Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 29 RJ 691/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 239/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser, Erwerbsminderung (EM).
Die am 1951 geborene Klägerin hatte keine Berufsausbildung abgeschlossen. Von 1969 bis zum 30. Juni 1991 war sie – mit Unterbrechungen – als Lagerarbeiterin, Reinigungskraft, Kü-chenhilfe, Verkäuferin für Obst und Gemüse und als Revolverdreherin bzw. Spritzmaschinen-fahrerin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Juli 1991 ist sie arbeitslos, wobei sie vom 01. Juli 1991 bis zum 20. Januar 1992 und vom 27. Februar 1992 bis zum 24. April 1992 Arbeits-losengeld (Alg) und danach Anschluss-Arbeitslosenhilfe bezog, und zwar – mit Unterbrechun-gen – bis zum 15. April 2001. Anschließend gewährte ihr die Beklagte während einer stationä-ren medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik L vom 17. April 2001 bis zum 15. Mai 2001 Übergangsgeld, dem sich ein Bezug von Krankengeld bis zum 05. Feb-ruar 2002 anschloss. Seit dem 01. Januar 2005 bezieht die Klägerin, die bis zum 31. Dezember 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz erhalten hatte, Alg II.
Die Klägerin ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60 aufgrund folgender Leiden: seelisches Leiden, Hörbehinderung, Schwindelzu-stände, Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei Verschleiß, Abnutzungserscheinungen der Hüft- und Kniegelenke sowie des linken Sprunggelenkes und der Schultergelenke, Bluthoch-druck, chronische Bronchitis (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin – Versorgungsamt – vom 15. März 2004).
Einen ersten Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfä-higkeit vom Februar 1998 hatte die Beklagte nach Einholung von Gutachten der Ärztin und Sozialmedizinerin Dr. W vom 15. Mai 1998, des Chirurgen G vom 04. Juni 1998 und der Ärz-tin für Arbeits- und Sozialmedizin Dr. B vom 08. März 1999 – diese Ärzte bescheinigten der Klägerin übereinstimmend ein vollschichtiges Leistungsvermögen für zumindest körperlich leichte Arbeiten – mit Bescheid vom 17. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2000 abgelehnt.
Im August 2000 stellte die Klägerin einen neuen Rentenantrag. Sie legte Bescheinigungen und Atteste ihrer behandelnden Ärzte vor, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik L über die vom 17. April 2001 bis zum 15. Mai 2001 durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme bei, aus der die Klägerin mit einem noch mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte bis mittel-schwere Tätigkeiten in allen Haltungsarten unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leis-tungseinschränkungen entlassen worden war; auf den Bericht vom 22. Mai 2001 wird Bezug genommen. Ferner ließ die Beklagte die Klägerin durch die Ärztin für Neurologie und Psychi-atrie Dr. S untersuchen und begutachten. Diese Ärztin bescheinigte der Klägerin in ihrem Gut-achten vom 22. Januar 2002 noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen (ängstlich-phobisch geprägtes subdepressives Syndrom mit Somatisierungsneigung bei akzen-tuierter Persönlichkeit und psychosozialen Konflikten und Belastungen, gestörtes Essverhalten mit Adipositas, Halswirbelsäulensyndrom mit sensibler Wurzelreizsymptomatik, Hypertonus, Arthralgien). Mit Bescheid vom 01. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei-des vom 21. Februar 2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Weder volle bzw. teilwei-se EM noch teilweise EM bei Berufsunfähigkeit (BU) lägen vor.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. K vom 06. Juni 2002, von der Diplom-Psychologin F vom 06. Juni 2002, von dem Allgemeinmediziner Dr. J vom 15. Juni 2002, von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. I vom 17. Juni 2002 und 14. Januar 2004, von der Allgemeinmedizinerin Dr. B vom 17. Juni 2002 und 28. Januar 2004, von der Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde W vom 31. Juli 2002, von der Orthopädin G vom 09. September 2002, von dem Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. R vom 11. Oktober 2002 und 31. Januar 2004, von dem Orthopä-den S vom 17. Oktober 2002 und 27. Dezember 2003 und von der Augenärztin S vom 28. Ok-tober 2002 und 14. Januar 2004. Das SG hat zudem das im Verfahren bei dem SG Berlin – S 86 KR 564/02 – erstellte schriftliche Gutachten des Arztes und Diplom-Psychologen B vom 09. Oktober 2003 beigezogen. Das SG hat die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psy-chotherapie Dr. P als Sachverständige eingesetzt. Diese Ärztin hat in ihrem Gutachten vom 20. Mai 2004 (Untersuchung am 03. Mai 2004) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin auf ihrem Fachgebiet mitgeteilt: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, abhängige asthenische Persönlichkeitsstörung, Angst und depressive Störung gemischt. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, aber auch im Wechsel der Haltungsarten – unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen – sowie einfache bis mittelschwere geistige Arbeiten ausführen. Die Klägerin hat sich zu diesem Gutachten mit Schreiben vom 14. Juni 2004 geäußert, auf das Be-zug genommen wird.
Mit Urteil vom 16. September 2004 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser EM für die Zeit ab 01. August 2001 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen EM gemäß § 43 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der seit 01. Januar 2001 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Denn sie sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten unter Beachtung der gutachterlich festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden täglich und mehr auszuüben. Die Kammer folge dem ausführlichen und schlüssigen Gutachten von Dr. P, die der Klägerin noch ein derartiges Leistungsvermögen bescheinigt habe, sowie hinsichtlich des allgemeinmedizinischen Status dem Gutachten des Arztes B aus dem Verfahren - S 86 KR 564/02 -. Auch eine teilweise EM bei BU gemäß § 240 SGB VI liege bei der Klägerin nicht vor. Sie genieße keinen qualifizierten Berufsschutz und sei sozial zumutbar auf alle ihrem Leis-tungsvermögen entsprechende Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin (nur) noch ihr Begehren auf Rente wegen voller bzw. teilweiser EM weiter. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG, das sich dem Gutachten von Dr. P angeschlossen habe, könne sie nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich erwerbstä-tig sein; auf ihr Schreiben vom 14. Februar 2005 wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2004 und den Bescheid der Be-klagten vom 01. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 01. August 2001 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die Klägerin auch nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme nach wie vor nicht für erwerbsgemindert.
Der Senat hat im Berufungsverfahren Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Kläge-rin erstatten lassen, und zwar von Dr. I vom 03. August 2005, von dem Arzt S vom 08. August 2005, von Dr. K vom 19. August 2005 und von der Allgemeinmedizinerin Dr. R vom 28. Au-gust 2005.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. M mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens be-auftragt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 09. Dezember 2005 (Untersuchung am 16. November 2005) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: Halswirbelsäulen-syndrom mit leichter Bewegungseinschränkung und röntgenologisch sichtbaren leichten dege-nerativen Veränderungen ohne neurologische Defizite, Lendenwirbelsäulensyndrom mit leichter Bewegungseinschränkung und röntgenologisch sicht-baren degenerativen Veränderungen ohne neurologische Defizite, Schleimbeutelentzündung unter der Schulterhöhe mit Umgebungsentzündung der langen Bicepssehne beidseits, rechts stärker als links, mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, Schmerz über beiden ellenseiti-gen, körperfernen Oberarmen ohne Bewegungsdefizite im Sinne eines beginnenden Golferel-lenbogens, Nervenengpasssyndrom im Bereich des Handgelenkes beidseits (Karpaltunnel-syndrom) mit schmerzhafter Beweglichkeit und messbarer Nervenleitverlangsamung, Coxarth-rose rechts mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, Gonarthrose beidseits ohne wesentli-che Bewegungseinschränkung, Zustand nach Distorsion des linken oberen Sprunggelenkes ohne Hinweis auf knöcherne oder bandhafte Verletzung mit bestehendem Lymphstau, Knick – Senk - Spreizfüsse beidseits mit Ballenzehe links stärker rechts, Krallenzehe der II. Zehe links ohne nennenswerte Bewegungseinschränkung, Adipositas. Die Klägerin könne täglich regel-mäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen verrichten. Die Klä-gerin hat gegen dieses Gutachten Einwände erhoben; auf ihren Schriftsatz vom 15. Februar 2006 nebst persönlicher Stellungnahme vom 02. Januar 2006 wird Bezug genommen. Die Klä-gerin hat ferner ein Attest von Dr. I vom 06. Februar 2006 vorgelegt. Dr. M hat sich zu den Einwendungen der Klägerin geäußert; auf seine Stellungnahme vom 06. März 2006 wird ver-wiesen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. P und Dr. M nebst dessen ergän-zender Stellungnahme Bezug genommen.
Die Alg II-Akten des JobCenters Marzahn-Hellersdorf (2 Bände), die Leistungsakte der Agen-tur für Arbeit Berlin-Ost (Band III), die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten (3 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Be-schluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung für nicht erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der diese nur noch einen Anspruch auf Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, unter Verzicht der Geltendmachung eines Anspruches auf Rente wegen teilweiser EM bei BU weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat aufgrund ihres im August 2001 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI) weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI. Sie ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Die Vorschrift des § 43 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle oder teilweise EM vorliegen (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den allgemeinen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichti-gen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 01. August 2001 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Denn sie verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und leichte bis mittelschwere geistige Arbeiten, mit dem sie regelmäßig einer voll-schichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass die Klägerin über ein derartiges Leistungsver-mögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Ge-samtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Verwal-tungsverfahren als Sachverständige eingesetzten Ärzte Dr. W und G sowie der im Klage- und Berufungsverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. P und Dr ... Denn alle diese Ärzte haben der Klägerin übereinstimmend ein derartiges vollschichtiges bzw. mindestens sechsstün-diges Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 01. August 2001.
Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkun-gen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls nur noch körperlich leichte Tätigkeiten mit dem regelmäßigen Heben und Tragen von Lasten bis 7,5 kg im Wechsel der Haltungsarten (Dr. M) bzw. auch überwie-gend im Sitzen (Dr. P) verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten im Freien, unter erschwerten Expositionsbedingungen (Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit und Zugluft), an laufenden Maschi-nen und unter Zeitdruck sowie Überkopfarbeiten bzw. Arbeiten mit Abspreizung oder ge-streckter Vorhaltung der Arme. Zudem sind der Klägerin feinmotorische Arbeiten nicht mehr zumutbar.
Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R – veröffentlicht in juris). Es lagen und liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der kör-perlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 – B 13 RJ 71/97 R – veröffentlicht in juris). Die bei der Klägerin festgestellten quali-tativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbei-ten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen wie der Ausschluss von Arbeiten in Zwangshaltungen und mit einseitiger körperlicher Belastung, in Hitze und Kälte, unter Zeitdruck und an laufenden Maschinen zählen nicht zu den unge-wöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leis-tungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Be-schlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR-3600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der eingeschränkten geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die keine nennenswerten Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und An-passung an einen neuen – dem Ausbildungsniveau der Klägerin entsprechenden – Arbeitplatz erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähig-keit, die vorliegend nicht erkennbar ist, könnte aber eine spezifische schwere Leistungsbehin-derung darstellen (vgl. BSG SozR-2200 § 1246 Nr. 104, 117). Auch die Beschränkung auf Lastgewichte bis zu 7,5 kg erscheint nicht als geeignet, das Feld leichter körperlicher Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Regelmäßig wird zwar bereits die Beschränkung auf 10 kg zu dem Bereich leichter Arbeiten gezählt. Dies reicht aber nicht aus, das Vorliegen eines noch ausreichenden Arbeitsfeldes zu verneinen (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 1997 – B 13 RJ 87/96 – veröffentlicht in juris). Insgesamt betreffen die bei der Klägerin festgestellten qualita-tiven Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.
So könnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten sowie die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners bzw. einer – einfachen - Pförtnerin. Im Hin-blick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Soweit die Klägerin sowohl gegen das Gutachten von Dr. P als auch das von Dr. M umfangrei-che Einwendungen erhoben hat, sind diese in der Gesamtheit nicht geeignet, die Überzeu-gungskraft der genannten Sachverständigengutachten zu erschüttern. Dr. M hat zu den Ein-wendungen der Klägerin in seiner ergänzenden Äußerung vom 06. März 2006 ausführlich Stel-lung genommen und die Beanstandungen der Klägerin, die sich im Wesentlichen auf den Ver-lauf der Untersuchung bezogen haben, glaubhaft entkräftet. Im Übrigen hat die Klägerin keine ärztlichen Befunde bzw. Einschätzungen vorgelegt, die eine abweichende Beurteilung – auch hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsvermögens durch Dr. P - hätten rechtfertigen kön-nen. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass der Großteil ihrer Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt. Diese Gesundheitsstörungen sind aber von der Sachverständigen Dr. P umfassend gewürdigt und die sich hieraus ergebenen objektivierbaren Leistungseinschränkungen nachvollziehbar und schlüssig aus den erhobenen Befunden herge-leitet worden. Insbesondere hinsichtlich der abweichenden Leistungsbeurteilung von Dr. I hat Dr. P anhand der von ihr erhobenen Befunde eine erhaltene "Handlungs-, Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit" bescheinigt (vgl. Attest von Dr. I vom 06. Februar 2006). Wesentliche Ver-schlechterungen bzw. neue, bislang nicht berücksichtigte Leiden der Klägerin auf neurolo-gisch-psychiatrischem Fachgebiet sind nicht ersichtlich, so dass die Einholung eines weiteren Gutachtens auf diesem Fachgebiet von Amts wegen nicht angezeigt war. Einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG hat die Klägerin ausdrücklich nicht gestellt (vgl. ihr Schriftsatz vom 01. Juni 2006).
Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens somit eine Summierung ungewöhnlicher Leis-tungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorlagen und auch nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforder-lich. Für die Klägerin in Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeits-platz tatsächlich erhalten hätte oder erhalten kann, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Ar-beitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer wie die Klägerin derzeit kaum ent-sprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM – wie der Gesetzgeber klargestellt hat – unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser, Erwerbsminderung (EM).
Die am 1951 geborene Klägerin hatte keine Berufsausbildung abgeschlossen. Von 1969 bis zum 30. Juni 1991 war sie – mit Unterbrechungen – als Lagerarbeiterin, Reinigungskraft, Kü-chenhilfe, Verkäuferin für Obst und Gemüse und als Revolverdreherin bzw. Spritzmaschinen-fahrerin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit Juli 1991 ist sie arbeitslos, wobei sie vom 01. Juli 1991 bis zum 20. Januar 1992 und vom 27. Februar 1992 bis zum 24. April 1992 Arbeits-losengeld (Alg) und danach Anschluss-Arbeitslosenhilfe bezog, und zwar – mit Unterbrechun-gen – bis zum 15. April 2001. Anschließend gewährte ihr die Beklagte während einer stationä-ren medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Rehabilitationsklinik L vom 17. April 2001 bis zum 15. Mai 2001 Übergangsgeld, dem sich ein Bezug von Krankengeld bis zum 05. Feb-ruar 2002 anschloss. Seit dem 01. Januar 2005 bezieht die Klägerin, die bis zum 31. Dezember 2004 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz erhalten hatte, Alg II.
Die Klägerin ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60 aufgrund folgender Leiden: seelisches Leiden, Hörbehinderung, Schwindelzu-stände, Funktionseinschränkung der Wirbelsäule bei Verschleiß, Abnutzungserscheinungen der Hüft- und Kniegelenke sowie des linken Sprunggelenkes und der Schultergelenke, Bluthoch-druck, chronische Bronchitis (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin – Versorgungsamt – vom 15. März 2004).
Einen ersten Antrag der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfä-higkeit vom Februar 1998 hatte die Beklagte nach Einholung von Gutachten der Ärztin und Sozialmedizinerin Dr. W vom 15. Mai 1998, des Chirurgen G vom 04. Juni 1998 und der Ärz-tin für Arbeits- und Sozialmedizin Dr. B vom 08. März 1999 – diese Ärzte bescheinigten der Klägerin übereinstimmend ein vollschichtiges Leistungsvermögen für zumindest körperlich leichte Arbeiten – mit Bescheid vom 17. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2000 abgelehnt.
Im August 2000 stellte die Klägerin einen neuen Rentenantrag. Sie legte Bescheinigungen und Atteste ihrer behandelnden Ärzte vor, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik L über die vom 17. April 2001 bis zum 15. Mai 2001 durchgeführte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme bei, aus der die Klägerin mit einem noch mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte bis mittel-schwere Tätigkeiten in allen Haltungsarten unter Beachtung der aufgezeigten qualitativen Leis-tungseinschränkungen entlassen worden war; auf den Bericht vom 22. Mai 2001 wird Bezug genommen. Ferner ließ die Beklagte die Klägerin durch die Ärztin für Neurologie und Psychi-atrie Dr. S untersuchen und begutachten. Diese Ärztin bescheinigte der Klägerin in ihrem Gut-achten vom 22. Januar 2002 noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen (ängstlich-phobisch geprägtes subdepressives Syndrom mit Somatisierungsneigung bei akzen-tuierter Persönlichkeit und psychosozialen Konflikten und Belastungen, gestörtes Essverhalten mit Adipositas, Halswirbelsäulensyndrom mit sensibler Wurzelreizsymptomatik, Hypertonus, Arthralgien). Mit Bescheid vom 01. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbeschei-des vom 21. Februar 2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Weder volle bzw. teilwei-se EM noch teilweise EM bei Berufsunfähigkeit (BU) lägen vor.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. K vom 06. Juni 2002, von der Diplom-Psychologin F vom 06. Juni 2002, von dem Allgemeinmediziner Dr. J vom 15. Juni 2002, von dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. I vom 17. Juni 2002 und 14. Januar 2004, von der Allgemeinmedizinerin Dr. B vom 17. Juni 2002 und 28. Januar 2004, von der Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde W vom 31. Juli 2002, von der Orthopädin G vom 09. September 2002, von dem Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. R vom 11. Oktober 2002 und 31. Januar 2004, von dem Orthopä-den S vom 17. Oktober 2002 und 27. Dezember 2003 und von der Augenärztin S vom 28. Ok-tober 2002 und 14. Januar 2004. Das SG hat zudem das im Verfahren bei dem SG Berlin – S 86 KR 564/02 – erstellte schriftliche Gutachten des Arztes und Diplom-Psychologen B vom 09. Oktober 2003 beigezogen. Das SG hat die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psy-chotherapie Dr. P als Sachverständige eingesetzt. Diese Ärztin hat in ihrem Gutachten vom 20. Mai 2004 (Untersuchung am 03. Mai 2004) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin auf ihrem Fachgebiet mitgeteilt: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, abhängige asthenische Persönlichkeitsstörung, Angst und depressive Störung gemischt. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen, aber auch im Wechsel der Haltungsarten – unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen – sowie einfache bis mittelschwere geistige Arbeiten ausführen. Die Klägerin hat sich zu diesem Gutachten mit Schreiben vom 14. Juni 2004 geäußert, auf das Be-zug genommen wird.
Mit Urteil vom 16. September 2004 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser EM für die Zeit ab 01. August 2001 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen EM gemäß § 43 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der seit 01. Januar 2001 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Denn sie sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten unter Beachtung der gutachterlich festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sechs Stunden täglich und mehr auszuüben. Die Kammer folge dem ausführlichen und schlüssigen Gutachten von Dr. P, die der Klägerin noch ein derartiges Leistungsvermögen bescheinigt habe, sowie hinsichtlich des allgemeinmedizinischen Status dem Gutachten des Arztes B aus dem Verfahren - S 86 KR 564/02 -. Auch eine teilweise EM bei BU gemäß § 240 SGB VI liege bei der Klägerin nicht vor. Sie genieße keinen qualifizierten Berufsschutz und sei sozial zumutbar auf alle ihrem Leis-tungsvermögen entsprechende Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin (nur) noch ihr Begehren auf Rente wegen voller bzw. teilweiser EM weiter. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG, das sich dem Gutachten von Dr. P angeschlossen habe, könne sie nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich erwerbstä-tig sein; auf ihr Schreiben vom 14. Februar 2005 wird Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. September 2004 und den Bescheid der Be-klagten vom 01. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 01. August 2001 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die Klägerin auch nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme nach wie vor nicht für erwerbsgemindert.
Der Senat hat im Berufungsverfahren Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Kläge-rin erstatten lassen, und zwar von Dr. I vom 03. August 2005, von dem Arzt S vom 08. August 2005, von Dr. K vom 19. August 2005 und von der Allgemeinmedizinerin Dr. R vom 28. Au-gust 2005.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. M mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens be-auftragt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 09. Dezember 2005 (Untersuchung am 16. November 2005) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: Halswirbelsäulen-syndrom mit leichter Bewegungseinschränkung und röntgenologisch sichtbaren leichten dege-nerativen Veränderungen ohne neurologische Defizite, Lendenwirbelsäulensyndrom mit leichter Bewegungseinschränkung und röntgenologisch sicht-baren degenerativen Veränderungen ohne neurologische Defizite, Schleimbeutelentzündung unter der Schulterhöhe mit Umgebungsentzündung der langen Bicepssehne beidseits, rechts stärker als links, mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, Schmerz über beiden ellenseiti-gen, körperfernen Oberarmen ohne Bewegungsdefizite im Sinne eines beginnenden Golferel-lenbogens, Nervenengpasssyndrom im Bereich des Handgelenkes beidseits (Karpaltunnel-syndrom) mit schmerzhafter Beweglichkeit und messbarer Nervenleitverlangsamung, Coxarth-rose rechts mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, Gonarthrose beidseits ohne wesentli-che Bewegungseinschränkung, Zustand nach Distorsion des linken oberen Sprunggelenkes ohne Hinweis auf knöcherne oder bandhafte Verletzung mit bestehendem Lymphstau, Knick – Senk - Spreizfüsse beidseits mit Ballenzehe links stärker rechts, Krallenzehe der II. Zehe links ohne nennenswerte Bewegungseinschränkung, Adipositas. Die Klägerin könne täglich regel-mäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen verrichten. Die Klä-gerin hat gegen dieses Gutachten Einwände erhoben; auf ihren Schriftsatz vom 15. Februar 2006 nebst persönlicher Stellungnahme vom 02. Januar 2006 wird Bezug genommen. Die Klä-gerin hat ferner ein Attest von Dr. I vom 06. Februar 2006 vorgelegt. Dr. M hat sich zu den Einwendungen der Klägerin geäußert; auf seine Stellungnahme vom 06. März 2006 wird ver-wiesen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. P und Dr. M nebst dessen ergän-zender Stellungnahme Bezug genommen.
Die Alg II-Akten des JobCenters Marzahn-Hellersdorf (2 Bände), die Leistungsakte der Agen-tur für Arbeit Berlin-Ost (Band III), die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten (3 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Be-schluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung für nicht erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der diese nur noch einen Anspruch auf Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, unter Verzicht der Geltendmachung eines Anspruches auf Rente wegen teilweiser EM bei BU weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat aufgrund ihres im August 2001 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VI) weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI. Sie ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.
Die Vorschrift des § 43 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle oder teilweise EM vorliegen (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den allgemeinen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichti-gen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 01. August 2001 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Denn sie verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und leichte bis mittelschwere geistige Arbeiten, mit dem sie regelmäßig einer voll-schichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen konnte und kann. Dass die Klägerin über ein derartiges Leistungsver-mögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Ge-samtergebnis des Verfahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Verwal-tungsverfahren als Sachverständige eingesetzten Ärzte Dr. W und G sowie der im Klage- und Berufungsverfahren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. P und Dr ... Denn alle diese Ärzte haben der Klägerin übereinstimmend ein derartiges vollschichtiges bzw. mindestens sechsstün-diges Restleistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 01. August 2001.
Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkun-gen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls nur noch körperlich leichte Tätigkeiten mit dem regelmäßigen Heben und Tragen von Lasten bis 7,5 kg im Wechsel der Haltungsarten (Dr. M) bzw. auch überwie-gend im Sitzen (Dr. P) verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten im Freien, unter erschwerten Expositionsbedingungen (Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit und Zugluft), an laufenden Maschi-nen und unter Zeitdruck sowie Überkopfarbeiten bzw. Arbeiten mit Abspreizung oder ge-streckter Vorhaltung der Arme. Zudem sind der Klägerin feinmotorische Arbeiten nicht mehr zumutbar.
Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R – veröffentlicht in juris). Es lagen und liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der kör-perlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 – B 13 RJ 71/97 R – veröffentlicht in juris). Die bei der Klägerin festgestellten quali-tativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbei-ten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen wie der Ausschluss von Arbeiten in Zwangshaltungen und mit einseitiger körperlicher Belastung, in Hitze und Kälte, unter Zeitdruck und an laufenden Maschinen zählen nicht zu den unge-wöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leis-tungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Be-schlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 - GS 1 bis 4/95 - GS 2/95 = SozR-3600 § 44 Nr. 8). Das Gleiche gilt hinsichtlich der eingeschränkten geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die keine nennenswerten Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und An-passung an einen neuen – dem Ausbildungsniveau der Klägerin entsprechenden – Arbeitplatz erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähig-keit, die vorliegend nicht erkennbar ist, könnte aber eine spezifische schwere Leistungsbehin-derung darstellen (vgl. BSG SozR-2200 § 1246 Nr. 104, 117). Auch die Beschränkung auf Lastgewichte bis zu 7,5 kg erscheint nicht als geeignet, das Feld leichter körperlicher Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Regelmäßig wird zwar bereits die Beschränkung auf 10 kg zu dem Bereich leichter Arbeiten gezählt. Dies reicht aber nicht aus, das Vorliegen eines noch ausreichenden Arbeitsfeldes zu verneinen (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 1997 – B 13 RJ 87/96 – veröffentlicht in juris). Insgesamt betreffen die bei der Klägerin festgestellten qualita-tiven Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.
So könnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für Sortier- und Verpackungstätigkeiten sowie die Tätigkeit eines – einfachen – Pförtners bzw. einer – einfachen - Pförtnerin. Im Hin-blick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverständigen jedenfalls für derart leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Soweit die Klägerin sowohl gegen das Gutachten von Dr. P als auch das von Dr. M umfangrei-che Einwendungen erhoben hat, sind diese in der Gesamtheit nicht geeignet, die Überzeu-gungskraft der genannten Sachverständigengutachten zu erschüttern. Dr. M hat zu den Ein-wendungen der Klägerin in seiner ergänzenden Äußerung vom 06. März 2006 ausführlich Stel-lung genommen und die Beanstandungen der Klägerin, die sich im Wesentlichen auf den Ver-lauf der Untersuchung bezogen haben, glaubhaft entkräftet. Im Übrigen hat die Klägerin keine ärztlichen Befunde bzw. Einschätzungen vorgelegt, die eine abweichende Beurteilung – auch hinsichtlich der Einschätzung des Leistungsvermögens durch Dr. P - hätten rechtfertigen kön-nen. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass der Großteil ihrer Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegt. Diese Gesundheitsstörungen sind aber von der Sachverständigen Dr. P umfassend gewürdigt und die sich hieraus ergebenen objektivierbaren Leistungseinschränkungen nachvollziehbar und schlüssig aus den erhobenen Befunden herge-leitet worden. Insbesondere hinsichtlich der abweichenden Leistungsbeurteilung von Dr. I hat Dr. P anhand der von ihr erhobenen Befunde eine erhaltene "Handlungs-, Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit" bescheinigt (vgl. Attest von Dr. I vom 06. Februar 2006). Wesentliche Ver-schlechterungen bzw. neue, bislang nicht berücksichtigte Leiden der Klägerin auf neurolo-gisch-psychiatrischem Fachgebiet sind nicht ersichtlich, so dass die Einholung eines weiteren Gutachtens auf diesem Fachgebiet von Amts wegen nicht angezeigt war. Einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG hat die Klägerin ausdrücklich nicht gestellt (vgl. ihr Schriftsatz vom 01. Juni 2006).
Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens somit eine Summierung ungewöhnlicher Leis-tungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorlagen und auch nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforder-lich. Für die Klägerin in Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeits-platz tatsächlich erhalten hätte oder erhalten kann, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Ar-beitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer wie die Klägerin derzeit kaum ent-sprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM – wie der Gesetzgeber klargestellt hat – unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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