Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 59 AS 6710/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 1291/05 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin S K wird abgelehnt. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2005 hinsichtlich der Kostenentscheidung geändert. Kosten sind weder für das erstinstanzliche noch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes noch um die Übernahme von Umzugskosten in Höhe von 478,96 EUR sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin und das Beschwerdeverfahren. Die seit dem 01. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) beziehende Antragstellerin beantragte am 19. Juli 2005 bei der Antragsgegnerin die Übernahme von Umzugskosten. In diesem Zusammenhang gab sie an zu beabsichtigen, in der Wohnung des J F in der Gstraße in Berlin im Rahmen eines Untermietvertrages zwei Zimmer einschließlich der Mitbenutzung von Diele, Bad und Küche zu einem monatlichen Mietpreis in Höhe von 344,10 EUR warm anzumieten. Der Umzug sei erforderlich, da ihr das Beheizen ihrer im 3. Obergeschoss gelegenen, mit Ofenheizung ausgestatteten 2-Zimmer-Wohnung in der G Straße in Berlin-W nicht mehr möglich sei. Die mit dem Heizen verbundenen Tätigkeiten verstärkten die durch eine Sehnenscheidenentzündung bzw. Arthrose verursachten Schmerzen in ihrer rechten Hand. Aufgrund ihrer Erkrankung könne sie auch den Umzug nicht bewältigen und sei auf professionelle Hilfe angewiesen. Die Kosten seien auf 795,00 EUR veranschlagt.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2005 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Miete sowie der Umzugskosten ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Kosten nur übernommen werden könnten, wenn die Antragstellerin in den Hauptmietvertrag aufgenommen werde oder einen eigenen Mietvertrag vorlegen könne. Ein Untermietverhältnis stelle hingegen eine Verschlechterung ihrer rechtlichen Stellung nach dem Mietrecht dar. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2005). Es sei nicht ersichtlich, dass der Umzug im Sinne des Gesetzes notwendig sei. Auch unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Attestes sei nicht nachvollziehbar, dass ihre Erkrankung sie daran hindere, einen Kohleofen zu befeuern. Es handele sich hierbei um eine leichteste manuelle Belastung von nur kurzer Dauer. Das Gewicht einzelner Briketts betrage weniger als ein Kilogramm. Dass die Antragstellerin derart geringe Gewichte nicht mehr halten oder heben könne, sei nicht ersichtlich.
Am 29. Juli 2005 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die beantragten Umzugs- und Mietkosten zu übernehmen. Die Sache sei eilbedürftig, da der Umzug zur Vermeidung doppelter Mietzahlungen ab September unmittelbar bevorstehe. Am 15. August hat die Antragstellerin den Untermietvertrag mit Wirkung ab demselben Tage abgeschlossen und die Wohnung am 23. August 2005 bezogen. Die Antragsgegnerin hat die Mietkosten für die alte Wohnung bis zum 14. August 2005 und mit ihren Bescheiden vom 12. und 13. September 2005 für die neue Wohnung ab dem 15. August 2005 übernommen. Die Antragstellerin hat daraufhin ihre ursprünglichen Anträge teilweise zurückgenommen und nur noch beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr eine Zusicherungsübernahme von Umzugskosten in Höhe von insgesamt 478,96 EUR zu erteilen und ihr diesen Betrag auszuzahlen. Der Betrag setze sich aus den Mietkosten für ihre alte Wohnung für die Zeit vom 15. bis zum 31. August 2005 in Höhe von 149,01 EUR, Kosten für die Umzugsfirma in Höhe von 266,80 EUR sowie Kosten für fünf Umzugshelfer (Verköstigung und Fahrtkosten) in Höhe von 63,15 EUR zusammen. Den Betrag habe sie bisher nur deshalb verauslagen können, weil sie zwei Darlehen aufgenommen habe. Als Rückzahlungszeitpunkt sei in beiden Darlehensverträgen der 15. September 2005 vereinbart. Die Darlehensgeberinnen drängten auf schnelle Rückzahlung.
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2005 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie den weiteren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Antragsgegnerin hat es die Kosten des Verfahrens insoweit auferlegt, als die Antragstellerin den Antrag auf Übernahme der Miete zurückgenommen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht sei. Der Umzug sei bereits vollzogen, so dass seine Durchführung nicht mehr von der Übernahme von Umzugskosten abhänge. Anderes folge auch nicht daraus, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt ihres Antrages bei Gericht noch nicht umgezogen gewesen sei. Zwar werde in der Regel im Falle einer Stattgabe im einstweiligen Verfügungsverfahren auf den Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht abgestellt. Dies gelte jedoch nur in den Fällen, in denen sämtliche Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung (und damit insbesondere auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes) auch noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorlägen. Daran fehle es jedoch hier. Im Übrigen erscheine auch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs zweifelhaft. Nach § 22 Abs. 3 SGB II könnten Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung übernommen werden. Eine derartige Zusicherung fehle jedoch. Eine nachträgliche Zusicherung komme nicht mehr in Betracht, da der Umzug bereits vollzogen und somit das Rechtsverhältnis erledigt sei. Dass die Zusicherung möglicherweise rechtswidrig abgelehnt worden sei, dürfte im Rahmen des verfolgten Anspruchs bereits deshalb keine Rolle spielen, weil der Zusicherung als solcher Tatbestandswirkung im Bereich der Anspruchsgrundlage des § 22 Abs. 3 SGB II zukomme. Etwaigen Entschädigungsansprüchen wegen rechtswidriger Ablehnung der Zusicherung brauche im vorliegenden Verfahren mangels Erheblichkeit nicht nachgegangen zu werden. Dementsprechend sei auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen gewesen.
Gegen diesen ihr am 24. Oktober 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 10. November 2005 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes und –anspruchs verneint. Dringlichkeit sei gegeben. Es sei zu befürchten, dass die beiden Darlehensgeberinnen, die ihr das Geld für den Umzug zur Verfügung gestellt hätten, gerichtliche Schritte einleiteten, falls sie die ihr geliehenen Beträge nicht in nächster Zeit zurückzahle. Im Übrigen verwehre das Sozialgericht ihr faktisch den Rechtsschutz, wenn es darauf abstelle, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Umzug bereits erfolgt sei. Auf diesen zeitlichen Ablauf habe sie keinen Einfluss gehabt. Weiter liege auch ein Anordnungsanspruch vor. Entgegen der Auffassung des Gerichts komme ein Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten nicht ausschließlich bei vorheriger Zusicherung in Betracht. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass es in jedem Falle einer Zusicherung bedürfe, könne ihr das Fehlen nicht entgegen gehalten werden. Sie habe sich um die Zusicherung der Übernahme der Kosten für den aus medizinischen Gründen notwendigen Umzug rechtzeitig bemüht. Es könne nicht ihr zum Nachteil gereichen, dass das Sozialgericht ihren Antrag nicht rechtzeitig beschieden habe. Ihren Umzug solange aufzuschieben, bis die Zusicherung im Hauptsache- oder einstweiligen Rechtsschutzverfahren erteilt worden sei, sei ihr angesichts der üblichen Verfahrensdauer vor dem Hintergrund des drohenden Beginns der Heizperiode nicht zuzumuten gewesen. Bei treuwidriger Verzögerung einer fristgerecht möglichen Entscheidung sei auf die vorherige Zusicherung zu verzichten. Auch wenn die Erkrankung für sich genommen den Umzug nicht rechtfertigen sollte, sei der Wunsch, aus einer Wohnung mit Kohleofen in eine solche mit automatischer Beheizung zu wechseln, nicht unangemessen und diesem Begehren zumindest auf der Grundlage der Generalnorm des § 33 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches stattzugeben. Schließlich habe das Sozialgericht auch zu Unrecht die Gewährung von Prozesskostenhilfe verweigert. Ihr Rechtsstandpunkt sei zumindest vertretbar, so dass die erforderliche gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit bestanden habe und bestehe.
Die Antragsgegnerin, der der angefochtene Bescheid am 25. Oktober 2005 zugestellt worden ist, hat am 17. November 2005 ebenfalls Beschwerde eingelegt und sich mit dieser gegen die teilweise Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin gewandt. Sie habe kein Anerkenntnis abgegeben, indem sie der Antragstellerin die Kosten für die neue Wohnung gewährt habe. Sie sei zur Abgabe einer entsprechenden Zusicherung nicht verpflichtet gewesen. Denn eine Zusicherung setze nicht nur die Angemessenheit der Unterkunftskosten, sondern auch die Notwendigkeit des Umzuges voraus. Das vorgelegte ärztliche Attest dürfte jedoch einer fundierten fachärztlichen Überprüfung nicht standhalten und belege keinesfalls die Notwendigkeit eines Umzuges. Nachdem die Antragstellerin jedoch ohne entsprechende Zustimmung vollendete Tatsachen geschaffen gehabt habe, sei sie gezwungen gewesen, die Kosten zu übernehmen, da die Bewilligung nicht mit der Begründung der fehlenden Zustimmung verweigert werden könne, wenn die Kosten angemessen seien. Es sei daher jedoch unbillig, in ihrem Verhalten ein Anerkenntnis auf Gewährung des Anspruchs auf einstweiligen Rechtsschutz zu sehen und ihr insoweit die Kosten aufzuerlegen. Bezüglich des Begehrens der Antragstellerin bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Eine Gefährdungslage, die in der Vergangenheit allenfalls darin bestanden haben könnte, dass die Antragstellerin in einer ihre Gesundheit akut und in so erheblichem Umfange gefährdenden Wohnung hätte verweilen müssen, dass die Erteilung einer Zusicherung auf Übernahme der Umzugskosten zur Abwendung dieser Gefahr geboten gewesen wäre, bestehe durch den Umzug nicht mehr und habe auch in der Vergangenheit nicht bestanden. Es könne dabei dahingestellt bleiben, ob der Umzug tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen geboten gewesen sei. Dies sei im Hauptsacheverfahren zu klären. Aus dem ärztlichen Attest habe sich jedoch keine akute Gefahrenlage ergeben, zu deren Abwendung der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten gewesen sei.
II.
1. Das Beschlussrubrum war dahingehend zu korrigieren, dass die Arbeitsgemeinschaft JobCenter Charlottenburg-Wilmersdorf selbst Antragsgegnerin und nicht lediglich Vertreterin der Bundesagentur für Arbeit und des Landes Berlin als Leistungsträger ist, denn das JobCenter ist - entgegen der Meinung des Sozialgerichts und mit der – soweit ersichtlich – inzwischen einhelligen Auffassung der übrigen Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg - jedenfalls als nichtrechtsfähige Personenvereinigung im Sinne des § 70 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beteiligtenfähig. Eines Rückgriffs auf die hinter dem JobCenter stehenden Körperschaften bedarf es nicht (vgl. hierzu ausführlich Senatsbeschluss vom 11. August 2005, L 5 B 51/05 AS ER sowie Beschluss des 10. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 14. Juni 2005, L 10 B 44/05 AS ER).
2. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2005 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht Berlin hat ihren Antrag, ihr eine Zusicherungsübernahme von Umzugskosten in Höhe von insgesamt 478,96 EUR zu erteilen und ihr diesen Betrag auszuzahlen, jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch zusteht, d.h. die Antragsgegnerin im Klageverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dazu verpflichtet werden wird, ihr die durch den vor Abschluss des hiesigen Verfahrens erfolgten Wohnungswechsel entstandenen Kosten in Höhe von 478,96 EUR zu erstatten. Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass die geltend gemachten Kosten einschließlich der doppelten Mietaufwendungen zu den Wohnungsbeschaffungs- bzw. Umzugskosten rechnen. Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 SGB II erscheint jedoch bereits im Hinblick auf das Fehlen der vorherigen Zusicherung der Übernahme der Kosten sehr problematisch. Denn selbst wenn die vorherige Zusicherung der Antragsgegnerin im Einzelfalle entbehrlich sein mag, dürfte ein entsprechender Fall hier kaum vorliegen. Ein treuwidriges Verzögern einer ihr fristgerecht möglichen Entscheidung der Antragsgegnerin scheidet von vornherein aus. Ihr aber eine angeblich verspätete Entscheidung des Sozialgerichts Berlin zuzurechnen, dürfte kaum möglich sein. Vielmehr ist hier zu beachten, dass die Antragstellerin sich entschieden hat, die von ihr ins Auge gefasste Wohnung tatsächlich anzumieten und zu beziehen, obwohl sie wusste, dass das anhängige einstweilige Rechtsschutzverfahren über die Gewährung der Zusicherung noch nicht abgeschlossen war. Die Konsequenzen dieser Entscheidung dürfte allein sie zu tragen haben.
Letztlich kann das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs jedoch dahinstehen. Denn zur Überzeugung des Senats hat die Antragstellerin jedenfalls zu keinem Zeitpunkt einen Anordnungsgrund in hinreichendem Maße glaubhaft gemacht. Eine einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile ist nur dann geboten, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles für den Betroffenen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Dies war hier unter Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen der Beteiligten von Anfang an nicht der Fall. Der Antragstellerin drohten bei Antragstellung keine gravierenden, irreparablen Schäden, wenn sie mit ihrem Begehren auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wird. Ihr Interesse, aufgrund ihrer Beschwerden an der Hand eine nicht mit Kohle zu beheizende Wohnung zu beziehen, war nachvollziehbar, aber nicht von solchem Gewicht, das es hätte rechtfertigen können, das öffentliche Interesse als nachrangig anzusehen. Die ärztlich bescheinigte Tendinitis und Tendovaginitis stellen keine so schwerwiegenden Erkrankungen dar, die es als unzumutbar erscheinen ließen, die Antragstellerin auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Denn völlig zu Recht macht die Antragsgegnerin insoweit geltend, dass hier – auch unter Berücksichtigung des vorgelegten ärztlichen Attestes – keine derart akute Gefahrenlage erkennbar war, die eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und – bei dem ursprünglichen Verfahrensgegenstand – damit verbunden eine Vorwegnahme der Hauptsache gerechtfertigt hätte. Im Gegenteil hätten die Interessen der Antragstellerin gegenüber dem von der Antragsgegnerin zu beachtenden Interesse der Allgemeinheit, keine Zusicherungen abzugeben, die sich möglicherweise nachträglich als unberechtigt herausstellen und aus steuerlichen Mitteln zu befriedigende Forderungen nach sich ziehen, zurücktreten müssen. Dies hat hier umso mehr zu gelten, als ggfs. die Durchsetzbarkeit eines Rückforderungsanspruchs angesichts der finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin sehr ungewiss ist. Anderes folgt auch nicht daraus, dass es der Antragstellerin nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens möglicherweise verwehrt gewesen wäre, die seinerzeit ausgesuchte und inzwischen bezogene Wohnung anzumieten. Der Wohnungsmarkt in Berlin ist nicht dergestalt, dass zu befürchten gestanden hätte, nach Abschluss des Verfahrens keine vergleichbare Wohnung zu ähnlichen Konditionen zu finden. Schließlich kann die Eilbedürftigkeit auch nicht damit begründet werden, dass die Antragstellerin sich inzwischen den Rückforderungsansprüchen ihrer Darlehensgeberinnen ausgesetzt sieht. Sie ist die Schuldverpflichtungen eingegangen, obwohl das Verfahren – wie sie wusste - noch nicht abgeschlossen war. Das mit dieser Entscheidung verbundene Risiko trägt sie. Nicht aber hat sie es in der Hand, ein ursprünglich nicht bestehendes Eilbedürfnis während des Verfahrens dadurch zu schaffen, dass sie Schulden eingeht.
3. Soweit das Sozialgericht Berlin mit seinem angefochtenen Beschluss auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Zur Überzeugung des Senats lag hier offensichtlich kein Anordnungsgrund vor, sodass auch keine theoretische Erfolgsaussicht im einstweiligen Verfügungsverfahren bestand (§ 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -). Da dementsprechend auch die Beschwerde der Antragstellerin von Anfang an keine hinreichende Erfolgsaussicht hatte, war auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
4. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 202 SGG i.V.m. § 567 Abs. 3 ZPO als Anschlussbeschwerde zulässig und auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin die Antragsgegnerin mit den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin belastet, soweit diese ihren Antrag bzgl. der Zusicherung der Mietübernahme zurückgenommen hat.
Das Gericht hat in den Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes analog § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Hierbei hat es unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen zu entscheiden. Soweit sich – wie hier - ein Teil des Verfahrens vorab anders als durch Beschluss erledigt, sind im Rahmen dieser unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffenden Billigkeitsentscheidung sowohl die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens als auch die Gründe für die Antragstellung und die Erledigung zu prüfen. Führt eine Änderung der Sach- oder Rechtslage zur (teilweisen) Erledigung des Verfahrens, ist wesentlich darauf abzustellen, wie ohne diese Änderung voraussichtlich entschieden worden wäre. Hier entspricht es der Billigkeit, auf die Erfolgsaussichten des Verfahrens vor der Änderung der Sach- oder Rechtslage abzustellen. Gemessen an diesem Maßstab ist es hier unbillig, die Antragsgegnerin auch nur teilweise mit den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu belasten. Aus den oben im Einzelnen dargelegten Gründen hatte das einstweilige Rechtsschutzverfahren mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes keine Erfolgsaussichten. Dies galt auch für die begehrte Zusicherung hinsichtlich der Übernahme der Miete für die Wohnung in der Gstraße. Dass die Antragsgegnerin schließlich während des noch anhängigen Verfahrens die Miete für diese Wohnung übernommen hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn die Übernahme der Kosten für diese Unterkunft stellt sich – wie die Antragsgegnerin zu Recht geltend macht - nicht als Anerkenntnis ihrerseits dar, sondern ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Antragstellerin sie durch den Umzug vor vollendete Tatsachen gestellt hat und sie nunmehr – bei geänderter tatsächlicher Lage – nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zur Übernahme der Miete verpflichtet war.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 193 SGG analog und folgt dem Ergebnis in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes noch um die Übernahme von Umzugskosten in Höhe von 478,96 EUR sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin und das Beschwerdeverfahren. Die seit dem 01. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) beziehende Antragstellerin beantragte am 19. Juli 2005 bei der Antragsgegnerin die Übernahme von Umzugskosten. In diesem Zusammenhang gab sie an zu beabsichtigen, in der Wohnung des J F in der Gstraße in Berlin im Rahmen eines Untermietvertrages zwei Zimmer einschließlich der Mitbenutzung von Diele, Bad und Küche zu einem monatlichen Mietpreis in Höhe von 344,10 EUR warm anzumieten. Der Umzug sei erforderlich, da ihr das Beheizen ihrer im 3. Obergeschoss gelegenen, mit Ofenheizung ausgestatteten 2-Zimmer-Wohnung in der G Straße in Berlin-W nicht mehr möglich sei. Die mit dem Heizen verbundenen Tätigkeiten verstärkten die durch eine Sehnenscheidenentzündung bzw. Arthrose verursachten Schmerzen in ihrer rechten Hand. Aufgrund ihrer Erkrankung könne sie auch den Umzug nicht bewältigen und sei auf professionelle Hilfe angewiesen. Die Kosten seien auf 795,00 EUR veranschlagt.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2005 lehnte die Antragsgegnerin die Übernahme der Miete sowie der Umzugskosten ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Kosten nur übernommen werden könnten, wenn die Antragstellerin in den Hauptmietvertrag aufgenommen werde oder einen eigenen Mietvertrag vorlegen könne. Ein Untermietverhältnis stelle hingegen eine Verschlechterung ihrer rechtlichen Stellung nach dem Mietrecht dar. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2005). Es sei nicht ersichtlich, dass der Umzug im Sinne des Gesetzes notwendig sei. Auch unter Berücksichtigung des von der Antragstellerin vorgelegten ärztlichen Attestes sei nicht nachvollziehbar, dass ihre Erkrankung sie daran hindere, einen Kohleofen zu befeuern. Es handele sich hierbei um eine leichteste manuelle Belastung von nur kurzer Dauer. Das Gewicht einzelner Briketts betrage weniger als ein Kilogramm. Dass die Antragstellerin derart geringe Gewichte nicht mehr halten oder heben könne, sei nicht ersichtlich.
Am 29. Juli 2005 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die beantragten Umzugs- und Mietkosten zu übernehmen. Die Sache sei eilbedürftig, da der Umzug zur Vermeidung doppelter Mietzahlungen ab September unmittelbar bevorstehe. Am 15. August hat die Antragstellerin den Untermietvertrag mit Wirkung ab demselben Tage abgeschlossen und die Wohnung am 23. August 2005 bezogen. Die Antragsgegnerin hat die Mietkosten für die alte Wohnung bis zum 14. August 2005 und mit ihren Bescheiden vom 12. und 13. September 2005 für die neue Wohnung ab dem 15. August 2005 übernommen. Die Antragstellerin hat daraufhin ihre ursprünglichen Anträge teilweise zurückgenommen und nur noch beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr eine Zusicherungsübernahme von Umzugskosten in Höhe von insgesamt 478,96 EUR zu erteilen und ihr diesen Betrag auszuzahlen. Der Betrag setze sich aus den Mietkosten für ihre alte Wohnung für die Zeit vom 15. bis zum 31. August 2005 in Höhe von 149,01 EUR, Kosten für die Umzugsfirma in Höhe von 266,80 EUR sowie Kosten für fünf Umzugshelfer (Verköstigung und Fahrtkosten) in Höhe von 63,15 EUR zusammen. Den Betrag habe sie bisher nur deshalb verauslagen können, weil sie zwei Darlehen aufgenommen habe. Als Rückzahlungszeitpunkt sei in beiden Darlehensverträgen der 15. September 2005 vereinbart. Die Darlehensgeberinnen drängten auf schnelle Rückzahlung.
Mit Beschluss vom 19. Oktober 2005 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie den weiteren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Antragsgegnerin hat es die Kosten des Verfahrens insoweit auferlegt, als die Antragstellerin den Antrag auf Übernahme der Miete zurückgenommen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht sei. Der Umzug sei bereits vollzogen, so dass seine Durchführung nicht mehr von der Übernahme von Umzugskosten abhänge. Anderes folge auch nicht daraus, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt ihres Antrages bei Gericht noch nicht umgezogen gewesen sei. Zwar werde in der Regel im Falle einer Stattgabe im einstweiligen Verfügungsverfahren auf den Zeitpunkt des Antragseingangs bei Gericht abgestellt. Dies gelte jedoch nur in den Fällen, in denen sämtliche Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung (und damit insbesondere auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes) auch noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorlägen. Daran fehle es jedoch hier. Im Übrigen erscheine auch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs zweifelhaft. Nach § 22 Abs. 3 SGB II könnten Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung übernommen werden. Eine derartige Zusicherung fehle jedoch. Eine nachträgliche Zusicherung komme nicht mehr in Betracht, da der Umzug bereits vollzogen und somit das Rechtsverhältnis erledigt sei. Dass die Zusicherung möglicherweise rechtswidrig abgelehnt worden sei, dürfte im Rahmen des verfolgten Anspruchs bereits deshalb keine Rolle spielen, weil der Zusicherung als solcher Tatbestandswirkung im Bereich der Anspruchsgrundlage des § 22 Abs. 3 SGB II zukomme. Etwaigen Entschädigungsansprüchen wegen rechtswidriger Ablehnung der Zusicherung brauche im vorliegenden Verfahren mangels Erheblichkeit nicht nachgegangen zu werden. Dementsprechend sei auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht abzulehnen gewesen.
Gegen diesen ihr am 24. Oktober 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 10. November 2005 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt und die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes und –anspruchs verneint. Dringlichkeit sei gegeben. Es sei zu befürchten, dass die beiden Darlehensgeberinnen, die ihr das Geld für den Umzug zur Verfügung gestellt hätten, gerichtliche Schritte einleiteten, falls sie die ihr geliehenen Beträge nicht in nächster Zeit zurückzahle. Im Übrigen verwehre das Sozialgericht ihr faktisch den Rechtsschutz, wenn es darauf abstelle, dass zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der Umzug bereits erfolgt sei. Auf diesen zeitlichen Ablauf habe sie keinen Einfluss gehabt. Weiter liege auch ein Anordnungsanspruch vor. Entgegen der Auffassung des Gerichts komme ein Anspruch auf Übernahme von Umzugskosten nicht ausschließlich bei vorheriger Zusicherung in Betracht. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass es in jedem Falle einer Zusicherung bedürfe, könne ihr das Fehlen nicht entgegen gehalten werden. Sie habe sich um die Zusicherung der Übernahme der Kosten für den aus medizinischen Gründen notwendigen Umzug rechtzeitig bemüht. Es könne nicht ihr zum Nachteil gereichen, dass das Sozialgericht ihren Antrag nicht rechtzeitig beschieden habe. Ihren Umzug solange aufzuschieben, bis die Zusicherung im Hauptsache- oder einstweiligen Rechtsschutzverfahren erteilt worden sei, sei ihr angesichts der üblichen Verfahrensdauer vor dem Hintergrund des drohenden Beginns der Heizperiode nicht zuzumuten gewesen. Bei treuwidriger Verzögerung einer fristgerecht möglichen Entscheidung sei auf die vorherige Zusicherung zu verzichten. Auch wenn die Erkrankung für sich genommen den Umzug nicht rechtfertigen sollte, sei der Wunsch, aus einer Wohnung mit Kohleofen in eine solche mit automatischer Beheizung zu wechseln, nicht unangemessen und diesem Begehren zumindest auf der Grundlage der Generalnorm des § 33 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches stattzugeben. Schließlich habe das Sozialgericht auch zu Unrecht die Gewährung von Prozesskostenhilfe verweigert. Ihr Rechtsstandpunkt sei zumindest vertretbar, so dass die erforderliche gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit bestanden habe und bestehe.
Die Antragsgegnerin, der der angefochtene Bescheid am 25. Oktober 2005 zugestellt worden ist, hat am 17. November 2005 ebenfalls Beschwerde eingelegt und sich mit dieser gegen die teilweise Auferlegung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin gewandt. Sie habe kein Anerkenntnis abgegeben, indem sie der Antragstellerin die Kosten für die neue Wohnung gewährt habe. Sie sei zur Abgabe einer entsprechenden Zusicherung nicht verpflichtet gewesen. Denn eine Zusicherung setze nicht nur die Angemessenheit der Unterkunftskosten, sondern auch die Notwendigkeit des Umzuges voraus. Das vorgelegte ärztliche Attest dürfte jedoch einer fundierten fachärztlichen Überprüfung nicht standhalten und belege keinesfalls die Notwendigkeit eines Umzuges. Nachdem die Antragstellerin jedoch ohne entsprechende Zustimmung vollendete Tatsachen geschaffen gehabt habe, sei sie gezwungen gewesen, die Kosten zu übernehmen, da die Bewilligung nicht mit der Begründung der fehlenden Zustimmung verweigert werden könne, wenn die Kosten angemessen seien. Es sei daher jedoch unbillig, in ihrem Verhalten ein Anerkenntnis auf Gewährung des Anspruchs auf einstweiligen Rechtsschutz zu sehen und ihr insoweit die Kosten aufzuerlegen. Bezüglich des Begehrens der Antragstellerin bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Eine Gefährdungslage, die in der Vergangenheit allenfalls darin bestanden haben könnte, dass die Antragstellerin in einer ihre Gesundheit akut und in so erheblichem Umfange gefährdenden Wohnung hätte verweilen müssen, dass die Erteilung einer Zusicherung auf Übernahme der Umzugskosten zur Abwendung dieser Gefahr geboten gewesen wäre, bestehe durch den Umzug nicht mehr und habe auch in der Vergangenheit nicht bestanden. Es könne dabei dahingestellt bleiben, ob der Umzug tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen geboten gewesen sei. Dies sei im Hauptsacheverfahren zu klären. Aus dem ärztlichen Attest habe sich jedoch keine akute Gefahrenlage ergeben, zu deren Abwendung der Erlass einer einstweiligen Anordnung geboten gewesen sei.
II.
1. Das Beschlussrubrum war dahingehend zu korrigieren, dass die Arbeitsgemeinschaft JobCenter Charlottenburg-Wilmersdorf selbst Antragsgegnerin und nicht lediglich Vertreterin der Bundesagentur für Arbeit und des Landes Berlin als Leistungsträger ist, denn das JobCenter ist - entgegen der Meinung des Sozialgerichts und mit der – soweit ersichtlich – inzwischen einhelligen Auffassung der übrigen Senate des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg - jedenfalls als nichtrechtsfähige Personenvereinigung im Sinne des § 70 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beteiligtenfähig. Eines Rückgriffs auf die hinter dem JobCenter stehenden Körperschaften bedarf es nicht (vgl. hierzu ausführlich Senatsbeschluss vom 11. August 2005, L 5 B 51/05 AS ER sowie Beschluss des 10. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 14. Juni 2005, L 10 B 44/05 AS ER).
2. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. Oktober 2005 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Das Sozialgericht Berlin hat ihren Antrag, ihr eine Zusicherungsübernahme von Umzugskosten in Höhe von insgesamt 478,96 EUR zu erteilen und ihr diesen Betrag auszuzahlen, jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch zusteht, d.h. die Antragsgegnerin im Klageverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dazu verpflichtet werden wird, ihr die durch den vor Abschluss des hiesigen Verfahrens erfolgten Wohnungswechsel entstandenen Kosten in Höhe von 478,96 EUR zu erstatten. Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass die geltend gemachten Kosten einschließlich der doppelten Mietaufwendungen zu den Wohnungsbeschaffungs- bzw. Umzugskosten rechnen. Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 SGB II erscheint jedoch bereits im Hinblick auf das Fehlen der vorherigen Zusicherung der Übernahme der Kosten sehr problematisch. Denn selbst wenn die vorherige Zusicherung der Antragsgegnerin im Einzelfalle entbehrlich sein mag, dürfte ein entsprechender Fall hier kaum vorliegen. Ein treuwidriges Verzögern einer ihr fristgerecht möglichen Entscheidung der Antragsgegnerin scheidet von vornherein aus. Ihr aber eine angeblich verspätete Entscheidung des Sozialgerichts Berlin zuzurechnen, dürfte kaum möglich sein. Vielmehr ist hier zu beachten, dass die Antragstellerin sich entschieden hat, die von ihr ins Auge gefasste Wohnung tatsächlich anzumieten und zu beziehen, obwohl sie wusste, dass das anhängige einstweilige Rechtsschutzverfahren über die Gewährung der Zusicherung noch nicht abgeschlossen war. Die Konsequenzen dieser Entscheidung dürfte allein sie zu tragen haben.
Letztlich kann das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs jedoch dahinstehen. Denn zur Überzeugung des Senats hat die Antragstellerin jedenfalls zu keinem Zeitpunkt einen Anordnungsgrund in hinreichendem Maße glaubhaft gemacht. Eine einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile ist nur dann geboten, wenn es nach den Umständen des Einzelfalles für den Betroffenen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Dies war hier unter Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen der Beteiligten von Anfang an nicht der Fall. Der Antragstellerin drohten bei Antragstellung keine gravierenden, irreparablen Schäden, wenn sie mit ihrem Begehren auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wird. Ihr Interesse, aufgrund ihrer Beschwerden an der Hand eine nicht mit Kohle zu beheizende Wohnung zu beziehen, war nachvollziehbar, aber nicht von solchem Gewicht, das es hätte rechtfertigen können, das öffentliche Interesse als nachrangig anzusehen. Die ärztlich bescheinigte Tendinitis und Tendovaginitis stellen keine so schwerwiegenden Erkrankungen dar, die es als unzumutbar erscheinen ließen, die Antragstellerin auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Denn völlig zu Recht macht die Antragsgegnerin insoweit geltend, dass hier – auch unter Berücksichtigung des vorgelegten ärztlichen Attestes – keine derart akute Gefahrenlage erkennbar war, die eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahrens und – bei dem ursprünglichen Verfahrensgegenstand – damit verbunden eine Vorwegnahme der Hauptsache gerechtfertigt hätte. Im Gegenteil hätten die Interessen der Antragstellerin gegenüber dem von der Antragsgegnerin zu beachtenden Interesse der Allgemeinheit, keine Zusicherungen abzugeben, die sich möglicherweise nachträglich als unberechtigt herausstellen und aus steuerlichen Mitteln zu befriedigende Forderungen nach sich ziehen, zurücktreten müssen. Dies hat hier umso mehr zu gelten, als ggfs. die Durchsetzbarkeit eines Rückforderungsanspruchs angesichts der finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin sehr ungewiss ist. Anderes folgt auch nicht daraus, dass es der Antragstellerin nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens möglicherweise verwehrt gewesen wäre, die seinerzeit ausgesuchte und inzwischen bezogene Wohnung anzumieten. Der Wohnungsmarkt in Berlin ist nicht dergestalt, dass zu befürchten gestanden hätte, nach Abschluss des Verfahrens keine vergleichbare Wohnung zu ähnlichen Konditionen zu finden. Schließlich kann die Eilbedürftigkeit auch nicht damit begründet werden, dass die Antragstellerin sich inzwischen den Rückforderungsansprüchen ihrer Darlehensgeberinnen ausgesetzt sieht. Sie ist die Schuldverpflichtungen eingegangen, obwohl das Verfahren – wie sie wusste - noch nicht abgeschlossen war. Das mit dieser Entscheidung verbundene Risiko trägt sie. Nicht aber hat sie es in der Hand, ein ursprünglich nicht bestehendes Eilbedürfnis während des Verfahrens dadurch zu schaffen, dass sie Schulden eingeht.
3. Soweit das Sozialgericht Berlin mit seinem angefochtenen Beschluss auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat, ist dies ebenfalls nicht zu beanstanden. Zur Überzeugung des Senats lag hier offensichtlich kein Anordnungsgrund vor, sodass auch keine theoretische Erfolgsaussicht im einstweiligen Verfügungsverfahren bestand (§ 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung – ZPO -). Da dementsprechend auch die Beschwerde der Antragstellerin von Anfang an keine hinreichende Erfolgsaussicht hatte, war auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.
4. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist gemäß § 202 SGG i.V.m. § 567 Abs. 3 ZPO als Anschlussbeschwerde zulässig und auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Berlin die Antragsgegnerin mit den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin belastet, soweit diese ihren Antrag bzgl. der Zusicherung der Mietübernahme zurückgenommen hat.
Das Gericht hat in den Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes analog § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Hierbei hat es unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen zu entscheiden. Soweit sich – wie hier - ein Teil des Verfahrens vorab anders als durch Beschluss erledigt, sind im Rahmen dieser unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffenden Billigkeitsentscheidung sowohl die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens als auch die Gründe für die Antragstellung und die Erledigung zu prüfen. Führt eine Änderung der Sach- oder Rechtslage zur (teilweisen) Erledigung des Verfahrens, ist wesentlich darauf abzustellen, wie ohne diese Änderung voraussichtlich entschieden worden wäre. Hier entspricht es der Billigkeit, auf die Erfolgsaussichten des Verfahrens vor der Änderung der Sach- oder Rechtslage abzustellen. Gemessen an diesem Maßstab ist es hier unbillig, die Antragsgegnerin auch nur teilweise mit den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu belasten. Aus den oben im Einzelnen dargelegten Gründen hatte das einstweilige Rechtsschutzverfahren mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes keine Erfolgsaussichten. Dies galt auch für die begehrte Zusicherung hinsichtlich der Übernahme der Miete für die Wohnung in der Gstraße. Dass die Antragsgegnerin schließlich während des noch anhängigen Verfahrens die Miete für diese Wohnung übernommen hat, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Denn die Übernahme der Kosten für diese Unterkunft stellt sich – wie die Antragsgegnerin zu Recht geltend macht - nicht als Anerkenntnis ihrerseits dar, sondern ist allein dem Umstand geschuldet, dass die Antragstellerin sie durch den Umzug vor vollendete Tatsachen gestellt hat und sie nunmehr – bei geänderter tatsächlicher Lage – nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zur Übernahme der Miete verpflichtet war.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 193 SGG analog und folgt dem Ergebnis in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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