L 7 KA 259/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 273/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 259/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist die Höhe des vertragsärztlichen Honorars des Klägers für Präventions- und Schutzimpfleistungen in den Quartalen III und IV/1998.

Der Kläger ist als Facharzt für Kinderheilkunde mit Vertragsarztsitz in Berlin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er beansprucht eine höhere Vergütung für die von ihm in den Quartalen III und IV/1998 erbrachten Präventions- und Schutzimpfleistungen.

Diese Leistungen wurden nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) der Beklagten in der bis Ende 1996 geltenden Fassung (KV–Blt. 12/95 S. 50 ff.) aus einem fachübergreifenden Teilbudget ("Prävention/Schutzimpfungen") honoriert. Hierzu stand nach § 10 Abs. 5 Satz 1 dieses HVM das Honorarvolumen zur Verfügung, das von den Krankenkassen im Vorjahresquartal gezahlt wurde. Zu zahlende Steigerungsbeträge waren zu berücksichtigen (§ 10 Abs. 5 Satz 2 HVM). Die Vertreterversammlung der Beklagten beschloss am 28. November 1996 (KV-Blt. 1/97 S. A 63 ff.) mit Wirkung zum 01. Januar 1997 insoweit eine Änderung. Danach erfolgte die Vergütung der streitbefangenen Leistungen aus dem Subbudget A des Teilbudgets der Fachgruppe der Ärzte für Kinderheilkunde (§ 10 Abs. 3 a HVM). Aus diesem Subbudget wurden die Leistungen honoriert, die nach den ab 1. Juli 1997 gültigen Allgemeinen Bestimmungen A I. B. 5 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) von der Anrechung auf die Praxisbudgets ausgenommen waren, wie u. a. die Präventionsleistungen.

Der Kläger legte gegen die Honorarabrechnungsbescheide für die Quartale III und IV/1998 Widerspruch ein. Er trug vor, dass er sich dagegen wende, dass die Vergütung für die streitbefangenen Leistungen aus dem allgemeinen Fachgruppentopf der Kinderärzte erfolge. Die Beklagte sei auch nach Ablauf der Budgetierungsphase verpflichtet gewesen, die auf diese Leistungen entfallenden Anteile der Gesamtvergütung im vollen Umfang ausschließlich an die Erbringer dieser Leistungen auszukehren. Hierzu hätte sie Teilbudgets bilden müssen. Da dies unterblieben sei, seien die Honorarbescheide rechtswidrig.

Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2000 als unbegründet zurück. Es habe keine gesetzliche Verpflichtung bestanden, die für die streitbefangenen Leistungen gezahlten Zuschläge auch nach Beendigung der gesetzlichen Budgetierungsphase nur zur Vergütung entsprechender Leistungen zu verwenden. Hiervon abgesehen sei sie selbst während der Budgetierungsphase nicht verpflichtet gewesen, in den jeweiligen Honorarverteilungsmaßstäben für die streitbefangenen Leistungen Teilbudgets zu bilden. Denn die Bildung von Teilbudgets sei nur eine von vielen Möglichkeiten dem gesetzgeberischen Auftrag Rechnung zu tragen, die streitbefangenen Leistungen mit einem zusätzlich zu entrichtenden Vergütungsanteil zu honorieren.

Die dagegen am 20. Juni 2000 erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 29. Mai 2002 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es nicht zu beanstanden sei, dass nach dem ab 1. Januar 1997 geltenden HVM der Beklagten Präventions- und Schutzimpfleistungen nicht mehr gesondert vergütet, sondern diese Leistungen, wie andere unbudgetierte Leistungen auch, aus den Subbudgets A des Fachgruppentopfes der Arztgruppe mit einem floatenden Punktwert honoriert worden seien. Da die Krankenkassen von 1996 an eine Erhöhung der Gesamtvergütung für Präventionsleistungen nicht mehr hätten vornehmen müssen, sei auch die Verpflichtung der Beklagten zur besonderen vergütungsrechtlichen Behandlung dieser Leistungen entfallen.

Gegen das ihm am 02. Juli 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 04. Juli 2002 eingelegte Berufung des Klägers. Er trägt im Wesentlichen vor, dass entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Berlin die Beklagte über die eigentliche Budgetierungsphase hinaus verpflichtet gewesen sei, die gesetzlich festgelegten Zuschläge zur Gesamtvergütung ausschließlich für die Verbesserung der Honorierung der streitbefangenen Leistungen zu verwenden, weil das Gesetz eine zeitliche Koppelung dieser Regelung an die gesetzliche Budgetierungsphase nicht vorgesehen habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihrer Honorarabrechnungsbescheide für die Quartale III und IV/1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2000 zu verurteilen, ihn hinsichtlich seiner Honoraransprüche für diese Quartale unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

die sie für unbegründet hält.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die von dem Kläger insoweit angefochtenen Honorarabrechungsbescheide für die Quartale III und IV/1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 17. April 2000 sind rechtmäßig.

Die Beklagte hat bei der Honorarabrechnung des Klägers für diese Quartale die mit Wirkung zum 1. Januar 1997 eingeführte und im vorliegenden Verfahren im Kern streitbefangene Regelung des § 10 Abs. 1 und Abs. 3 des HVM der Beklagten in der hier maßgeblichen Fassung der Beschlüsse ihrer Vertreterversammlung vom 6. Juli 1998 (KV-Blt. 9/1998 S. A 173) bzw. 17. September 1998 (KV-Blt. 11/1998 S. A 186) angewandt. Diese Regelung steht mit höherrangigem Recht in Einklang.

Nach § 85 Abs. 3 a Satz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), eingefügt mit Wirkung vom 01. Januar 1993 durch Art. 1 Nr. 43 Buchst. f des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG), war der Teil der Gesamtvergütung, der auf die ärztlichen Leistungen nach den §§ 25 und 26 SGB V, die ärztlichen Leistungen der Schwangerschafts- und Mutterschaftsvorsorge im Rahmen des § 196 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung sowie die ärztlichen Leistungen im Rahmen der von den Krankenkassen satzungsgemäß übernommenen Schutzimpfungen entfällt, zusätzlich zu den in § 85 Abs. 3 a Satz 1 SGB V festgelegten Veränderungen in den Jahren 1993, 1994 und 1995 um jeweils 6 v. H. zu erhöhen. Gemäß § 85 Abs. 4 a Satz 3 2. Halbsatz SGB V in der Fassung des GSG war der nach § 85 Abs. 3 a Satz 7 zusätzlich zu entrichtende Vergütungsanteil nur zur Vergütung der Leistungen nach § 85 Abs. 3 a Satz 7 zu verwenden. Diese Regelungen bezweckten, die genannten Präventionsleistungen aus der strikten Anbindung an den Anstieg der Gesamtvergütung herauszunehmen und sicherzustellen, dass die zusätzlichen Vergütungsanteile für die Prävention bei der Honorarverteilung nur diesen Leistungen zugute kommt. Diese Bestimmungen erfassen die hier streitbefangenen Quartale III und IV/1998 nicht, weil sie – ebenso wie die anderen Regelungen des § 85 Abs. 3 a SGB V - nur den Zeitraum der vom Gesetz verpflichtend vorgegebenen Begrenzung des Anstiegs der vertraglich zu vereinbarenden Gesamtvergütung auf die Steigerung der Grundlohnsumme, also die Jahre 1993 bis 1995, betreffen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 08. März 2000, Az.: B 6 KA 7/99 R, SozR 3–2500 § 87 Nr. 23, m. w. Nachw., sowie bereits der Senat als 7. Senat des LSG Berlin mit Urteil vom 16. Februar 2005, Az.: L 7 KA 257/02 für die entsprechende Regelung in § 85 Abs. 3 a Satz 6 hinsichtlich des Bereiches der ambulanten Operationen).

Das BSG hat außerdem bereits entschieden, dass die Beklagte zur Umsetzung der Verpflichtung aus § 85 Abs. 3 a Satz 7 SGB V in Verbindung mit § 85 Abs. 4 a Satz 3 SGB V ein Gestaltungsspielraum zur Verfügung stand, der es ausschloss, sie zu einer bestimmten Form der Honorierung zu verpflichten. Danach war lediglich sicherzustellen, dass die gesetzlich festgelegten Zuschläge zur Gesamtvergütung ausschließlich für die Verbesserung der Honorierung der in § 85 Abs. 3 a Satz 7 SGB V verrechneten Leistungen verwendet wurden (BSG, a.a.O.). Hierbei konnte die Beklagte entweder ein separates Teilbudget für die zu fördernden Leistungen bilden und diesem die Zuschläge hinzufügen, sie durfte auch die Leistungen mit demselben Punktwert wie die übrigen Leistungen vergüten und zusätzlich Zuschläge aus einem gesonderten Honorartopf gewähren oder einen besonderen Honorartopf mit festem bzw. gestütztem Punktwert bilden ( Urteil des BSG vom 3. März 1999, Az. B 6 KA 51/97 R, zitiert nach Juris). Vor diesem Hintergrund war die Beklagte selbst in der Budgetierungsphase nicht verpflichtet, wie von dem Kläger nach Ende dieser Phase gefordert, für die streitbefangenen Leistungen Teilbudgets zu bilden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 01. Januar 2002 geltenden Fassung.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG hierfür nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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