L 28 B 1027/05 AL NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 AL 5107/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1027/05 AL NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Ur-teil des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Beschwer-deverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005. In der Hauptsache streiten die Beteiligten um den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 13. August 2004 bis einschließlich 2. September 2004. Insoweit hatte die Beklagte die Gewährung von Alhi wegen des Eintritts einer Sperrzeit abgelehnt.

Der 1978 geborene Kläger steht bei der Beklagten seit dem 29. April 2002 im Bezug von Alhi. Seit September 2001 übt er eine geringfügige Beschäftigung als Reifenmonteur in B mit einer wöchentlichen Arbeitszeit unter 15 Stunden aus. Aufgrund seines nach Ablauf des Bewilli-gungsabschnitts am 29. März 2004 gestellten Antrages auf Fortzahlung von Alhi bewilligte ihm die Beklagte ab dem 29. April 2004 Alhi mit einem wöchentlichen Leistungssatz in Höhe von 142,45 EUR (Bemessungsentgelt 405 EUR/Leistungsgruppe A/Kindermerkmal 0/53 v.H./Leistungstabelle-2004). Zu Beginn des Jahres 2004 war auf der Lohnsteuerkarte des Klä-gers die Lohnsteuerklasse "Eins" eingetragen.

Mit Schreiben der Beklagten vom 9. August 2004 wurde dem Kläger die Tätigkeit als Garten-bauhelfer im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei der Firma D GmbH (im Fol-genden: Firma D) in P angeboten. Bei dieser Firma stellte sich der Kläger am 12. August 2004 persönlich vor, zu seiner Einstellung kam es jedoch nicht. In einem Formblatt der Beklagten gab die Firma D hierzu an, der Kläger sei nicht eingestellt worden, weil er angekündigt habe, dass er in Kürze eine andere Arbeit aufnehmen würde "(ab 1. 10. 2004)". Der Kläger teilte der Beklagten am 16. August 2004 schriftlich mit, als Grund für die Nichteinstellung habe die Fir-ma D ihm gegenüber angegeben, er sei für die angebotene Tätigkeit nicht geeignet, da er eine derartige Tätigkeit noch nie ausgeübt habe.

Mit Schreiben vom 24. August 2004 hörte die Beklagte den Kläger zu dem Umstand des Ein-tritts einer Sperrzeit an und stellte gleichzeitig die Zahlung der Alhi vorläufig ein. In einer "Er-klärung über das Nichtzustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses" vom 27. August 2004 gab der Kläger an, er habe gegenüber der Firma D Interesse an der Einstellung geäußert. Auf die Frage, ob er in absehbarer Zeit eine andere Tätigkeit annehmen würde, habe er wahr-heitsgemäß geantwortet, dass "eine kleine Möglichkeit" bestehen würde, bei der Firma festein-gestellt zu werden, bei welcher er bereits geringfügig beschäftigt sei. Da die Einstellung aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht sicher gewesen sei, habe er ausdrücklich erklärt, dass er hierauf keine Rücksicht nehmen und deshalb auch bei der Firma D als Gartenbauhelfer tätig sein wür-de.

Mit Bescheid vom 30. August 2004 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 13. August 2004 bis zum 2. September 2004 und das Ruhen des Anspruchs des Klägers auf Alhi für diesen Zeitraum fest. Zur Begründung heißt es in dem Bescheid, das dem Kläger bei der Firma D angebotene Beschäftigungsverhältnis sei durch Verschulden des Klägers nicht zustande gekommen, obwohl die angebotene Beschäftigung dem Kläger zumutbar gewesen sei. Die Firma D habe den Kläger nicht eingestellt, weil dieser bei seinem Vorstellungsgespräch angegeben habe, die angebotene Tätigkeit als Gartenbauhelfer noch nie ausgeübt und außer-dem erklärt habe, ab dem 1. Oktober 2004 Aussicht auf eine andere Tätigkeit zu haben. Das Verhalten des Klägers rechtfertige nicht die Annahme eines wichtigen Grundes. Da er ein ihm zumutbares Beschäftigungsverhältnis erstmalig abgelehnt habe, umfasse die Sperrzeit das ge-setzliche Mindestmaß von drei Wochen.

Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 30. August 2004 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. September 2004 als unbegründet zurück.

Mit seiner am 5. Oktober 2004 vor dem Sozialgericht Berlin hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger ergänzend vorgetragen, ein Mitarbeiter der Beklagten habe ihm geraten, er solle die Möglichkeit der Festeinstellung als Reifenmonteur im Vorstellungsgespräch bei der Firma D erwähnen.

Das Sozialgericht hat eine schriftliche Stellungnahme der Firma D eingeholt und die Klage mit Urteil vom 8. April 2005 mit der Begründung abgewiesen, die Sperrzeit sei rechtmäßig, weil der Kläger in einer ihm zurechenbaren Weise das Scheitern der Einstellung entweder dadurch zu vertreten habe, dass er im Vorstellungsgespräch mit der Firma D die in Wirklichkeit nur sehr ungewisse Aussicht auf einen Arbeitsplatz übermäßig herausgestellt habe oder indem er gegenüber seinem Arbeitsvermittler eine solche relativ feste Aussicht behauptet habe, was den Arbeitsvermittler dazu bewogen haben könnte, auf die Wahrheitspflicht des Arbeitnehmers bei Einstellungsgesprächen hinzuweisen und dem Kläger die Angabe der Einstellungsaussicht zu empfehlen. Eine dahingehende Beratung des Klägers durch den Arbeitsvermittler sei jedoch sehr unwahrscheinlich. Naheliegender sei vielmehr, dass der Kläger die allenfalls vage und theoretische Möglichkeit einer Festeinstellung als Reifenmonteur als konkrete Einstellungs-chance dargestellt habe, weshalb die Firma D schließlich die Einstellung des Klägers abgelehnt habe. Die Berufung gegen das Urteil sei nicht zulässig.

Gegen das ihm am 14. Juni 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger, vertreten durch seine Mutter Frau K S, am 13. Juli 2005 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und zur Begründung auf sei-ne im erstinstanzlichen Verfahren vertretene Auffassung verwiesen, wonach nicht er, sondern die Firma D seine Einstellung abgelehnt habe. Er beantragt nunmehr die Zeugenvernehmung seiner Mutter, da sie bei der Beratung durch den Mitarbeiter der Beklagten anwesend gewesen sei und bezeugen könne, dass der Arbeitsvermittler ihm geraten habe, die Möglichkeit der Festeinstellung als Reifenmonteur bei dem Vorstellungsgespräch anzugeben.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, eine grundsätzliche Bedeutung des vorliegenden Rechtsstreits sei nicht er-kennbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte der Beklagen zur Stammnummer Bezug ge-nommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung geworden.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialge-richts, wenn der Wert des Gegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 EUR nicht übersteigt. Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Kläger begehrt Alhi für 21 Leistungstage bei einem täglichen Leistungssatz in Höhe von 20,35 EUR, insgesamt damit den Betrag von 427,35 EUR.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft, wenn die Berufung an sich statthaft und nach § 144 SGG der Zulassung bedarf und wenn das Sozialgericht die Zulassung abgelehnt oder nicht über sie entschieden hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 145 Rz.3). Vorliegend hat das Sozialgericht die Berufung in seinem Urteil nicht zugelassen.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesver-fassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Das Vorliegen eines der vorgenannten Zulassungsgründe kann nicht festgestellt werden, insbe-sondere hat der Kläger auch keinen Verfahrensmangel gerügt (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Denn er hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich das Vorliegen eines Mangels und die Ver-letzung einer Verfahrensvorschrift durch das Sozialgericht ergibt (vgl. BSG SozR 1500 § 160a Nr 14). Indem er nunmehr nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils die Vernehmung seiner Mutter als Zeugin beantragt, hat er lediglich ein neues Beweismittel vorgebracht, welches von ihm jedoch nicht bereits im Verfahren vor dem Sozialgericht benannt worden war. Das Sozial-gericht hätte sich – ausgehend von seiner Rechtsauffassung – wegen der Unkenntnis dieses Beweismittels auch nicht gedrängt fühlen müssen, den Sachverhalt durch Zeugeneinvernahme weiter aufzuklären, zumal im erstinstanzlichen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Mutter des Klägers als Zeugin zum Beweis der Tatsache, dass der Mitarbeiter der Be-klagten zur Aufklärung im Vorstellungsgespräch über die Möglichkeit einer Einstellung gera-ten hatte, in Betracht kam (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 8. Auflage, Rn. 20 zu § 103). Der Kläger kann deshalb durch die nunmehrige Beantragung der Vernehmung seiner Mutter als Zeugin nicht mit Erfolg geltend machen, das Sozialgericht habe seine Aufklärungspflicht gem. § 103 SGG verletzt, indem es nicht von allen ihm zur Verfü-gung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht habe.

Selbst wenn in der Nichtvernehmung der Mutter als Zeugin durch das Sozialgericht ein Ver-fahrensfehler wegen der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht liegen würde, hätte dies nicht die Zulassung der Berufung zur Folge. Denn es würde sich insoweit nicht um einen Verfahrensfehler handeln, auf welchem das Urteil beruht. Das Sozialgericht hat seine Ent-scheidung nämlich unter anderem damit begründet, dass der Kläger bewusst und damit vor-werfbar im Sinne des § 144 Abs. 1 SGB III die lediglich vage Möglichkeit einer Einstellung als konkrete Aussicht im Bewerbungsgespräch dargestellt und hierdurch seine Einstellung durch die Firma D vorsätzlich vereitelt habe. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung des Sozialge-richts ist die Aussage der Mutter ohne Bedeutung, so dass das Sozialgericht selbst nach Be-weiserhebung durch Zeugeneinvernahme der Mutter zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis gekommen wäre.

Schließlich hat die Sache auch keine grundsätzliche Bedeutung. Dies erfordert, dass die Streit-sache eine bislang nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Dass die Klärung von Tatsachenfragen zu erwarten ist, genügt nicht. Die Antwort auf die Rechtsfra-ge, wann ein Sperrzeittatbestand im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III vorliegt, er-gibt sich zum einen unmittelbar aus dem Gesetz und zum anderen aus bereits hierzu ergangener Rechtsprechung, die hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung gibt.

Die Frage der inhaltlichen Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist damit weder eine Frage grundsätzlicher Bedeutung noch kann sie einen Verfahrensfehler darstellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG). Hierdurch wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. April 2005 rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Rechtskraft
Aus
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