L 2 U 29/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 68 U 177/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 29/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 3.353,92 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Streitig ist die Erstattung von Behandlungskosten in Höhe von 3.353,92 EUR (6559,70 DM), die die Klägerin an die H-Klinik in N für die stationäre Behandlung des V.I. vom 15. bis 29. Sep-tember 1998 gezahlt hat.

Der ukrainische Staatsbürger V.I., der sich seit dem 7. September 1998 illegal in der Bundesre-publik aufhielt, hatte am 15. September 1998 eine Luxationsfraktur des rechten oberen Sprung-gelenkes erlitten, als er bei der Demontage eines am Einfamilienhaus der Klägerin und ihres Ehemanns errichteten Gerüstes mitsamt Gerüst zu Boden stürzte. Nach Abschluss der Heilbe-handlung wurde V.I. am 29. September 1998 abgeschoben. Die Klägerin wandte sich am 15. Februar 1999 an die Bauberufsgenossenschaft Hannover und bat um Übernahme der Kosten der stationären Heilbehandlung, die die H-Klinik ihr gegenüber geltend gemacht habe. In der Folgezeit beglich die Klägerin die Rechnung der H-Klinik und forderte von der Beklagten Er-stattung ihrer Kosten.

Mit Bescheid vom 8. November 2000 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab. Die Zuständigkeit der Unfallkasse sei nur für Eigenarbeiten nicht gewerbsmäßig ausgeführ-ter Bauarbeiten gegeben, wenn für die einzelne geplante Bauarbeit nicht mehr als die im Bau-gewerbe geltende tarifliche Wochenarbeitszeit tatsächlich aufgewendet worden sei. Aufgrund des zeitlichen Aufwandes beim Bau eines Hauses sei zweifelhaft, ob V.I. nicht bereits länger bei den Bauarbeiten geholfen habe oder dritte Personen tätig geworden seien. Für die nicht bewiesenen anspruchsbegründenden Tatsachen trage der Antragsteller die Beweislast.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2002 mit der Begründung zurück, außerhalb eines Sozialrechtsverhältnisses ste-hende Dritte hätten nach § 109 Sozialgesetzbuch (SGB) VII nur dann anstelle der Berechtigten die Befugnis, die Feststellung nach § 108 SGB VII zu betreiben und einen Bescheid über die Anerkennung eines bestimmten Unfallgeschehens als Versicherungsfall zu erwirken, wenn sie von dem Versicherten, dessen Angehörigen und Hinterbliebenen auf Schadensersatz in An-spruch genommen würden. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben, da die Klägerin gegenüber der Havellandklinik eine eigene Verbindlichkeit nach § 82 Abs. 4 Ausländergesetz erfüllt habe. Soweit im Bescheid vom 8. November 2000 eine Entscheidung in der Sache getroffen worden sei, sei dies rechtswidrig, da die Klägerin keine Feststellungsbefugnis habe.

Mit der hiergegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin geltend ge-macht, die Beschränkung der Schadensersatzpflicht des Unternehmers gegenüber dem Verletz-ten wirke materiell wie eine Haftpflichtversicherung. Der Unternehmer erhalte als Gegenleis-tung zu seinen Beiträgen das Recht, nur unter den engen Voraussetzungen des § 104 SGB VII für Versicherungsfälle gegenüber seinen Arbeitnehmern haften zu müssen. Daher sei es recht und billig, ihn von seiner Haftpflicht zu befreien. Dieses Haftungsprivileg komme auch Unter-nehmern nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten zugute, ohne dass es darauf ankomme, ob der Ei-genbauherr zu Beiträgen zur Unfallversicherung herangezogen werde.

Durch Urteil vom 8. April 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zwar sei der zwi-schenzeitlich verstorbene Ehemann der Klägerin als Unternehmer bzw. Arbeitgeber mögli-cherweise nach § 104 SGB VII in seiner Haftung gegenüber dem Verletzten beschränkt. Die weitere Voraussetzung der Feststellungsbefugnis nach § 109 SGB VII, dass nämlich der Ver-letzte oder dessen Angehörige Klage gegen den Ehemann erhoben hätten oder Schadensersatz-forderungen geltend machten, sei jedoch nicht erfüllt. Die hier nicht einmal andeutungsweise erkennbare Möglichkeit der Erhebung von Ansprüchen reiche nicht aus. Eine analoge Anwen-dung des § 109 SGB VII komme nach Sinn und Zweck der Norm nicht in Betracht. Weder das Finanzierungsargument noch der Zweck, Prozesse zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vermeiden, würden eine Freistellung des Arbeitgebers gebieten.

Mit ihrer Berufung vom 2. Mai 2003 gegen das ihr am 22. April 2003 zugestellte Urteil macht die Klägerin geltend, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe sie ein Feststellungsin-teresse nach § 109 SGB VII, weil die Beklagte im Fall eines Arbeitsunfalls für die entstande-nen Behandlungskosten aufzukommen habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. November 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die von ihr verauslag ten Behandlungskosten in Höhe von 3.353,92 EUR (6559,70 DM) für die stationäre Behandlung des V.I. zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass die Klägerin nicht eine Schadensersatzforderung des Verletzten er-füllt, sondern die Aufwendungen des Krankenhausträgers für die stationäre Behandlung ersetzt habe, so dass auch eine analoge Anwendung des § 109 SGB VII nicht in Betracht komme.

II.

Das Landessozialgericht hat von der Möglichkeit, durch Beschluss zu entscheiden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), nach Anhörung der Klägerin Gebrauch gemacht, weil es die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Senat sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer ausführlichen Begründung ab, da das Sozialgericht bereits umfassend dargelegt hat, aus wel-chen Gründen die Klägerin keinen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten hat.

Die Einwände der Klägerin hiergegen führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum Einen ist nach wie vor die Voraussetzung eines eigenständigen Feststellungsanspruchs der Klägerin nach § 109 SGB VII, dass der Verletzte eine Schadensersatzforderung erhebt, nicht erfüllt. Nicht nachvollziehbar ist insbesondere, auf welcher Grundlage die vom Träger des Krankenhauses im eigenen Namen geltend gemachten Behandlungskosten eine Schadensersatzforderung des Versicherten darstellen sollten.

Des Weiteren ist nicht ersichtlich, warum dann, wenn Rechtgrundlage für die Geltendmachung der Behandlungskosten durch den Krankenhausträger § 82 Abs. 4 Ausländergesetz (AuslG) sein sollte, es sich insoweit um einen Schadensersatzanspruch des Verletzten handeln sollte. Denn die in § 82 Abs. 4 AuslG geregelte Kostentragung beruht auf dem Veranlasserprinzip und ist demzufolge kein Schadensersatzanspruch des Ausländers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG in der ab 2. Januar 2002 geltenden Fassung in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Der Streitwert war auf 3.353,92 EUR festzusetzen. Gemäß § 197 a Abs. 1 S. 1 SGG werden dann, wenn weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Hierfür ist der Streitwert nach den Wertfestsetzungsvorschriften des GKG zu ermitteln. Nach § 13 Abs. 2 GKG in der Fassung des Gesetzes vom 17. August 2001, die hier gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 GKG in der derzeit geltenden Fassung anzuwendenden ist, ist dann, wenn der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen auf einen hierauf gerichteten Verwaltungs-akt betrifft, dessen Höhe maßgebend.
Rechtskraft
Aus
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