L 6 B 91/06 AL ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 AL 3999/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 6 B 91/06 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. Januar 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) Beschwerde der Antragstellerin (Ast) ist unbegründet.

Wie bereits vom Sozialgericht Berlin in dem angefochtenen Beschluss vom 25. Januar 2006 zutreffend dargelegt, ist nicht mit der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ausreichenden aber auch erforderlichen Gewissheit glaubhaft gemacht (§ 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO – i.V.m. § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG), dass die Voraussetzungen für die von der Ast begehrten Förderung der Weiterbildung erfüllt sind (Anordnungsanspruch) und dass die von ihr beantragte Anordnung vor einer Entscheidung in der Hauptsache zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund, § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG). Auch wenn für den Erlass einer nur vorläufigen Regelung die maßgeblichen Tatsachen nicht (im Sinne einer allen vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietenden Gewissheit) erwiesen sein müssen, muss zumindest wahrscheinlich sein, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Dies ist nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht der Fall.

Die Förderung von Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung ist nicht als gebundener gesetzlicher Anspruch ausgestaltet, sondern steht – auch wenn die im Gesetz genannten Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind – im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers. Hier ist bereits nicht frei von Zweifeln, ob die in § 77 Abs. 1 Satz 2 Drittes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB III) bestimmten Voraussetzungen für die Übernahme von Kosten für die Weiterbildung zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien bei der G mbH (G mbH) im Rahmen der am 30. Januar 2006 begonnenen und voraussichtlich bis zum 25. Januar 2008 andauernden Maßnahme vorliegen.

Nach § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB III können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn

1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlendem Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist, 2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Ob bei der Ast die Notwendigkeit der Weiterbildung wegen fehlendem Berufsabschluss, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens 2 Jahren festgelegt ist (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III), anzuerkennen ist, kann vorliegend nicht abschließend geklärt werden. Unstreitig kann die Ast ihrem zuletzt vom 01. Juni 2005 bis zum 31. August 2005 ausgeübten Beruf als Fahrlehrerin mit Motorradausbildung (eine staatlich anerkannte, bundesweit einheitlich geregelte Ausbildung für einen Dienstleistungsberuf im Verkehrswesen – technischer Lehrberuf - nach dem Gesetz über das Fahrlehrerwesen vom 25. August 1969 – BGBl. I Seite 1336 – zuletzt geändert durch Art. 44 des Gesetzes vom 21. Juni 2005 – BGBl. I Seite 1818 –) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr nachgehen. Jedoch verfügt sie über weitere berufliche Qualifizierungen, u. a. zur Internetspezialistin für Administration und Programmierung aufgrund einer von der Antragsgegnerin (Ageg) geförderten einjährigen Ausbildung vom 11. September 2000 bis zum 10. September 2001 bei der DEKRA-Akademie GmbH in Berlin nebst einschlägiger beruflicher Erfahrungen als (Computer-) Grafikerin und Call-Center-Agentin bei der Firma Z GmbH (Beschäftigung vom 17. September 2003 bis zum 23. Februar 2005). Für diesen Tätigkeitsbereich bestehen keine gesundheitlichen Einschränkungen bei der Ast.

Abgesehen davon muss die Teilnahme an der gewünschten Bildungsmaßnahme erwarten lassen, dass die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme erheblich verbessert sind und die begründete Aussicht besteht, dass dem Arbeitnehmer dadurch ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann (dazu BSG Urteil vom 03. Juli 2003 – B 7 AL 66/05 R – in SozR 4-4300 § 77 Nr. 1). Hinsichtlich der insoweit anzustellenden Prognose hat die Ageg als bzgl. der Verhältnisse am Arbeitsmarkt sachkundige Behörde u.a. in ihren angefochtenen Bescheiden auf das Missverhältnis zwischen Stellenangeboten für Mediengestalter im weitesten Sinne (bundesweit ca. 16.783 laut Vermerk auf Blatt 29 der Verwaltungsakte) und den in diesem Bereich qualifizierten Arbeitsuchenden (bundesweit ca. 37.013 laut Vermerk auf Blatt 29 der Verwaltungsakte) hingewiesen. Zwar mag dieser Hinweis – insbesondere mangels einer genaueren Aufschlüsselung der zugrunde liegenden statistischen Daten – eine abschließende Beurteilung der generellen Aussichten, nach Abschluss der angestrebten Weiterbildung einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, nicht zulassen; zumal anscheinend die allgemeine Zweckmäßigkeit der Weiterbildungsmaßnahme (auch) unter Berücksichtigung von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes von einer fachkundigen Stelle geprüft worden ist (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III; vgl. Auskunft der G mbH vom 11. April 2006, wonach die Maßnahme von der Agentur für Arbeit unter der Maßnahmenr. 922/3010/06 geführt wird). Bei dieser Sachlage ist letztlich offen, ob die Maßnahme allgemein eine erhebliche Verbesserung der Eingliederungsaussichten bietet; im vorliegenden (Eil-) Verfahren kann der Senat dies nicht weiter aufklären. Die von der Ast im Beschwerdeverfahren vorgelegte Absichtserklärung der Fa. Vist einzelfallbezogen, ihr kann deshalb für die Einschätzung der Arbeitsmarktlage für Mediengestalter für Digital- und Printmedien keine wesentliche Bedeutung beigemessen werden. Auch für die Beurteilung der individuellen Notwendigkeit ist sie kein wesentlicher Maßstab; die Bereitschaft der Ast einen Arbeitsplatz anzubieten steht unter vielfältigen Vorbehalten und ist naturgemäß an den Fortbestand des möglichen Arbeitgebers und seines Personalbedarfes im Zeitpunkt des angestrebten Ausbildungsabschlusses geknüpft.

Anhaltspunkte für eine (zumindest) weitgehende Ermessensreduzierung bestehen nicht. Dass der Ast zur wesentlichen Verbesserung ihrer Eingliederungsaussichten gerade die angestrebte Maßnahme bewilligt werden muss, könnte nur festgestellt werden, wenn andere Förderungen (unter denen die Ageg die kostengünstigste vorzuziehen hätte) keine ähnlichen Erfolgsaussichten bieten. Abgesehen davon, dass Abwägungsgesichtspunkte fehlen, die in diesem Zusammenhang eine Entscheidung für die angestrebte Maßnahme nachhaltig fördern könnten, ist hier die Vorbildung der Ast zu berücksichtigen, die so beschaffen ist, dass sie Alternativen gerade nicht ausschließt, sondern ihre Einbeziehung in die Ermessenserwägungen der Ageg nahelegen. In diesem Sinne ist hier zu berücksichtigen, dass die Ast über eine IT-Vorbildung und Berufserfahrung als (Computer-)Grafikerin verfügt, sie diese Tätigkeit nach der medizinischen Beurteilung auch weiterhin ausüben kann und evtl. die Vermittlung erschwerende fehlende Kenntnisse im Bereich CAD und 3-D Freehand durch zeitlich kürzere Fortbildungsmaßnahmen erworben werden können (vgl. Vermerk über das Beratungsgespräch vom 10. Oktober 2005 der Ast mit der zuständigen Beraterin der Ageg ( Frau M) im BEWA-Ausdruck).

Da es an einem Anordnungsanspruch fehlt, kann offen bleiben, ob ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist. Dagegen spricht, dass die berufliche Eingliederung der Ast selbst dann, wenn sie an der bereits am 30. Januar 2006 begonnenen Weiterbildungsmaßnahme nicht teilnehmen kann, keineswegs endgültig vereitelt wird. Denn nach Auskunft der G mbH vom 11. April 2006 wird eine weitere Umschulungsmaßnahme zur Mediengestalter/-in für Digital- und Printmedien voraussichtlich am 10. Juli 2006 unter der gleichen Maßnahmenummer der Agentur für Arbeit beginnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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