L 4 RJ 65/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 30 RJ 624/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RJ 65/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. November 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung nach Rentenbeginn zurückgelegter rentenrechtlicher Zeiten auf die laufende Rente.

Die 1952 geborene Klägerin bezog ab dem 01. Mai 1989 im Beitrittsgebiet eine Invalidenrente. Diese wurde mit Bescheid der Beklagten vom 19. November 1991 zum 01. Ja¬nuar 1992 nach den Vorschriften des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) umgewertet. Die Beklagte gewährt der Klägerin seitdem die Rente als Erwerbsunfähigkeitsrente auf Dauer.

Mit bei der Beklagten am 29. April 2003 eingegangenem Schreiben vom 26. April 2003 beantragte die Klägerin eine "Rentenüberprüfung" und machte zum einen Kindererziehungszeiten für den am 11. Februar 1997 geborenen P L S und zum anderen Pflegezeiten für die Pflege ihrer Mutter in der Zeit von Januar bis September 1997 geltend. Bei P L Shandelt es sich um den Enkel der Klägerin, der – nach ihren Angaben – seit dem 18. Februar 1997 durchgehend in ihrem Haushalt lebt.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2004 wies die Beklagte den – entsprechend ausgelegten - Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheides vom 19. November 1991 zurück. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Verwaltungsaktes nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) lägen nicht vor. Bei der Zahlung der nach § 307a Abs. 1 bis 5 SGB VI umgewerteten und angepassten Rente sei eine Anrechnung von Anrechnungszeiten für das Kind P L nicht möglich, weil es sich nicht um das Kind der Klägerin, sondern um ihren Enkel handele. Berücksichtigungszeiten für die Pflege der Mutter der Klägerin könnten für die laufend gewährte Rente ebenfalls nicht anerkannt werden, weil sie nach dem Rentenbeginn zurückgelegt worden seien.

Mit ihrer am 06. April 2004 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das Kind P L lebe nach der Entlassung aus dem Krankenhaus mit Vollmacht der Kindesmutter, ihrer Tochter K S, als leibliches Kind in ihrem Haushalt. Kindergeldberechtigt für den Jungen sei sie. Sie und ihr Ehemann hätten den Jungen an Kindes Statt angenommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 05. November 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zur Begründung, auf deren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es dahinstehen könne, ob das Begehren der Klägerin auf eine Überprüfung der Umwertungsentscheidung aus dem Jahre 1991 oder auf einen neuen Rentenanspruch gerichtet sei. Im ersteren Falle komme eine Änderung des Umwertungsbescheides nach § 44 SGB X nicht in Betracht, weil bei Erlass dieses Bescheides weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwiesen habe. Im Rahmen der Umwertungsentscheidung seien nach § 307a SGB VI nur Zeiten zu berücksichtigen gewesen, die bis dahin zurückgelegt worden seien. Um solche Zeiten handele es sich vorliegend jedoch weder bei der Erziehung des Enkelkindes noch bei der Pflege der Mutter. Begehre die Klägerin hingegen die Berücksichtigung dieser "neuen" Zeiten ab 1997 im Rahmen einer neuen Rente, scheitere ein solcher Anspruch bereits am nicht erkennbaren neuen Rentenanspruch. Es könne daher dahinstehen, ob die Klägerin als Großmutter des Kindes rentenrechtliche Zeiten für die Erziehung geltend machen könne. Auch könnten die Zeiten nicht aufgrund einer Neuberechnung im laufenden Rentenbezug Berücksichtigung finden. Sie lägen nach Rentenbeginn und könnten daher zumindest für die laufende Rente keine Berücksichtigung finden, da sie nach dem Ende des zugrunde zu legenden Versicherungslebens lägen (§ 62 Abs. 1 SGB VI).

Gegen diesen ihr am 20. November 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 03. Dezember 2004 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Ergänzend trägt sie vor, dass es falsch sei, wenn das Sozialgericht Berlin schreibe, dass ihre Tochter das Kind geboren habe. Denn schon vor der Geburt habe ihre Tochter die Schriftstücke mit der Sorgerechtsübertragung gefertigt. Im Übrigen werde ihr alle zwei Jahre eine neue Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt. Andernfalls wären die Schriftstücke, in denen die Beklagte sie zu erneuten Angaben zu ihren gesundheitlichen und beruflichen Verhältnissen auffordere, nicht nachvollziehbar. Von anderen Stellen erhalte sie für das Kind keinerlei finanzielle Unterstützung.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. November 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2004 aufzuheben und die Beklagte – ggfs. unter Abänderung ihres Bescheides vom 19. November 1991 - zu verpflichten, die ihr als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährte Rente ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt unter Anrechnung von rentenrechtlichen Zeiten für die Erziehung von P L S ab dem 11. Februar 1997 sowie für die Pflege ihrer Mutter von Januar bis September 1997 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Ergänzend verweist sie darauf, dass die Klägerin eine Dauerrente bezieht, sie selbst aber verpflichtet sei, in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob der Rentenanspruch weiterhin bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung der Klägerin entscheiden, obwohl diese in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, da mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (vgl. §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126, 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -).

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage zutreffend.

Der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung etwaiger seit 1997 zurückgelegter rentenrechtlicher Zeiten für Kindererziehung oder Pflege für den laufenden Rentenbezug.

Es kann hier dahinstehen, ob der von der Klägerin im April 2003 gestellte Antrag rechtlich als Antrag auf Überprüfung des Umwertungsbescheides vom November 1991, oder aber als Antrag auf Neuberechnung der Rente im laufenden Rentenbezug zu werten ist. Denn in jedem Falle kann die Klägerin mit ihrem Begehren keinen Erfolg haben.

Anspruchsgrundlage für einen Überprüfungsantrag wäre § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen sind – wie bereits das Sozialgericht Berlin zutreffend ausgeführt hat - nicht gegeben. Denn Anhaltspunkte dafür, dass der Umwertungsbescheid der Beklagten vom 19. November 1991 aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen fehlerhaft gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich. Die geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten stammen aus der Zeit ab 1997 und sind damit – wenn überhaupt – jedenfalls erst nach der Umwertung der Rente gemäß §§ 302a, 307a SGB VI entstanden. Bei der Umwertung konnten jedoch nur bis dahin zurückgelegte Zeiten berücksichtigt werden.

Auch eine Neuberechnung der ursprünglich nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechneten Invaliden- und inzwischen als Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährten Rente kommt nicht in Betracht. Der Senat hat keinen Anlass, an der zutreffenden Berechnung dieser Rente zu zweifeln. Denn nach § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Renten, wenn 1. die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, 2. der Rentenfaktor und 3. der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Etwaige rentenrechtliche Zeiten, die für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte von Bedeutung sind, haben mithin unberücksichtigt zu bleiben, soweit sie nach Rentenbeginn entstehen. Dies aber ist hier der Fall. Die Klägerin bezieht seit 1989 eine – zum 01. Januar 1992 umgewertete – Rente. Bei dieser handelt es sich um eine Dauerrente. Nicht aber beantragt die Klägerin – wie sie im Berufungsverfahren glauben machen will – alle zwei Jahre diese Rente neu. Soweit die Beklagte sie in regelmäßigen Abständen dazu auffordert mitzuteilen und ggfs. zu belegen, ob sich ihr Gesundheitszustand geändert hat und sie einer Erwerbstätigkeit nachgeht, kommt die Beklagte lediglich ihrer Überprüfungspflicht nach, fordert jedoch keinen neuen Rentenantrag. Die geltend gemachten rentenrechtlichen Zeiten für die Erziehung des Enkels der Klägerin sowie die Pflege ihrer Mutter können jedoch frühestens ab 1997 und damit nach Beginn der zurzeit gewährten Rente zurückgelegt worden sein. Sie können sich mithin allenfalls später auf die Altersrente der Klägerin auswirken. Es bedarf daher vorliegend keiner Klärung, ob der Klägerin für die Erziehung ihres Enkels bzw. die Pflege ihrer Mutter tatsächlich rentenrechtliche Zeiten zustehen. Der Klägerin steht es hingegen frei, bei der Beklagten die Vormerkung entsprechender Zeiten zu beantragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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