L 22 R 1457/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 13 RA 4020/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 R 1457/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Altersrente auch für die Zeit vor dem 01. Mai 1999 und leitet diesen Anspruch aus der ihrer Auffassung nach verfassungswidrigen Art der Dynamisierung des geschützten Zahlbetrages und aus der Nichtberücksichtigung einer weiteren Anrechnungszeit ab.

Die im 1927 geborene Klägerin ist Augenärztin und übte diesen Beruf aus, bis sie ab 01. Mai 1985 aus der Sozialversicherung der DDR Invalidenrente und Zusatzrente aus der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) in Höhe der ihr aus der Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR zustehenden Leistung erhielt.

Die Beklagte wertete diese Renten zum 01. Januar 1992 in eine Regelaltersrente nach dem Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) um. Hiergegen richtete sich ein Widerspruchs- und Klageverfahren (Sozialgericht Berlin S 20 An 1624/02), mit dem die Klägerin unter anderem begehrte, ab dem 01. Juli 1992 sowohl die angepasste monatliche Rente als auch die ursprünglich ungekürzte Zusatzversorgung zu beziehen.

Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts griff die Klägerin mit der Berufung beim Landessozialgericht Berlin (L 6 An 165/94) an. Während des Berufungsverfahrens stellte die Beklagte die Regelaltersrente der Klägerin mehrmals neu fest (zuletzt mit Bescheid vom 23. Februar 1998). Dieses Verfahren wurde im Juni 1998 mit folgendem Vergleich beendet:

Die Beklagte wird der Klägerin, sofern sie einen entsprechenden Antrag stellt, einen neuen Rentenbescheid erteilen, wenn der von der Klägerin in dem Rechtsstreit L 6 An 165/94 geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer höheren Altersversorgung unter Berücksichtigung sämtlicher der in der DDR Rentenberechnung eingeflossenen Zurechnungsjahre wegen Invalidität und/oder unter Berücksichtigung einer - sich aus der Einbeziehung der Klägerin in die FZV med ergebenden - weiteren Versorgungsleistung infolge einer Gesetzesänderung oder nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Bundesverfassungsgerichts oder des Europäischen Gerichtshofes begründet sein sollte.

Im Falle der Anspruchsbegründung nach einer Entscheidung der vorgenannten Gerichte wird sie die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X außer Acht lassen.

Nachdem der Gesetzgeber § 307 b SGB VI neu gefasst hatte, erließ die Beklagte am 22. August 2001 einen neuen Rentenbescheid für den Zeitraum ab 01. Mai 1999, ohne dass daraus eine höhere Rentenzahlung resultierte.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wandte sich die Klägerin 1. dagegen, dass die neu festgestellte Rente am 01. Mai 1999 beginne. Der bisherige Rentenbescheid sei am 28. April 1999 wegen des Vergleiches nicht bindend gewesen, 2. gegen die Berechnungsweise der durchschnittlichen Entgeltpunkte pro Monat. Diese seien nicht kalenderjährlich, sondern monatlich festzustellen und gegebenenfalls zu begrenzen, 3. gegen die Beschränkung des berücksichtigungsfähigen Einkommens in der Zeit bis zum 28. Februar 1971 auf 600,00 Mark als Verstoß gegen das Grundgesetz und schließlich 4. gegen die Dynamisierung nach den Steigerungssätzen "West", statt nach den Steigerungssätzen "Ost". Sie rügte außerdem das Fehlen einer anteiligen Zurechnungszeit von mindestens 8 Monaten wegen Invalidität.

Mit Bescheid vom 28. Juni 2002 stellte die Beklagte die Regelaltersrente der Klägerin erneut ab dem 01. Mai 1999 neu fest. Für diesen Zeitraum setzte sie eine höhere monatliche Rente fest, denen eine Vergleichsrente auf der Basis von 73,2000 Entgeltpunkten Ost zugrunde lag: Die Vergleichsrente sei jeweils höher als die bisherige SGB VI-Rente mit 62,1819 persönlichen Entgeltpunkten und als der dynamisierte besitzgeschützte Zahlbetrag, der mit 41,9643 Entgeltpunkten ermittelt wurde.

Im Übrigen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2003 den Widerspruch zurück. Der Rentenbescheid sei am 28. April 1999 bestandskräftig gewesen, so dass die Neufeststellung nach Art. 11 des 2. AAÜG Änderungsgesetzes erst ab dem 01. Mai 1999 möglich sei. Die Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrages entspräche der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts.

Hiergegen hat sich die am 26. Juli 2003 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt hat. Durch den Vergleich sei die Bindungswirkung der Rentenbescheide gehemmt gewesen. Der Dynamisierungsmodus des besitzgeschützten Zahlbetrages sei verfassungswidrig.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. August 2001 in der Gestalt des Bescheides vom 28. Juni 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2003 zu verurteilen, ihr ab dem 01. Januar 1992 eine höhere Altersrente zu gewähren und hierbei für die Berechnung der Rente nach dem SGB VI eine Anrechnungszeit vom 01. Mai 1985 bis 31. Dezember 1985 zu berücksichtigen sowie

die Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrags in analoger Anwendung der für das Beitrittsgebiet geltenden Rentenanpassungsverordnungen, d. h. nach dem so genannten Dynamisierungsmodus Ost, vorzunehmen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich zur Begründung hierfür auf die Darlegungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid berufen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 11. Juli 2005 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf höhere Altersrente noch auf einen Zuschlag zu ihrer Altersrente aufgrund eines in höherem Umfang dynamisierten geschützten Zahlbetrags. Darüber hinaus hat sie auch keinen Anspruch auf einen früheren Beginn der Rentennachzahlung. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die Beklagte hat die Rentenhöhe zutreffend nach § 307 b Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Abs. 3 SGB VI festgesetzt. Hiernach wird für Versicherte, die bereits im Beitrittsgebiet einen Anspruch im Sinne des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) hatten, die Rente im Wege der Vergleichsermittlung unter Zugrundelegung des SGB VI und der vom Versorgungsträger festgestellten Entgelte für das gesamte Erwerbsleben ermittelt (§ 307 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Zudem hat der Rentenversicherungsträger nach § 307 b Abs. 3 SGB VI eine Vergleichsrente zu ermitteln, die auf der Zugrundelegung des durchschnittlichen Entgelts während der letzten 20 Jahre des Erwerbslebens beruht (siehe insbesondere § 307 b Abs. 3 Nr. 3 SGB VI). Der Gesetzgeber hat im Zweiten AAÜG Änderungsgesetz durch Aufnahme dieser Vergleichsberechnung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in den Entscheidungen vom 28. April 1999 (Az. 1 BvR 1926/96 = BVerfGE 100, 104; Az. 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 = BVerfGE 100, 1) umgesetzt. Das Bundesverfassungs-gericht hatte unter anderem die Verfassungswidrigkeit der Ungleichbehandlung der so genannten Bestandsrentner mit und ohne Einbeziehung in ein Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG für gleichheitswidrig erklärt, weil nach § 307 a SGB VI bei den nicht zusatzversorgten Rentenbeziehern im Beitrittsgebiet - entsprechend dem Sozialversicherungsrecht der DDR - nur die letzten 20 Jahre des Erwerbslebens zu Grunde gelegt wurden.

Der höheren der beiden Vergleichsrenten ist ferner der Zahlbetrag der bisherigen Versorgungsleistung sowie der nach dem Einigungsvertrag besitzgeschützte Zahlbetrag, der sich aus dem für den 01. Juli 1990 nach dem maßgeblichen Versorgungsrecht ergebenden Ansprüchen errechnet, gegenüberzustellen. Der besitzgeschützte Zahlbetrag ist hierbei nach dem Wortlaut des § 307 b Abs. 5 SGB VI mit dem aktuellen Rentenwert jährlich anzupassen. Die sich aus diesem Vergleich ergebende höchste Rente ist zu leisten (§ 307 b Abs. 4 Satz 2 SGB VI).

Die Feststellung der sich nach den allgemeinen Regelungen des SGB VI ergebenden Rente, die Entscheidung darüber, ob darüber hinaus aufgrund der Vergleichsberechnung ein Zuschlag zu gewähren ist und die Entscheidung über den Beginn einer etwaigen Rentennachzahlung sind drei getrennte Verfügungssätze der von der Beklagten erlassenen Bescheide (vgl. BSG, Urteil vom 10. November 1998 - Az.: B 4 RA 23/98 R).

Die Beklagte hat die vorstehend dargestellten gesetzlichen Regelungen zutreffend angewandt. Sie hat insbesondere zu Recht den besitzgeschützten Zahlbetrag unter Zugrundelegung des im Gesetz vorgesehenen Dynamisierungsmodus errechnet (sogleich 1.), die Rentenbezugszeit der Klägerin nach dem 01. Januar 1985 sowohl bei der Berechnung der SGB VI Rente als auch im Rahmen der Vergleichsrente nach § 307 b Abs. 3 SGB VI nicht als rentenrechtliche Zeit berücksichtigt (sogleich 2.) und den Beginn der Nachzahlung aufgrund der sich aus der Vergleichsberechnung ergebenden höheren Vergleichsrente auf den 01. Mai 1999 festgesetzt (sogleich 3.).

1.

Die Beklagte hat den dynamisierten besitzgeschützten Zahlbetrag rechtmäßig nach dem Berechnungsmodus des § 307 b Abs. 5 SGB VI ermittelt, d. h. den Zahlbetrag nach dem Recht am 01. Juli 1990 mit dem (allgemeinen) aktuellen Rentenwert angepasst. Die Kammer ist auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht zu der für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz erforderlichen Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit gekommen. Die Norm ist vielmehr mit dem Grundgesetz vereinbar, weil sie sich (noch) im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraum hält.

Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28. April 1999 (Az.: 1 BvR 32/95 und 1 BvR 2105/95 = BVerfGE 100, 1) eine fehlende Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrages ausdrücklich für mit dem Grundgesetz unvereinbar hielt und von einer Unvereinbarkeitserklärung nur deshalb abgesehen hat, weil sich die verfassungsrechtlich gebotene Rechtslage durch verfassungskonforme Auslegung herstellen lasse. Diese verfassungskonforme Auslegung sah das Bundesverfassungsgericht darin, dass der besitzgeschützte Zahlbetrag an die Entwicklung der "Lebens- und Einkommensverhältnisse" anzupassen sei. Ein genauer Anpassungsmodus ist hierbei den zunächst zur Umsetzung berufenen Fachgerichten und Rentenversicherungsträgern vom Bundesverfassungsgericht nicht an die Hand gegeben worden.

Die von der Klägerin begehrte Anpassung des besitzgeschützten Zahlbetrages nach Maßgabe des aktuellen Rentenwertes (Ost) ist jedenfalls aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht abzuleiten. Eine solche Anpassung liefe der vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gebilligten Grundentscheidung zuwider, die Versorgungssysteme zu schließen. Ein so dynamisierter Zahlbetrag würde jedoch zu einer lebenslangen Weiterzahlung auf Basis der Versorgungsleistung am 01. Juli 1990 führen, weil die im gleichen Umfang dynamisierte Rente nach dem SGB VI oder nach § 307 Abs. 3 SGB VI diesen Wert niemals erreichen könnte.

Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in Umsetzung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 03. August 1999 Az.: B 4 RA 24/98 R = BSGE 84, 180) den aktuellen Rentenwert und nicht den aktuellen Rentenwert (Ost) als Maßstab für die Dynamisierung herangezogen hat. Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung der nunmehr vorliegenden gesetzlichen Regelung durch die Fachgerichte ist dabei nicht, die Möglichkeit anderer Berechnungsmethoden und deren (ggf. nach Auffassung des Gerichts höhere) Zweckmäßigkeit, sondern allein das Überschreiten des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums im Rahmen des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz. Das Bundesverfassungsgericht wollte erkennbar durch das Fehlen einer ihm leicht möglichen konkreten Vorgabe den Anwendern des einfachen Rechts und schließlich dem Gesetzgeber einen solchen Gestaltungsspielraum einräumen. Diesen Spielraum hat der Gesetzgeber nicht überschritten. Der aktuelle Rentenwert ist ein Maßstab für die Entwicklung der Einkommenssituation, eine Bezugnahme auf die Entwicklung allein im Beitrittsgebiet enthält die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht.

Die im juristischen Schrifttum an der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die der jetzigen Gesetzesfassung vorausging, geübte Kritik (Thiessen, Zahlbetragsgarantie und Rentendynamisierung, Neue Justiz 2000, S. 456 f.) stellt zwar nachvollziehbar dar, dass auch andere Dynamisierungsmethoden wenn auch nach Auffassung der Kammer nicht die von der Klägerin begehrte mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar wären. Diese Auffassung verdient jedoch keine Zustimmung, soweit sie die Dynamisierung auf Basis des Rentenwerts (Ost) für die einzig verfassungskonforme Methode hält. Das Bundesverfassungsgericht nennt als Anknüpfungskriterium einer Dynamisierung nur die Lohn- und Einkommensentwicklung (BVerfGE, a. a. O., S. 44). Es hält eine Dynamisierung auf dieser Basis für ausreichend, um eine ansonsten drohende Verletzung der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zu vermeiden. Dann aber ist eine Anpassung auf Basis des so genannten aktuellen Rentenwerts (Ost) keinesfalls notwendig, um die Verfassungsgemäßheit sicherzustellen, weil dessen Anpassung in höheren Schritten auch dem Ziel einer Angleichung der Renteneinkommen im Beitrittsgebiet an diejenigen in den alten Bundesländern dient. Die jetzige Gesetzesfassung des § 307 b Abs. 5 SGB VI stellt auch nach dem vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstab keine Gleichheitsrechtsverletzung dar. Zwar führt das Bundesverfassungsgericht, a. a. O. (S. 46), aus, dass "kein hinreichender gewichtiger Grund [bestehe], Bestandsrentner aus der Deutschen Demokratischen Republik im Hinblick auf die Anpassung ihrer Renten unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem angehörten und ihr Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze überschritt oder ob sie nur in der Sozialpflichtversicherung und der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung versichert waren". Hieraus ergibt sich jedoch nicht, dass auch die zur Anwendung kommende Art der Dynamisierung notwendig gleich sein muss. Vielmehr dienen die Ausführungen des damals erkennenden Senats ausschließlich der Begründung dafür, dass überhaupt eine Dynamisierung vorzunehmen sei, d. h., die beiden Gruppen von Bestandsrentnern (mit und ohne Zusatz- bzw. Sonderversorgung) sind hinsichtlich des "Ob" einer Dynamisierung gleich zu behandeln. Hinsichtlich des "Wie" besteht der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fort, soweit hierbei eine Anknüpfung an die Lohn- und Einkommensverhältnisse sichergestellt ist. Hierfür spricht auch, dass das Bundesverfassungsgericht es für ausreichend hält, wenn die Zahlbetragsgarantie als Realwertgarantie verstanden wird (BVerfGE, a. a. O., S. 47). Eine Anpassung nach dem aktuellen Rentenwert (Ost) ginge weit hierüber hinaus.

Den dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraum hinsichtlich des "Wie" der Dynamisierung hat dieser nicht überschritten. Insoweit hat sich durch die Übernahme der vom BSG (a. a. O.; bestätigend nunmehr auch zur Verfassungsmäßigkeit des § 307 b Abs. 5 SGB VI: BSG, Urteil vom 08. Juni 2004 Az.: B 4 RA 32/03 R; BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 - Az.: B 4 RA 24/01 R = BSGE 90, 27) zunächst durch Auslegung gefundenen Regelung ein Verschiebung des gerichtlichen Überprüfungsmaßstabs von der Auslegungsebene auf die Ebene der Wirksamkeit eines Gesetzes ergeben.

2.

Die Zeit des Bezugs einer Invalidenrente durch die Klägerin im Zeitraum ab dem 01. Mai 1985 ist bei der Rentenberechnung weder im Rahmen der SGB VI Rente noch als rentenrechtliche Zeit zur Ermittlung der Vergleichsrente nach § 307 Abs. 3 SGB VI zu berücksichtigen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Anrechnungszeit im Sinne des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es sich bei der Zeit des Rentenbezuges um eine solche handelt, die zugleich eine Zurechnungszeit darstellte. Nach § 59 SGB VI in der hier noch maßgeblichen Fassung sind Zurechnungszeiten Zeiten, die bei einer Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit hinzugerechnet werden. Nach § 252 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI sind Anrechnungszeiten auch die Zeiten vor der Vollendung des 55. Lebensjahres, in denen im Beitrittsgebiet eine Invalidenrente bezogen wurde. Allein hieraus ergibt sich, dass der Bezug von Invalidenrenten in der damaligen DDR kein Anrechnungszeit nach der allgemeinen Vorschrift des § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI sein kann. Der Gesetzgeber ging erkennbar von der Notwendigkeit einer Sonderregelung aus, die hinsichtlich des Lebensalters nach Auffassung der Kammer abschließenden Charakter hat. Eine Invalidenrente nach dem Recht des Beitrittsgebiets ist daher nicht als Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 59 Abs. 1 SGB VI anzusehen, Anrechnungszeiten für die Rentenbezugszeit ergeben sich allein nach § 252 a SGB VI.

Die streitige Rentenbezugszeit liegt jedoch nach dem Erreichen des 55. Lebensjahres durch die Klägerin, so dass eine Anrechnungszeit nach § 252 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI ausscheidet. Die Klägerin bezog zu keinem Zeitpunkt eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem SGB VI, so dass § 59 SGB VI und somit § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB VI nicht anwendbar ist. Für den Bezugszeitraum vom 01. Januar 1992 bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres ist durch den bestandskräftigen Rentenbescheid die Rentenart (Regelaltersrente) mit Bindungswirkung für die Kammer (§ 77 Sozialgerichtsgesetz) festgestellt. Soweit die Klägerin daher geltend macht, ihr wäre damals richtigerweise Erwerbsunfähigkeitsrente zu gewähren gewesen, hatte die Kammer hierüber nicht zu entscheiden.

3.

Die Klägerin kann auch keinen früheren Beginn der Nachzahlung der nunmehr nach § 307 b Abs. 3 SGB VI berechneten (höheren) Rente begehren. Nach Art. 13 Abs. 1, 11 des Zweiten AAÜG Änderungsgesetzes ist die Rente vom 01. Mai 1999 an zu gewähren, weil die Neufassung des § 307 b SGB VI erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft trat. Eine Gewährung ab dem 01. Januar 1992 kommt nach § 13 Abs. 5 Zweites AAÜG Änderungsgesetz nur dann in Betracht, wenn der Rentenbescheid am 28. April 1999 noch nicht bindend war.

Der von der Klägerin im Verfahren L 6 An 165/94 angefochtene Bescheid ist jedoch nach Rücknahme der Berufung im Vergleichsschriftsatz vom 17. Juni 1998 bestandskräftig geworden.

Hieran vermag die Regelung im schriftlichen Vergleich, der während des damaligen Berufungsverfahrens geschlossen wurde, nichts zu ändern. Es bedarf keiner Entscheidung, ob ein vereinbarter Verzicht auf die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X überhaupt im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung so zu verstehen ist, dass der den Vergleich abschließende Versicherte so zu stellen ist, als wäre der angefochtene Bescheid nicht bestandskräftig geworden (so Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 23. August 2004, Az.: L 1 KN 1/03). Jedenfalls kann der öffentlich-rechtliche Vergleichsvertrag diese Wirkung nur entfalten, soweit die Rechtsänderung bzw. Entwicklung der Rechtsprechung, die zu einem höheren Anspruch führt, auch Gegenstand des Vergleichs ist (vgl. Landessozialgericht Berlin, a. a. O.).

Die Vergleichsrente nach § 307 b Abs. 3 SGB VI, auf der der höhere Zahlbetrag allein beruht, war jedoch nicht Gegenstand des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleichsvertrages. Der Vergleich ist insoweit für den Fall geschlossen worden, dass sich aus der Berücksichtigung einer "weiteren Versorgungsleistung" aufgrund der Einbeziehung in die FZV med ein höherer Anspruch auf Altersversorgung ergeben sollte. Angesichts des durch die Anträge der Klägerin bestimmten Streitgegenstandes in dem damaligen Verfahren vor dem Landessozialgericht stellt der Vergleich offenkundig auf die rechtliche Bedeutung originärer Versorgungsleistungen ab, die die Klägerin vor Überführung der Zusatzversorgungssysteme in das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten hat. Für eine Erstreckung auf die erst durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 (Az.: 1 BvR 1926/96 = BVerfGE100, 104) vorgegebene Vergleichsrente kann die Kammer dem Vergleich keine Anhaltspunkte entnehmen.

Gegen dieses der Klägerin am 18. August 2005 zugestellte Urteil richtet sich deren Berufung vom 15. September 2005. Sie trägt vor: Die Regelung des § 307 b Abs. 5 SGB VI über die Art und Weise der Dynamisierung des geschützten Zahlbetrages sei verfassungswidrig, da durch sie die Begünstigung der Inhaber von Ansprüchen und Anwartschaften aus den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen, die eigentumsgeschützt seien, gegenüber den übrigen Rentnern im Beitrittsgebiet nicht erhalten bleibe. § 252 a SGB VI sei verfassungswidrig, da sie Rentner aus dem Beitrittsgebiet gegenüber solchen aus dem alten Bundesgebiet benachteilige. Danach bekomme ein Versicherter des Beitrittsgebietes, der nach dem 01. Januar 1992 Altersrente bezog, für eine Invalidenrente nach dem 55. Lebensjahr keine Anrechnungszeit zuerkannt, während dies bei einem Versicherten aus dem alten Bundesgebiet bis zum 60. Lebensjahr zu einem Drittel der Fall sei. Auch habe das Sozialgericht den vor dem Landessozialgericht Berlin geschlossenen Vergleich zu eng ausgelegt, da, auch wenn die Klägerin in dem damaligen Verfahren eine Vergleichsrente nicht eingefordert hatte, es doch erkennbar um den Rentenhöchstwert für Versicherte mit Zusatzversorgungsansprüchen ging, den der Vergleich sichern sollte.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. Juli 2005 sowie die ablehnende Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 22. August 2001 und vom 28. Juni 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2003 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verpflichten, den monatlichen Wert des Rechts Altersrente für die Zeit ab 01. Januar 1992 mit folgenden Maßgaben neu festzusetzen: Der Gesamtanspruch auf Rente und Altersversorgung der Intelligenz ergibt sich aus § 307 b Abs. 4 Satz 1 SGB VI und ist zum 31. Dezember 1991 um 6,84 v. H. zu erhöhen und ab 01. Januar 1992 unter regelmäßiger Anpassung zu den Anpassungsterminen "Ost" mit den Anpassungsfaktoren "Ost" zu gewähren, soweit er die Rente nach dem SGB VI oder die Vergleichsrente gemäß § 307 b Abs. 3 übersteigt; ferner ist diesen beiden Renten eine zusätzliche Anrechnungszeit von jeweils acht Monaten zu Grunde zu legen,

3. die Beklagte zu verurteilen, ab 01. Januar 1992 entsprechend höhere Beträge zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Den Beteiligten ist mit Schreiben vom 10. März 2006 mitgeteilt worden, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes SGG in Betracht komme. Ihnen ist unter Darlegung des Inhalts dieser Vorschrift Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen gegeben worden.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten zum Aktenzeichen verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Sie hat keinen Anspruch auf eine höhere Regelaltersrente und deren Neufeststellung für Zeiten vor dem 01. Mai 1999.

Der Senat kann über die Berufung der Klägerin durch Beschluss entscheiden, da er ebenso wie die Beteiligten eine mündliche Verhandlung für entbehrlich und die Berufung einstimmig für unbegründet hält (§ 153 Abs. 4 SGG).

Zur Begründung bezieht sich der Senat auf das angefochtene Urteil und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Senat folgt ebenso wie das Sozialgericht der im angefochtenen Urteil dargelegten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Art und Weise der Dynamisierung des besitzgeschützten Zahlbetrages und der Renten insgesamt und hat keine durchschlagenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Regelung.

Auch hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt, dass durch den Vergleich vor dem Landessozialgericht Berlin und die Klagerücknahme im Übrigen der Bescheid vom 23. Februar 1998 mit der darin enthaltenen Feststellung der Höhe der Regelaltersrente ab 01. Juli 1990 bestandskräftig geworden war.

Die Regelung in dem Vergleich, wonach der Klägerin diese Bestandskraft nach einer Gesetzesänderung oder nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Bundesverfassungsgerichts oder des Europäischen Gerichtshofes nicht entgegengehalten werden sollte, bezog sich auf zwei in dem Vergleich dargelegte Fallkonstellationen: 1. auf die Frage einer höheren Altersversorgung unter weiterer Berücksichtigung von Zurechnungsjahren wegen Invalidität. Insoweit jedoch ist keine Gesetzesänderung eingetreten. 2. auf eine weitere Versorgungsleistung unter Einbeziehung der FZR med. Auch insoweit ist keine Gesetzesänderung eingetreten. Auch liegt dazu keine Entscheidung der in dem Vergleich genannten Gerichte vor.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision ist keiner der in § 160 Abs. 2 SGG dargelegten Gründe ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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