L 30 B 113/05 AL NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 13 AL 132/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 B 113/05 AL NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Mai 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Mai 2005. In der Hauptsache begehrt die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Teilnahme an einem Seminar nach den §§ 48 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).

Mit Bescheid vom 02. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. Februar 2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die Kraftfahrzeug Nutzung und Unterbringung anlässlich der Teilnahme an einem Seminar der Deutschen Vermögensberatung (DVAG) in N für die Zeit vom 15. September bis 19. September 2003 ab. Dem diesbezüglichen Antrag war ein Schreiben eines Herrn L, Vermögensberater der DVAG, zur Bedeutung der Teilnahme an dem Seminar hinsichtlich des Fortkommens der Klägerin beigefügt.

Die gegen die vorgenannten Bescheide am 4. März 2004 erhobene Klage hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) mit Gerichtsbescheid vom 10. Mai 2005 abgewiesen: Die von der Beklagten getroffene Prognoseentscheidung hinsichtlich der Geeignetheit und Angemessenheit der Teilnahme an der Maßnahme für die Eingliederungsaussichten der Klägerin sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe sich dabei an dem Erhebungsbogen und den erläuternden Ausführungen des Herrn L zu orientieren. Letztlich habe die Klägerin auch deshalb keinen Anspruch auf die Übernahme der geltend gemachten Kosten, da die gesetzliche Regelung schon begrifflich eine Übernahmemöglichkeit nicht vorsehe. Dies ergebe sich aus § 50 SGB III. Nach dem Wortlaut der Bestimmung seien Fahrkosten für Maßnahmen, die wie hier außerhalb des täglichen Pendelbereichs stattfänden, nicht erstattungsfähig. Auch die Übernahme von Übernachtungskosten sehe die Regelung nicht vor. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 23. Mai 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 08. Juni 2005 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt: Es liege zum einen der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache vor, da § 50 SGB III durch das Sozialgericht hinsichtlich der Fahrkosten als auch hinsichtlich der Übernachtungskosten zu eng ausgelegt werde. Im Übrigen liege der Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels vor. Das Sozialgericht hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, die Aussage des Herrn L als nicht konkret genug zu werten, um sonach die Prognose als negativ werten zu können. Das Sozialgericht hätte hier weiter aufklären können und müssen. Eine konkrete Rückfrage bei Herrn L hätte ergeben, dass die Prognose durchaus anders als negativ hätte ausgewertet werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Mai 2005 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtssache sei nicht zu erkennen. Die erhobene Verfahrensrüge hinsichtlich einer vermeintlichen Verletzung der Amtsermittlungspflicht teile die Beklagte nicht, da das Gericht nach Auffassung der Beklagten zutreffend die der Prognoseentscheidung der Beklagten zugrunde liegenden Unterlagen und Erkenntnisse geprüft habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte der Beklagten (Maßnahmenummer ) Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung geworden.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Gegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 EUR nicht übersteigt. Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Klägerin begehrt nach ihrem Antrag Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt in den 505 km entfernten Schulungsort, dort für die vom 15. September bis 19. September 2003 durchgeführte Maßnahme Fahrtkosten von der Unterkunft zum Schulungsort in 8 km Entfernung sowie Unterkunftskosten für eine Pension. Darüber hinaus begehrt sie Kinderbetreuungskosten für die Kindertagsstätte in Höhe von 40,10 EUR sowie nicht weiter bezifferte Kinderbetreuungskosten durch den Kindesvater. Der damit geltend gemachte Anspruch erreicht 500,00 EUR nicht.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch statthaft, obwohl das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat. In den Fällen, in denen das Sozialgericht im Gerichtsbescheid die Berufung nicht zugelassen hat, ist neben der in § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG genannten Möglichkeit der Beantragung einer mündlichen Verhandlung auch die Nichtzulassungsbeschwerde möglich.

§ 105 Abs. 2 Satz 2 SGG enthält insoweit keine abschließende Aufzählung (Leitherer in Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 105 Rz. 16). Zwar weist Zeihe (Zeihe, SGG, § 105 Rdnr. 14 b) diesbezüglich mit guten Gründen auf den unterschiedlichen Wortlaut der Vorschrift gegenüber § 84 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hin, der ausdrücklich diese Möglichkeit regelt, während § 105 SGG die Nichtzulassungsbeschwerde nicht erwähnt. Auch wenn Zeihe diese Auffassung aus der Entstehungsgeschichte herzuleiten vermag, bleibt es bei dem offenen Wortlaut des § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG "Rechtsmittel", unter den letztlich auch die Nichtzulassungsbeschwerde subsumiert werden kann und der jedenfalls nicht eindeutig durch die weiteren Sätze eingeschränkt wird.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Das Vorliegen eines der vorgenannten Zulassungsgründe kann nicht festgestellt werden. Eine Abweichung der Entscheidung des Sozialgerichts von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) hat die Klägerin nicht gerügt.

Die Sache hat auch anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint keine grundsätzliche Bedeutung, weil etwa das Sozialgericht § 50 SGB III sowohl hinsichtlich der Fahrkosten als auch der Übernachtungskosten zu eng ausgelegt habe. Ist der Gerichtsbescheid auf mehrere selbständige Begründungen gestützt, die jede für sich den Gerichtsbescheid tragen, muss ein Zulassungsgrund für jede Begründung vorliegen (Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, SGG, § 144 Rz. 27). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Sozialgericht hat nämlich die Ablehnung des Anspruchs der Klägerin vor allem darauf gestützt, dass die Beklagte ihre Prognoseentscheidung, hinsichtlich der Geeignetheit und Angemessenheit der Maßnahme, die Eingliederungsaussichten der Klägerin zu verbessern, für nicht zu beanstanden erklärt. Diese selbständige Begründung der Ablehnung des Anspruchs der Klägerin in dem Gerichtsbescheid hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht angegriffen. Dass insoweit eine Prognoseentscheidung zu treffen ist, hat das Bundessozialgericht auch bereits entschieden (BSG SozR 4100 § 44 Nr. 33). Ob daneben die weitere Begründung des Sozialgerichts, dass die Maßnahmekosten schon deshalb nicht übernommen werden könnten, weil die Voraussetzungen des § 50 SGB III nicht vorlägen, eine Zulassung der Berufung rechtfertigen könnte, kann deshalb dahinstehen.

Die Klägerin hat auch keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich das Vorliegen eines Mangels und die Verletzung einer Verfahrensvorschrift durch das Sozialgericht ergibt (vgl. BSG SozR 1500 § 160 a Nr. 14). Die gerügte Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch eine unterlassene "konkrete Rückfrage bei Herrn L" läge nur vor, wenn sich das Sozialgericht aus seiner rechtlichen Sicht zu dieser weiteren Ermittlung hätte gedrängt fühlen müssen. Insoweit ist schon nicht vorgetragen, zu welchen Ergebnissen diese weiteren Ermittlungen geführt hätten. Bei der von der Beklagten zu treffenden Prognoseentscheidung ist zudem mehr als zweifelhaft, ob sich das Sozialgericht hätte gedrängt fühlen müssen, diese weitere Ermittlung durchzuführen. Darüber hinaus ist die Aufklärungspflicht aber grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn das Gericht eine weitere Beweiserhebung unterlässt, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt hat (vgl. BVerwG, NVbZ 2001, 923). Ein Antrag auf Anhörung und konkrete Rückfrage bei Herrn L lässt sich der Akte jedoch nicht entnehmen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

Hierdurch wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Mai 2005 rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
Rechtskraft
Aus
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