L 9 KR 164/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 KR 826/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 164/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. März 2005 wird zurückgewiesen. Die Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie in ihrer ab dem 1. April 1999 bei der Beigeladenen zu 2) ausgeübten Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.

Die im Jahre 1970 geborene Klägerin ist Pharmazeutin. Im Oktober 1996 beantragte sie bei der Beigeladenen zu 1) als dem für sie zuständigen Rentenversicherungsträger die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für eine ab dem 14. Oktober 1996 in der Leonoren-Apotheke in Berlin ausgeübte Beschäftigung als Apothekerin. Mit Bescheid vom 28. November 1996 befreite die Beigeladene zu 1) die Klägerin antragsgemäß ab dem 14. Oktober 1996 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Am 29. April 2003 wandte sich die Klägerin schriftlich an die beklagte Krankenkasse und bat um Überprüfung, ob die gesetzlichen Befreiungsvoraussetzungen auch für die von der Klägerin inzwischen ab dem 1. April 1999 ausgeübte Tätigkeit als Pharmareferentin bei der Beigelade-nen zu 2) vorlägen. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2003, der keinen förmlichen Verfügungs-satz enthielt, stellte die Beklagte fest, die bei der Beigeladenen zu 2) ausgeübte Tätigkeit der Klägerin unterliege der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung, die Voraus-setzungen für eine Befreiung lägen nicht vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und stellte ausdrücklich fest, die Klägerin unterliege aufgrund ihrer seit dem 1. April 1999 bei der Beigeladenen zu 2) ausgeübten Tätigkeit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die von der Beigeladenen zu 1) ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht erstrecke sich nicht auf dieses Beschäftigungsverhältnis.

Die hier gegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 29. März 2005 abgewiesen: Die von der Beigeladenen zu 1) ausgesprochene Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung erstrecke sich nur auf das damalige Beschäftigungsverhältnis, nicht jedoch auf das bei der Beigeladenen zu 2) bestehende Beschäftigungsverhältnis. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht könne auch nur die Beigeladene zu 1) erneut aussprechen, nicht die Beklagte. Kraft Gesetzes bestehe Versicherungs-pflicht.

Gegen dieses hier am 6. April 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. Mai 2005 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Sie macht geltend, die Beklagte als Einzugsstelle sei umfassend zuständig für eine Entscheidung über die Versicherungspflicht der Klägerin. Deswegen hätte vorliegend auch durch das Gericht geprüft werden müssen, ob die sachlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorlägen. Außerdem sei dem Befreiungsbescheid der Beigeladenen zu 1) nicht deutlich zu entnehmen, dass sich die Befreiung nur auf das damalige Versicherungsverhältnis bezogen habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. März 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin aufgrund ihrer seit dem 1. April 1999 bei der Beigeladenen zu 2) bestehenden Beschäftigung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1), welche dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte im schriftlichen Verfahren durch seinen Berichterstatter entscheiden, weil die Voraussetzungen der §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtesgesetz (SGG) vorliegen und eine solche Vorgehensweise vorliegend sachgerecht erscheint.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtsmäßig, der Klägerin steht der geltend gemachte Feststellungsanspruch nicht zu.

Gegenstand des Verfahrens ist allein – neben der begehrten Aufhebung der ablehnenden Bescheide der Beklagten – die Feststellung, dass die Tätigkeit der Klägerin in ihrem Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2) nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt. Hieraus wird zugleich deutlich, dass die Entscheidung darüber, ob die Klägerin von einer bestehenden Versicherungspflicht zu befreien ist, nicht den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens darstellt. Zwar hat die Beklagte in ihrem Ausgangsbescheid möglicherweise den Eindruck erweckt, sie entscheide auch über eine Befreiung von der Versicherungspflicht, jedoch ist in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten, der dem angefochtenen Verwaltungsakt die gültige Gestalt verliehen hat, hiervon nicht mehr die Rede gewesen. In dem Widerspruchsbescheid hat sich die Beklagte – zu Recht – ausdrücklich darauf beschränkt, über die Kraft Gesetzes bestehende Versicherungspflicht zu entscheiden. Diese Beschränkung hat die Beklagte auch zu Recht vorgenommen, denn gemäß § 6 Abs. 3 Sozialgesetzbuch / 6. Buch (SGB VI) entscheidet über einen Antrag auf Befreiung von der Pflicht zur Rentenversicherung nicht die Krankenkasse als Einzugsstelle, sondern der zuständige Träger der Renten-versicherung.

Demgegenüber war die Beklagte sehr wohl dafür zuständig, als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu entscheiden. Diese Entscheidung beruht auf § 28 h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch / 4. Buch (SGB IV), diese umfas-sende Zuständigkeit der Einzugsstelle für die Entscheidung über die Versicherungspflicht gilt im Übrigen auch dann, wenn – wie hier – nur über die Versicherungspflicht in einem Zweig der Sozialversicherung zu entscheiden ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 23. September 2003, B 12 RA 3/02 R SozR 4-2400 § 28 h Nr. 1).

Auch in der Sache selbst ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Klägerin ist versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, weil sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist. Diese Kraft Gesetzes eingetretene Versi-cherungspflicht ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Die Beteiligten sind jedoch unterschiedlicher Auffassung darüber, ob die im Jahre 1996 ausgesprochene Befreiung von der Versicherungspflicht weiterhin fortwirkt und deshalb nach § 6 SGB VI auch weiterhin die Klä-gerin von der Versicherungspflicht befreit. Dies ist indessen zu verneinen, denn der Bescheid der Beigeladenen zu 1) vom 28. November 1996 hat die Klägerin nur in ihrem damals ausgeübten Beschäftigungsverhältnis als Apothekerin in der Leonoren-Apotheke in Berlin von der Versicherungspflicht befreit. Eine solche Beschränkung auf ein bestimmtes Beschäftigungsverhältnis ergibt sich zwar nicht aus dem Bescheidtext selbst, sie folgt jedoch zwingend aus der Verbindung dieses Bescheides mit dem ihm zugrunde liegenden Antrag, auf den der Bescheid selbst ausdrücklich Bezug nimmt. Denn in dem Antrag der Klägerin, der von dieser am 8. Ok-tober 1996 unterzeichnet worden ist, bezieht sich die Klägerin ausdrücklich auf das Beschäftigungsverhältnis bei der vorgenannten Apotheke, in welchem sie damals stand. In der Sache kann der Antrag nur so verstanden werden, dass er sich ausdrücklich allein auf die damals ausgeübte Beschäftigung bezog, und nicht auf die Zukunft bzw. auf zukünftige Beschäftigungsverhältnisse gerichtet waren. Nur bezogen auf dieses Beschäftigungsverhältnis hat die Beigeladene zu 1) die Befreiung ausgesprochen, ein Ausspruch im Hinblick auf weitere Beschäfti-gungsverhältnisse erfolgte nicht.

Durch die vorliegende Entscheidung wird der Klägerin auch nicht die Möglichkeit genommen, effektiven Rechtsschutz zu erlangen. Sofern die Klägerin eine Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Beigeladenen zu 2) ausgeübten Beschäftigung erreichen möchte, ist sie berechtigt, bei der Beigeladenen zu 1) einen diesbezüglichen Antrag zu stellen, der von der Beigeladenen zu 1) auch sachlich zu bescheiden ist. Zwar hat die Klägerin geltend gemacht, die Beigeladene zu 1) weigere sich im Hinblick auf das vorliegende Verfahren, eine solche Befreiungsentscheidung zu treffen. Eine solche – möglicherweise rechtswidrige – Weigerung der Beigeladenen zu 1) könnte jedoch, selbst wenn sie ausdrücklich erfolgen sollte, nicht dazu führen, dass im vorliegenden Rechtsstreit unter Umgehung des Prozessrechts und des materiellen Rechts eine Entscheidung über die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht getroffen werden könnte, die weder Verfahrensgegenstand ist noch durch die Beklagte be-schieden werden dürfte. Sollte sich tatsächlich die Beigeladene zu 1) weiterhin weigern, einen Befreiungsbescheid zu erteilen, kann die Klägerin darauf verwiesen werden, auf dem hierfür prozessual vorgesehenen Wege Rechtsschutz außerhalb des vorliegenden Verfahrens zu erhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Beigeladene keine Anträge gestellt haben.

Die Revision war nicht zuzulassen, Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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