Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 U 73/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 U 59/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Juli 2003 wird das Urteil geändert.
Die Klage wird vollständig abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Beurteilung eines Unfallhergangs als Arbeitsunfall und durch den Hergang verursachte Gesundheitsstörungen und Behandlungskosten.
Der am 1951 geborene Kläger machte mit der Unfallanzeige vom 06. November 2001 einen Hergang vom 30. Oktober 2001 geltend. Nach der dortigen Schilderung stieß er in Ausübung seiner Tätigkeit als Fliesenleger beim Ausladen von Fliesen aus der Schubkarre mit der Innenseite des linken Knies gegen die Karrenecke. Durch den Schmerz verursacht, habe er einen hastigen Schritt zurück gemacht und einen zusätzlichen stechenden Schmerz im Knie gespürt. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Pbehandelte den Kläger am 30. Oktober 2001 aufgrund von Schmerzen links im medialen Gelenkspalt. Der Facharzt für Chirurgie und Durchgangsarzt Dr. S diagnostizierte beim Kläger am 03. Dezember 2001 eine Meniskusruptur links medial, Distorsion linkes Kniegelenk.
In der Zeit vom 16. Dezember 2001 bis 20. Dezember 2001 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der Klinik für Unfallchirurgie der Kliniken W, DR K, S B. Dort wurde er behandelt mit der Diagnose "degenerativer Riss am Innen- und Außenmeniskus linkes Knie, Plica suprapatellaris. Am 17. Dezember 2001 wurde er dort operiert. Nach dem hierbei erstellten Arthroskopiebericht wurde dort an diesem Tag ein stark degenerativ veränderter Innen- und Außenmeniskus mit Lappenrissen festgestellt.
Durch Bescheid vom 22. Februar 2002 lehnte die Beklagte Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 30. Oktober 2001 ab. Eine Magnetresonanztomografie vom 31. Oktober 2001 habe einen linksseitigen Einriss des Innenmeniskushinterhorns bei vorbestehender ausgeprägter Degeneration ergeben. Der in der gesetzlichen Unfallversicherung erforderliche Kausalzusammenhang sei daher nicht nachgewiesen. Es sei in den DRK-Kliniken Wein degenerativer und damit nicht unfallbedingter Riss des Innen- und Außenmeniskus gesichert worden. Damit sei ein Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und der diagnostizierten Verletzung (Innen- und Außenmeniskusriss) zu verneinen. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls seien daher nicht erfüllt. Insofern seien die Kosten für die stationäre Behandlung im Zeitraum vom 16. bis 20. Dezember 2001 (1.388,68 Euro) zu Unrecht erbracht worden. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers hat die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2002 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der am 25. Juni 2002 beim Sozialgericht (SG) Neuruppin eingegangenen Klage hat der Kläger einen Anspruch auf ärztliche Behandlungskosten aus Anlass des streitgegenständlichen Hergangs und die Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall weiter verfolgt. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, der streitgegenständliche Hergang habe zu einem Einriss des Innenmeniskushinterhorns geführt und sei als Arbeitsunfall zu bewerten. Zwar möge richtig sein, dass das Knie des Klägers zum Zeitpunkt der Verletzungen Degenerationserscheinungen aufgewiesen habe. Jedenfalls sei das Unfallereignis zumindest die wesentliche Ursache für die eingetretene Verletzung. Die vorliegenden Degenerationserscheinungen dürften altersbedingt und völlig normal für einen im handwerklichen Bereich tätigen Menschen sein. Bis zum Zeitpunkt des Unfalls habe der Kläger keinerlei Beschwerden mit seinem Knie gehabt und sei auch nicht in ärztlicher Behandlung gewesen. Erst der Unfall habe zu einem gesundheitlichen Problem geführt. Rein faktisch zeige sich hier eine Kausalität zwischen dem Unfallereignis und den gesundheitlichen Beschwerden. Nur darauf könne es ankommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
1. Der Bescheid über die Ablehnung von Entschädigungsleistungen der Beklagten vom 22. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2002 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche dem Kläger im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 30. Oktober 2001 entstandenen und noch entstehenden ärztlichen Behandlungskosten zu tragen.
3. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Unfallereignis, welches der Kläger am 30. Oktober 2001 erlitt, um einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII handelte.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigte ihre Entscheidungen.
Das SG holte ein Gutachten ein, das der Facharzt für Chirurgie und Traumatologie Dr. Mam 18. November 2002 nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 15. November 2002 erstattete. Der Gutachter legte seiner Beurteilung aufgrund der durchgeführten Anamnese folgenden Sachverhaltshergang des streitgegenständlichen Ereignisses zugrunde:
"Herr K trug eine mit Fliesen gefüllte Kiste auf beiden Armen und ging damit auf die Karre zu, um diese Kiste dort abzusetzen. Bei diesem Vorgang kam es dazu, dass Herr. K. mit der linken Kniegelenksinnenseite gegen die in Radnähe befindliche vordere Karrenecke stieß. Da dieser Stoß von starker Heftigkeit geprägt war, kam es zum reflektorischen Zurückziehen des nun stark schmerzenden linken Beines. Bei dem Zurückweichen geriet er mit dem linken Fuß an einen Rasenballen und kam zum Fall. Während des Sturzes legte sich der rechte Unterschenkel über das linke Sprunggelenk, so dass der linke Fuß fixiert war. Durch diese Fixierung des linken Fußes kam es beim Sturz zur verstärkten Druckausübung im Innenbereich des linken Kniegelenkes und Herr K. verspürte daraufhin auch sehr bald eine heftige Überwärmung im gesamten linken Kniegelenk."
Auf dieser Grundlage gelangte er zu der Einschätzung, neben den vorgelegenen degenerativen Veränderungen des linken Kniegelenks sei ein Riss beider Meniski als Folge eines stattgehabten Verdrehtraumas bei degenerativer Vorschädigung eingetreten. Es sei von einer vorübergehenden unfallbedingten Verschimmerung eines schicksalsmäßigen Vorschadens auszugehen, weshalb die ärztlich-therapeutischen Behandlungen bezüglich des linken Kniegelenks als Folgen des Ereignisses zu werten seien. Die Arthroskopie sei notwendig gewesen, um einerseits das Ausmaß der durch das Verdrehtrauma erzeugten Schädigung des linken Kniegelenks einzuschätzen als auch andererseits therapeutische Maßnahmen durchzuführen. Aus langer Sicht sei nach jeder Meniskusteilentfernung mit einer Arthrose zu rechnen. Diese könne der Kläger aufgrund der schicksalsmäßig vorbestehenden degenerativen Vorschäden nicht der Unfallversicherung zur Last legen. Die von ihm festgestellte Retropatellararthrose des linken Kniegelenks sei mit Sicherheit nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die Arbeitsunfähigkeitsdauer vom 31. Oktober 2001 bis 10. Februar 2002 sei dem Unfallversicherungsträger voll anzurechnen, denn die Voraussetzungen zur Arthroskopie und zur Meniskusteilresektion seien in ihrer Veranlassung auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Bei dem Kläger lägen als gesundheitliche Beeinträchtigung ein ständiges Spannungsgefühl bei Belastung im Bereich des linken Kniegelenks und eine Einschränkung der Beugefähigkeit im Bereich des linken Kniegelenks vor. Diese Beeinträchtigungen bestünden seit dem Unfallgeschehen und seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 30. Oktober 2001 zurückzuführen.
Die Beklagte überreichte ein Gutachten, das der Arzt für Chirurgie Dr. L vom 01. März 2003 nach Aktenlage gegenüber der Beklagten erstattet hatte. Nach seiner Beurteilung ist ein Zusammenhang der Meniskusveränderungen mit der versicherten Tätigkeit nicht wahrscheinlich zu machen, unabhängig von welchem Sachverhalt als Hergang ausgegangen würde. Kernspintomografisch sei am 31. Oktober 2001 gesichert worden, dass nichts Unphysiologisches auf das linke Kniegelenk eingewirkt habe. Kernspintomografisch seien am Tag nach dem Hergang keinerlei Ödeme zur Darstellung gebracht, also keine Zeichen einer stattgehabten Gewalteinwirkung. Ausschließlich Zeichen der Degeneration seien im Bereich des Innen- und Außenmeniskus verbunden mit Zusammenhangstrennungen innerhalb der Menisken klargestellt worden. Diese Zeichen seien ein typisch allein degenerativ bedingtes Schadensbild, das weitgehend klinisch stumm verlaufe, aber jederzeit manifest werden könne. Durch einen direkten Anstoß könne kein isolierter Meniskusschaden entstehen. Denn die Menisken lägen geschützt zwischen dem Gelenkkörper. Ein Meniskusschaden durch direkten Anstoß an einer Karre sei daher auszuschließen. Durch Umknicken mit dem Fuß könne nur dann ein isolierter Meniskusschaden verursacht werden, wenn ein wuchtiger Drehsturz ablaufe, wenn also der Versicherte wuchtig eine Rotation bei fixiertem Fuß unterliege. Davon könne nach Aktenlage keine Rede sein. Danach sei der Kläger zur Seite umgeknickt. Dabei würde primär der Kapselbandapparat und erst dann die Menisken beansprucht werden. Nach Aktenlage sei ein Vorschaden im Bereich des linken Kniegelenks nicht gesichert, so dass eine Verschlimmerung nicht diskutiert werden könne.
Dr. Mantwortete hierauf mit Stellungnahme vom 29. April 2003. Er weist in dieser Stellungnahme insbesondere darauf hin, Dr. Lhabe nicht berücksichtigt, dass hier ein vorgeschädigter Meniskus vorliege. Schon eine kleine Energieeinheit genüge, um bei einem vorgeschädigten Meniskus einen Riss zu verursachen.
Mit dem am 24. Juli 2003 verkündeten Urteil hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger am 30. Oktober 2001 einen Arbeitsunfall erlitten habe mit der Folge einer vorübergehenden Verschlimmerung der vorbestehenden Gesundheitsstörungen im linken Knie. Die Beklagte wurde verurteilt, "die gesetzlichen Leistungen gemäß § 27 SGB VII" vom 30. Oktober 2001 bis 10. Februar 2002 zu gewähren. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Gegen das der Beklagten am 15. August 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 03. September 2003 beim Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Zur Begründung verwies sie auf das erstinstanzliche Vorbringen und eine gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Unfallchirurgie Dr. Gvom 20. Oktober 2003, das dieser nach Aktenlage erstellt hatte. Er wies darauf hin, dass im vorliegenden Fall lediglich ein isolierter Meniskusschaden vorliege. In der medizinischen Literatur werde ausgeführt, dass bei einem isolierten Meniskusschaden, bei dem keine Indizien auf eine Mitbeteilung des Kapselbandapparates hindeuteten, ein Kausalzusammenhang außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit liege. Nur bei einer bestimmten Fallgruppe sei biomechanisch zu begründen, dass die Menisken der Gelenkbewegung nicht folgen könnten. Der Hergang sei in keiner Weise geeignet, eine unphysiologische Belastung eines wie auch immer gearteten Meniskus (degenerativ vorgeschädigt oder gesund) zu bewirken. Hier liege der Fall einer Erstmanifestation einer ausgeprägten Schadensanlage nicht etwa die Verschlimmerung eines Vorschadens vor. Die am Ereignistag beginnende Symptomatik sei als Ende eines längerfristigen symptomfreien Zeitraums anzusehen. Mit dem Ereignis manifestiere sich eine langfristige Schadensanlage zum klinisch manifesten Schadensbild.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Juli 2003 aufzuheben und die Klage vollständig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Berufungsverfahren wurden Befundberichte behandelnder Ärzte und ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. S eingeholt. Dieser erstattete nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 02. August 2004 ein Gutachten. Dr. S gelangte aufgrund seiner ambulanten Untersuchung des Klägers vom 29. Juli 2004 zu der Beurteilung, es sei durch das Ereignis vom 30. Oktober 2001 zu einer Prellung und wahrscheinlich auch Zerrung des linken Kniegelenks des Klägers gekommen. Zu diesem Zeitpunkt hätten bereits ausgeprägte Verschleißschäden des Innen- und Außenmeniskus mit Rissbildung bestanden. Durch das Unfallereignis seien die Meniskusschäden selbst zwar weder ausgelöst noch verschlimmert worden, es resultiere jedoch ein unmittelbar einsetzender schmerzhafter Reizzustand des linken Kniegelenks. Die eigentlichen Unfallfolgen - Prellung und Zerrung - des linken Kniegelenks hätten infolge eines Reizzustandes mit Ergussbildung wegen der objektiv nachgewiesenen zum Unfallzeitpunkt bereits bestehenden Verschleißschäden an diesem Gelenk zu stärkeren und länger anhaltenden Beschwerden geführt, als dieses bei einem gesunden Gelenk zu erwarten gewesen wäre. Bei einem erfolgten Anprall mit der Vorderseite und der vorderen Innenseite des Kniegelenks gegen die Karre könne es ausschließlich zur umschriebenen Prellung gekommen sein. Eine Auswirkung auf die Menisken sei gänzlich ausgeschlossen. Eine Meniskusschädigung selbst im Sinne einer Meniskuszerreißung sei wegen fehlender Begleitverletzungen im MRT vom 31. Oktober 2001 und aufgrund des im Operationsbericht niedergelegten Befundes höchst unwahrscheinlich. Für die Prellung und Zerrung sei zunächst von einer Behandlungsbedürftigkeit von höchstens 1 bis 2 Wochen auszugehen.
Sowohl die bildgebenden Befunde der MRT als auch die bei der Kniegelenksspiegelung dokumentierten Befunde belegten die verschleißbedingte und nicht unfallbedingte Ursache der Knorpelschäden des linken Kniegelenks. Diese Knorpelschäden an den Menisken und dem Gelenkknorpel des linken Kniegelenks seien durch das Ereignis vom 30. Oktober 2001 im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn weder ursächlich hervorgerufen noch wesentlich verschlimmert worden. Die Veränderungen an den Menisken des linken Kniegelenks seien zum Unfallzeitpunkt soweit fortgeschritten gewesen, dass bei jeder alltäglichen Bewegung oder Belastung oder dem Eingehen in die tiefe Hocke oder einer Drehung über das Kniegelenk bei einem plötzlichen Richtungswechsel während des Gehens oder aber auch bei jeder banalen äußeren Einwirkung wesentliche Beschwerden bis zur schmerzhaften Gelenkblockierung hätten ausgelöst werden können. Insofern habe es des Ereignisses vom 30. Oktober 2001 nicht bedurft, dieses sei beliebig austauschbar. Als überwiegend für das gesamte Beschwerde- und Schadensbild sei der Vorschaden anzusehen.
Mit Stellungnahme vom 28. Februar 2005 ergänzte Dr. S sein Gutachten. Auf die gerichtliche Nachfrage, ob eine Prellung sowie Zerrung zweifelsfrei nachgewiesen sei und anhand welcher konkreten Befunde, antwortete er insbesondere, letztlich sei ein Nachweis im Ausschlussverfahren erheblicher Verletzungen - Fehlen durch bildgebende Untersuchung und Kniegelenkspiegelung nachweisbarer unfallbedingter Körperschäden - und aus den nachvollziehbaren Angaben zum Geschehensablauf erbracht worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG, durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25. August 2005, Schriftsatz der Beklagten vom 29. September 2005).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die vorliegenden Gerichtsakten und auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und erreicht auch im Hinblick auf die erfolgte Verurteilung zu Leistungen den erforderlichen Beschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Die Kosten für stationäre Behandlung allein in dem Zeitraum vom 16. bis 20. Dezember 2001 betragen 1.388,68 Euro.
Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage war daher vollständig und nicht lediglich teilweise abzuweisen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens - § 128 Sozialgerichtsgesetz, SGG - ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger am 30. Oktober 2001 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Daher lässt sich auch nicht feststellen, dass - wie vom SG festgestellt - der Kläger am 30 Oktober 2001 infolge eines Arbeitsunfalls eine zumindest vorübergehende Verschlimmerung vorbestehender Gesundheitsstörungen im linken Knie erlitten hat.
Auch ein Anspruch des Klägers auf Leistungen gemäß § 27 SGB VII - gemäß der Ziffer 3 des Tenors des angefochtenen Urteils ist somit unbegründet. Dies gilt auch für die Zeit vom 30. Oktober 2001 bis 10. Februar 2002.
Anspruch auf Heilbehandlung besteht für den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden, § 26 SGB VII. Versicherungsfälle sind Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle, § 7 Abs. 1 SGB VII. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, § 8 Abs. 1 SGB VII.
Ein Arbeitsunfall ist nach der genannten Begriffsbestimmung nicht feststellbar. Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen muss der volle Beweis erbracht werden; alle Voraussetzungen des Arbeitsunfalls müssen in so hohem Grade wahrscheinlich sein, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis als erbracht angesehen werden kann (BSGE 61, 127 f.). Dies gilt lediglich nicht für die kausale Verknüpfung zwischen Gesundheitsschaden und Ereignis. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der das Gericht folgt, ist ein Gesundheitsschaden jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand (BSG, SozR 2200 § 548 Nr. 35).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens vermag das Gericht bereits nicht zweifelsfrei festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit am Ereignistag beim Ausladen von Fliesen aus einer Schubkarre eine Prellung und / oder Zerrung des linken Kniegelenks erlitten hat. Noch weniger lässt sich feststellen, dass eine zumindest vorübergehende Verschlimmerung einer vorbestehenden Gesundheitsstörung im linken Knie im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit am Ereignistag erfolgt ist. Die Abwägung aller Umstände des Gesamtergebnisses des Verfahrens ergibt, dass sich bereits kein Hergang feststellen lässt, der als - anprellender - und / oder zerrender Hergang zu einer Prellung und /oder Zerrung im Sinne eines regelwidrigen körperlichen Zustandes geführt haben könnte.
Zwar führt Dr. S in seinem Gutachten aus, es sei am Unfalltag zu einer Prellung und Zerrung des linken Kniegelenks gekommen, jedoch reichen die von ihm herangezogenen Argumente zum Beweis eines entsprechenden regelwidrigen körperlichen Zustandes nicht aus.
Soweit Dr. S ausführt, die Diagnose einer Prellung des linken Kniegelenks stütze sich auf Angaben des Klägers zum Hergang des Ereignisses, wonach er zunächst mit der Vorderseite des linken Knies gegen eine Kante oder Ecke gestoßen sei, bei der daraus vollzogenen Ausweichbewegung dann sich über das linke Knie gedreht habe bzw. mit diesem seitlich eingeknickt sei, lässt sich ein solcher Hergang nicht zweifelsfrei feststellen. Die Akte enthält unterschiedliche Darstellungen eines Hergangs, ohne dass sich der Hergang weiter aufklären ließe.
In der Unfallschadensanzeige des Klägers bei der V V von Azur Schadensnummer vom 15. November 2001 wird ausgeführt: " Beim Entladen der Fliesenpakete aus der Schubkarre stieß ich mit dem linken Knie (Innenseite) gegen die Karrenecke. Durch den Schmerz machte ich einen hastigen Schritt zurück und verspürte einen zusätzlich stechenden Schmerz im Knie".
Hier ist keine Rede davon, dass sich der Kläger mit einer Ausweichbewegung über das linke Knie sich gedreht habe.
In der ärztlichen Bescheinigung des erstbehandelnden Arztes Dr. P vom 15. November 2001 wird ausgeführt: " während der Arbeit auf unebenen Boden fehlgetreten". Hier fehlen jegliche Angaben zu einer Berührung mit der Schubkarre und einer Ausweichbewegung über das linke Knie bzw. einem seitlichen Einknicken.
Im Durchgangsarztbericht von Dr. S vom 04. Dezember 2001 wird zum Hergang berichtet: "Der Versicherte hat sich das linke Knie an einer Karre gestoßen, stolpert dadurch und verdreht sich dabei das linke Knie". Hier fehlen Angaben zu einem "Fehltreten".
In der Anamnese von Dr. M im Gutachten vom 18. November 2002 wird ausgeführt: "Herr Ktrug eine mit Fliesen gefüllte Kiste auf beiden Armen und ging damit auf die Karre zu, um diese Kiste dort abzusetzen. Bei diesem Vorgang kam es dazu, dass Herr K. mit der linken Kniegelenksinnenseite gegen die in Radnähe befindliche vordere Karrenecke stieß. Da dieser Stoß von starker Heftigkeit geprägt war, kam es zum reflektorischen Zurückziehen des nun stark schmerzenden linken Beines. Bei dem Zurückweichen geriet er mit dem linken Fuß an einen Rasenballen und kam zu Fall. Während des Sturzes legte sich der rechte Unterschenkel über das linke Sprunggelenk, so dass der linke Fuß fixiert war. Durch diese Fixierung des linken Fußes kam es beim Sturz zur verstärkten Druckausübung im Innenbereich des linken Kniegelenkes und Herr K. verspürte daraufhin auch sehr bald eine heftige Überwärmung im gesamten linken Kniegelenk."
Diese umfassende Darstellung erfolgte nicht zeitnah zum Geschehen und ist gleichwohl die umfassendste Darstellung. Sie ist wenig überzeugend, nicht nur wegen der fehlenden Zeitnähe zum Geschehen, sondern auch im Hinblick darauf, dass sie durch keinen sonstigen Umstand gestützt wird.
In der Unfallanzeige des Klägers vom 06. November 2001 ist ausgeführt: "Beim Ausladen der Fliesen aus der Schubkarre stieß ich mit dem linken Knie (Innenseite) gegen die Karrenecke. Durch den Schmerz machte ich einen hastigen Schritt zurück und verspürte einen zusätzlichen stechenden Schmerz im Knie ". Auch hier wird nicht berichtet von einer Ausweichbewegung über das linke Knie, einem seitlichen Einknicken oder einem Sturz.
Die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten am 01. Dezember 2001 berichten von einem seitlichen Einknicken mit dem Kniegelenk nach außen. Ein Sturz (Hinfallen) wurde ausdrücklich verneint. Die Frage, ob der Kläger mit dem Kniegelenk aufschlug und mit welcher Stelle, beantwortete der Kläger nicht. Ein Anprall gegen die Karrenecke wird nicht berichtet.
Die Diagnose einer Prellung und / oder Zerrung ist durch keine objektiven Befunde gestützt. Die zweifelsfreie Feststellung einer Berührung des Knies mit der Karre ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bereits nicht zweifelsfrei feststellbar. So enthält der Bericht des den Kläger zeitnah zum streitgegenständlichen Geschehen behandelnde Arzt Dr. P vom 15. November 2001, das dieser in seiner ärztlichen Bescheinigung zur Vorlage bei einer privaten Unfallversicherung erstellt hat, lediglich den benannten Hergang, wonach es ausschließlich zu einem Fehltreten auf unebenen Boden gekommen sei und die Angabe geäußerter Schmerzen.
Soweit sich Dr. S zur Begründung auf einen Befundbericht des behandelnden Arztes Pam 28. Juli 2002 stützt, wonach der Kläger eine Kontusion mit Torsionstrauma des linken Kniegelenks erlitten habe, übernimmt er hier die Bewertung des behandelnden Arztes, der jedoch keine Befunde zur Begründung dieser Bewertung nennt. Es werden nicht einmal äußere Verletzungszeichen wie Blutergussfärbung oder sichtbare Prellmarken von ihm genannt. Hierauf weist auch Dr. S hin.
Auch das Ergebnis bildgebender Diagnostik gibt keinen Hinweis auf Verletzungszeichen am Ereignistag. Dr. Süße hat insoweit überzeugend in Übereinstimmung mit der Aktenlage dargelegt, dass das Magnetresonanztomogramm des linken Kniegelenks vom 31. Oktober 2001 keine Veränderungen der Kniebinnenstrukturen und der angrenzenden Knochenanteile zeige, die auf einen Tag zurückliegende gewaltsame Schädigung hinweisen. Bandstrukturen und Gelenkkapsel, Kniescheibe, Schienbein lassen ebenfalls keine auf eine soeben stattgehabte Gewalteinwirkung hinweisenden Strukturveränderungen erkennen.
Hingegen sind am 31. Oktober 2001 unfallunabhängige Gesundheitsstörungen im linken Knie des Klägers zweifelsfrei feststellbar. Auch dies hat Dr. S im Einzelnen überzeugend dargelegt. So sind durch die Magnetresonanztomografie des linken Kniegelenks vom 31. Oktober 2001 unfallunabhängige Gesundheitsstörungen als vom Unfall unabhängige verschleißbedingte Körperschäden am linken Kniegelenk des Klägers nachgewiesen. Die Aufnahmen vom 31. Oktober 2001 zeigen bereits deutliche Verschleißveränderungen des Innen- und Außenmeniskus mit jeweils die Meniskusoberfläche erreichenden Zusammenhangstrennungen.
Soweit Dr. M in seinem Gutachten von einer vorübergehenden unfallbedingten Verschlimmerung eines schicksalsmäßigen Vorschadens ausgeht und Arbeitsunfähigkeitsdauer vom 31. Oktober 2001 bis 10. Februar 2002 auf den streitgegenständlichen Hergang zurückführt, ist dies nicht überzeugend. Denn er geht von einem Unfallgeschehen aus, dass sich nicht feststellen lässt. Das von ihm beschriebene Verdrehtrauma mit dem dargestellten Hergang wird ausschließlich von ihm so beschrieben, den dargelegten Darstellungen zu Hergängen im Übrigen lässt sich ein solcher nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen.
Kein Umstand lässt sich zweifelsfrei feststellen, nach dem sich der streitgegenständliche Hergang zumindest als Mitursache für einen Gesundheitsschaden des Klägers beurteilen ließe, auch nicht als Teilursache einer zumindest vorübergehenden Verschlimmerung eines am Unfalltag bereits vor dem Ereignis bestehenden Gesundheitsschadens.
Das Unfallereignis muss zumindest eine wesentliche Mitursache für einen Gesundheitsschaden des Klägers sein. Für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Sie setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus und in einem zweiten wertenden Schritt, dass das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSGE 1, 72, 76).
Gab es neben der versicherten Ursache noch konkurrierende Ursachen z. B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, solange die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine Krankheitsanlage war von überragender Bedeutung, wenn sie so stark und so leicht ansprechbar war, dass sie (naturwissenschaftliche) Verursachung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes alltägliche Vorkommen der Ereignisse zu derselben Zeit die Erscheinungen verursacht hätte (BSGE 62, 220, 222 f.). War die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus; sie ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache (BSG a.a.O.).
Im vorliegenden Fall steht nach der überzeugenden Darstellung von Dr. S zur Überzeugung des Gerichts fest, dass am Unfalltag bereits vorbestehenden Verschleißveränderungen zumindest überragende Bedeutung bei der Verursachung von Gesundheitsstörungen und Behandlungsbedürftigkeit des Klägers zukommt. Eines Ereignisses vom 30. Oktober 2001 hätte es nach den Darlegungen von Dr. S, denen das Gericht insoweit folgt, nicht bedurft. Die Veränderungen an den Menisken des linken Kniegelenks waren zum Unfallzeitpunkt so weit fortgeschritten, dass bei jeder alltäglichen Bewegung z. B. einer Drehung über das Kniegelenk bei einem plötzlichen Richtungswechsel während des Gehens oder bei jeder banalen äußeren Einwirkung wesentliche Beschwerden bis zur Gelenkblockierung ausgelöst worden wären.
Allerdings lässt sich wie dargelegt bereits eine Ursache aus dem versicherten Bereich mangels Feststellbarkeit eines initialen Gesundheitsschadens und eines geeigneten Hergangs nicht feststellen.
Nach allem war das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage vollständig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Die Klage wird vollständig abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Beurteilung eines Unfallhergangs als Arbeitsunfall und durch den Hergang verursachte Gesundheitsstörungen und Behandlungskosten.
Der am 1951 geborene Kläger machte mit der Unfallanzeige vom 06. November 2001 einen Hergang vom 30. Oktober 2001 geltend. Nach der dortigen Schilderung stieß er in Ausübung seiner Tätigkeit als Fliesenleger beim Ausladen von Fliesen aus der Schubkarre mit der Innenseite des linken Knies gegen die Karrenecke. Durch den Schmerz verursacht, habe er einen hastigen Schritt zurück gemacht und einen zusätzlichen stechenden Schmerz im Knie gespürt. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Pbehandelte den Kläger am 30. Oktober 2001 aufgrund von Schmerzen links im medialen Gelenkspalt. Der Facharzt für Chirurgie und Durchgangsarzt Dr. S diagnostizierte beim Kläger am 03. Dezember 2001 eine Meniskusruptur links medial, Distorsion linkes Kniegelenk.
In der Zeit vom 16. Dezember 2001 bis 20. Dezember 2001 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung in der Klinik für Unfallchirurgie der Kliniken W, DR K, S B. Dort wurde er behandelt mit der Diagnose "degenerativer Riss am Innen- und Außenmeniskus linkes Knie, Plica suprapatellaris. Am 17. Dezember 2001 wurde er dort operiert. Nach dem hierbei erstellten Arthroskopiebericht wurde dort an diesem Tag ein stark degenerativ veränderter Innen- und Außenmeniskus mit Lappenrissen festgestellt.
Durch Bescheid vom 22. Februar 2002 lehnte die Beklagte Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Ereignisses vom 30. Oktober 2001 ab. Eine Magnetresonanztomografie vom 31. Oktober 2001 habe einen linksseitigen Einriss des Innenmeniskushinterhorns bei vorbestehender ausgeprägter Degeneration ergeben. Der in der gesetzlichen Unfallversicherung erforderliche Kausalzusammenhang sei daher nicht nachgewiesen. Es sei in den DRK-Kliniken Wein degenerativer und damit nicht unfallbedingter Riss des Innen- und Außenmeniskus gesichert worden. Damit sei ein Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und der diagnostizierten Verletzung (Innen- und Außenmeniskusriss) zu verneinen. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls seien daher nicht erfüllt. Insofern seien die Kosten für die stationäre Behandlung im Zeitraum vom 16. bis 20. Dezember 2001 (1.388,68 Euro) zu Unrecht erbracht worden. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers hat die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2002 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der am 25. Juni 2002 beim Sozialgericht (SG) Neuruppin eingegangenen Klage hat der Kläger einen Anspruch auf ärztliche Behandlungskosten aus Anlass des streitgegenständlichen Hergangs und die Feststellung des Ereignisses als Arbeitsunfall weiter verfolgt. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, der streitgegenständliche Hergang habe zu einem Einriss des Innenmeniskushinterhorns geführt und sei als Arbeitsunfall zu bewerten. Zwar möge richtig sein, dass das Knie des Klägers zum Zeitpunkt der Verletzungen Degenerationserscheinungen aufgewiesen habe. Jedenfalls sei das Unfallereignis zumindest die wesentliche Ursache für die eingetretene Verletzung. Die vorliegenden Degenerationserscheinungen dürften altersbedingt und völlig normal für einen im handwerklichen Bereich tätigen Menschen sein. Bis zum Zeitpunkt des Unfalls habe der Kläger keinerlei Beschwerden mit seinem Knie gehabt und sei auch nicht in ärztlicher Behandlung gewesen. Erst der Unfall habe zu einem gesundheitlichen Problem geführt. Rein faktisch zeige sich hier eine Kausalität zwischen dem Unfallereignis und den gesundheitlichen Beschwerden. Nur darauf könne es ankommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
1. Der Bescheid über die Ablehnung von Entschädigungsleistungen der Beklagten vom 22. Februar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2002 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, sämtliche dem Kläger im Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 30. Oktober 2001 entstandenen und noch entstehenden ärztlichen Behandlungskosten zu tragen.
3. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Unfallereignis, welches der Kläger am 30. Oktober 2001 erlitt, um einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII handelte.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verteidigte ihre Entscheidungen.
Das SG holte ein Gutachten ein, das der Facharzt für Chirurgie und Traumatologie Dr. Mam 18. November 2002 nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 15. November 2002 erstattete. Der Gutachter legte seiner Beurteilung aufgrund der durchgeführten Anamnese folgenden Sachverhaltshergang des streitgegenständlichen Ereignisses zugrunde:
"Herr K trug eine mit Fliesen gefüllte Kiste auf beiden Armen und ging damit auf die Karre zu, um diese Kiste dort abzusetzen. Bei diesem Vorgang kam es dazu, dass Herr. K. mit der linken Kniegelenksinnenseite gegen die in Radnähe befindliche vordere Karrenecke stieß. Da dieser Stoß von starker Heftigkeit geprägt war, kam es zum reflektorischen Zurückziehen des nun stark schmerzenden linken Beines. Bei dem Zurückweichen geriet er mit dem linken Fuß an einen Rasenballen und kam zum Fall. Während des Sturzes legte sich der rechte Unterschenkel über das linke Sprunggelenk, so dass der linke Fuß fixiert war. Durch diese Fixierung des linken Fußes kam es beim Sturz zur verstärkten Druckausübung im Innenbereich des linken Kniegelenkes und Herr K. verspürte daraufhin auch sehr bald eine heftige Überwärmung im gesamten linken Kniegelenk."
Auf dieser Grundlage gelangte er zu der Einschätzung, neben den vorgelegenen degenerativen Veränderungen des linken Kniegelenks sei ein Riss beider Meniski als Folge eines stattgehabten Verdrehtraumas bei degenerativer Vorschädigung eingetreten. Es sei von einer vorübergehenden unfallbedingten Verschimmerung eines schicksalsmäßigen Vorschadens auszugehen, weshalb die ärztlich-therapeutischen Behandlungen bezüglich des linken Kniegelenks als Folgen des Ereignisses zu werten seien. Die Arthroskopie sei notwendig gewesen, um einerseits das Ausmaß der durch das Verdrehtrauma erzeugten Schädigung des linken Kniegelenks einzuschätzen als auch andererseits therapeutische Maßnahmen durchzuführen. Aus langer Sicht sei nach jeder Meniskusteilentfernung mit einer Arthrose zu rechnen. Diese könne der Kläger aufgrund der schicksalsmäßig vorbestehenden degenerativen Vorschäden nicht der Unfallversicherung zur Last legen. Die von ihm festgestellte Retropatellararthrose des linken Kniegelenks sei mit Sicherheit nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Die Arbeitsunfähigkeitsdauer vom 31. Oktober 2001 bis 10. Februar 2002 sei dem Unfallversicherungsträger voll anzurechnen, denn die Voraussetzungen zur Arthroskopie und zur Meniskusteilresektion seien in ihrer Veranlassung auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Bei dem Kläger lägen als gesundheitliche Beeinträchtigung ein ständiges Spannungsgefühl bei Belastung im Bereich des linken Kniegelenks und eine Einschränkung der Beugefähigkeit im Bereich des linken Kniegelenks vor. Diese Beeinträchtigungen bestünden seit dem Unfallgeschehen und seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 30. Oktober 2001 zurückzuführen.
Die Beklagte überreichte ein Gutachten, das der Arzt für Chirurgie Dr. L vom 01. März 2003 nach Aktenlage gegenüber der Beklagten erstattet hatte. Nach seiner Beurteilung ist ein Zusammenhang der Meniskusveränderungen mit der versicherten Tätigkeit nicht wahrscheinlich zu machen, unabhängig von welchem Sachverhalt als Hergang ausgegangen würde. Kernspintomografisch sei am 31. Oktober 2001 gesichert worden, dass nichts Unphysiologisches auf das linke Kniegelenk eingewirkt habe. Kernspintomografisch seien am Tag nach dem Hergang keinerlei Ödeme zur Darstellung gebracht, also keine Zeichen einer stattgehabten Gewalteinwirkung. Ausschließlich Zeichen der Degeneration seien im Bereich des Innen- und Außenmeniskus verbunden mit Zusammenhangstrennungen innerhalb der Menisken klargestellt worden. Diese Zeichen seien ein typisch allein degenerativ bedingtes Schadensbild, das weitgehend klinisch stumm verlaufe, aber jederzeit manifest werden könne. Durch einen direkten Anstoß könne kein isolierter Meniskusschaden entstehen. Denn die Menisken lägen geschützt zwischen dem Gelenkkörper. Ein Meniskusschaden durch direkten Anstoß an einer Karre sei daher auszuschließen. Durch Umknicken mit dem Fuß könne nur dann ein isolierter Meniskusschaden verursacht werden, wenn ein wuchtiger Drehsturz ablaufe, wenn also der Versicherte wuchtig eine Rotation bei fixiertem Fuß unterliege. Davon könne nach Aktenlage keine Rede sein. Danach sei der Kläger zur Seite umgeknickt. Dabei würde primär der Kapselbandapparat und erst dann die Menisken beansprucht werden. Nach Aktenlage sei ein Vorschaden im Bereich des linken Kniegelenks nicht gesichert, so dass eine Verschlimmerung nicht diskutiert werden könne.
Dr. Mantwortete hierauf mit Stellungnahme vom 29. April 2003. Er weist in dieser Stellungnahme insbesondere darauf hin, Dr. Lhabe nicht berücksichtigt, dass hier ein vorgeschädigter Meniskus vorliege. Schon eine kleine Energieeinheit genüge, um bei einem vorgeschädigten Meniskus einen Riss zu verursachen.
Mit dem am 24. Juli 2003 verkündeten Urteil hat das SG die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger am 30. Oktober 2001 einen Arbeitsunfall erlitten habe mit der Folge einer vorübergehenden Verschlimmerung der vorbestehenden Gesundheitsstörungen im linken Knie. Die Beklagte wurde verurteilt, "die gesetzlichen Leistungen gemäß § 27 SGB VII" vom 30. Oktober 2001 bis 10. Februar 2002 zu gewähren. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Gegen das der Beklagten am 15. August 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 03. September 2003 beim Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Zur Begründung verwies sie auf das erstinstanzliche Vorbringen und eine gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Unfallchirurgie Dr. Gvom 20. Oktober 2003, das dieser nach Aktenlage erstellt hatte. Er wies darauf hin, dass im vorliegenden Fall lediglich ein isolierter Meniskusschaden vorliege. In der medizinischen Literatur werde ausgeführt, dass bei einem isolierten Meniskusschaden, bei dem keine Indizien auf eine Mitbeteilung des Kapselbandapparates hindeuteten, ein Kausalzusammenhang außerhalb jeglicher Wahrscheinlichkeit liege. Nur bei einer bestimmten Fallgruppe sei biomechanisch zu begründen, dass die Menisken der Gelenkbewegung nicht folgen könnten. Der Hergang sei in keiner Weise geeignet, eine unphysiologische Belastung eines wie auch immer gearteten Meniskus (degenerativ vorgeschädigt oder gesund) zu bewirken. Hier liege der Fall einer Erstmanifestation einer ausgeprägten Schadensanlage nicht etwa die Verschlimmerung eines Vorschadens vor. Die am Ereignistag beginnende Symptomatik sei als Ende eines längerfristigen symptomfreien Zeitraums anzusehen. Mit dem Ereignis manifestiere sich eine langfristige Schadensanlage zum klinisch manifesten Schadensbild.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 24. Juli 2003 aufzuheben und die Klage vollständig abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Berufungsverfahren wurden Befundberichte behandelnder Ärzte und ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. S eingeholt. Dieser erstattete nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 02. August 2004 ein Gutachten. Dr. S gelangte aufgrund seiner ambulanten Untersuchung des Klägers vom 29. Juli 2004 zu der Beurteilung, es sei durch das Ereignis vom 30. Oktober 2001 zu einer Prellung und wahrscheinlich auch Zerrung des linken Kniegelenks des Klägers gekommen. Zu diesem Zeitpunkt hätten bereits ausgeprägte Verschleißschäden des Innen- und Außenmeniskus mit Rissbildung bestanden. Durch das Unfallereignis seien die Meniskusschäden selbst zwar weder ausgelöst noch verschlimmert worden, es resultiere jedoch ein unmittelbar einsetzender schmerzhafter Reizzustand des linken Kniegelenks. Die eigentlichen Unfallfolgen - Prellung und Zerrung - des linken Kniegelenks hätten infolge eines Reizzustandes mit Ergussbildung wegen der objektiv nachgewiesenen zum Unfallzeitpunkt bereits bestehenden Verschleißschäden an diesem Gelenk zu stärkeren und länger anhaltenden Beschwerden geführt, als dieses bei einem gesunden Gelenk zu erwarten gewesen wäre. Bei einem erfolgten Anprall mit der Vorderseite und der vorderen Innenseite des Kniegelenks gegen die Karre könne es ausschließlich zur umschriebenen Prellung gekommen sein. Eine Auswirkung auf die Menisken sei gänzlich ausgeschlossen. Eine Meniskusschädigung selbst im Sinne einer Meniskuszerreißung sei wegen fehlender Begleitverletzungen im MRT vom 31. Oktober 2001 und aufgrund des im Operationsbericht niedergelegten Befundes höchst unwahrscheinlich. Für die Prellung und Zerrung sei zunächst von einer Behandlungsbedürftigkeit von höchstens 1 bis 2 Wochen auszugehen.
Sowohl die bildgebenden Befunde der MRT als auch die bei der Kniegelenksspiegelung dokumentierten Befunde belegten die verschleißbedingte und nicht unfallbedingte Ursache der Knorpelschäden des linken Kniegelenks. Diese Knorpelschäden an den Menisken und dem Gelenkknorpel des linken Kniegelenks seien durch das Ereignis vom 30. Oktober 2001 im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn weder ursächlich hervorgerufen noch wesentlich verschlimmert worden. Die Veränderungen an den Menisken des linken Kniegelenks seien zum Unfallzeitpunkt soweit fortgeschritten gewesen, dass bei jeder alltäglichen Bewegung oder Belastung oder dem Eingehen in die tiefe Hocke oder einer Drehung über das Kniegelenk bei einem plötzlichen Richtungswechsel während des Gehens oder aber auch bei jeder banalen äußeren Einwirkung wesentliche Beschwerden bis zur schmerzhaften Gelenkblockierung hätten ausgelöst werden können. Insofern habe es des Ereignisses vom 30. Oktober 2001 nicht bedurft, dieses sei beliebig austauschbar. Als überwiegend für das gesamte Beschwerde- und Schadensbild sei der Vorschaden anzusehen.
Mit Stellungnahme vom 28. Februar 2005 ergänzte Dr. S sein Gutachten. Auf die gerichtliche Nachfrage, ob eine Prellung sowie Zerrung zweifelsfrei nachgewiesen sei und anhand welcher konkreten Befunde, antwortete er insbesondere, letztlich sei ein Nachweis im Ausschlussverfahren erheblicher Verletzungen - Fehlen durch bildgebende Untersuchung und Kniegelenkspiegelung nachweisbarer unfallbedingter Körperschäden - und aus den nachvollziehbaren Angaben zum Geschehensablauf erbracht worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG, durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25. August 2005, Schriftsatz der Beklagten vom 29. September 2005).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die vorliegenden Gerichtsakten und auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und erreicht auch im Hinblick auf die erfolgte Verurteilung zu Leistungen den erforderlichen Beschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Die Kosten für stationäre Behandlung allein in dem Zeitraum vom 16. bis 20. Dezember 2001 betragen 1.388,68 Euro.
Die Berufung ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Klage war daher vollständig und nicht lediglich teilweise abzuweisen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens - § 128 Sozialgerichtsgesetz, SGG - ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der Kläger am 30. Oktober 2001 einen Arbeitsunfall erlitten hat. Daher lässt sich auch nicht feststellen, dass - wie vom SG festgestellt - der Kläger am 30 Oktober 2001 infolge eines Arbeitsunfalls eine zumindest vorübergehende Verschlimmerung vorbestehender Gesundheitsstörungen im linken Knie erlitten hat.
Auch ein Anspruch des Klägers auf Leistungen gemäß § 27 SGB VII - gemäß der Ziffer 3 des Tenors des angefochtenen Urteils ist somit unbegründet. Dies gilt auch für die Zeit vom 30. Oktober 2001 bis 10. Februar 2002.
Anspruch auf Heilbehandlung besteht für den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden, § 26 SGB VII. Versicherungsfälle sind Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle, § 7 Abs. 1 SGB VII. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, § 8 Abs. 1 SGB VII.
Ein Arbeitsunfall ist nach der genannten Begriffsbestimmung nicht feststellbar. Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen muss der volle Beweis erbracht werden; alle Voraussetzungen des Arbeitsunfalls müssen in so hohem Grade wahrscheinlich sein, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis als erbracht angesehen werden kann (BSGE 61, 127 f.). Dies gilt lediglich nicht für die kausale Verknüpfung zwischen Gesundheitsschaden und Ereignis. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der das Gericht folgt, ist ein Gesundheitsschaden jeder regelwidrige körperliche, geistige oder seelische Zustand (BSG, SozR 2200 § 548 Nr. 35).
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens vermag das Gericht bereits nicht zweifelsfrei festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit am Ereignistag beim Ausladen von Fliesen aus einer Schubkarre eine Prellung und / oder Zerrung des linken Kniegelenks erlitten hat. Noch weniger lässt sich feststellen, dass eine zumindest vorübergehende Verschlimmerung einer vorbestehenden Gesundheitsstörung im linken Knie im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit am Ereignistag erfolgt ist. Die Abwägung aller Umstände des Gesamtergebnisses des Verfahrens ergibt, dass sich bereits kein Hergang feststellen lässt, der als - anprellender - und / oder zerrender Hergang zu einer Prellung und /oder Zerrung im Sinne eines regelwidrigen körperlichen Zustandes geführt haben könnte.
Zwar führt Dr. S in seinem Gutachten aus, es sei am Unfalltag zu einer Prellung und Zerrung des linken Kniegelenks gekommen, jedoch reichen die von ihm herangezogenen Argumente zum Beweis eines entsprechenden regelwidrigen körperlichen Zustandes nicht aus.
Soweit Dr. S ausführt, die Diagnose einer Prellung des linken Kniegelenks stütze sich auf Angaben des Klägers zum Hergang des Ereignisses, wonach er zunächst mit der Vorderseite des linken Knies gegen eine Kante oder Ecke gestoßen sei, bei der daraus vollzogenen Ausweichbewegung dann sich über das linke Knie gedreht habe bzw. mit diesem seitlich eingeknickt sei, lässt sich ein solcher Hergang nicht zweifelsfrei feststellen. Die Akte enthält unterschiedliche Darstellungen eines Hergangs, ohne dass sich der Hergang weiter aufklären ließe.
In der Unfallschadensanzeige des Klägers bei der V V von Azur Schadensnummer vom 15. November 2001 wird ausgeführt: " Beim Entladen der Fliesenpakete aus der Schubkarre stieß ich mit dem linken Knie (Innenseite) gegen die Karrenecke. Durch den Schmerz machte ich einen hastigen Schritt zurück und verspürte einen zusätzlich stechenden Schmerz im Knie".
Hier ist keine Rede davon, dass sich der Kläger mit einer Ausweichbewegung über das linke Knie sich gedreht habe.
In der ärztlichen Bescheinigung des erstbehandelnden Arztes Dr. P vom 15. November 2001 wird ausgeführt: " während der Arbeit auf unebenen Boden fehlgetreten". Hier fehlen jegliche Angaben zu einer Berührung mit der Schubkarre und einer Ausweichbewegung über das linke Knie bzw. einem seitlichen Einknicken.
Im Durchgangsarztbericht von Dr. S vom 04. Dezember 2001 wird zum Hergang berichtet: "Der Versicherte hat sich das linke Knie an einer Karre gestoßen, stolpert dadurch und verdreht sich dabei das linke Knie". Hier fehlen Angaben zu einem "Fehltreten".
In der Anamnese von Dr. M im Gutachten vom 18. November 2002 wird ausgeführt: "Herr Ktrug eine mit Fliesen gefüllte Kiste auf beiden Armen und ging damit auf die Karre zu, um diese Kiste dort abzusetzen. Bei diesem Vorgang kam es dazu, dass Herr K. mit der linken Kniegelenksinnenseite gegen die in Radnähe befindliche vordere Karrenecke stieß. Da dieser Stoß von starker Heftigkeit geprägt war, kam es zum reflektorischen Zurückziehen des nun stark schmerzenden linken Beines. Bei dem Zurückweichen geriet er mit dem linken Fuß an einen Rasenballen und kam zu Fall. Während des Sturzes legte sich der rechte Unterschenkel über das linke Sprunggelenk, so dass der linke Fuß fixiert war. Durch diese Fixierung des linken Fußes kam es beim Sturz zur verstärkten Druckausübung im Innenbereich des linken Kniegelenkes und Herr K. verspürte daraufhin auch sehr bald eine heftige Überwärmung im gesamten linken Kniegelenk."
Diese umfassende Darstellung erfolgte nicht zeitnah zum Geschehen und ist gleichwohl die umfassendste Darstellung. Sie ist wenig überzeugend, nicht nur wegen der fehlenden Zeitnähe zum Geschehen, sondern auch im Hinblick darauf, dass sie durch keinen sonstigen Umstand gestützt wird.
In der Unfallanzeige des Klägers vom 06. November 2001 ist ausgeführt: "Beim Ausladen der Fliesen aus der Schubkarre stieß ich mit dem linken Knie (Innenseite) gegen die Karrenecke. Durch den Schmerz machte ich einen hastigen Schritt zurück und verspürte einen zusätzlichen stechenden Schmerz im Knie ". Auch hier wird nicht berichtet von einer Ausweichbewegung über das linke Knie, einem seitlichen Einknicken oder einem Sturz.
Die Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten am 01. Dezember 2001 berichten von einem seitlichen Einknicken mit dem Kniegelenk nach außen. Ein Sturz (Hinfallen) wurde ausdrücklich verneint. Die Frage, ob der Kläger mit dem Kniegelenk aufschlug und mit welcher Stelle, beantwortete der Kläger nicht. Ein Anprall gegen die Karrenecke wird nicht berichtet.
Die Diagnose einer Prellung und / oder Zerrung ist durch keine objektiven Befunde gestützt. Die zweifelsfreie Feststellung einer Berührung des Knies mit der Karre ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens bereits nicht zweifelsfrei feststellbar. So enthält der Bericht des den Kläger zeitnah zum streitgegenständlichen Geschehen behandelnde Arzt Dr. P vom 15. November 2001, das dieser in seiner ärztlichen Bescheinigung zur Vorlage bei einer privaten Unfallversicherung erstellt hat, lediglich den benannten Hergang, wonach es ausschließlich zu einem Fehltreten auf unebenen Boden gekommen sei und die Angabe geäußerter Schmerzen.
Soweit sich Dr. S zur Begründung auf einen Befundbericht des behandelnden Arztes Pam 28. Juli 2002 stützt, wonach der Kläger eine Kontusion mit Torsionstrauma des linken Kniegelenks erlitten habe, übernimmt er hier die Bewertung des behandelnden Arztes, der jedoch keine Befunde zur Begründung dieser Bewertung nennt. Es werden nicht einmal äußere Verletzungszeichen wie Blutergussfärbung oder sichtbare Prellmarken von ihm genannt. Hierauf weist auch Dr. S hin.
Auch das Ergebnis bildgebender Diagnostik gibt keinen Hinweis auf Verletzungszeichen am Ereignistag. Dr. Süße hat insoweit überzeugend in Übereinstimmung mit der Aktenlage dargelegt, dass das Magnetresonanztomogramm des linken Kniegelenks vom 31. Oktober 2001 keine Veränderungen der Kniebinnenstrukturen und der angrenzenden Knochenanteile zeige, die auf einen Tag zurückliegende gewaltsame Schädigung hinweisen. Bandstrukturen und Gelenkkapsel, Kniescheibe, Schienbein lassen ebenfalls keine auf eine soeben stattgehabte Gewalteinwirkung hinweisenden Strukturveränderungen erkennen.
Hingegen sind am 31. Oktober 2001 unfallunabhängige Gesundheitsstörungen im linken Knie des Klägers zweifelsfrei feststellbar. Auch dies hat Dr. S im Einzelnen überzeugend dargelegt. So sind durch die Magnetresonanztomografie des linken Kniegelenks vom 31. Oktober 2001 unfallunabhängige Gesundheitsstörungen als vom Unfall unabhängige verschleißbedingte Körperschäden am linken Kniegelenk des Klägers nachgewiesen. Die Aufnahmen vom 31. Oktober 2001 zeigen bereits deutliche Verschleißveränderungen des Innen- und Außenmeniskus mit jeweils die Meniskusoberfläche erreichenden Zusammenhangstrennungen.
Soweit Dr. M in seinem Gutachten von einer vorübergehenden unfallbedingten Verschlimmerung eines schicksalsmäßigen Vorschadens ausgeht und Arbeitsunfähigkeitsdauer vom 31. Oktober 2001 bis 10. Februar 2002 auf den streitgegenständlichen Hergang zurückführt, ist dies nicht überzeugend. Denn er geht von einem Unfallgeschehen aus, dass sich nicht feststellen lässt. Das von ihm beschriebene Verdrehtrauma mit dem dargestellten Hergang wird ausschließlich von ihm so beschrieben, den dargelegten Darstellungen zu Hergängen im Übrigen lässt sich ein solcher nicht zur Überzeugung des Gerichts feststellen.
Kein Umstand lässt sich zweifelsfrei feststellen, nach dem sich der streitgegenständliche Hergang zumindest als Mitursache für einen Gesundheitsschaden des Klägers beurteilen ließe, auch nicht als Teilursache einer zumindest vorübergehenden Verschlimmerung eines am Unfalltag bereits vor dem Ereignis bestehenden Gesundheitsschadens.
Das Unfallereignis muss zumindest eine wesentliche Mitursache für einen Gesundheitsschaden des Klägers sein. Für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Sie setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus und in einem zweiten wertenden Schritt, dass das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (BSGE 1, 72, 76).
Gab es neben der versicherten Ursache noch konkurrierende Ursachen z. B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, solange die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. Eine Krankheitsanlage war von überragender Bedeutung, wenn sie so stark und so leicht ansprechbar war, dass sie (naturwissenschaftliche) Verursachung akuter Erscheinungen nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes alltägliche Vorkommen der Ereignisse zu derselben Zeit die Erscheinungen verursacht hätte (BSGE 62, 220, 222 f.). War die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus; sie ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache (BSG a.a.O.).
Im vorliegenden Fall steht nach der überzeugenden Darstellung von Dr. S zur Überzeugung des Gerichts fest, dass am Unfalltag bereits vorbestehenden Verschleißveränderungen zumindest überragende Bedeutung bei der Verursachung von Gesundheitsstörungen und Behandlungsbedürftigkeit des Klägers zukommt. Eines Ereignisses vom 30. Oktober 2001 hätte es nach den Darlegungen von Dr. S, denen das Gericht insoweit folgt, nicht bedurft. Die Veränderungen an den Menisken des linken Kniegelenks waren zum Unfallzeitpunkt so weit fortgeschritten, dass bei jeder alltäglichen Bewegung z. B. einer Drehung über das Kniegelenk bei einem plötzlichen Richtungswechsel während des Gehens oder bei jeder banalen äußeren Einwirkung wesentliche Beschwerden bis zur Gelenkblockierung ausgelöst worden wären.
Allerdings lässt sich wie dargelegt bereits eine Ursache aus dem versicherten Bereich mangels Feststellbarkeit eines initialen Gesundheitsschadens und eines geeigneten Hergangs nicht feststellen.
Nach allem war das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage vollständig abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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