Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 22 R 815/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1223/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 06. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der am 1922 in der Bin R geborene, seit 1950 in Israel lebende Kläger ist Verfolgter der nati-onalsozialistischen Gewaltherrschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Er bezieht von der Beklagten seit dem 01. September 1989 Altersruhegeld bzw. Regel-altersrente aus nach Art. 12 der Durchführungsvereinbarung zum deutsch-israelischen Sozial-versicherungsabkommen nachentrichteten freiwilligen Beiträgen zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (Bescheid vom 15. März 1990).
Im Januar 2004 beantragte der Kläger die Neufeststellung seiner Rente nach Maßgabe des Ge-setzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2074); er sei von Juli 1941 bis März 1944 im Ghetto Z zur "Zwangsar-beit" herangezogen worden. Mit Bescheid vom 03. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 27. August 2004 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 15. März 1990 nach § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ab mit der Begründung, dass bei Erteilung des Bescheides weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwie-sen habe. Der Widerspruchsbescheid wurde ausweislich des in den Verwaltungsakten befindli-chen Rückscheines dem Kläger am 09. September 2004 zugestellt.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat seine am 05. Januar 2005 hiergegen erhobene Klage mit Ge-richtsbescheid vom 06. Juli 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht innerhalb der Klagefrist des § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden und des-halb unzulässig. Gründe für eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist habe der Kläger nicht vor-getragen; derartige Gründe seien auch im Übrigen nicht ersichtlich.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; auf seine Schriftsätze vom 26. Juli 2005 und 11. Oktober 2005 wird Bezug genommen.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin und den Bescheid der Beklagten vom 03. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2004 aufzu-heben und die Beklagte zu verpflichten, seine Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten von Juli 1941 bis zum März 1944 für die im Ghetto verrichteten Tä-tigkeiten neu festzustellen und den Bescheid vom 15. März 1990 entsprechend zu än-dern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze Bezug genommen.
Die Rentenakten der Beklagten (3 Bände) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Denn die Klage ist bereits unzulässig.
Der Kläger hat seine Klage nicht innerhalb von drei Monaten nach der Bekanntgabe des ange-fochtenen Widerspruchsbescheides erhoben (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG). Nach dem vorliegenden Rückschein wurde der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 27. August 2004 dem Kläger am 09. September 2004 zugestellt. Die Klagefrist (vgl. § 64 SGG) lief somit vom 10. September 2004 bis zum 09. Dezember 2004. Die Klage ist jedoch erst am 05. Januar 2005 bei der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz (vgl. § 91 Abs. 1 SGG) eingegangen und somit verfristet.
Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in die Klagefrist (vgl. § 67 Abs. 1 SGG) zu ge-währen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass er ohne Verschulden verhindert war, die Klagefrist einzuhalten. Insbesondere können sich derartige Hinderungsgründe nicht aus einem verlänger-ten bzw. verzögerten Postlauf ergeben. Denn der Kläger hat die Klageschrift selbst erst am 29. Dezember 2004 und damit bereits lange nach Ablauf der Klagefrist verfasst; die Postlaufzeit kann somit für die Frage einer Wiedereinsetzung vorliegend keine Rolle spielen. Anhaltspunk-te für andere Wiedereinsetzungsgründe sind weder vom Kläger vorgetragen worden noch im Übrigen ersichtlich.
Da die Klage bereits unzulässig ist, hatte der Senat in der Sache nicht zu entscheiden. Indes folgt bereits aus dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren, dass der Kläger in den von ihm bezeichneten Ghettos keine Beschäftigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG ausgeübt hatte. Nach der genannten Vorschrift liegen Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto (nur) vor, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist und gegen Entgelt ausgeübt wurde. Beides war nach den insoweit ein-deutigen Erklärungen des Klägers in seinem Fragebogen zum ZRBG vom 22. Januar 2004 nicht der Fall. Dahinstehen kann dabei, ob die von dem Kläger bezeichneten Ghettos in T bzw. der Ukraine sich tatsächlich in Gebieten befanden, die vom Deutschen Reich besetzt oder die-sem eingegliedert waren (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZRBG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der am 1922 in der Bin R geborene, seit 1950 in Israel lebende Kläger ist Verfolgter der nati-onalsozialistischen Gewaltherrschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG). Er bezieht von der Beklagten seit dem 01. September 1989 Altersruhegeld bzw. Regel-altersrente aus nach Art. 12 der Durchführungsvereinbarung zum deutsch-israelischen Sozial-versicherungsabkommen nachentrichteten freiwilligen Beiträgen zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung (Bescheid vom 15. März 1990).
Im Januar 2004 beantragte der Kläger die Neufeststellung seiner Rente nach Maßgabe des Ge-setzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2074); er sei von Juli 1941 bis März 1944 im Ghetto Z zur "Zwangsar-beit" herangezogen worden. Mit Bescheid vom 03. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 27. August 2004 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 15. März 1990 nach § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ab mit der Begründung, dass bei Erteilung des Bescheides weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden sei, der sich als unrichtig erwie-sen habe. Der Widerspruchsbescheid wurde ausweislich des in den Verwaltungsakten befindli-chen Rückscheines dem Kläger am 09. September 2004 zugestellt.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat seine am 05. Januar 2005 hiergegen erhobene Klage mit Ge-richtsbescheid vom 06. Juli 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht innerhalb der Klagefrist des § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden und des-halb unzulässig. Gründe für eine Wiedereinsetzung in die Klagefrist habe der Kläger nicht vor-getragen; derartige Gründe seien auch im Übrigen nicht ersichtlich.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter; auf seine Schriftsätze vom 26. Juli 2005 und 11. Oktober 2005 wird Bezug genommen.
Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin und den Bescheid der Beklagten vom 03. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2004 aufzu-heben und die Beklagte zu verpflichten, seine Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten von Juli 1941 bis zum März 1944 für die im Ghetto verrichteten Tä-tigkeiten neu festzustellen und den Bescheid vom 15. März 1990 entsprechend zu än-dern.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze Bezug genommen.
Die Rentenakten der Beklagten (3 Bände) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Denn die Klage ist bereits unzulässig.
Der Kläger hat seine Klage nicht innerhalb von drei Monaten nach der Bekanntgabe des ange-fochtenen Widerspruchsbescheides erhoben (vgl. § 87 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGG). Nach dem vorliegenden Rückschein wurde der angefochtene Widerspruchsbescheid vom 27. August 2004 dem Kläger am 09. September 2004 zugestellt. Die Klagefrist (vgl. § 64 SGG) lief somit vom 10. September 2004 bis zum 09. Dezember 2004. Die Klage ist jedoch erst am 05. Januar 2005 bei der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz (vgl. § 91 Abs. 1 SGG) eingegangen und somit verfristet.
Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in die Klagefrist (vgl. § 67 Abs. 1 SGG) zu ge-währen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass er ohne Verschulden verhindert war, die Klagefrist einzuhalten. Insbesondere können sich derartige Hinderungsgründe nicht aus einem verlänger-ten bzw. verzögerten Postlauf ergeben. Denn der Kläger hat die Klageschrift selbst erst am 29. Dezember 2004 und damit bereits lange nach Ablauf der Klagefrist verfasst; die Postlaufzeit kann somit für die Frage einer Wiedereinsetzung vorliegend keine Rolle spielen. Anhaltspunk-te für andere Wiedereinsetzungsgründe sind weder vom Kläger vorgetragen worden noch im Übrigen ersichtlich.
Da die Klage bereits unzulässig ist, hatte der Senat in der Sache nicht zu entscheiden. Indes folgt bereits aus dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungsverfahren, dass der Kläger in den von ihm bezeichneten Ghettos keine Beschäftigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG ausgeübt hatte. Nach der genannten Vorschrift liegen Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto (nur) vor, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist und gegen Entgelt ausgeübt wurde. Beides war nach den insoweit ein-deutigen Erklärungen des Klägers in seinem Fragebogen zum ZRBG vom 22. Januar 2004 nicht der Fall. Dahinstehen kann dabei, ob die von dem Kläger bezeichneten Ghettos in T bzw. der Ukraine sich tatsächlich in Gebieten befanden, die vom Deutschen Reich besetzt oder die-sem eingegliedert waren (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZRBG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved