L 7 KA 82/06

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 156/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 82/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. April 2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen werden keine außergerichtlichen Kosten erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen für das Quartal I/1999.

Der Kläger ist Diplompsychologe und seit dem Jahre 1999 als psychologischer Psychotherapeut approbiert. Nachdem er bereits in den Jahren zuvor im Delegationswege Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt hatte, nahm er ab dem hier streitbefangenen Quartal kraft eigener Zulassung an der vertragspsychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung teil.

Mit Bescheid vom 5. August 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger für das hier streitbefangene Quartal ein Gesamthonorar vom 21.212,- DM. Eine Kürzung der angeforderten Punkte für insgesamt 58 Behandlungsfälle nahm die Beklagte hierbei weder auf der Grundlage des EBM-Ä noch auf der Grundlage des Honorarverteilungsmaßstabs der Beklagten (HVM) vor. Sie vergütete die Leistungen mit Punktwerten von 4,20 DPf im Bereich der Primärkassen und von 6,0 DPf im Bereich der Ersatzkassen.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, der abgerechnete Punktwert sei erheblich zu niedrig. Er entspreche auch nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu der Vergütung psychologischer Psychotherapeuten in den Jahren 1997 und 1998. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Die vom Kläger genannte Rechtsprechung des BSG beziehe sich ausdrücklich nicht auf die Vergütung ab dem Quartal I/1999. Der Honorarbescheid halte sich an die Vorgaben des Artikels 11 des Einführungsgesetzes zum Psychotherapeutengesetz (EinfG-PsychThG). Nachvergütungen erfolgten mit Bescheiden vom 31. Januar 2001 und vom 24. Januar 2002.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Potsdam durch Urteil vom 10. April 2002 abgewiesen: Die streitigen Vergütungsansprüche seien nach dem HVM der Beklagten richtig berechnet worden. § 5 Absatz 7 HVM entspreche den rechtlichen Vorgaben des Artikels 11 EinfG-PsychThG. Danach habe im Jahre 1999 ein gesetzliches Budget gegolten, das keinen Raum für eine Punktwertstützung gelassen habe. Die Verpflichtung nach Artikel 11 Absatz 2 EinfG-PsychThG, geeignete Maßnahmen zur Begrenzung der Punktwertdifferenz zu treffen, obliege den Vertragspartnern des Gesamtvertrages und nicht der Beklagten alleine. Einzelne Verträge seien auch schon zustande gekommen.

Gegen dieses ihm am 1. Juli 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juli 2002 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt: Die Vorschrift des Artikels 11 EinfG-PsychThG sei verfassungswidrig, auch wenn das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 30. April 2003 (1 BvR 664/03) eine diesbezügliche Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen habe. Die Vorschrift sei unverhältnismäßig, weil sie keine Mindestvergütung garantiere, und verletze das aus Art. 3 Absatz 1 GG folgende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 10. April 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. August 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2000 in der Fassung der Bescheide vom 31. Januar 2001 und 24. Januar 2002 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger hinsichtlich seiner Honoraransprüche für das Quartal I/1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und das angewendete Recht für verfassungskonform.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung war zurückzuweisen. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Honorarbescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger, dem kein höherer Honoraranspruch für das hier streitbefangene Quartal zusteht, nicht in seinen Rechten.

Die Beklagte hat die Honorierung der vertragspsychotherapeutischen Leistungen des Klägers im streitbefangenen Quartal auf der Grundlage ihres damals geltenden HVM vorgenommen. Verstöße hinsichtlich der Anwendung des HVM hat der Kläger nicht geltend gemacht, sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Soweit der Kläger indessen rügt, seine Leistungen seien mit zu niedrigen Punktwerten vergütet worden, weil das maßgebliche Honorarkontingent zu knapp bemessen gewesen sei, steht dem die Vorschrift des Art. 11 EinfG-PsychThG entgegen, die unter Anderem in ihrem Absatz 1 eine Ausgabenobergrenze für die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen und damit auch eine maximale Größe für das maßgebliche Honorarkontingent festlegte. Verstöße hinsichtlich der Umsetzung dieser Vorschrift durch die Beklagte hat der Kläger nicht gerügt, sie sind auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Darüber hinaus ist die Vorschrift auch verfassungsgemäß. Prüfungsmaßstab sind Art. 12 Absatz 1 und Art. 3 Absatz 1 GG, wobei insbesondere das Vorliegen einer Übergangsregelung zu beachten ist (BSG, Urteil vom 6. November 2002, B 6 KA 21/02 R, SozR 3-2500 § 85 Nr. 39).

Vergütungsregelungen stellen Berufsausübungsregelungen dar, die gemäß Art. 12 Absatz 1 Satz 2 GG durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes möglich und dann rechtmäßig sind, wenn ihnen vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zu Grunde liegen und sie auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen (BSG a. a. O.). Diesen Voraussetzungen entsprach die Regelung des Art. 11 EinfG-PsychThG, weil sie mit der Ausgabenobergrenze und einer Vergütungsuntergrenze eine vernünftige und ausgewogene Regelung darstellte. Außerdem war sie eine Übergangsregelung lediglich für ein Jahr, die der Vorbeugung gegen eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen im Zusammenhang mit der Neuordnung eines Berufsfeldes diente; gerade in einem solchen Falle steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BSG a. a. O. mit weitern Nachweisen).

Darüber hinaus verstößt die Vorschrift auch nicht gegen das aus Art. 3 Absatz 1 GG folgende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Insbesondere war der Gesetzgeber nicht gehalten, die vom BSG in Auslegung des damals geltenden Rechts für das Jahr 1998 ausgesprochene Vergütung zu einem Mindestpunktwert von ca. 10 DPf auch für das Jahr 1999 fortzuschreiben. Zwar bindet das auf Verfassungsrecht beruhende Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit auch den Gesetzgeber, allerdings nur insoweit, dass Gleiches entsprechend seiner Eigenart gleich behandelt werden muss (BSG a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Hat indessen der Gesetzgeber aus sachlich gerechtfertigtem Grund für einen bestimmten Bereich übergangsweise eine Sonderregelung geschaffen, wie dies bei Art. 11 EinfG-PsychThG der Fall war, so ist insoweit kein gleicher und gleich zu behandelnder Sachverhalt gegeben (BSG a. a. O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absätze 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Absatz 2 Nr. 1 und. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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