L 16 RA 98/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 5789/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 98/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. September 2002 wird zurückgewiesen. Die Klage auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Klägerin für die Zeit ab 6. Juni 2000 Übergangsgeld (Üg) und für die Zeit ab 16. Mai 2003 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU) zusteht.

Die am 1946 geborene Klägerin absolvierte nach ihren Angaben in der Zeit vom 1. April 1962 bis zum 31. März 1964 eine Ausbildung als Postbeamtin für den mittleren Dienst. Nach Beendigung ihrer Beamtentätigkeit am 31. August 1969 war sie vom 26. September 1969 bis zum 15. April 1974 als Postangestellte und zuletzt ab dem 16. April 1974 bei der TU Bals Verwaltungsangestellte versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 2. Februar 1999 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Nach dem Auslaufen der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber am 2. August 1999 erhielt sie vom 3. August 1999 bis zum 31. Juli 2000 Krankengeld von der Barmer Ersatzkasse B, unterbrochen durch den Bezug von Üg durch die Beklagte in der Zeit vom 2. Mai 2000 bis zum 6. Juni 2000. Vom 1. August 2000 bis zum 20. Februar 2001 bezog die Klägerin vom ehemaligen Arbeitsamt OArbeitslosengeld. Anschließend erhielt sie Sozialhilfe.

Die Beklagte gewährte der Klägerin stationäre medizinische Leistungen zur Rehabilitation, und zwar vom 1. April 1999 bis 22. April 1999 in der Klinik B in B, vom 2. Mai 2000 bis 6. Juni 2000 in der W-Rehaklinik in B und vom 3. April 2003 bis 15. Mai 2003 in der H-Klinik in N.

Bereits im Oktober 1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, die von der Beklagten durch Bescheid vom 3. August 2000 abgelehnt wurde. Hiergegen legte die Klägerin im August 2000 Widerspruch ein. Mit ihrer beim Sozialgericht (SG) Berlin im März 2001 erhobenen Klage (Az: S 8 RA 2096/01) hatte sie die Verbescheidung ihres Widerspruchs erstrebt. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2001 hatte sie zuletzt beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 3. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vorgezogenes Üg für die Zeiträume vom 1. März 1999 bis 31. März 1999, 23. April 1999 bis 1. Mai 2000, 7. Juni 2000 bis 2. April 2003 sowie ab dem 16. Mai 2003 Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, zu gewähren.

Mit dem Widerspruch vom August 2000 gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. August 2000 machte die Klägerin zugleich die Gewährung von Üg geltend. Im Dezember 2000 hat die Klägerin bei dem SG Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einen rechtsmittelfähigen Bescheid hinsichtlich des von ihr beantragten Üg zu erlassen. Nach Erhalt des Bescheides vom 21. März 2001 sowie des auf ihren Widerspruch hin ergangenen Widerspruchsbescheids vom 13. Juni 2001 hat die Klägerin die Gewährung von Üg ab dem 1. August 2000 geltend gemacht. Diese Klage hat das SG nach Durchführung eines Erörterungstermins am 5. März 2002 in nichtöffentlicher Sitzung durch Gerichtsbescheid vom 12. September 2002 abgewiesen (-S 9 RA 5789/00-). Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Üg für die Zeit ab 1. August 2000. Sie erfülle nicht die Voraussetzungen der die Gewährung von Üg regelnden Vorschriften der §§ 20 ff. Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) i.d.F. bis zum 31. Dezember 2000 (a.F.).

Mit der Berufung erstrebt die Klägerin die Gewährung von Üg bereits ab dem 6. Juni 2000 sowie die Gewährung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, ab dem 16. Mai 2003. Sie trägt vor: Der angefochtene Gerichtsbescheid sei vermutlich in einer verfassungswidrigen, unzulässigen Verhandlungsführung vom Vordergericht ergangen, da ohne erkennbare Begründung die Öffentlichkeit in unzulässiger Weise von der Hauptverhandlung am 5. März 2000 ausgeschlossen gewesen sei. Der angefochtene Gerichtsbescheid verurteile einen Rentenantragsteller automatisch zu einem Sozialhilfeempfänger mit allen negativen sozialen Folgen. Bereits die finanziellen Folgen der Abwicklung über das Sozialhilferecht im Falle eines Rentenantrages seien nicht hinnehmbar und müssten zur Berufungsbegründung genügen; auf die Schriftsätze der Klägerin vom 3. Mai 2005 und 23. Mai 2005 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. September 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab dem 6. Juni 2000 Übergangsgeld und für die Zeit ab dem 16. Mai 2003 Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, zu gewähren, hilfsweise die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Berlin zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Gründe des Gerichtsbescheides sowie der angefochtenen Bescheide.

Der Senat hat einen aktuellen Versicherungsverlauf vom 11. Mai 2005 über die von der Klägerin zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten von der Beklagten beigezogen; hierauf wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten des SG Berlin S 8 RA 2096/01 (2 Bände), die Rentenakte und die Rehabilitationsakte der Beklagten, die Leistungsakte der Agentur für Arbeit O sowie die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Fernbleibens der Beteiligten in der Sitzung vom 30. Mai 2005 den Rechtsstreit verhandeln und entscheiden, denn der Termin wurde in der verkündeten Entscheidung vom 23. Mai 2005 bestimmt (§ 202 Sozialgerichtsgesetz -SGG- i.V.m. § 218 Zivilprozessordnung -ZPO-).

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet; die auf Gewährung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, gerichtete Klage, über die der Senat erstinstanzlich zu entscheiden hatte, ist unzulässig. Der hilfsweise gestellte Antrag, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG Berlin zurückzuverweisen ist unbegründet.

Die von der Klägerin auf Gewährung von Üg gerichtete Klage ist insoweit unzulässig, als sie das so genannte vorgezogene Üg gemäß § 25 Abs. 2 SGB VI a.F. bzw. das Ersatz-Üg gemäß § 20 Abs. 3 SGB VI a.F. (für die Zeit der medizinischen Leistung zur Rehabilitation in der H-Klinik vom 3. April 2003 bis 15. Mai 2003) betrifft. Der Klage steht der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) entgegen, denn dieser Streitgegenstand ist bereits in dem Verfahren des SG Berlin -S 8 RA 2096/01- anhängig. Bereits durch den Bescheid vom 3. August 2000, mit welchem die Gewährung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, abgelehnt worden ist, ist nämlich inzidenter auch mitentschieden worden, dass der Klägerin kein Anspruch auf vorgezogenes bzw. Ersatz-Üg gemäß §§ 25 Abs. 2, 20 Abs. 3 SGB VI a.F. zusteht. In Anbetracht der engen Verknüpfung des Anspruchs auf vorgezogenes bzw. Ersatz-Üg mit dem Anspruch auf Versichertenrente (vorgezogenes bzw. Ersatz-Üg setzen voraus, dass den materiell-rechtlichen Voraussetzungen nach eine Rente wegen einer Erwerbsminderung zu zahlen gewesen wäre) ist es nicht notwendig, dass neben dem Rentenantrag ein Antrag auf Üg gestellt wird und, falls der Rentenantrag abgelehnt wird, eine gesonderte Entscheidung der Verwaltung über die Gewährung von vorgezogenem bzw. Ersatz-Üg ergeht (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 1987 -4a RJ 71/86 = SozR 2200 § 1246 Nr. 145; BSG, Urteil vom 30. September 1987 -5b RJ 78/86 = SozR 2200 § 1241d Nr. 12). Dass bei der Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung im Oktober 1999 in Bezug auf die Gewährung von vorgezogenem bzw. Ersatz-Üg ein eindeutig entgegenstehender Wille vorgelegen hätte, der zu einer anderen rechtlichen Beurteilung Anlass geben könnte, lässt sich jedenfalls nicht feststellen, zumal sie auch in dem Verfahren S 8 RA 2096/01, dessen Streitgegenstand durch den Bescheid vom 3. August 2000 festgelegt wird, ausdrücklich für Zeiten vor dem von ihr begehrten Rentenbeginn am 16. Mai 2003 Üg beantragt hat.

Die Klage ist, soweit, die Klägerin die Gewährung von Üg für den 6. Juni 2000 begehrt, im Übrigen bereits deshalb unzulässig, weil die Beklagte der Klägerin durch Bescheid vom 17. Januar 2001 u.a. für diesen Tag bereits Üg gewährt hat. Ein Rechtsschutzinteresse an einer Klage besteht diesbezüglich nicht. (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, Vor § 51, Rdnr. 17b).

Im Übrigen ist die auf Gewährung von Üg gerichtete Klage unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Üg für die Zeit der stationären medizinischen Reha in der H-Klinik vom 3. April 2003 bis 15. Mai 2003. Unabhängig davon, ob insoweit auf die Fassung des § 20 Abs. 1 SGB VI zum Zeitpunkt des Antrags von August 2000 oder des die konkrete Reha-Maßnahme betreffenden Antrags von Februar 2003 abgestellt wird (vgl. § 301 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), liegen die Voraussetzungen dieser Norm nicht vor. Anspruch auf Üg haben hiernach Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten haben und die u.a. unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, wenn sie nicht arbeitsunfähig sind, unmittelbar vor Beginn der Leistungen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt oder Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Üg, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder Mutterschaftsgeld bezogen haben. Die Klägerin hat indes unmittelbar vor Beginn der Leistung weder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt noch hat sie die in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3b SGB VI genannten Entgeltersatzleistungen bezogen. Vielmehr erhielt die Klägerin unmittelbar vor Beginn der Kur-Maßnahme Leistungen der Sozialhilfe. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Kuraufenthaltes arbeitsunfähig gewesen ist, mit der Folge, dass insoweit hinsichtlich des Bezugs der genannten Geldleistungen auf die Zeit unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgestellt werden müsste. Ausweislich des Kurentlassungsberichts der H-Klinik vom 20. Mai 2003 ist die Klägerin als arbeitsfähig entlassen worden, wobei der klinische Befund zum Entlassungszeitpunkt nach den Angaben der behandelnden Ärzte im Wesentlichen dem Aufnahmebefund entsprochen habe. Diese Einschätzung wird durch die von dem SG in dem Verfahren S 8 RA 2096/01 eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters K vom 20. März 2002 (Untersuchung der Klägerin vom selben Tage) und des Orthopäden Dr. K vom 31. Oktober 2002 (Untersuchung der Klägerin vom 8. August 2002) bestätigt, in denen ein mit dem Kurentlassungsbericht vom 20. Mai 2003 weitgehend übereinstimmendes Leistungsvermögen der Klägerin beschrieben wird.

Auch der Ausnahmetatbestand des § 25 Abs. 3 SGB VI i.d.F. bis zum 30. Juni 2001, der bei einer Antragstellung der Klägerin im August 2000 noch anwendbar ist (§ 301 Abs. 1 Satz 1 SGB VI), ist nicht gegeben; insoweit konnte von vornherein nur eine Anwendung des § 25 Abs. 3 Nr. 4 SGB VI in Betracht kommen. Nach dieser Norm wird so genanntes Zwischen- oder Überbrückungsübergangsgeld u.a. auch für den Zeitraum erbracht, in dem der Versicherte nach Abschluss von medizinischen oder berufsfördernden Leistungen arbeitsunfähig ist und keinen Anspruch auf Krankengeld hat, sofern berufsfördernde Leistungen erforderlich sind, die dem Grunde nach einen Anspruch auf Üg bewirken und aus Gründen, die der Versicherte nicht zu vertreten hat, nicht unmittelbar anschließend erbracht werden können. Auch unter Zugrundelegung einer entsprechenden Anwendung des § 25 Abs. 3 Nr. 4 SGB VI für den Fall, dass das Üg den Zeitraum zwischen zwei medizinischen Leistungen zur Rehabilitation überbrücken soll, hier also den Zeitraum vom 7. Juni 2000 bis 2. April 2003, kommt ein Anspruch auf Üg nicht in Betracht. Unverzichtbare Voraussetzung ist nämlich, dass es sich bei den hier zu beurteilenden medizinischen Maßnahmen um zwei gesamtplanfähige und -pflichtige Maßnahmen zur Rehabilitation gehandelt haben müsste. Wie die Vorgängervorschrift des § 18e Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) bezweckt auch § 25 Abs. 3 Nr. 4 SGB VI die wirtschaftliche Sicherstellung des Versicherten durch eine Geldleistung während einer von ihm nicht zu vertretenden Reha-Pause zwischen zwei Maßnahmen, es sei denn, er bedarf wegen des Bezugs von Krankengeld oder Arbeitsentgelt nicht eines solchen Schutzes. Grund hierfür ist einerseits, dass sich der Versicherte zur Teilnahme an einer vorgesehenen weiteren Maßnahme bereithalten muss und deswegen in seinen Dispositionsmöglichkeiten, aber auch in seinen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt eingeschränkt ist. Andererseits trifft den Versicherungsträger die Verantwortung, dass der nicht wirtschaftlich abgesicherte Betreute während einer für ihn unvermeidbaren Reha-Unterbrechung wirtschaftlich nicht weiter absinkt. Daher war der zuständige Leistungsträger gesetzlich verpflichtet (§ 5 Abs. 3 des Rehabilitationsangleichungsgesetzes in der damaligen Fassung), einen Gesamtplan aufzustellen, wenn mehrere Reha-Maßnahmen - gleich welcher Art - erforderlich waren. Er hatte dabei sicherzustellen, dass die Maßnahmen nahtlos ineinander greifen. Gelingt dies aus Gründen nicht, die der schutzbedürftige Betreute nicht zu vertreten hat, ist dieser durch Weitergewährung des Üg wenigstens wirtschaftlich so zu stellen, als hätte der Leistungsträger seinen Sicherstellungsauftrag erfüllt (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 1989 -4 RA 24/88 = SozR 2200 § 1241e Nr. 18; BSG, Urteil vom 12. Juni 2001 -B 4 RA 80/00 R = SozR 3-2600 § 25 Nr. 1). Im Fall der Klägerin sind die gewährten Reha-Maßnahmen aber bereits nicht gesamtplanfähig und -pflichtig. Dies ergibt sich bereits daraus, dass nach Abschluss der Reha-Maßnahme vom 2. Mai 2000 bis 6. Juni 2000 weitere gesamtplanfähige und -pflichtige Maßnahmen zur Rehabilitation gar nicht erforderlich waren. In dem Entlassungsbericht der W-Rehaklinik vom 27. Juni 2000 ist zwar vermerkt, dass die Entlassung der Klägerin in arbeitsunfähigem Zustand erfolgte. Diese Einschätzung beruhte jedoch ausschließlich auf den subjektiven Angaben der Klägerin, wonach sie sich den Belastungen des Berufsalltages und insbesondere dem Anfahrtsweg zum 36 km entfernten Arbeitsplatz nicht gewachsen gesehen habe. Demgegenüber wird jedoch in dem Entlassungsbericht ausgeführt, dass der vorhandene Arbeitsplatz und die dort zuletzt ausgeübte Tätigkeit aus orthopädischer Sicht durchaus dem Leistungsbild der Klägerin entsprechen würden. Eine vollschichtige Leistungsfähigkeit bestünde für leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung. Demzufolge ist in dem Entlassungsbericht auch kein Hinweis auf das Erfordernis weitergehender Reha-Maßnahmen medizinischer oder sonstiger Art zu entnehmen, sondern lediglich die Empfehlung zu einer (kassenärztlichen) psychotherapeutischen Weiterbehandlung. Zu dieser Reha-Maßnahme nimmt sich die ca. drei Jahre später gewährte und von der Klägerin gesondert beantragte Kur vom 3. April 2003 bis 15. Mai 2003 als unabhängige und eigenständige Maßnahme aus, die in keinem Gesamtzusammenhang mit der ersten Maßnahme in der W-Rehaklinik steht.

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. Mai 2005 erstmals im Berufungsverfahren die Gewährung von Rente wegen EU, hilfsweise wegen BU, beantragt hat, konnte der Senat hierüber nur erstinstanzlich kraft Klage entscheiden. Insoweit liegen aber bereits die Voraussetzungen für die von der Klägerin durch Erweiterung ihrer Anträge vorgenommenen Klageänderung gemäß § 99 SGG nicht vor. Denn weder hat die Beklagte in die Erweiterung des ursprünglichen Klageantrages eingewilligt, noch ist die Klageänderung sachdienlich. Über die geänderte Klage kann nämlich mangels Vorliegens der Prozessvoraussetzungen sachlich nicht entschieden werden (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 99, Rdnr. 10a). Da der Streitgegenstand in Form des Antrags auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bereits in dem Verfahren des SG S 8 RA 2096/01 anhängig ist, besteht wiederum der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG. Des Weiteren ist auch die funktionelle Zuständigkeit des Senats gemäß § 29 SGG nicht gegeben, wonach die Landessozialgerichte grundsätzlich im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile oder die Beschwerde gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte entscheiden, nicht aber erstinstanzlich kraft Klage (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 -B 4 RA 113/00 R- nicht veröffentlicht).

Schließlich kann die Klägerin auch mit dem hilfsweise gestellten Antrag auf Zurückverweisung der Sache an das SG keinen Erfolg haben. So leidet das Verfahren des SG entgegen dem Vorbringen der Klägerin bereits an keinem wesentlichen Mangel im Sinne des § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Zwar findet die mündliche Verhandlung im Sinne des § 124 Abs. 1 SGG nach § 169 Satz 1 GVG grundsätzlich öffentlich statt. Bei dem Termin vom 5. März 2002 handelte es sich aber gerade nicht um eine solche mündliche Verhandlung, an deren Ende eine Entscheidung etwa in Form eines Urteils oder Beschlusses steht, sondern um einen Erörterungstermin im Sinne des § 106 Abs. 3 Nr. 7 SGG, der der mündlichen Verhandlung vorgelagert ist und in Bezug auf diese nur vorbereitende Funktion besitzt. Der Erörterungstermin findet demzufolge unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (vgl. Meyer-Ladewig, a.a.O., § 106, Rdnr. 15a). Aber auch für den Fall, dass der von der Klägerin gerügte Verfahrensmangel tatsächlich vorgelegen hätte, wäre eine Zurückverweisung im Rahmen der nach § 159 SGG erforderlichen Ermessensausübung nicht angezeigt gewesen, denn die Sache war entscheidungsreif.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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