Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 59 AL 732/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 AL 145/00-14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsab-lehnung.
Der 1948 geborene Kläger war vom 29. Juni 1987 bis zum 31. Dezember 1993 als Reinigungs-kraft bei einer Gebäudereinigung beschäftigt. Er meldete sich am 18. Oktober 1995 arbeitslos und beantragte, ihm Arbeitslosengeld zu gewähren. Die Beklagte bewilligte und gewährte ihm daraufhin Arbeitslosengeld ab dem 18. Oktober 1995 sowie – nach Erschöpfung des Anspruchs – ab 15. August 1997 (Anschluss-)Arbeitslosenhilfe zunächst bis zum 24. Januar 1999 und – nach einer Unterbrechung vom 25. Januar bis 19. Juni 1999, während der der Kläger Unter-halts- und Anschlussunterhaltsgeld bezog – erneut ab dem 20. Juni 1999, zuletzt in Höhe von 20,32 DM täglich.
Am 16. Dezember 1999 übergab die Beklagte dem Kläger persönlich ein schriftliches Angebot für eine Beschäftigung als "Raumpfleger, -reiniger" bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden; das Arbeitsentgelt sei mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Der Kläger erklärte dazu, dass er sich nicht mit dem Arbeitgeber in Verbindung setzen wolle, da er sich unter seiner Würde behandelt fühle.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 1999 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 17. Dezember 1999 bis zum 9. März 2000 fest, da der Kläger trotz Belehrung über die Rechtsfol-gen ohne wichtigen Grund ein ihm zumutbares Arbeitsangebot nicht angenommen habe.
Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2000) am 28. Februar 2000 erhobene Klage hat das Sozialgericht durch Urteil vom 14. Juni 2000 ab-gewiesen, da die Beklagte zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit vom 17. Dezember 1999 bis zum 9. März 2000 festgestellt habe. Der Kläger habe ohne wichtigen Grund ein ihm unterbrei-tetes zumutbares und hinreichend bestimmtes Arbeitsangebot abgelehnt und dadurch grob fahr-lässig seine weitere Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Über die eintretenden Rechtsfolgen sei er belehrt worden.
Gegen das ihm am 20. Juli 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am selben Tag eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er anführt, dass es ihm nicht darum gehe, dass er für die Zeit der festgestellten Sperrzeit kein Geld bekomme. Er sehe es als Nötigung an, eine Arbeit annehmen zu müssen, von der andere bestimmten, dass sie für ihn zumutbar sei. Dies widerspreche dem Verbot der Zwangsarbeit. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen, insbesondere die §§ 121 und 144 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB III) seien verfassungs- und menschenrechtswidrig.
Seinem schriftlichen Vorbringen ist zu entnehmen, dass der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 1999 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 9. Februar 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die sie für unbegründet hält.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift vom 28. Februar 2006 sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte (2 Bände), die Ge-genstand der Beratung gewesen ist, verwiesen.
-
Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss, da er die Berufung ein-stimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ausschließlich die von der Beklagten in dem "Sperrzeitbe-scheid" vom 21. Dezember 1999 getroffene Feststellung, dass eine Sperrzeit vom 17. Dezem-ber 1999 bis zum 9. März 2000 eingetreten ist, nicht jedoch – auch – die Zahlung von Arbeits-losenhilfe für diesen Zeitraum. Der Kläger hat in dem Erörterungstermin am 28. Februar 2006 deutlich gemacht, dass er sich lediglich – aus grundsätzlichen Erwägungen – gegen die von der Beklagten getroffene Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit wende bzw. wenden müsse, aber keine Geldleistungen beanspruche. Deshalb ist nicht zu erörtern, ob ungeachtet des Eintritts der Sperrzeit während dieser Zeit ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe bestand.
Offenbleiben kann auch, inwieweit der Kläger noch ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung der von der Beklagten verfügten Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit hat, nachdem die Regelungen über die Arbeitslosenhilfe mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten sind und danach der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe nicht mehr durch den Eintritt von weiteren Sperrzeiten erlöschen kann (§ 196 Satz 1 Nr. 3 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) und auch sonst nicht ersichtlich ist, welche für den Kläger nachteiligen rechtlichen Folgen sich aus dieser Feststellung jetzt noch ergeben könnten.
Jedenfalls hat das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat verweist hierzu auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil des Sozialgerichts vom 14. Juni 2000 und sieht inso-weit von einer weiteren Darstellung ab (§ 143 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass die der Entscheidung der Beklagten zugrunde liegen-den gesetzlichen Regelungen über den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsablehnung und über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung keine Grund- oder Menschenrechte des Klägers verlet-zen, insbesondere nicht seine Menschenwürde (Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes [GG]) oder das Verbot der Zwangsarbeit (Artikel 12 Abs. 3 GG bzw. Artikel 4 Abs. 2 der [Europäischen] Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK]). Zu einer be-stimmten Arbeit wurde der Kläger nicht gezwungen. Wie die Europäische Kommission für Menschenrechte zu einer vergleichbaren Regelung des niederländischen Rechts ausgeführt hat, könne keine Rede von Zwangsarbeit sein, wenn die Gewährung von Arbeitslosenunterstützung von der Annahme eines angemessenen Arbeitsangebots abhängig gemacht werde und dessen Ablehnung zum zeitweiligen Verlust des Anspruchs auf Unterstützung führe (Entscheidung vom 13. Dezember 1976, Beschwerde Nr. 7602/76, X gg. Niederlande, Decisions and Reports, 7, 161). Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ebenso wenig wird die Würde des Klägers dadurch verletzt, dass ihm angesonnen wird, eine Arbeit aufzunehmen, die tagtäglich weltweit von Millionen Menschen verrichtet wird und die auch er mehrere Jahre ausgeübt hat (ohne dass seine Würde dadurch erkennbar Schaden ge-nommen hätte). Der Kläger irrt, wenn er zu meinen scheint, aus dem Gebot, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, ergebe sich unbeschadet seiner Erwerbsfähigkeit ein An-spruch auf Unterstützung durch die Allgemeinheit solange, bis er für sich entscheide, ob und welche Arbeit ihm zumutbar sei. Inwieweit eine solche Einstellung mit der Würde des Men-schen zu vereinbaren ist, kann hier unerörtert bleiben.
Die auf § 193 Abs. 1 SGG beruhende Entscheidung über die Kostenerstattung trägt dem Um-stand Rechnung, dass Klage und Berufung keinen Erfolg haben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Gründe:
Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsab-lehnung.
Der 1948 geborene Kläger war vom 29. Juni 1987 bis zum 31. Dezember 1993 als Reinigungs-kraft bei einer Gebäudereinigung beschäftigt. Er meldete sich am 18. Oktober 1995 arbeitslos und beantragte, ihm Arbeitslosengeld zu gewähren. Die Beklagte bewilligte und gewährte ihm daraufhin Arbeitslosengeld ab dem 18. Oktober 1995 sowie – nach Erschöpfung des Anspruchs – ab 15. August 1997 (Anschluss-)Arbeitslosenhilfe zunächst bis zum 24. Januar 1999 und – nach einer Unterbrechung vom 25. Januar bis 19. Juni 1999, während der der Kläger Unter-halts- und Anschlussunterhaltsgeld bezog – erneut ab dem 20. Juni 1999, zuletzt in Höhe von 20,32 DM täglich.
Am 16. Dezember 1999 übergab die Beklagte dem Kläger persönlich ein schriftliches Angebot für eine Beschäftigung als "Raumpfleger, -reiniger" bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden; das Arbeitsentgelt sei mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Der Kläger erklärte dazu, dass er sich nicht mit dem Arbeitgeber in Verbindung setzen wolle, da er sich unter seiner Würde behandelt fühle.
Mit Bescheid vom 21. Dezember 1999 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 17. Dezember 1999 bis zum 9. März 2000 fest, da der Kläger trotz Belehrung über die Rechtsfol-gen ohne wichtigen Grund ein ihm zumutbares Arbeitsangebot nicht angenommen habe.
Die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2000) am 28. Februar 2000 erhobene Klage hat das Sozialgericht durch Urteil vom 14. Juni 2000 ab-gewiesen, da die Beklagte zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit vom 17. Dezember 1999 bis zum 9. März 2000 festgestellt habe. Der Kläger habe ohne wichtigen Grund ein ihm unterbrei-tetes zumutbares und hinreichend bestimmtes Arbeitsangebot abgelehnt und dadurch grob fahr-lässig seine weitere Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Über die eintretenden Rechtsfolgen sei er belehrt worden.
Gegen das ihm am 20. Juli 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am selben Tag eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er anführt, dass es ihm nicht darum gehe, dass er für die Zeit der festgestellten Sperrzeit kein Geld bekomme. Er sehe es als Nötigung an, eine Arbeit annehmen zu müssen, von der andere bestimmten, dass sie für ihn zumutbar sei. Dies widerspreche dem Verbot der Zwangsarbeit. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen, insbesondere die §§ 121 und 144 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB III) seien verfassungs- und menschenrechtswidrig.
Seinem schriftlichen Vorbringen ist zu entnehmen, dass der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 1999 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 9. Februar 2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die sie für unbegründet hält.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift vom 28. Februar 2006 sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte (2 Bände), die Ge-genstand der Beratung gewesen ist, verwiesen.
-
Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss, da er die Berufung ein-stimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ausschließlich die von der Beklagten in dem "Sperrzeitbe-scheid" vom 21. Dezember 1999 getroffene Feststellung, dass eine Sperrzeit vom 17. Dezem-ber 1999 bis zum 9. März 2000 eingetreten ist, nicht jedoch – auch – die Zahlung von Arbeits-losenhilfe für diesen Zeitraum. Der Kläger hat in dem Erörterungstermin am 28. Februar 2006 deutlich gemacht, dass er sich lediglich – aus grundsätzlichen Erwägungen – gegen die von der Beklagten getroffene Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit wende bzw. wenden müsse, aber keine Geldleistungen beanspruche. Deshalb ist nicht zu erörtern, ob ungeachtet des Eintritts der Sperrzeit während dieser Zeit ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe bestand.
Offenbleiben kann auch, inwieweit der Kläger noch ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung der von der Beklagten verfügten Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit hat, nachdem die Regelungen über die Arbeitslosenhilfe mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft getreten sind und danach der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe nicht mehr durch den Eintritt von weiteren Sperrzeiten erlöschen kann (§ 196 Satz 1 Nr. 3 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung) und auch sonst nicht ersichtlich ist, welche für den Kläger nachteiligen rechtlichen Folgen sich aus dieser Feststellung jetzt noch ergeben könnten.
Jedenfalls hat das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat verweist hierzu auf die Entscheidungsgründe in dem Urteil des Sozialgerichts vom 14. Juni 2000 und sieht inso-weit von einer weiteren Darstellung ab (§ 143 Abs. 2 SGG).
Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass die der Entscheidung der Beklagten zugrunde liegen-den gesetzlichen Regelungen über den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsablehnung und über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung keine Grund- oder Menschenrechte des Klägers verlet-zen, insbesondere nicht seine Menschenwürde (Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes [GG]) oder das Verbot der Zwangsarbeit (Artikel 12 Abs. 3 GG bzw. Artikel 4 Abs. 2 der [Europäischen] Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK]). Zu einer be-stimmten Arbeit wurde der Kläger nicht gezwungen. Wie die Europäische Kommission für Menschenrechte zu einer vergleichbaren Regelung des niederländischen Rechts ausgeführt hat, könne keine Rede von Zwangsarbeit sein, wenn die Gewährung von Arbeitslosenunterstützung von der Annahme eines angemessenen Arbeitsangebots abhängig gemacht werde und dessen Ablehnung zum zeitweiligen Verlust des Anspruchs auf Unterstützung führe (Entscheidung vom 13. Dezember 1976, Beschwerde Nr. 7602/76, X gg. Niederlande, Decisions and Reports, 7, 161). Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ebenso wenig wird die Würde des Klägers dadurch verletzt, dass ihm angesonnen wird, eine Arbeit aufzunehmen, die tagtäglich weltweit von Millionen Menschen verrichtet wird und die auch er mehrere Jahre ausgeübt hat (ohne dass seine Würde dadurch erkennbar Schaden ge-nommen hätte). Der Kläger irrt, wenn er zu meinen scheint, aus dem Gebot, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, ergebe sich unbeschadet seiner Erwerbsfähigkeit ein An-spruch auf Unterstützung durch die Allgemeinheit solange, bis er für sich entscheide, ob und welche Arbeit ihm zumutbar sei. Inwieweit eine solche Einstellung mit der Würde des Men-schen zu vereinbaren ist, kann hier unerörtert bleiben.
Die auf § 193 Abs. 1 SGG beruhende Entscheidung über die Kostenerstattung trägt dem Um-stand Rechnung, dass Klage und Berufung keinen Erfolg haben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
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