Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 55 AL 2618/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 AL 19/03 -14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Insolvenzgeld.
Der 1941 geborene Kläger war seit dem 1. März 1998 als Bauwerker, Hilfskraft bzw. Abbrucharbeiter bei einem Unternehmen des Baugewerbes beschäftigt, das im Wesentlichen Abbruch- und Entsorgungsarbeiten ausführte. Die Arbeitgeberin kündigte dem Kläger "aus betriebsbedingten Gründen" zum 31. Mai 2000, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Dagegen erhob der Kläger am 17. Mai 2000 beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage.
Nachdem das Amtsgericht Charlottenburg am 25. September 2000 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet hatte, eröffnete es am 16. November 2000 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin. Unter Hinweis darauf hob das Arbeitsgericht Berlin mit Beschluss vom 28. November 2000 den auf den 12. Dezember 2000 anberaumten Termin in dem Kündigungsrechtsstreit auf.
Unter dem 29. Januar 2001 meldete der Kläger, der seit dem 1. September 2000 Rente bezieht, durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten beim Insolvenzverwalter das noch ausstehende Arbeitsentgelt für die Monate Juni, Juli und August 2000 an.
Am 21. März/5. April 2001 vereinbarten der Insolvenzverwalter und der Kläger, dass sie sich darüber einig seien, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch ordentliche arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung vom 2. Mai 2000 zum 31. August 2000 geendet habe; damit sei der beim Arbeitsgericht Berlin anhängige Rechtsstreit erledigt.
Den am 24. April 2001 gestellten Antrag des Klägers, ihm Insolvenzgeld zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Mai 2001 ab, da er den Antrag nach Ablauf der Ausschlussfrist gestellt habe. Er habe sich nicht zeitnah mit der ihm zumutbaren Sorgfalt um die Durchsetzung seiner ausstehenden Lohnforderungen bemüht.
Seinen am 21. Mai 2001 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung der Kläger anführte, dass erst am 21. März 2001 eine Vergleichsvereinbarung geschlossen worden sei, "aus der eine weitere Bezahlung durch Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis 31.8.00 für drei Monate resultiere", wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2001 zurück.
Zur Begründung seiner am 27. Juli 2001 erhobenen Klage hat der Kläger vortragen lassen, dass er zwar den Antrag nach Ablauf von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt habe. Ihm sei jedoch eine Nachfrist zu gewähren, da er die Ausschlussfrist aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen versäumt und den Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt habe. Erst mit Abschluss des Vergleichs seien Entgeltansprüche für die Monate Juni, Juli und August 2000 entstanden. Zum Zeitpunkt des Insolvenzereignisses und bis zum 16. Januar 2001 wäre ein Antrag auf Insolvenzgeld mangels bestehender Ansprüche sinnlos gewesen und hätte von der Beklagten jederzeit abgelehnt werden können. Ihm sei danach eine Nachfrist bis zum 6. Juni 2001 zu gewähren gewesen.
Durch Urteil vom 30. Januar 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da der Kläger die am 16. Januar 2001 abgelaufene Ausschlussfrist von zwei Monaten, innerhalb derer Insolvenzgeld zu beantragen sei, versäumt habe. Er habe den Antrag auch nicht innerhalb einer eventuellen Nachfrist gestellt, denn er habe sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht. Er bzw. sein Bevollmächtigter habe bereits während des arbeitsgerichtlichen Verfahrens Kenntnis von dem Insolvenzverfahren erhalten. Auch sei die Ansicht des Klägers zweifelhaft, die Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die Monate Juni, Juli und August 2000 seien erst durch den Abschluss der Vereinbarung vom 21. März/5. April 2001 entstanden. Der Lohnanspruch des Klägers sei entstanden, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme des Dienstes in Verzug geraten sei. Der Vergleich habe nicht zur Entstehung des Anspruchs, sondern allenfalls zu dessen Anerkenntnis geführt. Zudem regele dieser nicht, ob und in welcher Höhe rückständige Lohnansprüche noch zu begleichen seien. Sollte der Anspruch tatsächlich erst durch den Vergleich entstanden sein, würde ein Insolvenzgeldanspruch daran scheitern, dass der Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht "bei" Eröffnung des Insolvenzverfahrens im November 2000 bestanden habe.
Gegen das ihm am 12. März 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. April 2003 eingelegte Berufung des Klägers. Er meint weiterhin, dass ihm eine Nachfrist zu gewähren sei, da seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt erst mit Abschluss des Vergleiches im März 2001 rückwirkend fällig geworden seien und lässt dazu auf ein Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. September 2000 hinweisen. Zudem habe das Sozialgericht verkannt, dass die Ansprüche mit Abschluss des Vergleiches rückwirkend entstanden seien. Es komme auch nicht darauf an, wann er bzw. sein Prozessbevollmächtigter Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Januar 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 1. Juni bis 31. August 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die sie für unbegründet hält. Es komme sehr wohl darauf an, wann der Kläger Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten habe. Ebenso, wie er seine Ansprüche im Insolvenzverfahren angemeldet habe, hätte er bei der Beklagten seine Ansprüche auf Insolvenzgeld geltend machen müssen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den von der Beklagten vorgelegten Insolvenzgeld-Vorgang (Arbeitnehmerteil) sowie die beigezogene Akte des Arbeitsgerichts Berlin (80 Ca 13986/00), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) Berufung des Klägers, über die an Stelle des nicht mehr bestehenden Landessozialgerichts Berlin das in Übereinstimmung mit § 28 Abs. 2 SGG durch den Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 26. April 2004 errichtete Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden hat, auf das das Verfahren gemäß Artikel 28 des Staatsvertrages am 1. Juli 2005 in dem Stand, in dem es sich an diesem Tag befunden hat, übergegangen ist, ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Insolvenzgeld, da er – wie er selbst vorträgt – die Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis, innerhalb derer er Insolvenzgeld hätte beantragen müssen (§ 324 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs [SGB III]), versäumt hat. Insolvenzereignis ist vorliegend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin am 16. November 2000 (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III), so dass diese Frist am 16. Januar 2001 endete (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB] i.V.m. § 26 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs [SGB X]).
Dem Kläger ist auch keine "Nachfrist" (§ 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III) einzuräumen. Dies würde voraussetzen, dass er die "ordentliche" Antragsfrist aus Gründen versäumt hat, die er nicht zu vertreten hat. Es sind jedoch keinerlei Gründe ersichtlich, aus denen er die Antragsfrist versäumt haben könnte und die er nicht zu vertreten hätte. Insbesondere hatte er aufgrund der an ihn gerichteten Mitteilung seiner damaligen Prozeßbevollmächtigten vom 6. Dezember 2000 noch während des Laufs der Antragsfrist Kenntnis von dem Insolvenzereignis erhalten (was er auch nicht bestreitet) oder hätte aufgrund dessen zumindest Kenntnis davon haben müssen. Dementsprechend hat er auch bereits am 29. Januar 2001 beim Insolvenzverwalter seine noch nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt zur Tabelle anmelden lassen. Es ist nicht ersichtlich, dass er nicht bis zum 16. Januar 2001 Insolvenzgeld hätte beantragen können bzw. was ihn davon abgehalten haben könnte, es sei denn, er – oder seine Prozessbevollmächtigten – wussten nicht, dass die Möglichkeit besteht, Insolvenzgeld zu beantragen oder dass ein solcher Antrag innerhalb von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis gestellt werden muss. Diese Unkenntnis würde aber die Versäumung der Ausschlussfrist nicht entschuldigen (BSG, Urteil vom 10. April 1985 – 10 RAr 11/84 –, SozR 4100 § 141 e Nr. 8).
Dass er oder sein jetziger Prozessbevollmächtigter rechtsirrig angenommen haben, die Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die Monate Juni, Juli und August 2000 seien erst durch die Vereinbarung vom März/April 2001 entstanden, ist ebenfalls kein vom Kläger nicht zu vertretendes Hindernis. Ansprüche auf Arbeitsentgelt entstehen aufgrund des Arbeitsvertrages abschnittsweise, im Fall des Klägers monatlich nachträglich (§ 3 des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1999). § 615 BGB ist keine (neue) Anspruchsgrundlage für Verzugslohnansprüche, sondern bewirkt lediglich, dass der Anspruch auf Arbeitsentgelt ungeachtet dessen bestehen bleibt, dass eine Arbeitsleistung nicht erbracht wird. Diese Vorschrift ändert nichts am Entstehen des Anspruchs, dessen Zeitpunkt und auch nicht dessen Fälligkeit. Im übrigen hat bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass diese "Vergleichsvereinbarung" Ansprüche auf Arbeitsentgelt nicht regelt; sie könnten dementsprechend dadurch nicht entstanden sein. Der Umstand, dass sich möglicherweise erst im Nachhinein erweist, dass diese Ansprüche entstanden sind, hindert allerdings ebenso wenig wie ihre klageweise Geltendmachung oder Anmeldung zur Insolvenztabelle die Beantragung von Insolvenzgeld.
Aber selbst wenn die Ansicht des Klägers bzw. seiner Prozessbevollmächtigten zutreffend wäre, hätte er keinen Anspruch auf Insolvenzgeld, denn dann hätten die noch nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt nicht "bei" Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden; auch darauf hat das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen. Nach dem Eintritt des Insolvenzereignisses können nicht rückwirkend zu Lasten der Beklagten neue Ansprüche begründet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG; sie berücksichtigt, dass Klage und Berufung keinen Erfolg haben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht erfüllt sind.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Insolvenzgeld.
Der 1941 geborene Kläger war seit dem 1. März 1998 als Bauwerker, Hilfskraft bzw. Abbrucharbeiter bei einem Unternehmen des Baugewerbes beschäftigt, das im Wesentlichen Abbruch- und Entsorgungsarbeiten ausführte. Die Arbeitgeberin kündigte dem Kläger "aus betriebsbedingten Gründen" zum 31. Mai 2000, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Dagegen erhob der Kläger am 17. Mai 2000 beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage.
Nachdem das Amtsgericht Charlottenburg am 25. September 2000 die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet hatte, eröffnete es am 16. November 2000 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Arbeitgeberin. Unter Hinweis darauf hob das Arbeitsgericht Berlin mit Beschluss vom 28. November 2000 den auf den 12. Dezember 2000 anberaumten Termin in dem Kündigungsrechtsstreit auf.
Unter dem 29. Januar 2001 meldete der Kläger, der seit dem 1. September 2000 Rente bezieht, durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten beim Insolvenzverwalter das noch ausstehende Arbeitsentgelt für die Monate Juni, Juli und August 2000 an.
Am 21. März/5. April 2001 vereinbarten der Insolvenzverwalter und der Kläger, dass sie sich darüber einig seien, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch ordentliche arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung vom 2. Mai 2000 zum 31. August 2000 geendet habe; damit sei der beim Arbeitsgericht Berlin anhängige Rechtsstreit erledigt.
Den am 24. April 2001 gestellten Antrag des Klägers, ihm Insolvenzgeld zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Mai 2001 ab, da er den Antrag nach Ablauf der Ausschlussfrist gestellt habe. Er habe sich nicht zeitnah mit der ihm zumutbaren Sorgfalt um die Durchsetzung seiner ausstehenden Lohnforderungen bemüht.
Seinen am 21. Mai 2001 eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung der Kläger anführte, dass erst am 21. März 2001 eine Vergleichsvereinbarung geschlossen worden sei, "aus der eine weitere Bezahlung durch Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis 31.8.00 für drei Monate resultiere", wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2001 zurück.
Zur Begründung seiner am 27. Juli 2001 erhobenen Klage hat der Kläger vortragen lassen, dass er zwar den Antrag nach Ablauf von zwei Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt habe. Ihm sei jedoch eine Nachfrist zu gewähren, da er die Ausschlussfrist aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen versäumt und den Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses gestellt habe. Erst mit Abschluss des Vergleichs seien Entgeltansprüche für die Monate Juni, Juli und August 2000 entstanden. Zum Zeitpunkt des Insolvenzereignisses und bis zum 16. Januar 2001 wäre ein Antrag auf Insolvenzgeld mangels bestehender Ansprüche sinnlos gewesen und hätte von der Beklagten jederzeit abgelehnt werden können. Ihm sei danach eine Nachfrist bis zum 6. Juni 2001 zu gewähren gewesen.
Durch Urteil vom 30. Januar 2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da der Kläger die am 16. Januar 2001 abgelaufene Ausschlussfrist von zwei Monaten, innerhalb derer Insolvenzgeld zu beantragen sei, versäumt habe. Er habe den Antrag auch nicht innerhalb einer eventuellen Nachfrist gestellt, denn er habe sich nicht mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht. Er bzw. sein Bevollmächtigter habe bereits während des arbeitsgerichtlichen Verfahrens Kenntnis von dem Insolvenzverfahren erhalten. Auch sei die Ansicht des Klägers zweifelhaft, die Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die Monate Juni, Juli und August 2000 seien erst durch den Abschluss der Vereinbarung vom 21. März/5. April 2001 entstanden. Der Lohnanspruch des Klägers sei entstanden, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme des Dienstes in Verzug geraten sei. Der Vergleich habe nicht zur Entstehung des Anspruchs, sondern allenfalls zu dessen Anerkenntnis geführt. Zudem regele dieser nicht, ob und in welcher Höhe rückständige Lohnansprüche noch zu begleichen seien. Sollte der Anspruch tatsächlich erst durch den Vergleich entstanden sein, würde ein Insolvenzgeldanspruch daran scheitern, dass der Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht "bei" Eröffnung des Insolvenzverfahrens im November 2000 bestanden habe.
Gegen das ihm am 12. März 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. April 2003 eingelegte Berufung des Klägers. Er meint weiterhin, dass ihm eine Nachfrist zu gewähren sei, da seine Ansprüche auf Arbeitsentgelt erst mit Abschluss des Vergleiches im März 2001 rückwirkend fällig geworden seien und lässt dazu auf ein Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 21. September 2000 hinweisen. Zudem habe das Sozialgericht verkannt, dass die Ansprüche mit Abschluss des Vergleiches rückwirkend entstanden seien. Es komme auch nicht darauf an, wann er bzw. sein Prozessbevollmächtigter Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Januar 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 1. Juni bis 31. August 2000 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die sie für unbegründet hält. Es komme sehr wohl darauf an, wann der Kläger Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten habe. Ebenso, wie er seine Ansprüche im Insolvenzverfahren angemeldet habe, hätte er bei der Beklagten seine Ansprüche auf Insolvenzgeld geltend machen müssen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den von der Beklagten vorgelegten Insolvenzgeld-Vorgang (Arbeitnehmerteil) sowie die beigezogene Akte des Arbeitsgerichts Berlin (80 Ca 13986/00), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1 und 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) Berufung des Klägers, über die an Stelle des nicht mehr bestehenden Landessozialgerichts Berlin das in Übereinstimmung mit § 28 Abs. 2 SGG durch den Staatsvertrag über die Errichtung gemeinsamer Fachobergerichte der Länder Berlin und Brandenburg vom 26. April 2004 errichtete Landessozialgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden hat, auf das das Verfahren gemäß Artikel 28 des Staatsvertrages am 1. Juli 2005 in dem Stand, in dem es sich an diesem Tag befunden hat, übergegangen ist, ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Insolvenzgeld, da er – wie er selbst vorträgt – die Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis, innerhalb derer er Insolvenzgeld hätte beantragen müssen (§ 324 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs [SGB III]), versäumt hat. Insolvenzereignis ist vorliegend die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin am 16. November 2000 (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III), so dass diese Frist am 16. Januar 2001 endete (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB] i.V.m. § 26 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs [SGB X]).
Dem Kläger ist auch keine "Nachfrist" (§ 324 Abs. 3 Satz 2 SGB III) einzuräumen. Dies würde voraussetzen, dass er die "ordentliche" Antragsfrist aus Gründen versäumt hat, die er nicht zu vertreten hat. Es sind jedoch keinerlei Gründe ersichtlich, aus denen er die Antragsfrist versäumt haben könnte und die er nicht zu vertreten hätte. Insbesondere hatte er aufgrund der an ihn gerichteten Mitteilung seiner damaligen Prozeßbevollmächtigten vom 6. Dezember 2000 noch während des Laufs der Antragsfrist Kenntnis von dem Insolvenzereignis erhalten (was er auch nicht bestreitet) oder hätte aufgrund dessen zumindest Kenntnis davon haben müssen. Dementsprechend hat er auch bereits am 29. Januar 2001 beim Insolvenzverwalter seine noch nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt zur Tabelle anmelden lassen. Es ist nicht ersichtlich, dass er nicht bis zum 16. Januar 2001 Insolvenzgeld hätte beantragen können bzw. was ihn davon abgehalten haben könnte, es sei denn, er – oder seine Prozessbevollmächtigten – wussten nicht, dass die Möglichkeit besteht, Insolvenzgeld zu beantragen oder dass ein solcher Antrag innerhalb von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis gestellt werden muss. Diese Unkenntnis würde aber die Versäumung der Ausschlussfrist nicht entschuldigen (BSG, Urteil vom 10. April 1985 – 10 RAr 11/84 –, SozR 4100 § 141 e Nr. 8).
Dass er oder sein jetziger Prozessbevollmächtigter rechtsirrig angenommen haben, die Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die Monate Juni, Juli und August 2000 seien erst durch die Vereinbarung vom März/April 2001 entstanden, ist ebenfalls kein vom Kläger nicht zu vertretendes Hindernis. Ansprüche auf Arbeitsentgelt entstehen aufgrund des Arbeitsvertrages abschnittsweise, im Fall des Klägers monatlich nachträglich (§ 3 des Arbeitsvertrages vom 1. Juli 1999). § 615 BGB ist keine (neue) Anspruchsgrundlage für Verzugslohnansprüche, sondern bewirkt lediglich, dass der Anspruch auf Arbeitsentgelt ungeachtet dessen bestehen bleibt, dass eine Arbeitsleistung nicht erbracht wird. Diese Vorschrift ändert nichts am Entstehen des Anspruchs, dessen Zeitpunkt und auch nicht dessen Fälligkeit. Im übrigen hat bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass diese "Vergleichsvereinbarung" Ansprüche auf Arbeitsentgelt nicht regelt; sie könnten dementsprechend dadurch nicht entstanden sein. Der Umstand, dass sich möglicherweise erst im Nachhinein erweist, dass diese Ansprüche entstanden sind, hindert allerdings ebenso wenig wie ihre klageweise Geltendmachung oder Anmeldung zur Insolvenztabelle die Beantragung von Insolvenzgeld.
Aber selbst wenn die Ansicht des Klägers bzw. seiner Prozessbevollmächtigten zutreffend wäre, hätte er keinen Anspruch auf Insolvenzgeld, denn dann hätten die noch nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt nicht "bei" Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden; auch darauf hat das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen. Nach dem Eintritt des Insolvenzereignisses können nicht rückwirkend zu Lasten der Beklagten neue Ansprüche begründet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG; sie berücksichtigt, dass Klage und Berufung keinen Erfolg haben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved