen sowie laterale Bänderschäden am rechten Fuß erlitten, legte einen leistungspsychologischen Bericht vom 03. September 1990 von dem Psychologen S von der C, Klinik und Poliklinik für Neurologie und Psychiatrie, vor, wonach bei der Klägerin ein Befund erhoben worden sei, der an eine beginnende hirnorganisch bedingte Leistungsminderung denken lasse. Es müsse auch bedacht werden, dass sie ihre Beschwerden übernachhaltig verarbeitet habe und eine gewisse Rententendenz nicht auszuschließen sei. Der Arzt berichtete darüber, dass die Klägerin bereits vor einem 1988 erlittenen Unfall wegen Hypertonus und Cervicalsyndrom schwerbeschädigt gewesen sei. Wegen eines Thorakolumbalsyndroms mit Schmerzzustand war die Klägerin ab 07. Juli 2003 arbeitsunfähig krankgeschrieben (Verordnung der Dres E u.a.). Eine Röntgenuntersuchung vom 07. Juli 2003 ergab eine initiale Osteochondrosis intervertebralis im Bereich der Halswirbelsäule sowie im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule eine initiale bis mäßiggradige Spondylosis deformans und Costotransversalarthrose. Die Chirurgin Dr. T berichtete in einem Zwischenbericht vom 09. Juli 2003, es gebe keinen Nachweis von Traumafolgen. Es werde deshalb eine kassenärztliche Behandlung empfohlen. Folgen des durchgemachten Arbeitsunfalls seien nicht feststellbar, somit bestehe keine Indikation zur bg-lichen Behandlung.
Die Klägerin wurde auf Veranlassung der Beklagten durch Prof. Dr. E, Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der C, Campus B F/Dr. T untersucht und begutachtet. In dem ersten Rentengutachten vom 21. Januar 2004 kamen die Gutachter zu dem Ergebnis, die von der Versicherten geklagten Beschwerden korrelierten in keiner Weise mit den erhobenen Befunden. Auch unter Berücksichtigung des Unfallhergangs zeige sich kein Zusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und dem Unfallereignis. Es habe sich hierbei um einen Sturz aus dem Stand ohne Fremdeinwirkung gehandelt. Der Sturzmechanismus sei von der Klägerin mit einem Vorwärtssturz auf die nach vorn gerichtete Körperhälfte angegeben worden mit Anpralltrauma des Kopfes im Fallen. Die von der Klägerin immer wieder geschilderte HWK-Fraktur lasse sich weder auf den von ihr zugesandten noch auf den neu angefertigten Röntgenaufnahmen feststellen. Insgesamt wäre eine Halswirbelsäulenverletzung bei dem vorliegenden Unfallhergang nicht nachvollziehbar. Es bestehe der hochgradige Verdacht auf eine Aggravation und ein ausgeprägtes Rentenbegehren. Die Schilderungen erschienen insgesamt diffus, sprunghaft und klinisch sowie radiologisch nicht nachvollziehbar. Da keine Unfallfolgen feststellbar seien, bestehe auch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Weitere ärztliche Behandlungsmaßnahmen zu Lasten der Beklagten seien nicht erforderlich.
Daraufhin lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 07. November 2002 mit Bescheid vom 13. Februar 2004 ab. Die bei dem Unfall erlittenen Prellungen seien folgenlos ausgeheilt. Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin über eine dauerhafte schmerzhafte Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität aufgrund des Unfalls klagte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 02. Juni 2004 zurück.
Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Ziel, die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des am 07. November 2002 erlittenen Arbeitsunfalls zu erreichen, weiterverfolgt.
Durch Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe eine Verletztenrente nicht zu, denn es bestünden nach den gutachterlichen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür, dass noch 26 Wochen nach dem Unfall irgendwelche Unfallfolgen vorlägen. Inhalt des Gerichtsbescheids ist auch eine Rechtsmittelbelehrung gewesen, mit der die Klägerin u.a. auf Folgendes hingewiesen worden ist: "Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids bei dem Sozialgericht Berlin schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war."
Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin am 18. November 2005 zugestellt worden. Am 15. Dezember 2005 hat die Klägerin die Zulassung der Revision zum Bundessozialgericht beantragt. Dem Antrag beigefügt hat sie ein Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2005, in dem diese es ausdrücklich abgelehnt hat, die Zustimmung zur Sprungrevision zu erteilen. In einem weiteren Schreiben vom 13. Dezember 2005 hat die Beklagte der Klägerin erklärt, vorliegend sei keine Rechtsfrage streitig, die in einem Revisionsverfahren entschieden werden könne. Es verbleibe der Klägerin jedoch, das Rechtsmittel der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 21. Oktober 2005 einzulegen.
Durch Beschluss vom 18. Januar 2006 hat das Sozialgericht Berlin entschieden, dass die Sprungrevision nicht zugelassen werde, da die Beklagte der Zulassung nicht zugestimmt habe. Dieser Beschluss ist der Klägerin am 15. Februar 2006 zugestellt worden.
Am 22. Februar 2006 hat die Klägerin dann Berufung eingelegt, mit der sie erneut geltend macht, sie habe am 07. November 2002 im Deutschen Bundestag einen schweren Arbeitsunfall erlitten. Die Brüche des 5. und 6. Halswirbels müssten entschädigt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 2004 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des am 07. November 2002 erlittenen Arbeitsunfalls Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, denn sie ist nicht fristgerecht eingelegt worden.
Gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (Abs. 2 Satz 1).
Gemäß § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG steht den Beteiligten gegen das Urteil des Sozialgerichts die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist oder der Frist für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Frist von neuem, sofern der Antrag in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war (Abs. 3 Satz 1).
Danach hat die Klägerin, die über den Lauf der Fristen in dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2005 zutreffend belehrt worden ist, die Berufung nicht fristgerecht eingelegt.
Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin ausweislich der Postzustellungsurkunde am 18. November 2005 durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden (§ 63 SGG i.V.m. § 180 Zivilprozessordnung –ZPO-). Damit begann die Berufungsfrist gemäß § 64 Abs. 1 SGG am 19. November 2005 und endete gemäß § 64 Abs. 2 und 3 SGG am Montag, den 19. Dezember 2005. Tatsächlich hat die Klägerin aber erst am 22. Februar 2006 Berufung eingelegt.
Die Klägerin kann sich nicht zu ihren Gunsten auf die Vorschrift des § 161 Abs. 3 Satz 1 SGG berufen, denn sie hat den Antrag auf Zulassung der Revision zwar in der gesetzlichen Form und Frist gestellt, aber sie hat die Zustimmungserklärung der Beklagten zur Zulassung der Revision nicht beigefügt. Die Beklagte hat vielmehr mit Schreiben vom 12. und 13. Dezember 2005 ausdrücklich ihre Zustimmung zur Sprungrevision verweigert. Da der Lauf der Berufungsfrist mit der Zustellung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin nur dann neu beginnt, wenn auch die Zustimmungserklärung beigefügt ist, ist die Berufung im Fall der Klägerin verfristet.
Gründe für die Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist gemäß § 67 Abs. 1 SGG liegen nicht vor. Danach ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Eine gesetzliche Frist ist ohne Verschulden versäumt, wenn ein Beteiligter diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. A. 2005, § 67 RN 3). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass das Versäumnis der Berufungsfrist durch die Klägerin unvermeidbar gewesen ist. Auch die Klägerin hat dazu keine Angaben gemacht. Zwar ist ihr Vortrag sehr weitschweifig und enthält überwiegend Ausführungen, die nicht Streitgegenstand sind, wie aber z.B. ihre Reaktion auf Schreiben des Sozialgerichts zum Streit¬gegenstand zeigen, ist die Klägerin sehr wohl in der Lage, ihre Interessen wahrzunehmen.
Nach alledem ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts rechtskräftig geworden. Die Berufung ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines am 07. November 2002 erlittenen Arbeitsunfalls.
Die 1947 geborene Klägerin erlitt während ihrer Tätigkeit als Verwaltungsangestellte im mittleren Dienst in der Bundestagsverwaltung am 07. November 2002 einen Arbeitsunfall, als sie im Jakob-Kaiser-Haus auf dem gerade geputzten und deshalb noch nassen Fußboden ausrutschte und hinfiel. Sie erlitt multiple Kontusionen am Kopf, Rippen rechts, linken Knie und beiden Händen. Arbeitsunfähigkeit wurde bis zum 08. November 2002 bescheinigt (Durchgangsarztbericht der Chirurgin Dipl. med. K vom 08. November 2002). Auf die Empfehlung der Durchgangsärztin, in deren Behandlung sich die Klägerin weiterhin wegen multipler Beschwerden befand, ohne dass diese ihr helfen konnte, veranlasste die Beklagte eine Vorstellung der Klägerin in der durchgangsärztlichen Sprechstunde des Uk B. Prof. Dr. E/Dr. B führten in dem Zwischenbericht vom 02. Juni 2003 aus, dass die Untersuchung der Klägerin lediglich einen dezenten Druckschmerz im Bereich der paravertebralen Muskulatur der Halswirbelsäule, jedoch keine Auffälligkeiten bei der Beweglichkeit der HWS ergeben habe. Auch die Untersuchung der Kniegelenke sowie der oberen Sprunggelenke habe freie Beweglichkeit bei auch sonst unauffälligem klinischem Befund ergeben. Die Klägerin sei damit konfrontiert worden, dass der deutliche Eindruck einer ganz erheblichen Aggravation der Verletzungsfolgen bestehe. Daraufhin habe sie schimpfend das Untersuchungszimmer verlassen und sich nicht weiter behandeln lassen wollen. Abschließend sei festzustellen, dass eine weitere Behandlung hier nicht erforderlich gewesen wäre. Es bestehe ganz eindeutig der Verdacht auf einen sekundären Krankheitsgewinn durch eine ganz erhebliche Aggravation. Es sei nahezu ausgeschlossen, dass alle angeblich seinerzeit verletzten Gliedmaßen auch heute noch derartige Beschwerden, wie von der Klägerin geschildert, machten. Die Klägerin, die daraufhin mit Schreiben vom 12. Juni 2003 ausführte, sie habe sich bei dem Unfall einen Halswirbel gebrochen sowie laterale Bänderschäden am rechten Fuß erlitten, legte einen leistungspsychologischen Bericht vom 03. September 1990 von dem Psychologen S von der C, Klinik und Poliklinik für Neurologie und Psychiatrie, vor, wonach bei der Klägerin ein Befund erhoben worden sei, der an eine beginnende hirnorganisch bedingte Leistungsminderung denken lasse. Es müsse auch bedacht werden, dass sie ihre Beschwerden übernachhaltig verarbeitet habe und eine gewisse Rententendenz nicht auszuschließen sei. Der Arzt berichtete darüber, dass die Klägerin bereits vor einem 1988 erlittenen Unfall wegen Hypertonus und Cervicalsyndrom schwerbeschädigt gewesen sei. Wegen eines Thorakolumbalsyndroms mit Schmerzzustand war die Klägerin ab 07. Juli 2003 arbeitsunfähig krankgeschrieben (Verordnung der Dres E u.a.). Eine Röntgenuntersuchung vom 07. Juli 2003 ergab eine initiale Osteochondrosis intervertebralis im Bereich der Halswirbelsäule sowie im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule eine initiale bis mäßiggradige Spondylosis deformans und Costotransversalarthrose. Die Chirurgin Dr. T berichtete in einem Zwischenbericht vom 09. Juli 2003, es gebe keinen Nachweis von Traumafolgen. Es werde deshalb eine kassenärztliche Behandlung empfohlen. Folgen des durchgemachten Arbeitsunfalls seien nicht feststellbar, somit bestehe keine Indikation zur bg-lichen Behandlung.
Die Klägerin wurde auf Veranlassung der Beklagten durch Prof. Dr. E, Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der C, Campus B F/Dr. T untersucht und begutachtet. In dem ersten Rentengutachten vom 21. Januar 2004 kamen die Gutachter zu dem Ergebnis, die von der Versicherten geklagten Beschwerden korrelierten in keiner Weise mit den erhobenen Befunden. Auch unter Berücksichtigung des Unfallhergangs zeige sich kein Zusammenhang zwischen den geklagten Beschwerden und dem Unfallereignis. Es habe sich hierbei um einen Sturz aus dem Stand ohne Fremdeinwirkung gehandelt. Der Sturzmechanismus sei von der Klägerin mit einem Vorwärtssturz auf die nach vorn gerichtete Körperhälfte angegeben worden mit Anpralltrauma des Kopfes im Fallen. Die von der Klägerin immer wieder geschilderte HWK-Fraktur lasse sich weder auf den von ihr zugesandten noch auf den neu angefertigten Röntgenaufnahmen feststellen. Insgesamt wäre eine Halswirbelsäulenverletzung bei dem vorliegenden Unfallhergang nicht nachvollziehbar. Es bestehe der hochgradige Verdacht auf eine Aggravation und ein ausgeprägtes Rentenbegehren. Die Schilderungen erschienen insgesamt diffus, sprunghaft und klinisch sowie radiologisch nicht nachvollziehbar. Da keine Unfallfolgen feststellbar seien, bestehe auch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Weitere ärztliche Behandlungsmaßnahmen zu Lasten der Beklagten seien nicht erforderlich.
Daraufhin lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 07. November 2002 mit Bescheid vom 13. Februar 2004 ab. Die bei dem Unfall erlittenen Prellungen seien folgenlos ausgeheilt. Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin über eine dauerhafte schmerzhafte Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität aufgrund des Unfalls klagte, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 02. Juni 2004 zurück.
Mit der dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Ziel, die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des am 07. November 2002 erlittenen Arbeitsunfalls zu erreichen, weiterverfolgt.
Durch Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe eine Verletztenrente nicht zu, denn es bestünden nach den gutachterlichen Feststellungen keine Anhaltspunkte dafür, dass noch 26 Wochen nach dem Unfall irgendwelche Unfallfolgen vorlägen. Inhalt des Gerichtsbescheids ist auch eine Rechtsmittelbelehrung gewesen, mit der die Klägerin u.a. auf Folgendes hingewiesen worden ist: "Auf Antrag kann vom Sozialgericht durch Beschluss die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen werden, wenn der Gegner schriftlich zustimmt. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids bei dem Sozialgericht Berlin schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war."
Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin am 18. November 2005 zugestellt worden. Am 15. Dezember 2005 hat die Klägerin die Zulassung der Revision zum Bundessozialgericht beantragt. Dem Antrag beigefügt hat sie ein Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2005, in dem diese es ausdrücklich abgelehnt hat, die Zustimmung zur Sprungrevision zu erteilen. In einem weiteren Schreiben vom 13. Dezember 2005 hat die Beklagte der Klägerin erklärt, vorliegend sei keine Rechtsfrage streitig, die in einem Revisionsverfahren entschieden werden könne. Es verbleibe der Klägerin jedoch, das Rechtsmittel der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 21. Oktober 2005 einzulegen.
Durch Beschluss vom 18. Januar 2006 hat das Sozialgericht Berlin entschieden, dass die Sprungrevision nicht zugelassen werde, da die Beklagte der Zulassung nicht zugestimmt habe. Dieser Beschluss ist der Klägerin am 15. Februar 2006 zugestellt worden.
Am 22. Februar 2006 hat die Klägerin dann Berufung eingelegt, mit der sie erneut geltend macht, sie habe am 07. November 2002 im Deutschen Bundestag einen schweren Arbeitsunfall erlitten. Die Brüche des 5. und 6. Halswirbels müssten entschädigt werden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 21. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 2004 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des am 07. November 2002 erlittenen Arbeitsunfalls Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist als unzulässig zu verwerfen, denn sie ist nicht fristgerecht eingelegt worden.
Gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (Abs. 2 Satz 1).
Gemäß § 161 Abs. 1 Satz 1 SGG steht den Beteiligten gegen das Urteil des Sozialgerichts die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht im Urteil oder auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist oder der Frist für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Frist von neuem, sofern der Antrag in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war (Abs. 3 Satz 1).
Danach hat die Klägerin, die über den Lauf der Fristen in dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2005 zutreffend belehrt worden ist, die Berufung nicht fristgerecht eingelegt.
Der Gerichtsbescheid ist der Klägerin ausweislich der Postzustellungsurkunde am 18. November 2005 durch Einlegen in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden (§ 63 SGG i.V.m. § 180 Zivilprozessordnung –ZPO-). Damit begann die Berufungsfrist gemäß § 64 Abs. 1 SGG am 19. November 2005 und endete gemäß § 64 Abs. 2 und 3 SGG am Montag, den 19. Dezember 2005. Tatsächlich hat die Klägerin aber erst am 22. Februar 2006 Berufung eingelegt.
Die Klägerin kann sich nicht zu ihren Gunsten auf die Vorschrift des § 161 Abs. 3 Satz 1 SGG berufen, denn sie hat den Antrag auf Zulassung der Revision zwar in der gesetzlichen Form und Frist gestellt, aber sie hat die Zustimmungserklärung der Beklagten zur Zulassung der Revision nicht beigefügt. Die Beklagte hat vielmehr mit Schreiben vom 12. und 13. Dezember 2005 ausdrücklich ihre Zustimmung zur Sprungrevision verweigert. Da der Lauf der Berufungsfrist mit der Zustellung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin nur dann neu beginnt, wenn auch die Zustimmungserklärung beigefügt ist, ist die Berufung im Fall der Klägerin verfristet.
Gründe für die Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist gemäß § 67 Abs. 1 SGG liegen nicht vor. Danach ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Eine gesetzliche Frist ist ohne Verschulden versäumt, wenn ein Beteiligter diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung zuzumuten ist (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. A. 2005, § 67 RN 3). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass das Versäumnis der Berufungsfrist durch die Klägerin unvermeidbar gewesen ist. Auch die Klägerin hat dazu keine Angaben gemacht. Zwar ist ihr Vortrag sehr weitschweifig und enthält überwiegend Ausführungen, die nicht Streitgegenstand sind, wie aber z.B. ihre Reaktion auf Schreiben des Sozialgerichts zum Streit¬gegenstand zeigen, ist die Klägerin sehr wohl in der Lage, ihre Interessen wahrzunehmen.
Nach alledem ist der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts rechtskräftig geworden. Die Berufung ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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