L 17 R 2009/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 75 R 619/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 R 2009/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. November 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren, ob die Klägerin höhere Zahlungen aus dem ihr dem Grunde nach zuerkannten Anspruch auf Hinterbliebenenrente verlangen kann.

Die am 1930 geborene Klägerin ist die Witwe des am 1988 in der ehemaligen Sowjetunion gestorbenen A K (nachfolgend Versicherter genannt). Die Klägerin siedelte am 1998 nach Deutschland über, wo sie als Spätaussiedlerin gemäß § 4 des Bundesvertriebenengesetztes anerkannt wurde. Sie bezog seit ihrer Einreise eine eigene Altersrente. Dabei ermittelte die Beklagte knapp 25 Entgeltpunkte. Der Zahlbetrag betrug ab 3. März 1998 1.078,04 DM.

Die Beklagte bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 02. Mai 2002 mit Bescheid vom 04. Juli 2002 große Witwenrente ab 01. Mai 2001, wobei sie auch für den Versicherten knapp 25 Entgeltpunkte ermittelte. Die Beklagte zahlte der Klägerin jedoch nur einen geringen Betrag (ab Mai 2002 11,94 EUR monatlich) aus. Sie begründete dies damit, dass der Rentenfeststellung insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte zugrunde zu legen seien, die schon fast durch ihre eigene Rente erreicht seien.

Den am 24. Juli 2004 im Wesentlichen unter Hinweis auf das am 30. August 2001 ergangene Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – (B 4 RA 118/00 R) gestellten Antrag auf Überprüfung und Neufeststellung der Hinterbliebenenrente lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. August 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2005 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Bescheid vom 04. Juli 2002 könne nicht nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückgenommen werden, da weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Vorschrift des § 22 b Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz (FRG) sei durch das Rentenversicherungs-Nach-haltigkeitsgesetz neu gefasst worden. Der neue Gesetzestext und seine Begründung brächten unmissverständlich zum Ausdruck, dass eine gemeinsame Begrenzung aller Renten eines Berechtigten auf 25 Entgeltpunkte vorzunehmen sei. Da § 22 b FRG in der Ausgangsfassung am 07. Mai 1996 in Kraft getreten sei, erfolge die Klarstellung gemäß Art. 15 Abs. 3 Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz mit Wirkung vom 07. Mai 1996. Die Neufassung des § 22 b FRG sei bereits in der Gesetzesbegründung eindeutig als Klarstellung bezeichnet und ihr ausdrücklich Rückwirkung beigemessen worden. Die bisherigen Entscheidungen des BSG zu § 22 b FRG seien zu einem Zeitpunkt gefällt worden, in dem das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz noch nicht verkündet gewesen sei. Die Beklagte halte entsprechend ihrer bisherigen Rechtsauffassung daran fest, dass mit der Neufassung von § 22 b FRG keine inhaltliche Änderung der Vorschrift eingetreten sei. Eine Zahlung der Witwenrente könne daher nur im ausgewiesenen Umfang erfolgen, da die Entgeltpunkte aus der eigenen Altersrente der Klägerin anzurechnen seien.

Mit ihrer am 04. Februar 2005 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagte habe sich an die höchstrichterliche Rechtssprechung zu halten, die eine Anwendbarkeit des § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG bei Zusammentreffen einer eigenen mit einer Hinterbliebenenrente verneint habe. Vorliegend sei nicht § 22 b FRG neuer Fassung, sondern § 22 b alter Fassung Rechtsgrundlage für die Berechnung der Witwenrente, was sich bereits aus § 300 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ergebe. Unabhängig davon finde § 22 b FRG neuer Fassung deshalb keine Anwendung, weil das Inkrafttreten der Vorschrift durch Verkündung am 26. Juli 2004 mit rückwirkender Wirkung vom 07. Mai 1996 verfassungswidrig sei. Denn es handele sich bei der durch das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz eingeführten Norm nicht um eine "Klarstellung", sondern um eine Neufassung des § 22 b FRG.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 02. November 2005 abgewiesen und in den Entscheidungsgründen im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte seinerzeit das Recht richtig angewandt habe oder nicht, denn jedenfalls habe sie der Klägerin Sozialleistungen nicht zu Unrecht vorenthalten. Ob dies der Fall sei, beantworte sich nach der materiellen Rechtslage, wie sie sich zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Überprüfungsentscheidung ergebe. Danach finde § 22 b FRG neuer Fassung Anwendung, der nunmehr eindeutig regele, dass für Renten aus eigener Versicherung und wegen Todes eines Berechtigten insgesamt höchstens 25 Entgeltpunkte bei der Rentenberechnung zugrunde zu legen seien. Die vom Gesetzgeber angeordnete Rückwirkung verstoße nicht gegen die Verfassung, da sich aufgrund der unklaren Rechtslage kein schützenswertes Vertrauen auf Seiten des Versicherten habe bilden können.

Gegen das der Klägerin am 22. Dezember 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am gleichen Tage eingegangene Berufung. Die Klägerin trägt vor, aufgrund der bis Juli 2004 ergangenen drei höchstrichterlichen Urteile sei die Rechtslage keineswegs unklar und verworren gewesen. Deshalb komme ihr seit 2001 Vertrauensschutz zu. Im Übrigen verstoße die Rückwirkung des Gesetzes gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Sie löse eine willkürliche Ungleichbehandlung von gleich gelagerten Fällen aus, insbesondere gegenüber anderen deutschen Hinterbliebenen. Eine Unterscheidung zwischen Spätaussiedlern und anderen Deutschen sei jedoch nicht gerechtfertigt. Ein Eingriff in Art. 14 GG liege ebenfalls vor, denn die nach dem FRG erworbenen Ansprüche unterfielen dem Schutzbereich des Art. 14. Zumindest aber für die Zeit vor Inkraftsetzung der neuen Vorschrift sei ihr Anspruch begründet, wie das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen anlässlich eines gleichgelagerten Verfahrens in seiner Entscheidung vom 13. Oktober 2004 (L 8 RJ 68/03) zutreffend ausgeführt habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. November 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihren Bescheid vom 04. Juli 2002 teilweise zurückzunehmen und ihr neben ihrer eigenen Rente seit 1. Mai 2001 Witwenrente nach dem verstorbenen Andrej Krone ohne Begrenzung auf insgesamt 25 Entgeltpunkte zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Akten des Sozialgerichts Berlin zum Aktenzeichen S 75 R 619/05-3 sowie die den Versicherten betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten – – haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, da sie form- und fristgerecht erhoben worden ist. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte hat es mit ihrem Bescheid vom 17. August 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2005 zutreffender Weise abgelehnt, den bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 04. Juli 2002 zu ändern und der Klägerin die dem Grunde nach zuerkannte große Witwenrente über den ausgezahlten Betrag hinaus zu bewilligen.

Rechtsgrundlage für den von der Klägerin verfolgten Anspruch ist § 44 SGB X. Nach Satz 1 der Vorschrift ist ein bindend gewordener Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Verfassungsgemäße Rechte der Klägerin werden dadurch nicht verletzt.

Die Frage, inwieweit bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden ist, beurteilt sich nach dem bei Erlass des Verwaltungsaktes anwendbaren Recht. Der hier maßgebliche Verwaltungsakt wurde am 04. Juli 2002 erlassen. Danach ist § 22 b Abs. 1 FRG alter Fassung (eingefügt durch Artikel 3 Nr. 5 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung – Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz – WFG – vom 25. September 1996 – BGBl. I, 1461 – und ergänzt um Satz 3 durch Artikel 12 Nr. 2 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung – Rentenreformgesetz 1999 – RRG 1999 vom 16. Dezember 1997 – BGBl. I, 2998) die maßgebliche Rechtsgrundlage.

Ob sich aus § 22 b Abs. 1 FRG alter Fassung ergibt, dass bei Zusammentreffen einer Rente aus eigener Versicherung sowie einer Hinterbliebenenrente eine Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte vorzunehmen ist (so die Auffassung der Beklagten sowie zahlreicher Sozial- und Landessozialgerichte, nur beispielhaft seien erwähnt: SG Mannheim vom 27. November 2002 – S 9 RJ 2074/02 –, SG Berlin vom 29. März 2004 – S 18 KN 25/03 –, LSG Schleswig-Holstein vom 12. Dezember 2002 – L 5 KN 2/02 –, LSG Baden-Württemberg vom 03. Oktober 2003 – L 3 RJ 2485/03 –, LSG Berlin vom 17. September 2004 –L 5 RJ 23/04 –, alle veröffentlicht in juris) oder ob eine solche Begrenzung der berücksichtigungsfähigen Entgeltpunkte dieser Vorschrift nicht zu entnehmen ist (so der 4., 13. und 8. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 30. August 2001 – B 4 RA 118/00 R – in SozR 3-5050 § 22 b Nr. 2, vom 11. März 2004 – B 13 RJ 44/03 R – in SozR 4-5050 § 22 b Nr. 1 und vom 07. Juli 2004 – B 8 KN 10/03 R – in SozR 4-5050 § 22 b Nr. 2), kann letztlich dahingestellt bleiben, weil die weitere Voraussetzung des § 44 Abs. 1 SGB X nicht erfüllt ist. Denn es sind der Klägerin Sozialleistungen nicht zu Unrecht vorenthalten worden. Der Senat folgt damit der Auffassung des 8. und 5. Senats des BSG in seinen Urteilen vom 21. Juni 2005 (B 8 KN 1/05 R und B 8 KN 9/04 R, veröffentlicht in juris) und vom 05. Oktober 2005 (B 5 RJ 57/03 R und B 5 RJ 39/04 R, veröffentlicht unter www.bundessozialgericht.de), der er sich nach eigener Überprüfung anschließt.

Die Frage, inwieweit Sozialleistungen zu Unrecht vorenthalten wurden, beurteilt sich nach dem zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Recht, also nach § 22 b Abs. 1 FRG in der Fassung des Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetzes (§ 22 b FRG neuer Fassung). Denn für den mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage verfolgten Anspruch auf Erlass eines Zugunsten-Bescheides nach § 44 SGB X gilt nichts anderes als für eine sonstige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, bei der maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, nach welchem Recht die Begründetheit eines Anspruches zu prüfen ist, grundsätzlich die mündliche Verhandlung ist und daher Rechtsänderungen, die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung während des Rechtsstreits eintreten, zu beachten sind, wenn das neue Recht nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst (vgl. BSG vom 25. Oktober 1984 – 11 RAz 3/83 in SozR 3-1300 § 44 Nr. 13, BSG vom 13. September 1994 – 5 RJ 30/93 –, BSG vom 02. Juli 1997 – 9 RVs 9/96 –, die beiden zuletzt genannten Urteile veröffentlicht in juris und Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X Bd. I § 44 Rdz. 8).

Da § 22 b Abs. 1 FRG alter Fassung rückwirkend zum 07. Mai 1996 durch § 22 b Abs. 1 FRG neuer Fassung ersetzt wurde, ist § 22 b FRG neuer Fassung zu beachten. Eine gesetzliche Bestimmung, welche die Anwendung des neuen Rechts im vorliegenden Fall ausschließen könnte, liegt nicht vor. Der rückwirkenden Anwendung steht insbesondere nicht § 300 SGB VI entgegen (vgl. BSG vom 21. Juni 2005 – B 8 KN 1/05 R – a.a.O.).

Der Gesetzgeber war von Verfassungswegen nicht gehindert, den Anspruch auf Hinterbliebenenrente in die Begrenzungsregelung des § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG neuer Fassung einzubeziehen. Denn der von ihm in weitgehender Abkehr von dem das frühere FRG beherrschenden Eingliederungsprinzip vorgenommene Systemwechsel hin zu an der Höhe der Eingliederungshilfe orientierten Rentenleistungen für neu hinzuziehende Spätaussiedler stellt deshalb keine Ungleichbehandlung gegenüber Hinterbliebenen, deren Ehegatten ihr Berufsleben in Deutschland verbracht haben, dar, weil die den Spätaussiedlern gewährten Renten aus dem Sozialstaatsprinzip folgen und nicht auf eigenen Beiträgen zur bundesdeutschen Rentenversicherung beruhen. Das ist ein sachgerechtes Kriterium und daher keine ungerechtfertigte Benachteiligung (vgl. BSG vom 30. August 2001 – B 4 RA 87/00 R – in SozR 3-5050 § 22 b Nr. 1, BSG vom 3. Juni 2002 – B 5 RJ 22/01 R – in SozR 3-5050 § 22 b Nr. 3 und BSG vom 19. Mai 2004 – B 13 RJ 46/03 R – in BSGE 93, 15).

§ 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG neuer Fassung verstößt auch nicht gegen die Verfassung, soweit darin eine rückwirkende Rechtsänderung enthalten ist, da sich aufgrund der unklaren Rechtslage ein schutzwürdiges Vertrauen bei der Klägerin nicht bilden konnte. Nach der vom Bundesverfassungsgericht – BVerfG – entwickelten Rechtsprechung zur Rückwirkung von Gesetzen handelt es sich vorliegend um eine so genannte echte Rückwirkung, da die Rechtsfolgen der Neufassung von § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG nicht nur für die Zukunft, sondern rückwirkend ab 07. Mai 1996 (vgl. Artikel 9 Nr. 2 in Verbindung mit Artikel 15 Abs. 3 Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz) eintreten (vgl. Beschluss des BVerfG vom 14. Mai 1986 – 2 BvL 2/83 – in BVerfGE 72, 200). Sie ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Denn das Verbot rückwirkend belastender Gesetze folgt nach der Rechtsprechung des BVerfG aus dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes. Zu dessen wesentlichen Elementen gehört die Rechtssicherheit, der auf Seiten des Einzelnen das Vertrauen in den Bestand von Rechtsnormen und Rechtsakten bis zu ihrer ordnungsgemäßen Aufhebung entspricht (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986 a.a.O.). Das BVerfG hat jedoch verschiedene Ausnahmefälle benannt. Den entwickelten Ausnahmen ist zu entnehmen, dass eine Durchbrechung des Rückwirkungsgebotes aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls oder dann zulässig und geboten ist, wenn sich ein schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen nicht bilden konnte. Hierzu gehört der Fall, dass die geltende Rechtslage unklar und verworren ist, so dass eine baldige Klärung erwartet werden muss (BVerfG vom 17. Januar 1979 – 1 BvR 446/77 – in SozR 3-5750 Art. 2 § 9 a Nr. 8 und BVerfG vom 14. Mai 1986 a.a.O.).

Letzteres ist hier der Fall. Ein schutzwürdiges Vertrauen auf einen bestimmten Gesetzesinhalt konnte sich vorliegend bei der Klägerin nicht bilden, denn die Rechtslage zu § 22 b Abs. 1 Satz 1 FRG alter Fassung war unklar und verworren. Nachdem die Sozial- und Landessozialgerichte zunächst der Auffassung der Beklagten zu § 22 b FRG alter Fassung folgten und eine Begrenzung auf 25 Entgeltpunkte bei einem Zusammentreffen von eigener Rente und einer Hinterbliebenenrente für zulässig hielten, vertrat der 4. Senat des BSG in seiner Entscheidung vom 30. August 2001 (a.a.O.) eine andere Auffassung. Eine Klärung erfolgte letztlich aber auch noch nicht durch diese höchstrichterliche Entscheidung, denn zahlreiche Sozial- und Landessozialgerichte folgten dieser Entscheidung nicht. Auch die Rentenversicherungsträger verabredeten, ihr nicht zu folgen. Ob durch die folgenden Entscheidungen des 13. Senats vom 11. März 2004 (B 13 RJ 44/03 R a.a.O.) sowie des 8. Senats vom 07. Juni 2004 (B 8 KN 10/03 R a.a.O.) davon auszugehen gewesen wäre, dass die Betroffenen auf eine bestimmte Interpretation des Gesetzes vertrauen dürfen, kann letztlich dahin gestellt bleiben, denn am 11. März 2004 wurde bereits das Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz vom Deutschen Bundestag beschlossen (siehe Bundesratsdrucksache 191/04), das heißt, dass die Betroffenen bereits von diesem Zeitpunkt an Kenntnis von der Änderung der Rechtslage hatten, so dass sich auch durch die Entscheidungen des 8. und 13. Senats kein Vertrauen in die Rechtslage ergeben konnte. Selbst wenn ein berechtigtes Vertrauen bis zu diesem Zeitpunkt unterstellt würde, entfiele dieses, denn die Bildung schutzwürdigen Vertrauens ist nicht mehr möglich, wenn mit der Änderung einer Rechtslage gerechnet werden muss. Letzteres ist regelmäßig ab dem Gesetzesbeschluss über eine Rechtsänderung der Fall. Damit entfällt dann auch ein zu dem Zeitpunkt bereits vorhandenes berechtigtes Vertrauen in die alte Rechtslage (vgl. BSG vom 21. Juni 2005 – B 8 KN 1/05 R – a.a.O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz – SGG –.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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